Swipe, um zu sehen, wer jetzt online ist!

Magische Welten 04

ÖFFENTLICHE BETA

Hinweis: Sie können die Schriftgröße und das Schriftbild ändern und den Dunkelmodus aktivieren, indem Sie im Story-Infofeld auf die Registerkarte "A" klicken.

Sie können während unseres laufenden öffentlichen Betatests vorübergehend zu einem Classic Literotica® Erlebnis zurückkehren. Bitte erwägen Sie, Feedback zu Problemen zu hinterlassen oder Verbesserungsvorschläge zu machen.

Klicke hier

„Der alte Magier weiß mehr als alle anderen. Er ist ein schlauer Fuchs."

„Dann müssen wir aber zurück in die magische Welt?"

„Genau, dort lebt er."

„Finden wir ihn?"

„Wir besuchen ihn in seiner Höhle."

„Du weißt, wo die ist?"

„Ich war schon einmal dort."

„Na dann, nichts wie auf zu Horx."

Wir packen alles zusammen. Ich sehe, wie neugierig Anna ist und wie eilig sie es hat. Deshalb spute auch ich mich und schon wenige Minuten später sind wir in der Luft. Anna hält sich ganz gut auf ihrem Drachen. Dafür, dass sie ihn erst gestern gefunden hat, sitzt sie schon ganz schön fest auf ihm.

Wir fliegen den Weg zurück zu Luna. Wir landen beim Drachenhort und eilen zum Haupthaus. Ich sehe es Anna an, dass sie am liebsten gleich weiterfliegen würde. Aber eine Pause tut auch ihr gut. Schließlich steht noch ein längerer Flug vor uns.

„Wir suchen Luna und essen hier zu Mittag", bestimme ich.

„Könnten wir nicht etwas mitnehmen und im Fliegen essen?", meint Anna.

Ich wende mich ihr zu, nehme sie bei den Schultern und schaue ihr in die Augen. Ich versuche zu lächeln.

„Wir sind schon ein ganz schönes Stück geflogen und haben noch eine lange Strecke vor uns. Wir und unsere Drachen brauchen eine Pause. Es ändert nicht viel daran, ob wir nun eine Stunde früher oder später in der magischen Welt ankommen."

„Na gut, dann legen wir eine Pause ein", meint sie. Ich kann allerdings deutlich einen resignierten Unterton heraushören.

Wir gehen zu Lunas Büro, klopfen an und treten ein, sobald wir dazu aufgefordert werden. Unsere Freundin schaut vom Schreibtisch auf und ihre Gesichtszüge erhellen sich, als sie uns erkennt.

„Ihr seid schon da?"

„Wir müssen zurück in die magische Welt. Es ist etwas Verrücktes passiert", sage ich.

„Etwas Verrücktes?"

„Anna ist eine Drachenreiterin."

„Sie ist doch ein Mensch aus dem Schattenreich."

„Das ist sie."

„Und wie kommt ihr dann auf die Idee, sie könnte eine Drachenreiterin sein."

Luna ist inzwischen aufgestanden und um den Schreibtisch herumgegangen. Nun steht sie uns gegenüber, nimmt Annas Hände und hält sie.

„Sie hat ihren Drachen gefunden. Sie ist auch auf ihrem Drachenmädchen hierher geflogen."

„Das freut mich für dich, Anna. Das ist ja toll. Aber wie geht das?"

„Keine Ahnung. Deshalb wollen wir zu Horx fliegen. Ich hoffe, er kennt die Antwort", antworte ich ihr.

„Das könnte sein."

Nach dem Mittagessen und ein wenig Ruhe, brechen Anna und ich wieder auf. Wir fliegen über die Wüste und erreichen am späten Abend die magische Welt. Orion setzt auf der Wiese bei Gordins Haus auf und Frea dicht daneben.

Ich sehe es Anna an, wie müde sie ist. Die lange Reise hat ihr doch mehr zugesetzt, als sie es für möglich gehalten hatte. Sie rutscht beinahe schon schlafend von ihrem Drachen. Deshalb stütze ich sie, bringe sie ins Haus und hinauf in eines der Zimmer. Anna ist so müde, dass sie sogar das Abendessen überspringt. Ich stelle ihr zwar eine Auswahl an Snacks ins Zimmer, aber sie schafft es gerade noch ins Bett. Dann ist sie auch schon im Land der Träume.

