Swipe, um zu sehen, wer jetzt online ist!

Servas 02: Neuanfang Teil 04

ÖFFENTLICHE BETA

Hinweis: Sie können die Schriftgröße und das Schriftbild ändern und den Dunkelmodus aktivieren, indem Sie im Story-Infofeld auf die Registerkarte "A" klicken.

Sie können während unseres laufenden öffentlichen Betatests vorübergehend zu einem Classic Literotica® Erlebnis zurückkehren. Bitte erwägen Sie, Feedback zu Problemen zu hinterlassen oder Verbesserungsvorschläge zu machen.

Klicke hier

Kati sah Nadine eine Weile unverwandt an und legte sich dann zu Nadine ins Bett. Blieb aber ganz nah an der Kante liegen.

»Meine Güte, stell dich doch nicht so an. Vorhin wolltest du dich noch für mich ausziehen.« Sie legte den Arm um Katis Bauch und zog sie zu sich heran. Sie deckte sich und Kati mit zu und schloss die Augen.

Irgendwann wachte Nadine von einem Geräusch auf. Sie öffnete langsam die Augen und sah, das Kati sich an sie gekuschelt hatte und leise weinte. Sie wusste nicht, wie sie sich verhalten sollte. Doch sie legte die Hand auf Katis Rücken und begann sie zu streicheln.

»Ich habe Angst«, sagte Kati leise schluchzend. »Ich will hier endlich raus.«

Nadine wusste nicht, was sie sagen sollte. Ihr ging es ja selbst nicht besser. Also streichelte sie Kati einfach weiter, bis diese sich nach einer ganzen Weile ein wenig beruhigt hatte.

»Bitte helf mir, hier raus zu kommen. Ich mache auch alles was du willst«, sagte sie leise.

»Das hast du schon einmal gesagt. Und wenn ich will, gibst du mir das sogar schriftlich«, sagte Nadine und musste lachen.

»Wieso lachst du mich aus? Ich meine das wirklich ernst. Ich will einfach nur noch hier raus kommen. Dann kannst du alles mit mir machen was du willst«, sagte Kati mit weinerlicher Stimme.

»Hör mal, wenn ich sowas wollte, hätte ich mir schon vor ein paar Jahren eine Serva kaufen können.« Nadine ahnte, in welche Richtung dieses Gespräch gehen würde wenn sie jetzt nicht gegensteuerte. »Ich bin nun mal kein besonders geselliger Mensch.«

Nadine blieb noch eine Weile liegen, schob Kati aber dann aus dem Bett und stand selbst auf. »Wir brauchen Wasser und was zu Essen. Außerdem brauche ich was zum Schreiben und das Pad. Und Lampen brauchen wir auch. Hast du Werkzeug?«

Kati holte zwei große Flaschen die sie auf den Tisch legte. Dazu legte sie eine Schüssel und zwei silbrig glänzende Beutel. Dann holte sie einige Blätter deren Rückseiten unbeschrieben waren und einen Bleistift.Dazu legte sie noch zwei kleine und eine große Zange sowie ein Taschenmesser welches sie aus der Hosentasche holte und zwei Handlampen. Dann nahm sie einen großen Stoffbeutel und legte ihn ebenfalls auf den Tisch.

»Was ist das?«, fragte Nadine und deutete auf die Beutel.

»Das ist der Brei den es zu Essen gibt. Das reicht für ungefähr vier Portionen. Aber ich mag das Zeug nicht. Was anderes hab ich aber nicht was wir mitnehmen können.«

»Egal, das muss reichen. Aber das Werkzeug ist doch wohl ein schlechter Scherz, oder?«

»Leider nein. Mehr hab ich nicht gefunden.«

»Na, meinetwegen.« Nadine nahm eine der Lampen und gab Kati den Beutel und die zweite Lampe.

