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Silke und Toni - wie alles begann

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Heiße Liebe auf der Ostsee.
19.3k Wörter
4.29
47k
5
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Für alle, die bei solchen Geschichten einen steilen Einstieg erwarten, sei gesagt, dass sie die ersten ca. zehn Seiten getrost überblättern können. Allerdings finde ich es beim Schreiben angenehmer, den Protagonisten auch Leben einzuhauchen und den Blick auf sie nicht nur allein auf die Dinge im Leben zu fixieren, die im direkten Miteinandern mehr Spaß machen.

1. Einleitung

Es war Freitag. Die unerwartete Schönwetterperiode hielt sich hartnäckig und trotz der noch frühen Morgenstunden lastete die spürbare Hitze des kommenden Tages bereits auf den Menschen. Zäh floss der Berufsverkehr der Innenstadt entgegen, mit aggressivem Fahrstil glaubten viele Fahrer, den mangelnden Schlaf der letzten Nächte wett machen zu können.

`Ja, da sehnen Sie den Sommer immer wieder herbei -- doch stellt er sich dann tatsächlich einmal ein, dann quälen sich viele Menschen durch zu warme Tage und Nächte und sind auch wieder nicht zufrieden,` mit solchen Gedanken saß Anton Lukas Freitag, von allen nur Toni genannt, am Steuer seines kleinen Twingo. Eingeklemmt zwischen einen unverkennbar nach Diesel stinkenden Lastwagen vor ihm und einer unübersehbaren Schlange von Leidensgenossen aus den Vorstädten hinter ihm. Ein Entrinnen war nicht möglich, die früher noch möglichen Schleichwege waren von den Verkehrsplanern längst erkannt und nachhaltig dicht gemacht worden. Und so sehr er auch mitunter über den Zustand der Straßen und die Untätigkeit der Verantwortlichen zu fluchen bereit war, nun nervte diese Perlenschnur von Baustellen längs seiner täglichen Fahrtroute deutlich.

`Was soll es`, dachte Toni, `hier hilft nur Geduld`, und er stellte das Radio lauter, das ihn gerade mit dem Evergreen Sunshine Reggae die Lust am Sommer nahe legen wollte. Langsam bohrte sich die Blechschlange immer weiter in die Stadt hinein. Ab da, wo die Straßen endlich mehrspurig wurden, ging es endlich etwas zügiger voran. Es gesellten sich nun auch Fußgänger und Fahrradfahrer in das Bild. Eine willkommene Ablenkung, denn bei dieser Wetterlage trugen viele Menschen nur das nötigste am Leib. Niedlich wippten da pralle Brüste unter dünnem Stoff im Takt der Fahrradpedale, ließen vom Wind aufgebauschte Röcke kurz Schlüpfer aufblitzen und Pos und Hüften im Takt klappernder Pantoletten reizend schwingen. Toni amüsierte sich über sich selbst, `was sind wir Menschen doch nur Hormon gesteuert. Diese paar Reize sind ja alles andere als dramatisch, jede Illustrierte bietet da schon auf der Titelseite mehr -- und doch, kaum wippt da so ein keckes Brüstchen, steigt die Stimmung. Und nicht nur die!`

Kurz blitzte in ihm so eine Phantasie auf, wie es wohl wäre, eins dieser reizenden Mädels einfach anzusprechen. So nach dem Motto: Kannst Du Dir vorstellen heute ein Stunde später im Büro anzukommen? Wir könnte in der Zeit auf Liebe machen? Hast Du Lust?! ... und das Mädel würde sagen: ja Fremder, das ist genau das, was ich jetzt brauche! und wohnte natürlich mit sturmfreier Bude nur um die Ecke.

Toni musste abbiegen und versagt sich, seine Phantasie weiter auszumalen, hatte ja doch keinen Sinn, denn so etwas passierte ja in der Wirklichkeit nicht.