Ich dagegen esse zu Abend und setze mich in den Sessel am Kamin. Ich liebe dieses Haus und bin froh, dass ich es vor dem Verfall gerettet habe. Ich werde hier definitiv mehr Zeit verbringen. Hier fühle ich mich Gordin und den großen Königinnen näher als an irgendeinem anderen Ort.

In Gedanken versunken schlafe ich schließlich ein. Ich träume von Thomas. Wir wandern über eine grüne Wiese, er hält meine Hand und ich fühle mich wohl. Wir setzen uns auf einen größeren, flachen Stein und ich lasse ein Picknick erscheinen. Wir essen, scherzen und plaudern. Bei jeder zufälligen Berührung spüre ich ein Kribbeln, das von der Stelle ausgeht und sich in meinem gesamten Körper breitmacht. Plötzlich spüre ich eine Hand auf meiner Schulter und es ist so, als würde mich etwas schütteln.

„Hallo Vera, aufstehen. Es ist schon 8 Uhr", höre ich.

Ich schrecke hoch und blicke direkt in Annas Gesicht. Diese grinst mich breit an.

„Hast du etwa hier geschlafen?"

„Warum nicht?"

„Ist das nicht etwas unbequem?", grinst sie.

„Jetzt kann man es sowieso nicht mehr ändern", antworte ich grummelnd.

„Können wir zu Horx gehen?"

„Willst du nicht vorher frühstücken?"

„Ich würde lieber gleich los."

„Einen Kaffee brauche ich", halte ich dagegen.

„Von mir aus", meint sie leicht genervt.

Ich verstehe, dass Anna ungeduldig ist. Aber ich brauche eine Tasse Kaffee, sonst bin ich den ganzen Tag über kein Mensch. Ich wünsche mir zwei Tassen Kaffee herbei und schon stehen sie dampfend am Tisch. Da ich jedoch sehe, wie hibbelig meine Freundin ist, beeile ich mich und verbrenne mir dabei sogar die Zunge. Was macht man nicht alles für eine Freundin!

Ich habe kaum ausgetrunken, da gehen wir auch schon los. Ich kann die Aufregung von Anna deutlich spüren. Auch Frea, die sich in der Nähe der Hütte aufhält, schaut ein wenig besorgt zu ihrer Reiterin. Sie haben also eine sehr enge Bindung und das Drachenmädchen sorgt sich um Anna.

„Sie ist nur aufgeregt. Ich passe schon auf sie auf", flüstere ich Frea zu.

Diese schaut mich an, grinst ein wenig und nickt mir freundlich zu. Ich mag diesen Feuerdrachen, er passt zu meiner Freundin.

„Wo müssen wir hin?", will Anna ungeduldig wissen.

„Komm!", sage ich nur.

Ich gehe die Wiese hinab zur Bank. Wie ich sie schon von weiten so halb verfallen sehe, kommt mir eine Idee. Ich wünsche mir, dass auch sie wieder in ihrem alten Glanz erstrahlt und wenig später ist sie fast wie neu.

Anna trottet neben mir her. Ich kann immer noch ihre Ungeduld spüren. Dabei hat sie doch nichts zu befürchten. Sie hat ihren Drachen und den kann ihr keiner mehr nehmen. Warum sie eine Drachenreiterin ist, hat damit nichts mehr zu tun.

„Keiner kann dir Frea mehr nehmen", beruhige ich sie.

„Meinst du?"

„Ganz sicher nicht. Wenn ein Drache und seine Reiterin sich gefunden haben, dann kann sie nichts mehr trennen. Dann ist es egal, warum du eine Drachenreiterin bist. Es wäre zwar interessant zu wissen, warum du eine Ausnahme bist. Doch im Grunde wäre es auch egal, wenn wir dies nie erfahren würden."

„Sicher?"

„Ganz sicher!"