Kati steckte das Pad in eine Tasche ihres Anzugs. »Wir müssen bis zum ersten Durchgang mit dem Nachtsichtgerät gehen. Danach können wir Licht machen.«

»Meinetwegen«, sagte Nadine. »Dann los. Wenn wir noch warten, haben wir auch nichts davon.«

Kati nahm das Nachtsichtgerät, welches auf einem der Stühle lag und mit einem Kabel an einer Steckdose steckte. Es zeigte das die Batterie voll aufgeladen war die für etwa 24 Stunden reichen würde. Auch die Lampen waren voll aufgeladen und würden ebenso lange halten. Sie nahm noch ein Stück Seil aus einem der Schränke und gab es Nadine.

»Was soll ich damit?«

Kati band ihr das eine Ende ums Handgelenk. Das andere Ende band sie um ihr eigenes.

»Na toll, jetzt hast du mich an der Leine«, sagte Nadine lachend.

»Wenn du willst, kannst du mir das nachher um den Hals binden, dann hast du mich an der Leine. Aber im Dunkeln ist es besser, wenn ich dich führe«, sagte Kati. Nadine sah ihr an, daß sie das vollkommen ernst meinte und musste grinsen.

»Ich mache jetzt das Licht aus«, sagte Kati und setzte sich das Nachtsichtgerät auf.

Sie schaltete das Licht aus und öffnete die Tür. »Wir müssen leise sein. Weiter vorne im Stollen sitzen manchmal zwei Aufseherinnen wenn das Licht an ist.« Sie zog Nadine hinter sich her während sie durch den Stollen ging.

Nach einer Weile hörte Nadine wie sie eine Tür öffnete. Kati zog sie durch diese hindurch und schloss sie wieder. Dann schaltete sie die Lampe an.

»Hier kommen die Aufseherinnen nie her.« sie schob mit dem Schuh etwas Staub direkt vor der Tür zu einem Haufen zusammen.

»Gut, dann gib mir die Lampe. Du hast ja das Nachtsichtgerät.«

Kati gab Nadine die Lampe und löste in deren Schein das Seil von ihrem Handgelenk. Dann wand sie es sich um den Hals.

»Was soll das denn?«, fragte Nadine.

»Damit wir uns nicht verlieren«, sagte Kati ernst.

Nadine schüttelte den Kopf. Sie wollte ihr jetzt nicht widersprechen und folgte ihr.

Der Stollen war groß genug das man mit einem Auto hindurch fahren konnte und so kamen sie recht gut voran. Nach einer ganzen Weile, Nadine hatte die Schritte gezählt und war bei ungefähr 8000 Schritten angekommen, gabelte sich der Stollen. Der Stollen zur Rechten war etwas kleiner als der Linke, den Kati nun nahm.

»Sag mal, ich hab dich das letzte Mal schon gefragt, warum du ausgerechnet mich mit genommen hast«, sagte Nadine.

Kati blieb kurz stehen und sah sie an. Dann ging sie weiter und sagte »Das war komisch. Ich hatte schon ungefähr 15 Frauen aus den Schlafstollen geholt. Aber niemand konnte mir bei dem Plan helfen. Und als ich dich geholt habe, da lag da die Papierblume auf deinem Bett.«

»Eine Blume?«, nun blieb Nadine stehen und sah sie an als sei sie verrückt geworden.

»Ja, eine Blume. Aus Papier gefaltet. Genau wie damals auf dem Koffer mit dem Nachtsichtgerät.«

»Was? Das war nicht in dem Schutzraum?«

»Nein, in dem Schutzraum habe ich nur die Lampen gefunden. Ich bin durch die Stollen gegangen und habe nach einem Weg nach draußen gesucht. Und als ich mich vor einer der Aufseherinnen verstecken musste, bin ich in eine Nische gekrochen. Als die Aufseherin weg war, habe ich im Stollen was weißes liegen sehen. Das war auch eine Blume aus Papier. Die lag auf dem Koffer mit dem Gerät. Ohne die Blume hätte ich den Koffer niemals gesehen.«

»Du willst mich doch verarschen. Das hieße ja, jemand wollte daß du das Gerät findest. Und daß du ausgerechnet mich mit nimmst.«

»Ich weiß nicht. Aber vor dem Durchgang wo wir eben durch sind, habe ich auch so eine Blume gefunden. Sonst wäre ich nie da durch gegangen und hätte den zweiten Schacht nie gefunden.«

Nadine ging weiter und zog Kati einfach mit. Sie dachte darüber nach, was es mit dieser Blume wohl auf sich hatte.

