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Nordlichter - Teil 03

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Die Stadt war ein Traum und noch traumhafter war die Tatsache, dass Anouk und ich Nähe suchten. Wenn immer ich zu ihr sprach, lief sie langsamer und hielt mir ihr Ohr nahe an meinem Mund oder wenn sie ihre Stimme an mich richtete, blickte ich zu ihr und nährte mich mit meinem Haupt ihrem Gesicht. Durch diese Nähe wurde mir ihr Körperduft, mit einer leichten Parfümnote, schnell vertraut. Zu kostbar war jedes gesprochene Wort. Wir waren nur noch am Lächeln und teilten ganz viele Eindrücke über die ehemalige Handelsstadt.

Nachdem wir eine der zahlreichen Brücken beinahe überquert hatten, hielt mich Anouk plötzlich an der Hand und wir blieben inmitten dieser schönen Szenerie stehen. „Schau mal. Hier ist ein Schild mit dem Namen ‚Libreria Acqua Alta', aber ich verstehe das nicht. Wir müssten ganz in der Nähe sein", sprach die Frau aus Monaco. Ich genoss es, ihre Hand an meiner zu spüren und musste mich bewusst dagegen entscheiden, ihren Handrücken mit meinem Daumen zu streicheln. Ich glaube, wir hielten uns länger, als es eigentlich nötig gewesen wäre, obwohl es nur Sekunden und nicht Minuten waren. Offen gesagt war es mir in diesem Moment völlig egal, wie lange wir noch die Buchhandlung suchen müssen, solange ich die Zeit mit der charmanten Frau aus Monaco verbringen darf.

„Schau mal, wie schön", sprach ich. Die Aussicht auf den Kanal, die Brücken sowie die Fassaden war traumhaft.

„Ja, ich möchte für immer hier bleiben. Venedig ist wirklich wunderschön", bestätigte Anouk. Wir liefen von der Brücke dem Strässchen entlang, und kamen an einen netten und belebten Platz.

„Das ist aber nicht die Piazza San Marco, oder?", wollte ich von der zielstrebigen Frau wissen. Es konnte meiner Meinung nach nicht sein, dass wir so weit an der Buchhandlung vorbeispaziert sind. Sie schaute umher und lachte.

„Ich hoffe, du navigierst in der Luft besser wie hier", spottete sie leicht. Ich hielt es für unnötig zu erwähnen, dass ich sie den Buchladen suchen liess und mich lediglich ihrer Gesellschaft erfreute. Ich blieb still. „Mist, wir sind zu weit. Das ist der Platz „Campo Santa Maria Formosa". Wir müssen wieder zurück", fuhr sie minimal genervt fort.

„Gelato?", fragte ich sie, nachdem ich einige Cafés erblickt hatte und zeigte mit dem Finger auf einen Eisstand am anderen Ende unseres Standorts. Sie nickte mit einem Grinsen und ich führte sie zu dem Lokal, das vertrauenswürdig aussah. Wir tranken ein ziemlich teueres Sprudelwasser und mein Fräulein entschied sich für Passionsfrucht, während ich eine Kugel Schokoladeneis schlemmte. Sie wirkte trotz der ungeplanten Pause zufrieden. Es war für Oktober erstaunlich warm und sonnig. Ich genoss den Moment.

„Sag mal, wohnst du allein in Dubai?", eröffnete Anouk leicht verkrampft das Tischgespräch.

„Ja, ich bin allein. Irgendwie scheine ich der einzige Pilot im Gebäude zu sein", fuhr ich fort.

„Nein, ich meine mit einer Freundin", wurde sie konkreter.

„Nein, ich bin Single", erzählte ich und sah ein ganz dezentes Lächeln der Erleichterung, was mich erfreute, aber nachdenklich stimmte. Je näher wir uns kamen, desto wichtiger wurde sie für mich und ich wollte sie vor mir selbst beschützen. Ich fühlte mich ihrer nicht würdig. Sie war zu gut, zu rein ...

„Und du? Bist du mit jemandem zusammen?", fragte ich zurück.