Im Büro stand noch die Hitze des Vortages, selbst das Aufreißen der Fenster sorgte nur für einen Hauch mehr Sauerstoff, allein die Hitze ließ sich nicht verdrängen. Der Ventilator, den er von zu Hause mitgebracht hatte, mühte sich redlich, vermochte aber kaum Linderung zu bringen. Nun, an so etwas wie ein Klimaanlage hatte beim Bau dieses Bürohauses keiner gedacht.

„Moin, Moin, Herr Freitag," dröhnte die aufdringliche Stimme seines Chefs, „Sonderauftrag für Sie und keine Widerrede! Wir haben eine Praktikantin aufgedrückt bekommen, irgendwie Verwandte von einem hohen Tier, ist auch egal. Die werden Sie jedenfalls 4 Wochen betreuen, lassen Sie sich was einfallen. Kommt um 09:00. Ach ja, sie heißt Jondrazek -- oder so ähnlich. Alles klar?!" und war schon wieder verschwunden.

Mein Gott, das auch noch. Die Abteilung war in der Ferienzeit ohnehin hoffnungslos unterbesetzt und bei genauem Hinschauen er selbst eigentlich der letzte aktive Mohikaner. Und dann sollte er in seinem winzigen, stickigen Büro sogar noch eine Praktikantin unterbringen. Toni seufzte. Nun, dann war es eben so, ändern konnte er daran ohnehin nichts mehr.

Kurz nach 09:00 meldete der Pförtner telefonisch, dass eine Frau Jondrasch für ihn da sei und er sie bitte von der Rezeption abholen möge. Unlustig machte sich Toni auf den Weg.

An der Besucherschleuse wartete eine Überraschung auf ihn. Irgendwie hatte er eine halbwüchsige Schülerin erwartet, doch hier stand eine ausgewachsen Frau, Mitte/Ende zwanzig, vor ihm -- und was für eine.

Erster Eindruck: gemäßigte Punkerin.

Mittelgroße, sportliche Figur. Ein rabenschwarzer, voller Pagenschopf umrahmte ein blasses Gesicht mit intensiven, grünen Augen, dunkelroten, vollen Lippen und einem funkelnden Brilli im Piercing des Nasenflügels. Ein schwarzes, ärmelloses Ripp-T-shirt lag eng um zwei aufrechte, volle Brüste und die schlanke Taille. Der schwarz-rot karierte Minirock, nach Schottenart gewickelt und von einer großen Schmuck-Sicherheitsnadel am Auseinanderklaffen gehindert, umhüllte die fraulichen Hüften und den strammen Po. Die langen, schlanken Beine endeten in schwarzen Bergstiefeln.

Trotz dieses ungewöhnlichen Outfits strahlte die Frau etwas jugendliches, sehr sympathisches, ja sogar gepflegtes aus und die beiden Augen schauten intelligent, offen und herausfordernd in die Welt. Es konnte nicht überraschen, dass ihr etwas provozierendes, ja geradezu aufsässiges, anhaftete, denn gerade diesen Effekt schien sie ja zu beabsichtigen.

Für eine Behörde jedenfalls bot sie einen ungewohnten Anblick.

„Silke Jondrasch", streckte sie ihm ihre Hand entgegen, „Du bist vermutlich Herr Freitag. Die arme Wurst, die sich mit mir während der nächsten Tage herumquälen muss," lächelte sie dazu herausfordernd. Sie hatte eine angenehme, etwas unerwartet rauchige Stimme.

„Toni. Toni Freitag," stellte sich Toni vor und ergriff die Hand, die ihm mit festem Druck begegnete. „Ja, ich bin besagte arme Wurst! Am besten gehe ich mal voraus, dann können wir in meinem, na ja, für die nächste Zeit unserem, Büro besprechen, was ich mit Ihnen anfangen kann." „Och, da wird Dir schon was einfallen, denke ich," gab sie zurück.

`Aha`, dachte Toni, `auch das noch, so eine, die immer das letzte Wort haben muss`.

In dem Büro angekommen bot er ihr von dem extra frisch aufgesetzten Kaffee an, den sie dankbar annahm, Milch und Zucker jedoch ablehnte.