»Als du mir die Schokolade gegeben hast, war das auch wegen so einer Blume?«, fragte sie nach einer Weile.

»Schokolade?« Kati sah sie fragend an. »Ich habe dir keine Schokolade gegeben. Ich würde sonst was tun um mal wieder Schokolade zu essen.«

»Verstehe«, sagte Nadine. Sie fragte sich, ob es da einen Zusammenhang gab.

Irgendwann kamen sie an ein großes Tor, groß genug für ein Auto. In der gemauerten Wand befand sich neben dem Tor noch eine Tür. Kati öffnete diese und sie gingen hindurch.

»Jetzt ist es nicht mehr weit«, sagte sie und deutete nach vorne.

Die Zwei beschleunigten ihre Schritte und kamen nach wenigen Minuten ans Ende des Stollens. Sie befanden sich mitten in einer hohen Halle wieder, die aus dem Felsen gehauen worden war.

Staunend leuchtete Nadine in der Halle umher. Direkt ihnen gegenüber befand sich ein riesiges Gestell aus blau lackierten Stahlträgern. Breite Treppen führten links an diesem Gestell entlang nach oben. In dem Gestell befanden sich in drei Etagen große Gittertüren. An den Wänden gab es zwar mehrere Lampen die jedoch nicht eingeschaltet waren. Nadine verfolgte mit dem Lichtkegel der Lampe die Kabel, die zu den Lampen führten bis sie einen gelben Schaltschrank fand, an dem alle diese Kabel zusammen liefen. Sie ging zu diesem und suchte nach dem Lichtschalter. Tatsächlich waren einige der Schalter mit einem Lampensymbol gekennzeichnet. Sie drückte auf einen dieser Schalter doch nicht passierte. Auch bei den anderen Schaltern passierte nichts. Sie drückte der Reihe nach auch die anderen Schalter bis auf einmal irgend wo rasselnd ein Motor anlief und ein leichter Luftstrom zu spüren war. Sie drückte den Schalter noch einmal und der Luftstrom versiegte.

»Das hab ich auch schon versucht. Aber der Fahrstuhl läuft trotzdem nicht«, sagte Kati.

»Der wird von hier auch nicht angeschaltet. Gib mir mal den Schraubenzieher«, sagte sie zu Kati die da stand und sie beobachtete.

»Was hast du vor?«

»Ich will Licht machen. Los, gib schon her. Und nimm endlich das blöde Seil von deinem Hals ab. Sonst erdrosselst du dich noch.«

Kati holte einen Schraubenzieher aus der Tasche und gab ihn Nadine, dann löste sie den Knoten des Seiles und nahm es sich ab. Nadine hebelte mit dem Schraubendreher die Tür des Schaltschrankes auf und leuchtete hinein. Sie fand mehrere Reihen Sicherungen, doch die meisten davon waren kaputt oder fehlten. Sie schraubte eine der ganzen Sicherungen aus der Halterung und schraubte diese in eine andere Halterung hinein. Wieder drückte sie auf die Schalter mit den Lampensymbolen und einige der Lampen gingen an. Sie tauchten die Halle in ein spärliches Licht. Sie suchte noch eine weitere ganze Sicherung und drehte sie in eine weitere Halterung. Sofort gingen weitere Lampen an.

»So gefällt mir das schon besser«, sagte Nadine und schaute sich noch einmal in der Halle um. Sie war wirklich riesig, mindestens drei Stockwerke hoch. Und an einer Seite standen mehrere Elektroautos und sogar ein kleiner Radlader. »Warum fährst du nicht damit?«, fragte sie Kati.

Diese schaute ein wenig verlegen. »Ich hab doch keinen Führerschein.«

»Du hast was?« Nadine schüttelte den Kopf. »Du willst mir sagen, hier stehen Autos rum und du nimmst sie nicht, weil du keinen Führerschein hast? Du hattest wer weiß wie lange Zeit, zu probieren wie man diese Dinger fährt und hast es nicht gemacht weil du keinen Führerschein hast? Wie bescheuert bist du eigentlich?«

Kati schaute sie noch immer verlegen an und nickte.