Sie mustert mich genau. Dann aber scheint sie sich zu entspannen. Ich kann das selbst an ihrer Körperhaltung erkennen. Sie hat sich also Sorgen gemacht, dass ihr jemand Frea wieder wegnehmen könnte. Die beiden mögen sich wirklich.

Wir haben die Bank erreicht und ich biege auf den Weg ein, der in den Wald hineinführt. Anna folgt mir, ohne zu zögern, bis zu den Tannen. Dort bleibe ich stehen.

„Willst du allein mit Horx sprechen oder soll ich mitkommen?", frage ich.

„Du bist meine Freundin, natürlich würde es mich freuen, wenn du mir zur Seite stehen würdest", beteuert sie.

„Dann gehen wir mal hinein."

Ich nehme sie bei der Hand. Wie ich dabei feststelle, ist diese leicht verschwitzt. Sie ist also noch immer ein wenig aufgeregt. Ich drücke sie, in der Hoffnung sie damit zu beruhigen. Viel hilft es nicht. Aber sie folgt mir.

„Danke, dass du bei mir bist", flüstert sie abwesend.

„Ist doch selbstverständlich. Wozu sind Freundinnen sonst da?"

„Ich denke, du bist die erste, die ihrer Freundin hilft herauszukriegen, warum sie einen Drachen hat."

Sie lächelt mich etwas unsicher an und drückt dann ebenfalls meine Hand. Ihre Augen aber suchen unruhig die Gegend ab. Als sie den Eingang zur Höhle entdeckt, fixiert sie diesen mit ihrem Blick. Wie in Trance geht sie weiter. Ich habe Anna noch nie so unsicher erlebt.

Staunend folgt sie mir, als ich den Tunnel betrete und wir die Höhle mit den unzähligen Lichtreflexen betreten.

„Wow!", meint sie nur. Der Mund bleibt ihr offen.

„Eure Majestät, Anna!", höre ich die piepsige Stimme.

„Horx!", antworte ich.

Als ich mich umdrehe und in sein besorgtes Gesicht blicke, da ist mir sofort klar, dass er die Antwort auf unsere Frage kennt. Anna hingegen starrt ihn erwartungsvoll an. Sie ist nicht in der Lage auch nur ein Wort hervorzubringen.

Zu meiner Überraschung geht Horx direkt auf Anna zu und nimmt sie in den Arm. Er drückt sie fest an seine Brust. Sie ist erstarrt und reagiert nicht.

„Da bist du endlich, meine Tochter", sagt er.

„Deine was?", frage ich.

Er löst sich ganz langsam von Anna, behält aber ihre Hände in den seinen. Dann wendet er seinen Blick zu mir.

„Anna ist meine Tochter."

„Und das hättest du ihr nicht schon etwas früher sagen können?", entgegne ich. In meiner Stimme schwingt ein Hauch von Vorwurf mit.

„Lass ihn, er wird es uns erklären", meint Anna.

Sie hat einen ausgesprochen weichen Ton in der Stimme. Ihr Blick ruht fasziniert auf Horx.

„Lasst uns in das Kaminzimmer gehen", meint der Magier.

Er hält immer noch die Hand seiner Tochter und geht auf den Felsen zu. Im letzten Moment erscheint dort eine Tür, die sich von alleine öffnet. Ich folge den beiden und sofort hinter mir schließt sich die Tür und ist wenig später auch schon verschwunden.

Wir befinden uns in einem langen Flur und Horx geht ihn etwa fünf Meter entlang, bevor er sich nach recht wendet und dort erneut eine Tür erscheint, sich öffnet und er hindurchgeht. Nun stehen wir in einem gemütlichen Kaminzimmer. Während sich Horx mit Anna auf eine Ledercouch setzt und immer noch ihre Hand hält, bleibt mir nur ein Sessel, in den ich mich setzen kann.

„Es ist schön, dass du zu mir kommst", meint der alte Mann.

„Du bist mein Vater?", will Anna wissen.

„Ja, ich bin dein Vater."

„Aber warum?"

„Weil ich deine Mutter geliebt habe."

„Und warum wart ihr dann nicht zusammen?"

„Das ging nicht. Sie hat sich in dieser Welt nicht wohlgefühlt. Ihr war es in der magischen Welt zu einsam und zu langweilig."