„Nun, Frau Jandrosch, vielleicht erzählen Sie mir zunächst einmal, in welchem Zusammenhang Ihr Praktikum steht, damit ich das, was ich Ihnen zeigen kann, darauf abstimme."

„Du kannst gerne Silke zu mir sagen, das mit dem Sie finde ich schrecklich umständlich." „Ok, ok, also Silke, dann aber auch Toni für Dich!"

„Gerade raus oder die offizielle Version?"

Toni musste lachen. „Wie Du willst, aber dann scheint gerade heraus ja wohl spannender zu sein!"

„Mein Vater hat das angeschoben, weil er mit meiner Lebensführung nicht einverstanden ist. Aber wenn ich das Praktikum nicht absolviere, will er mein Erbe mindern."

„Ist das denn eine echte Drohung?"

„Und ob. Kennst Du die Schiffsausrüster Jandrosch? Das ist der Betrieb meines Vaters. In Ermanglung anderer Erben, wollte er immer, dass ich die Firma übernehme. Das Erbe auszuschlagen wäre jedenfalls der Verzicht auf eine Menge Euronen."

„Verstanden. Was hast Du denn bisher gemacht?"

„Privat oder sonst so?" fragte sie mit einem provozierenden Augenaufschlag zurück.

„Na, privat ist bestimmt nicht uninteressant - geht mich aber nur etwas an, wenn Du willst, dass es mich etwas angeht."

„Ok, dann der Reihe nach. Also Stenogramm:

Abitur -- ein gutes, wenn ich das so sagen darf -- , BWL-Studium, nebenbei ein bisschen Psychologie. BWL im letzten Jahr auch abgeschlossen, davon weiß mein Vater aber nichts. Gearbeitet bei Gelegenheit, meistens gekellnert, eben immer nur so viel, wie ich zum Leben brauchte.

Mit der Vita kannst Du aber nichts anfangen, denn so verstehst Du nicht, warum ich überhaupt hier bin und Dir Deine Zeit klaue. Deshalb muss ich was privates nachschieben.

Mein Vater ist eigentlich ein ganz Lieber, aber andererseits auch wieder ein richtiges Kapitalisten-Arschloch. Meine Mutter ist so eine typische Geldtussi, nichts im Leben geleistet, bildet sich aber auf das Geld meines Vaters jede Menge ein, gibt sich deshalb Mühe, es mit vollen Händen raus zu schmeißen. Holt im Ausgleich ihre Daseinsberechtigung aus obskuren Spendensammelaktionen und so -- das aber weniger aus Überzeugung, sondern weil sie es schick findet und in ihren Kränzchen als Sozialengagierte dastehen kann..

Mich hat das schon früh angewidert und ich bin dagegen angegangen, vielleicht hat mein Vater mich aber auch nur auf die falschen Schulen und Internate geschickt. Aus Protest bin ich dann schließlich in der Punkerszene gelandet. Eine Zeit lang war ich da richtig tief drin, heute mag ich nur noch eine paar alte Bekannte und die Mode. Als Punkerin würde ich mich aber längst nicht mehr bezeichnen.

Mein Vater jedenfalls weiß überhaupt nicht, dass ich nebenbei studiert habe, erst recht nicht, dass ich längst fertig bin. Aber er hat meinen Lebensstil und damit meiner Auffassung nach auch mich selbst, von Anfang an abgelehnt, wollte mich immer in seine Schablone pressen -- da lass ich ihn jetzt noch eine Weile zappeln.

Im Psychologiestudium habe ich natürlich gelernt, dass ich mich da auch heute noch wenig erwachsen verhalte. Aber ich brauche das einfach, allein schon für die Selbstachtung -- oder vielleicht bin ich auch nur eine verzogene Göre der anderen Art. Da bin ich mir selbst nicht sicher.

Kindlicher Dickkopf oder spätpubertärer Protest, ich weiß. Aber ich will, das es so noch bleibt. Den Moment, wo ich ihm meine Erfolge unter die Nase reiben kann, will ich mir selbst aussuchen -- und meinen Triumph dann auch genießen."