»Du hast sie doch nicht mehr alle«, sagte Nadine kopfschüttelnd. »Wen bitteschön interessiert das hier?«

Kopfschüttelnd ging Nadine die Treppe nach oben und schaute sich alles gründlich an. Auf der obersten Etage fand sie einen weiteren Schaltschrank. Dessen Türen standen weit offen und sie konnte erkennen daß dort einige Teile ausgebaut waren. »Bring mir mal den Plan her«, rief sie Kati zu die noch immer unten stand und zu ihr schaute. Sie kam die Treppe hinauf und gab Nadine den Plan.

»Sag mal weinst du?«, fragte Nadine als sie Katis Gesicht sah.

Diese wandte sich von ihr ab und wischte sich mit dem Ärmel durchs Gesicht.

Nadine seufzte leise und ging zu Kati. Sie drehte sie um und nahm sie in den Arm. »Sag jetzt bitte nicht, das du weinst, weil ich gesagt hab, du hast sie nicht mehr alle.«

»Ich hab halt nicht dran gedacht, daß das hier egal ist«, sagte Kati leise und schniefte.

»Komm schon, so war das doch nicht gemeint.« Nadine streichelte ihren Rücken und versuchte sie zu beruhigen. »Komm, ist alles wieder gut. Das kommt nicht wieder vor.«

Als Kati sich endlich wieder beruhigt hatte, ließ Nadine sie gehen. Sie nahm den Plan und suchte einige Blätter heraus. Zwischendurch warf sie immer wieder einen Blick in den Schaltschrank.

»Ich weiß jetzt, was das Wort was überall im Plan steht heißt«, sagte sie. »Das heißt sowas wie 'Weg'.«

»Woher weißt du das? Ich dachte, du kannst kein Russisch?«

»Ganz einfach«, sagte Nadine resigniert. »Weil alle Teile bei denen im Plan dieses Wort steht, weg sind.«

»Und jetzt?«

»Jetzt brauch ich ein paar Minuten zum Nachdenken.« Nadine setzte sich aufs obere Ende der Treppe und schaute sich den Plan an. Immer wieder blätterte sie die Seiten um und fuhr mit dem Finger die Linien nach.

Irgend wann stand sie auf und ließ sich von Kati das restliche Werkzeug und das Pad geben. Dann ging sie zu dem Schaltschrank und begann damit, die noch vorhandenen Kabel heraus zu bauen. Sie warf immer wieder einen Blick in den Plan und klemmte die Kabel an anderen Stellen wieder an. »Hast du ein Kabel, das man an das Pad anschließen kann?«, fragte Nadine.

»Ich hab nur das hier. Das ist zum aufladen.«

»Bestens.« Nadine nahm ihr das Kabel aus der Hand, schnitt es mit dem Taschenmesser in der Mitte durch und legte die Enden der einzelnen Leitungen frei.

»Spinnst du? Dann können wir das nicht mehr aufladen«, sagte Kati entsetzt.

»Stell dich nicht so an. Wenn das funktioniert, brauchen wir das Pad nicht mehr. Und wenn es nicht funktioniert, dann flicke ich es wieder. Aber dann haben wir ein ganz anderes Problem.« Sie nahm das abgeschnittene Ende und klemmte zwei der Leitungen aus dem Kabel an einem gut fingerdicken, grünen Kabel an und steckte den Stecker in das Pad. Das Display des Pads flackerte kurz auf und zeigte dann ein neues Bild.

»VERBUNDEN«, stand nun auf dem Pad. Daneben befanden sich mehrere Auswahlfelder.

»Was ist das?«, wollte Kati wissen.

»Das sind Netzwerkknoten. Das Ganze hier ist eine verteilte Steuerung. Sowas altes hab ich zwar schon seit der Ausbildung nicht mehr gesehen aber ein Bisschen was ist noch hängen geblieben.

Sie begann damit, mehrere der grünen Kabel freizulegen und diese ebenfalls mit dem bereits zusammengeklemmten Kabeln zu verbinden, worauf hin immer mehr Auswahlfelder auf dem Pad erschienen.