„Nein, ich habe mich letztes Jahr von meinem Freund aus Monaco getrennt, weil wir uns zu wenig gesehen haben. Er musste für ein Projekt ein halbes Jahr nach Chicago und ich bin nach Dubai. Und Jacques, na ja... er wollte in der Zeit eine offene Beziehung... und das kam für mich absolut nicht infrage", sprach Anouk überraschend. Ich hielt ihre Entscheidung für richtig.

„Hast du gut gemacht", fuhr ich fort, nachdem ich an der Kugel geleckt hatte. Irgendwie verschlang ich mein Eis.

„Danke, mir ist Treue einfach unglaublich wichtig. So 'ne Beziehung ist doch ein Commitment, eine Verpflichtung, oder?", sprach sie etwas selbstbewusster, wie zuvor bei der vorsichtigen Frage zu meinem Beziehungsstatus. Sie wollte offenbar meine Ansichten zu diesem wichtigen Thema in Erfahrung bringen. Ich leckte noch einmal an meinem Eis. Obwohl meine Seele ihr uneingeschränkt recht gab, fühlte ich mich aufgrund meiner Biografie der letzten Monate irgendwie schuldig.

All meine Gefühle kamen augenblicklich hoch. Zum Beispiel, dass ich in nur einem Monat Sonja gleich zweimal betrogen hatte, obwohl spitzfindige Juristen das vielleicht anders sehen würden. Technisch gesehen war ich nicht mit Sonja zusammen, als ich mit Stacy damals in die Kiste gesprungen bin. Doch emotional war ich in Sonja und auch irgendwie in Stacy vernarrt. Und die Nummer mit Zsa Zsa auf dem Hotelklo war ja irgendwie eine Nachwehe des Dreiers, den sich Sonja und nicht ich gewünscht hatte. Dass so etwas ausgerechnet mir passiert, hätte ich nicht erwartet, ist aber alles andere als abwegig. Trotzdem fühlte ich mich wie ein Betrüger. In meinem äusserst bitteren Cocktail fehlte noch eine weitere Zutat. Dass ich mich neulich mit Charlotte und kurz darauf mit Olivia vergnügt sowie vor wenigen Stunden wieder Stacy vernascht habe, machten meine Gefühlswelt nicht besser. All diese Gedanken gingen in den wenigen Sekunden durch meinen Kopf. Anouks Frage stand im Raum, die ich ihr beantwortet habe, alsbald das Eis auf meiner Zunge zergangen war.

„Du hast recht. Es ist wirklich wichtig, dass beide an einem Strang ziehen und in die gleiche Richtung blicken. Eine Partnerschaft hat mit Verbindlichkeit zu tun, etwas, mit dem immer mehr Menschen Probleme haben. Ich bin ganz bei dir", sprach ich das aus, an das ich aufrichtig glaube. Insgeheim fragte ich mich, warum ich damals nach meiner Ankunft in Dubai nicht imstande war, das umzusetzen. Davor war all das rund um die Treue wie ein unerschütterliches Naturgesetzt für mich. Ich glaube, was Treue angeht, habe ich meine Lektion durch die Geschichte mit Sonja gelernt. Solange meine Frauengeschichten nacheinander und nicht miteinander ablaufen, ist das für mich konzeptionell einigermassen okay.

„Kaum zu glauben. Jetzt bin ich schon über elf Monate lang alleinstehend", sprach Anouk mit einem Lächeln, das ich nicht deuten konnte.

„Das ist wirklich kaum zu glauben. Bist du so wählerisch?", wollte ich wissen.

„Vielleicht und auch etwas kompliziert", fuhr sie mit einer sympathischen und niedlichen Art fort.

„Du bist eine Wucht. Und nochmals vielen Dank für deine unkomplizierte Hilfe heute", sagte ich und sah ein Funkeln in ihren Augen, das mich erfreute.