„Whow, so eine Lebensgeschichte ist eher selten! Wie hast Du das Bild die ganze Zeit aufrecht halten können?"

„Tja, einerseits -- andererseits. Einerseits war es nicht schwer, denn meine Mutter hat mir ein festes Konto eingerichtet und mir jeden Monat einen Tausender überwiesen. Davon kann man ganz gut leben und auch sogar studieren. Ich weiß nicht, wie viel Du über die Punker weißt, aber es ließ sich anfangs durchaus vereinen, mit denen um die Ecken zu ziehen und gleichzeitig richtig zu studieren. Die Punker sind der Anarchoszene recht verwandt, akzeptieren eigentliche keinerlei Regeln -- außer vielleicht die eigenen und die nicht einmal immer. Die meisten wollen einfach nur auf ihre Weise glücklich werden, ohne dass ihnen jemand dabei irgendwelche Vorschriften macht.

Diese Lebenseinstellung ließ sich aber mit den Inhalten des BWL Studiums immer weniger vereinbaren. Regellosigkeit ist ganz einfach kein funktionierendes Konzept für eine Gesellschaft. Klar hätte ich jetzt auf Marxistin umsatteln können -- aber das kommunistische Modell finde ich auch ziemlich daneben, weil wenig umsetzbar. In der Theorie hört sich das gut an -- aber nach meiner Erfahrung sind die Menschen dafür nicht gemacht. Dieses furchtbare, meist vernebelnde Gequatsche auf dem Weg zum Konsens führt in Wirklichkeit nicht zu mehr Gerechtigkeit, nur zu einer Schieflage mit anderen Vorzeichen.

Letztendlich ist mit der Zeit ein ziemlich durchschnittlicher Demokrat aus mir geworden, der einfach nur seine alten Freunde nicht vergessen hat.

Andererseits reizt es mich natürlich, meinem Vater mal unter die Nase zu reiben, wie sehr er sich in seiner Tochter verschätzt hat. Seine Art zu fördern war immer Druck auf mich auszuüben, immer muss er der Bestimmer sein, immer wusste er angeblich, was für mich gut war und wollte mich zwingen, seinen Weg zu gehen. Da sind früher die Funken zwischen uns geflogen, wobei ich mir bewusst bin, auch noch seinen Dickschädel geerbt und so vermutlich viel zu diesen Streitereien beigetragen zu haben.

Gleich nach der Schule bin ich abgehauen, ich habe es zu Hause einfach nicht mehr ausgehalten. Die Punks haben mich aufgenommen, wie ich bin, so war das eben eine Zeit lang meine alternative Welt, die ich auch genossen habe.

Na ja, Im Ergebnis halte ich einfach seit meinem Abitur nur ganz, ganz losen Kontakt zu meinen Eltern und lasse die beiden einfach nicht wissen, was ich mache. Da sie nun bisher auch nicht wirklich hinter mir her geforscht haben, konnte ich das Bild der gestrauchelten Tochter auch durchaus aufrecht halten."

„Und warum bist Du nun hier gelandet?"

„Mein Vater hat letzten Monat mitgekriegt, dass meine Mutter mir seit Jahren Geld überweist. Da muss er wohl ausgerastet sein, weil es sein pädagogischer Ansatz war, dass es mir möglichst zum Kotzen schlecht gehen sollte, in der Gewissheit, dass ich dann als reuige Sünderin geläutert angekrochen käme und mich seinen weisen Ratschlägen beugte. Er musste nun erkennen, dass meine Mutter seinen tollen Plan mit „übertriebener Mutterliebe" Jahre lang hintertrieben hatte.

Ich habe dann einen Brief von seinem Anwalt bekommen, in dem er mir ein Ultimatum mitteilen ließ. Das Praktikum hat er irgendwie über einen befreundeten Senator organisiert, frag mich nicht. mit was für einer rührseligen Geschichte. Sei es drum, im Ergebnis soll ich jetzt hier vier Wochen Praktikum machen und mir in der Zeit eine ordentliche Arbeit besorgen, sonst dreht er den Geldhahn zu und enterbt mich, so dass Ultimatum."