»Qapla'!« rief Nadine aus als das Pad wieder ein anderes Bild zeigte.

Kati sah sie entgeistert an. »Was war das denn?«

»Entschuldige. Das kommt aus einer uralten Fernsehserie. Ich hab doch gesagt, ich bin kein sehr geselliger Mensch. Anstatt mich mit anderen Menschen herumzuplagen schaue ich mir lieber abends solche Serien an«, sagte Nadine entschuldigend. Sie deutete auf das Pad. »Irgend wo steht ein Knoten auf dem alle Schaltpläne gespeichert sind. Das Pad hat die automatisch bekommen als ich es angeschlossen habe.« Sie widmete sich wieder dem Pad und tippte einige der Schaltflächen an. »Ich kann nur hoffen, das тормоз sowas wie Automatik heißt«, sagte sie mehr zu sich selbst.

Kati war während dessen wieder ganz nach unten gegangen und rührte in einer Schüssel das Pulver aus einer der beiden Beutel mit etwas Wasser zu einem dicken Brei an. Sie ging zu Nadine zurück und gab ihr die Schüssel. Abwesend begann Nadine den Brei mit bloßen Fingern zu essen, während sie weiterhin Kabel umklemmte und auf dem Pad herum tippte. »Warum steht hier eigentlich alles auf russisch? Wollten die nicht, daß es jeder lesen kann?«, überlegte Nadine laut.

»Ich habe aber auch einen Löffel«, sagte Kati, nachdem Nadine ihr die nur noch halbvolle Schüssel wieder gegeben hatte.

»Das sagst du mir jetzt?«

»Entschuldigung.«

»Schon gut. Schau dich bitte mal um ob du irgendwo einen Schalter findest mit dem man den Förderkorb hier runter holen könnte.«

Mit der Schüssel in der einen und dem Löffel in der anderen Hand ging Kati zu den Gittertüren und schaute sich um.

»Hier ist ein Schalter. Da steht 'rufen' drauf«, sagte sie als sie in der mittleren Etage stand. »Ich drücke mal drauf.«

»Nein!« rief Nadine. Doch da war es schon zu spät. Im Schaltschrank gab es einen lauten Knall und einen Blitz und sie sprang vor Schreck einen Meter weit zurück. Vor der obersten Gittertür blieb sie liegen und hörte in der Stille ein Geräusch aus dem Schacht. Sie hörte genauer hin und hörte erst ein Rauschen, dann ein immer lauter werdendes Rumpeln. Doch plötzlich hörte sie ein anderes Geräusch. Es klang wie eine sehr sehr tiefe Klaviersaite die man unter voller Spannung durchschneidet. Die Erkenntnis was da gerade passierte traf sie wie ein Schlag. »Kati, weg da!« schrie sie. »Lauf.«

Sie rappelte sich auf und rannte die Treppe hinunter. Im Laufen sah sie, das Kati noch immer vor der Gittertür stand und sich nicht bewegte. Sie sah Nadine an wie ein Kaninchen eine Schlange anschaut.

Nadine drehte sich um, lief die Treppe wieder nach oben und rannte zu Kati. Doch als sie gerade auf der mittleren Etage ankam wurde aus dem Rumpeln schlagartig ein ohrenbetäubender Lärm als der Förderkorb auf dem Boden aufschlug und unter lautem Kreischen zerbarst. Die Geräusche als Metall auf Metall rieb, gingen durch Mark und Bein und überall flogen kleine und große Metallteile durch die Gegend. Das Gestell mit der Treppe erzitterte und Nadine wurde zu Boden gerissen. Doch sie raffte sich so schnell es ging wieder auf. Die Tür vor der sie Kati stehen sah, wurde von einem Metallteil aufgestoßen und traf Kati an der Schulter, die von dem Schlag durch die Gegend geschleudert wurde, gegen das Geländer flog und vor diesem liegen blieb. Die Geräusche verstummten langsam bis auf ein sich stetig wiederholendes Knallen und Schaben.