Wir schlenderten wenig später wieder der gleichen Gasse entlang, von der wir vorhin gekommen waren und stellten fest, dass wir am Laden vorbeigelaufen waren. Wir haben zwar etwas Zeit verloren, waren aber um wichtige Erkenntnisse reicher. So wusste ich zum Beispiel, dass Anouk auf fruchtige Eiscreme-Sorten stand und Treue das A und O ist. Als wir den Laden betraten, traf mich der Schlag. Es wirkte alles unglaublich unorganisiert, wenn nicht gar chaotisch. Etwa so, wie der billigste Second-Hand-Laden, den ich damals in Köln erblickt habe. Aber das alles wurde mit ganz viel Charme wieder wett gemacht.

„Schau, die Bücher sind wegen der Flut auf Gondeln ausgestellt. Wenn der Pegel steigt, steigen die Bücher mit dem Wasser an. Clever, oder?", sagte Anouk irgendwie mädchenhaft und grinste. Sie war von der Magie des Ortes eingenommen und streichelte mit ihrer Hand einigen Büchern entlang. Es erweckte für mich den Eindruck, als ob sie dadurch zu einem Teil der Geschichte dieses Ladens wurde und zu den Büchern eine Verbindung herstellen wollte. Und wie bereits vorhin kurz geschildert, hatte sie wunderschöne Hände. Es war eine Freude, auch ihre gut gepflegten Fingernägel so exponiert zu sehen.

Ein Mann namens Luigi sprach mich an und wollte wissen, wonach ich suche.

„Welche Sprache sprichst du?", wollte er von mir wissen.

„Englisch oder Deutsch", antwortete ich ihm gut gelaunt.

„Warum nicht Italienisch?", sprach er humoristisch und legte seine Hand väterlich auf meine Schulter und setzte zu einer Bewegung an. „Komm mit, mein Junge. Und was liest du gerne?", fragte mich der ältere Herr plötzlich in meiner Landessprache.

„Geschichte, Politik und Wissenschaft. So in die Richtung", sprach ich.

„Kennst du Noam Chomsky? Der könnte dir gefallen", fuhr der Italiener fort und lotste mich in einen gewissen Bereich, etwas weiter weg von Anouk. Er griff in einen Stapel und „le voila", hier war das Buch, welches er mir zeigen wollte. Hybris von Chomsky stand in grossen Buchstaben auf dem Einband. Darunter ein Foto einer Interkontinentalrakete. Ich blätterte darin und fand ganz okay mal was zu lesen, das mein Weltbild infrage stellt. Es gab ein paar spannende Bücher, aber ich blieb dem Buch des Linguisten und Politkritikers Chomsky treu. Ich sah, wie ein anderer Mitarbeiter sich zu Anouk bewegte und sie wahrscheinlich fragte, ob er ihr helfen könne. Sie schüttelte den Kopf mit einem aufgelegten Lächeln und ich glaubte ihren Lippen ein „No, thank you" entnommen zu haben.

So wie ich Anouk in ihrem grünen Kleid aus einer gewissen Distanz von der Seite hab stehen sehen, war es um mich geschehen. Ich glaube, ich habe mich in diesem Moment in sie verliebt und spürte einen Knoten in meinem Magen. Es fühlte sich an, als ob ich in einem Zuckerloch wäre. Sie sah zum Anbeissen und unglaublich charmant aus, so wie sie ihren Körper unwissentlich in Pose gerückt hatte und in das von ihr ausgewählte Buch blickte. Sie schien darin zu lesen, als ob sie den Schreibstil und Informationsgehalt prüfen würde. Anouk wirkte konzentriert.