„Warum bist du nicht zu ihr gegangen?"

„Weil ich hier gebraucht wurde."

„Du hättest uns zumindest besuchen können."

„Das wäre nicht gegangen. Man hätte Fragen gestellt, wer der komische Kauz mit der Sternenmütze ist. Es gibt auch ein altes Gesetz, wonach die magischen Wesen nur zu besonderen Anlässen in die anderen Reiche dürfen."

„Warum hat mir Mutter aber nie erzählt, wer mein Vater ist?"

„Das war uns verboten. Nur die Königin und von ihr auserwählte Personen dürfen zwischen den Welten wandeln. Deshalb bin ich froh, dass Vera deine Freundin ist und es dir ermöglicht hat."

„Sonst hätte ich nie erfahren, wer mein Vater ist?", will sie geschockt wissen.

„Wir haben es Vera zu verdanken, dass wir uns nun in die Arme nehmen dürfen."

„Aber warum hast du nicht schon bei unserem Treffen wegen der Portale etwas gesagt?", mische nun ich mich wieder ein. „Du hättest doch schon bei dieser Gelegenheit deine Tochter in die Arme nehmen können."

„Vor allen magischen Wesen?", erkundigt er sich. „Was glaubst du, was ich dann zu hören gekriegt hätte."

„Warum?"

„Weil es nicht passieren soll, dass magische Wesen und Menschen sich miteinander verbinden und dass sie Kinder zeugen, ist schon ganz und gar nicht gern gesehen. Noch dazu bin ich als oberster Magier einer der die Einhaltung dieser Regeln überwachen und nicht sie brechen soll."

„Aber wie kam es überhaupt dazu, dass du mit Mutter zusammengekommen bist?", will nun Anna wissen.

„Die Königin hat sie mit hierher genommen. Ich weiß auch nicht mehr warum. Ich habe sie gesehen und habe mich verliebt. Wir haben nur eine einzige Nacht zusammen verbracht. Eigentlich hätte sie nicht mehr in die magische Welt kommen sollen. Ihre Aufgabe hier war erledigt. Doch ich habe die Königin gebeten, deiner Mutter zu erlauben, hierher zu kommen, was sie auch zugelassen hat. Leider hat sich deine Mutter nach drei Monaten dazu entschieden, ins Schattenreich zurückzukehren, weil sie es hier nicht aushalten konnte. Vor allem aber wollte sie hier kein Kind zur Welt bringen und großziehen. Danach habe ich sie nie mehr gesehen."

„Hast du gewusst, dass sie schwanger war?"

„Das wusste ich, aber ich habe dich nie gesehen und ich wusste auch nicht, ob du ein Junge oder ein Mädchen bist."

„Du hast sie bei unserem Treffen erkannt?", erkundigte ich mich.

„Natürlich war mir sofort klar, wer sie ist. Ich kenne doch mein eigenes Fleisch und Blut wieder."

„Aber du hast sie einfach ziehen lassen!", stelle ich vorwurfsvoll fest.

„Vera, ich wollte dich bei unserem nächsten Treffen auf Anna ansprechen, das musst du mir glauben. Ich wollte dich bitten, sie mitzubringen, damit wir in Ruhe miteinander reden können."

„Gut, das ist jetzt ja passiert und was ihr daraus macht, ist allein eine Sache zwischen euch beiden. Wenn Anna dir verzeiht, dass du sie nicht gleich angesprochen hast, so will ich auch nichts mehr dazu sagen."

„Ich bin froh, dass ich einen Vater habe", meint Anna. „Da ist es doch egal, ob er früher etwas hätte sagen können. Mich würde aber interessieren, wie es weitergeht."

„Du kannst ihn besuchen, so oft du willst. Du hast meine Erlaubnis den Geheimgang zu nutzen und du besitzt einen Drachen, mit dem du dich in der magischen Welt schnell bewegen kannst."

„Du hast einen Drachen?", staunt nun Horx. Das scheint auch ihn zu überraschen.

„Ja, deine Tochter ist eine Drachenreiterin."

„Das ist doch unmöglich!", antwortet er.