So schnell sie konnte lief Nadine zu Kati, fasste sie unter den Armen und zog sie gerade noch rechtzeitig vor der nun leeren Türöffnung weg. Nur einen Augenblick später schlug das zerfledderte Ende des armdicken Stahlseiles genau an der Stelle auf den Boden wo Kati eben noch gelegen hatte, riss einen Teil des Gitterrostes weg und blieb dort liegen. Das Geländer an dieser Stelle war vom Ende des Seiles einfach in zwei Hälften geteilt worden. Sie sah zu Kati und war erleichtert, diese noch rechtzeitig weggezogen zu haben. Doch als sie sie genauer ansah, stockte ihr der Atem. Katis Gesicht war voller Blut und auch an der Schulter befand sich eine blutende Wunde.

- - -

»Schau nicht so ungläubig. Ich war auch mal jünger«, sagte Julia lachend während Mara die Fotos betrachtete.

Es war Sonntag Morgen und die Beiden saßen am Esstisch und hatten gerade gefrühstückt.

»Damals war ich richtig gut.« Julia tippte auf das Pad auf dem das nächste Bild erschien. Es zeigte zwei junge Frauen die auf einem Siegerpodest standen und einen großen Pokal hoch hielten. Eine davon trug ein ähnliches Geschirr, wie es in Julias Laden im Schaufenster zu bewundern war. Sie hatte lange, blonde Haare und bei genauerem Hinsehen erkannte Mara, daß es sich tatsächlich um Julia handelte.

»Das war '95. Eines der ersten Rennen, nachdem das offiziell als Sportart anerkannt wurde.«

Die nächsten Bilder zeigten Julia bei verschiedenen Rennen wo sie meistens als eine der Ersten die Ziellinie überquerte. Dann erschien ein Ausschnitt aus einer Zeitung. Das Bild dazu zeigte Julia mit zwei eingegipsten Beinen in einem Rollstuhl. Die Überschrift fragte reißerisch ob daß das Ende ihrer Karriere gewesen sei.

»Tja, im Grunde genommen war es das tatsächlich.« Julia seufzte leise.

»Was ist passiert?«, wollte Mara wissen.

»Das war '98. Wir waren die ganze Saison über ziemlich erfolgreich gewesen. Es war das Abschlussrennen einer ganzen Serie. Ein anderes Team war die ganze Saison über andauernd hinter uns zurück geblieben. Die Jockey hieß Anna Reich.« Sie zeigte Mara das Bild einer jungen schwarzhaarigen Frau »Sie haben es nie geschafft schneller zu sein als wir. Aber in dem Abschlussrennen wollte sie es allen zeigen. Sie hat allerdings nicht Fair gespielt. Sie hat uns auf der Zielgeraden geschnitten und mich dabei erwischt. Ich bin gestürzt und habe mir beide Beine gebrochen.«

»Und dann?«, fragte Mara.

»Ich habe noch zwei Jahre lang als Jockey weiter gemacht. Aber Audrey war nie so schnell wie ich. Sie war einfach zu klein und ich zu groß und schwer. Dann habe ich den Sport an den Nagel gehängt.«

Die nächsten Bilder zeigten Julia nun mit kurz geschnittenen Haaren als Jockey anstatt als Pony.

»Hier, das war Audrey vor zwei Jahren. Die Frau neben ihr ist ihre Nichte.« Sie zeigte ein weiteres Bild auf dem drei Teams mit ihren Trainerinnen zu sehen waren und deutete auf das Team welches auf dem zweiten Platz auf dem Podest stand.

»Und die anderen?« Mara deutete auf die beiden anderen Team. »Sie sehen aus als würden sie sich gleich an den Kragen gehen.«

Julia lachte. »Ja, das kann gut sein. Das hier« sie deutete auf das Team welches auf dem dritten Platz stand »ist Annas Tochter. Tamara. Sie ist genauso rücksichtslos wie Anna es damals war.« Die kleine und zierliche Frau mit den schwarzen Reiterhosen hatte kurze schwarze Haare und eine gewisse Ähnlichkeit mit der Frau die Julia ihr eben gezeigt hatte. Mara deutete auf die Frau die als Jockey auf dem ersten Platz stand. »Die sieht ihr aber auch verdammt ähnlich.«