Nicht der Bücherladen, sondern meiner einst war geflutet. Nicht mit Wasser, sondern mit Gefühlen für dieses traumhafte Mädchen. Für den Mensch, der sie ist und der für mich da war, als gewisse Sachen auf dem Hinflug sprichwörtlich in die Hose gingen. Ich musste zu ihr. Ich war fest entschlossen, wieder in ihre Nähe zu gelangen und ging direkt auf sie zu. Sie blickte von ihrem Buch auf und schaute mir freundlich lächelnd ins Gesicht. Noch während ich auf sie zulief, streckte ich bei den letzten Schritten diskret meinen rechten Arm aus. Meine Handinnenfläche streichelte sachte ihrer Backe entlang, während mein Daumen kurz vor ihrem Ohr zu stehen kam und meine Fingerspitzen zärtlich ihren Nacken berührten. Ich küsste sie. All das vorhin Beschriebene dauerte weniger als zwei oder drei Sekunden. Sie wehrte sich nicht. Oh Gott, ich küsste sie tatsächlich und liess meinem Impuls freien Lauf. Meine Lippen liebkosten jene von Anouk und meine linke Hand glitt nun langsam bis zu den Schultern hoch und von dort aus setze ich zu einer Umarmung an und drückte unsere Körper zärtlich zusammen.

Ihre linke Hand fiel kraftlos mit ihrem Buch in der Hand der Schwerkraft zum Opfer. Ihre rechte Hand wanderte an meinen Hinterkopf und ich spürte zeitgleich, wie sich ihr schöner Bauch endlich an meinem entlang schmiegte und ihre Zunge Einlass begehrte. Es war just in diesem Augenblick der wohl schönste Moment in meinem Leben. Es stimmte einfach alles.

Als sich unsere Lippen kurz lösten, schaute ich ihr tief in ihre wunderschönen Augen.

„Danke, dass du mich hierher gebracht hast", flüsterte ich.

„Gar kein Problem", hauchte sie mir wie betrunken und völlig überwältigt vom Moment zärtlich zu. Ihre Augen waren noch immer geschlossen. Ich küsste sie nochmals flüchtig und doch so gefühlvoll, wie es meine durch Gier getrübten Sinne zuliessen.

Als wir uns sanft aus der Umarmung lösten, war mir meine Aktion peinlich. Ich hoffte, dass sie es mir nicht ansehen konnte.

„Entschuldige, dass ich dich gerade so abrupt aus dem Buch gerissen habe", sagte ich.

„Aber nein. Alles gut", sprach sie unglaublich sanftmütig. Spätestens jetzt hätte ich mich ein weiteres Mal in die Frau aus Monaco verlieben müssen. Mir kam in den Sinn, dass ich bei der schönen Umarmung, in welcher sie fast ohne jegliche Körperspannung in meinen Armen versunken war, ihre weichen und doch prallen Brüste spüren konnte. Sie fühlten sich überraschend präsent an. Es war zwar völlig irrelevant und ich erinnerte mich an die Aussage, dass das Ganze mehr als nur die Summe seiner Teile ist. Doch Anouk war ein traumhaftes Paket, das keine Wünsche offen liess.

Diese entzückende Frau aus Monaco stand zu meiner Überraschung plötzlich wie bestellt und nicht abgeholt vor mir. Sie warf nochmals einen flüchtigen Blick ins Buch, schüttelte plötzlich perplex ihren Kopf, klappte das Buch mit einer hastigen Bewegung zu und blickte zu mir.

„Weisst du was, ich nehme dieses Buch einfach", sagte sie zufrieden lächelnd, gab mir einen Kuss auf die Backe und lief an mir vorbei, direkt an die Kasse zu Luigi. Er schien uns beobachtet zu haben, da er sich ein Grinsen nicht verkneifen konnte. Charmant kassierte er das Geld ein und riet uns, seinen Aussichtspunkt mit Blick auf den Kanal anzuschauen. Wir begaben uns nach einigen Fotos in einem liebevoll mit Büchern dekorierten Innenhof auf eine Treppe, die komplett aus Büchern konstruiert wurde. Der Ausblick war nett, aber ich war zwei Stufen hinter Anouk und meine Hand führte sie am Rücken entlang zum höchsten Punkt und glitt von dort situativ bedingt und ohne hinterhältige Gedanken versehentlich kurz zu ihrem Allerwertesten. Dies schien glücklicherweise niemanden zu stören. Und trotzdem blieb ich keine Sekunde mit meinen Fingern an jenem Ort. Mir war das peinlich.