„Sie ist eine Halbmagierin."

„Das heißt?", will nun Anna wissen.

„Du bist die Tochter des obersten Magiers und damit kommt die Hälfte deiner Erbanlagen von diesem alten Kauz mit der piepsigen Stimme", grinse ich.

„Du meinst, ich habe magische Kräfte?"

„Ich nehme es zumindest stark an."

Sie schaut ihren Vater an, der nur mit den Schultern zuckt. Das allerdings überrascht nun wieder mich.

„Jetzt sag nicht, du weißt es nicht?", sage ich.

„Ich spüre eine Macht, kann aber nicht sagen, was es ist. Bisher habe ich angenommen, es ist deine und habe nicht weiter darauf geachtet. Doch jetzt nehme ich etwas wahr. Sie ist aber sehr schwach. Es kann daran liegen, dass sie meine Tochter ist, oder sie blockiert mich unbewusst."

„Ich blockiere nichts", meint Anna entschlossen.

Sie wirkt beinahe verärgert, was ich jedoch auf die Ungewissheit zurückführe. Ich schaue sie beruhigend an und ich merke, wie sie sich etwas entspannt.

„Können Magier Drachenreiter werden?", frage ich Horx.

„Das ist sehr unwahrscheinlich."

„Aber nicht unmöglich."

„Dann müsste sie stärker sein als ich."

„Das geht nicht?", frage ich.

„Doch, theoretisch ist das möglich. Das Problem liegt nur darin, dass Anna nur ein Elternteil besitzt, das Magier ist. Außer ..."

„Was außer?", fahre ich ihn an, als er nicht weiterspricht.

„Nein, das ist nicht möglich."

„Was ist nicht möglich?"

„Die Freundschaft mit dir, die viele Zeit, die sie mit dir verbracht hat, könnte ihre Macht verstärkt haben."

„Du meinst, es könnte Magie von mir auf sie übergesprungen sein?"

„Du hast ganz sicher keine Kraft eingebüßt, dazu hast du noch zu viel und eine zu starke Aura. Es gibt aber in ganz seltenen Fällen ein Phänomen, das noch sehr unerforscht ist. Magie, die sich oft im Bereich einer sehr starken Aura aufhält, wird durch diese zum Wachsen angeregt. Eure Freundschaft könnte dies noch zusätzlich verstärkt haben."

„Und deshalb wurde sie nicht nur zu einer mächtigen Magierin, sondern auch zu einer Drachenreiterin", resümiere ich.

„Alles dein Einfluss", lächelt Horx.

„Aber was bedeutet dies nun für mich?", will Anna wissen.

„Wenn ich das wüsste", meint Horx. „Zunächst wirst du nicht mehr altern."

„Aber das würde in unserer Welt auffallen", entgegnet meine Freundin.

„Du wirst mit der Zeit in die magische Welt kommen müssen", antwortet der Magier nachdenklich.

„Hierher?"

„Entweder du wirst meine Stelle einnehmen oder in Gordins Haus leben."

„Dann erwischt mich das langweilige Leben, das meine Mutter nicht wollte?"

„Ich denke, du hast genügend zu tun", meint Horx.

„Außerdem solltest du dir einen Mann suchen", grinse ich. „Den musst du allerdings vorher deinem Vater vorstellen."

Anna kann darüber weniger lachen. Sie schaut mich tadelnd an. Doch als ihr Blick dann wieder zu ihrem Vater wandert, schleicht sich doch ein Lächeln in ihr Gesicht.

„Du machst dir Sorgen?", meint dieser.

„Hast du meine Gedanken gelesen?", schimpft Anna.

Horx schaut schuldbewusst drein. So habe ich ihn noch nie gesehen. Insgeheim muss ich grinsen, denn so geht es wohl jedem Vater einer Tochter.

„Aber warum muss das so sein? Wie kann man da von Vaterfreuden sprechen?", meckert er.

„Sei froh, dass deine Tochter die Pubertät schon hinter sich hat", grinse ich noch breiter. „Dann hättest du gar nichts mehr zum Lachen."

Auch Anna lacht. Langsam scheint sie sich an den Gedanken zu gewöhnen, dass Horx ihr Vater ist.