„Wäre das nicht der Moment gewesen, Deinen Triumph zu feiern. Ihnen Dein Studium zu präsentieren?"

„Von wegen! Den Moment bestimme ich!" gab Silke kämpferisch von sich. „weißt du, wenn es nur ums Geld ginge... aber ich könnte ja längst arbeiten, hatte nach dem Studium auch sehr akzeptable Angebote. Und wenn ich meinem Vater den BWL-Abschluss offen lege, will er doch nur, dass ich sofort in seiner Firma anfange -- denn das ist doch seine größte Sorge, dass sein Lebenswerk untergehen könnte, wenn er aufhört. Im Moment will ich aber einmal nur zur Ruhe kommen und genießen.."

„Na, ob nun ein Praktikum hier ein Genuss in diesem Sinne ist? Was sagt Dein Freund eigentlich dazu?"

„Immer schön der Reihe nach. Freund habe ich nicht. Und es ist auch nicht so, dass ich nun nächtelang durch die Szene ziehe auf der Jagd nach ich weiß nicht was. Dafür habe ich davon einfach schon zuviel gehabt. Nein, zur Zeit genieße ich es, ein gutes Buch zu lesen, habe sogar die klassische Musik zu schätzen gelernt. Ja, man kann sagen, ich bin gerade dabei mich an den Gedanken zu gewöhnen, dass auch ich in Wirklichkeit nur eine Spießerin bin, so eine, die ich vor wenigen Jahren noch aus tiefster Seele verdächtig gefunden hätte. Und ich stelle eben auch erstaunt fest, dass ich mich damit durchaus wohl fühle.

Da passt ein Praktikum ganz gut ins Bild. Ich habe auch wieder richtig Lust, am Tage mal wieder was sinnvolles, produktives vor zu haben.

Doch nun zu Dir was bist Du für einer? Auf der Straße hätte Dich nicht als Behördenfuzzi eingeschätzt."

„Ok, Du hast viel von Dir erzählt, dann muss ich die Dose wohl auch ein wenig aufmachen, nur fair.

Ich wollte immer Medizin studieren, habe aber mein Abi wegen erwiesener Faulheit dafür viel zu schlecht hingelegt. Zivi in einem Kinderkrankenhaus und danach musste ich mir Gedanken machen, wovon ich mich ernähren wollte. Meinen Eltern war das nämlich mit noch fünf Geschwistern nicht länger möglich und zuzumuten. Außerdem bin ich ein typischer Zweitgeborener und brauche die Selbständigkeit, das Gefühl etwas selbst und ohne Hilfe zu schaffen. Hab also bei der Behörde angefangen, immer noch mit der Rosine im Kopf, bald wieder aussteigen und vielleicht doch noch Medizin studieren zu können. Habe mich auch parallel ebenso tapfer, wie erfolglos um einen Studienplatz beworben.

Da ist mir dann eine Ehe und eine Tochter dazwischen gekommen, die ernährt werden wollte.

Mein Einkommen war meiner Frau dann aber nicht genug und sie hat sich einen reicheren Lover gesucht. Na ja, das war jetzt wohl etwas gehässig. Natürlich hat zwischen uns auch was nicht gestimmt. Jedenfalls schmerzvolle, strittige Scheidung -- Schmerzen allerdings eher bei mir, aufatmende Befreiung bei meiner Frau -- mit spärlichem Besuchsrecht alle paar Wochen für ein paar Stunden.

Zwischenzeitlich war es aber für mich selbst zu spät, mit einem so langen Ausbildungsgang wie Medizin neu anzufangen, also bin ich geblieben und habe mich mit Kraft in meinen Beruf gestürzt. Ich hatte dafür ja jetzt ohne die täglichen Familienpflichten auch allen Raum und alle Zeit der Welt. Und um drüber weg zu kommen, war das ohnehin die beste Medizin. Die Trennung ist nun fast zehn Jahre her, ich habe das Reihenhaus behalten, anders wäre die Scheidung noch viel teurer geworden, wohne also spießig und allein dort, denn eine feste Partnerin hat sich auch nicht wieder gefunden.