Ich bezahlte danach noch meinen Chomsky. Ohne dieses Buch hätte ich vielleicht Anouk nie geküsst. Sie sah von jener Seite des Ladens einfach zu verführerisch aus, um untätig zu bleiben. In einer Gasse auf dem Weg zum „Teatro la Fenice" entdeckten wir ein schnuckliges, kleines Restaurant, das auch ein paar kleine Tischchen draussen stehen hatte. Es war für uns beide das richtige Lokal, um nicht hungrig in die Opernvorführung zu gehen und uns noch besser kennenlernen zu können.

„Nehmen wir noch einen kleinen Aperitif?", wollte Anouk wissen, während sie die Getränkekarte studierte.

„Warum nicht, ich nehme einen Martini Bianco", entgegnete ich.

„Dann nehme ich einen Veneziano", sagte Anouk. Eine Minute später bestellten wir die Getränke bei einem charmanten älteren Herrn und schon kurz danach nahmen wir die Drinks in Empfang.

„Haha, dein Getränk sieht aus wie Aperol Spritz", erklärte ich Anouk.

„Vielleicht liegt es auch daran, dass es Aperol Spritz ist", sagte die monegassische Brünette. Ich war zufrieden, mit ihr allein und nicht mit der Crew unterwegs zu sein. Ich fühlte mich wie ein Landei, als sie mir erklärte, dass es wirklich ein und dasselbe Getränk sei. Ich erhob mein Glass und stiess auf ihr wohl an.

Es war ein schöner Anblick, wie sie ihr durch Kälte beschlagenes Glas elegant in ihren Händen hielt. Ich fragte mich, ob dieses Bildnis ihrem Naturell entspricht, oder ob sie sich ausnahmsweise für mich etwas in Pose gerückt hatte. Ich konnte meinen Blick nicht von ihr abwenden und versuchte meine momentane Unfähigkeit mit einem Lächeln zu kaschieren. Sie lächelte mich kurz an.

„Auf deine Hosen", prostete sie mir überraschend zu und stiess ein glucksendes Lachen aus.

„Auf dich und deine Hilfsbereitschaft", sagte ich und wir liessen nun unsere Gläser erklingen. Wir nippten an unseren Drinks, die Blicke hafteten flirtend am Gegenüber.

„Wir sollten uns entscheiden. Er kommt bestimmt gleich wieder", machte mich Anouk darauf aufmerksam, ein Gericht auszuwählen.

„Nimmst du eine Vorspeise?", wollte ich von ihr wissen.

„Sollen wir uns eine kleine Antipasti-Platte teilen? Die hier klingt überzeugend", sprach die Frau aus Monaco und zeigte mit dem Finger darauf.

„Ja komm, lass es uns tun", antwortete ich und erntete einen netten Blick. Ich entschied mich für eine Art Spaghetti aglio e olio mit Garnelen zum Hauptgang, während sich Anouk für einen Teller mit verschiedensten Meeresfrüchten entschied.

Bei der Vorspeise traf mich der Schlag. Sie war riesengross und hätte mir allein schon gereicht. Von sonnengetrockneten Tomaten, Oliven, Salami und Schinken, Bruschetto, Grissini und Parmesan. Vielleicht war der Anblick schöner als die Auflistung aller Bestandteile. Der Vollständigkeitshalber muss noch erwähnt werden, dass selbst die Tomaten-Mozzarella-Spiesse dank dem Basilikumblatt in den Nationalfarben für ein unglaublich italienisches Flair sorgten. Schön, durfte ich das mit Anouk geniessen, die mich ebenso fragend mit beigemischter Begeisterung anblickte. Ich wollte von der jungen und zugleich attraktiven Kellnerin wissen, ob das wirklich nur eine Vorspeise ist.