„Ich würde vorschlagen, du lässt dir von deinem Vater zeigen, wie du mit der Magie umgehen kannst und was du alles beherrschst. Danach wird sich zeigen, wie dies dein Leben beeinflusst", rate ich meiner Freundin.

„Darf ich in deiner Hütte wohnen, wenn ich hier bin?"

„Du kannst auch bei mir hier ein Zimmer haben", bietet Horx an.

„Ich möchte etwas Privatsphäre", kontert Anna. „Bei dir weiß man nie."

Etwas betreten blickt der alte Magier zu Boden. Ich zumindest kann Anna gut verstehen. Kann man sich bei Horx wirklich sicher sein, dass er einem nicht ständig in den Gedanken herumkramt?

„So schlimm ist das auch wieder nicht", verteidigt sich dieser.

„Sicher ist sicher!", meint Anna.

Kapitel 21 -- Die kleine Noemi

„Ich muss heute zurück ins Schattenreich", sage ich zu Anna.

„Bist du mir böse, wenn ich noch ein paar Tage bei meinem Vater bleibe? Ich möchte ihn näher kennenlernen."

„Das kann ich gut verstehen und natürlich bin ich dir nicht böse."

„Du bist ein Schatz. Danke auch, dass ich in dieser Hütte wohnen darf."

Wir umarmen uns und wenig später mache ich mich auf den Weg zum Geheimgang und ins Schloss. Ich muss wieder meinen Amtsgeschäften nachgehen. Es soll nicht zu viel liegenbleiben.

Schon nach zwei Wochen breche ich erneut auf. Anna ist zurück und nun übernimmt wieder sie. Wir sind ein echt tolles Team. Ich begebe mich erneut in die Welt der Menschen. Diesmal sage ich dem Hauptmann der Wache nichts. Ich brauche kein Kindermädchen und möchte etwas Zeit für mich haben.

Nach dem Frühstück verabschiede ich mich von Anna und verschwinde durch den Geheimgang. Dort erwartet mich Orion und zusammen fliegen wir durch das Portal in die Welt der Menschen. Wir landen bei den Buchen und ich mache mich gleich auf den Weg zum Krankenhaus.

„Vera!", ruft eine Kinderstimme, als ich mich nähere. Es ist Noemi.

„Ich habe vier Kinder, die mit mir zur Schule gehen wollen", ruft sie mir schon von Weitem zu.

„Hallo Noemi, das sind ja tolle Nachrichten."

Ich nehme sie bei der Hand und zusammen gehen wir ins Krankenhaus hinein. Ich bin überrascht, wie sauber es nun hier drinnen ist. Die Frauen der Gruppe scheinen sich sehr um Ordnung und Hygiene zu kümmern.

„Eure Majestät", begrüßt mich Leo.

Ich bin überrascht von seiner freundlichen und zuvorkommenden Art. Er scheint sich echt zu freuen, mich zu sehen.

„Leo, du bist aber gut gelaunt", stelle ich fest.

„Bin ich auch. Es läuft alles, wie am Schnürchen."

„Kommst du mit Gerd gut zurecht?"

„Der ist schwer in Ordnung. Die Aufgabenteilung war eine geniale Idee von dir."

In dem Moment kommt auch Gerd herbei und begrüßt mich genauso freundlich. Ich bin zufrieden, dass die beiden Gruppen so gut zusammenarbeiten.

„Tante Vera, kommst du jetzt mit zu meinen Freunden?", quengelt Noemi.

„Ja ich komme", sage ich lachend.

Ich verabschiede mich von Leo und Gerd, die uns belustigt hinterherblicken. Noemi hingegen zieht mich in den ersten Stock des Baues.

„Du hast mich Tante genannt?", frage ich.

„Darf ich das nicht?", meint das Mädchen ein wenig schuldbewusst.

„Wenn du das möchtest, dann habe ich nichts dagegen", versichere ich ihr.

Da bleibt sie stehen und blickt zu mir herauf. Ich gehe in die Hocke, damit wir auf Augenhöhe sind. Mir ist bei ihrem Blick klar, dass sie mir etwas sagen möchte.

1...1516171819...21