In meiner Freizeit segele ich gern auf meinem Boot, ich lese gern, klöne aber auch gern mit anderen Menschen. Ich bin ein kommunikativer Mensch -- leide deshalb am Singledasein nicht wirklich, denn ich fühle mich nicht einsam dabei.

Soweit die Telegrammform. Fragen?" grinste Toni Silke an.

„Klar, ich bin 28 und Du?"

„ 39, warum?"

„Du siehst aber ne Ecke jünger aus! Und warum? na, wollte ich halt wissen!"

Damit war zunächst einmal alles gesagt. Nach einer kurzen Pause, in der beide ihren Gedanken nachhingen, besann sich Toni darauf, dass er Silke die Geheimnisse seiner Behörde nahe bringen sollte. Da er nicht wusste, wie viel er voraussetzen konnte, erläuterte er zunächst den allgemeinen Aufbau und wurde dann allmählich immer spezieller. Toni war ein durchaus kritischer Mensch, der aber längst mit Überzeugung tat, was er tat. Da er zudem auch noch ein wortgewandter Erzähler war, gelang es ihm Silkes ungeteiltes Interesse zu wecken. Ihre Fragen zeigten, dass sie mitdachte und mit einer ihr eigenen unvoreingenommenen Offenheit vor allem auch gewohnt war, Fakten zu sammeln, bevor sie sich eine Meinung bildete.

Freitag mittags pflegte Toni auf dem nahe gelegenen Wochenmarkt ein paar von diesen leckeren Rossbratwürstchen zu verspeisen. Über eine Kantine verfügte seine Behörde nicht, so dass Silke ihn gerne begleitet, zumal sich der Gang mit einem Außentermin verbinden ließ. Im Anschluss gedachte Toni pflugs zu seinem Segelboot zu eilen, welches in der Kieler Förde auf ihn wartete.

Silke erwies sich als lebendige, gebildete und schlagfertige Gesprächspartnerin, die zudem recht unprätentiös alles mitzumachen bereit war, sich interessiert zeigte und voller eigener Ideen steckte.

Auf dem Rückweg zum Büro verabschiedete Toni Silke schon einmal.

„Weißt Du, ich habe es nun eilig, weil ich bald auslaufen will. Treffe mich heute Abend noch mit einem anderen Segler in der Schlei. Wind und Sonne sind mir hold."

„Du bist begeisterter Segler?"

„Klar, hätte ich sonst ein eigenes Boot? So ein bisschen ist Segeln in der Ostsee doch wie unter der kalten Dusche Geldscheine zu zerreißen. Ich habe allerdings keine Luxusyacht -- aber da ich oft allein unterwegs bin, wäre ein größeres Boot bei den Anlegern auch gar nicht gut zu händeln. Mit meinen rund 10m Länge habe ich aber alles an Bord, was ich brauche, zwei Schlafzimmer, Küche, Toilette mit Dusche und vor allem viel entspannten Spaß!"

„Das stelle ich mir gut vor. Wir hatten früher auch immer Boote. Vermutlich müsste man wohl eher Schiffe sagen. Mein Vater ist allerdings überzeugter Motorbootfahrer, vermutlich weil man mit solch schwimmenden Reihenhäusern auch im Hafen gut protzen kann. Denn viel ausgelaufen ist er damit nicht, dafür hat Mutter gern malerisch auf dem Deckstuhl herumgelegen und mit den Bootsnachbarn geplaudert. Als ich kleiner war, durfte ich häufiger am Wochenende mit. Ich mochte das, habe aber immer etwas neidisch zu den Segelyachten hinüber geschaut, denn die kamen mir in ihrer Lautlosigkeit irgendwie viel eleganter und schiffiger vor."