„Wir sind in Italien. Hier wird Gastfreundschaft noch grossgeschrieben", antwortete die Bedienung charmant und etwas lieblich kess zugleich. Sie entschuldigte sich und kehrte kurz darauf mit einem Kerzchen zurück und zündete es an, als ob sie den Rest dem heutigen Abend überlassen wollte. Zu allem Kitsch schallte plötzlich „La Piu Bella Del Mondo" von Marino Marini aus dem Lokal in die Gasse. Anouk grinste als Reaktion darauf breit und ich konnte mein Schmunzeln auch nicht verbergen. Die beiden, die uns bedient hatten, schauten verspielt zu uns und winkten. Sie waren wohl der Grund, warum der Song vielleicht unseretwegen erklang.

Nachdem ich es heute mit Stacy getrieben hatte und den Flieger ohne Hose landen musste, fiel der Druck an diesem Tisch ab. Ich konnte mich fallen lassen und schaute die zauberhafte Frau vor mir eingehend an. Sie war perfekt, all das, was ich mir an einer Frau wünschen würde und sogar in meinem Alter. Ich spürte an meiner Schuhspitze eine leichte Druckstelle, die sich später aber nur als das Tischbein entpuppte. Wie sehr wünschte ich mir, dass es ihr Fuss gewesen wäre.

Der Hauptgang war mindestens genauso lecker wie die Vorspeise, die uns aber schon reichlich Stauraum in unseren Bäuchen abgeschöpft hatte. Wir assen nicht aus Hunger, sondern weil es so lecker war. Ich fand es schön zu beobachten, dass wir immer gelächelt haben, wenn der andere sprach. Ihre Aussagen hatten Gewicht, waren von Bedeutung.

Ich war froh, dass sich Anouk einladen liess. Na ja. Genau genommen habe ich die Rechnung beglichen, als sie kurz auf der Toilette verschwunden war. Sie bedankte sich herzlich und hatte offenbar nicht ein Problem damit, wie Charlotte damals in Dubai Marina. Irgendwie war der Aufenthalt hier in Venedig magisch und es passte einfach alles.

Wir liefen eng nebeneinander durch die schmalen Gassen Venedigs, ohne Händchen zu halten. So marschierten wir unaufhaltsam einer Vertrautheit entgegen, deren Geschwindigkeit mich überraschte. Je näher wir uns kamen, desto mehr wollte ich sie aber auch vor mir schützen.

Trotz meines Kusses hatte ich nicht das Gefühl, als ob ich mit ihr zusammen wäre, sondern Teil einer Magie zu sein, die sich erst zu entfalten begann. Die anbrechende Dämmerung verlieh dem Abend einen besonderen Reiz. Ich wollte sie spüren, Anouks Wesen in ihrer Gänze erfassen und sie keinesfalls heute entweihen. Sie war mir zu kostbar.

Plötzlich tauchte sie aus einer Seitengasse auf, die Piazza San Marco. Ich war überwältigt und sog die Stimmung in mich auf. Urplötzlich spürte ich, wie die monegassische Traumfrau unschuldig nach meiner Hand griff. Sie wollte wohl auf Nummer Sicher gehen, damit sie mich nicht in den Menschenmassen verliert. Anouks Hand war warm und die junge Frau lief unglaublich zielstrebig Richtung „La Fenice". Ihr Körper bewegte sich in ihrem reizenden Kleid auf eine erotische Art und Weise, wie ich sie noch nie erlabt habe. Als ob sich ihre femininen Rundungen in Zeitlupe bewegen würden. Sie hielt meine Hand spürbar, doch auch irgendwie flüchtig, sodass ich sie auch hätte entreissen können. Doch das wollte ich keineswegs. Ich verkeilte meine Finger fest in ihrer Hand und drückte zu. Anouk lief ein paar Schritte vor mir und drehte ihren Kopf kurz in meine Richtung zurück und schaute mich bestätigend und gerührt an.

Ich sah, wie wir uns zackig einem prunkvollen, aber dennoch unscheinbaren Gebäude näherten. Wir hatten unser Ziel wohl erreicht. Der Eingangsbereich wirkte mit dem leicht pinkfarbenen Marmor klar und aufgeräumt, doch die Kassen mit irgendwelchen sperrigen Bildschirmen irgendwie funktional. Anouk zückte ihr Täschchen und es kam eine alt wirkende Geldbörse zum Vorschein.

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