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Silke und Toni - wie alles begann

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„So empfinde ich auch. Motorboote machen allerdings durchaus auch Spaß; mir werden sie nur meist sehr schnell langweilig und dann das ewige Motorgedröhne. Auf dem Segelboot hast Du Ruhe und doch zugleich auch immer was zu tun, versuchst die optimale Segeleinstellung zum Wind zu finden -- und der ist ja bei uns hier im Norden nicht beständig -- bist einfach irgendwie auch ein Stück in die Natur um Dich herum eingebunden. Das ist Seelenmassage. Ich würde jedenfalls nicht tauschen."

„Dann kann ich wohl ein wenig neidisch nur ein schönes Wochenende mit gutem Wind und wie sagt man bei Euch Seglern? Schot- und Mastbruch wünschen. Ich würde gerne mit meinem dagegen langweiligen Wochenendaussichten tauschen."

Fast hätte Toni ihr tatsächlich spontan angeboten, doch mitzukommen, so ehrlich klang die letzte Äußerung und dazu diese sehnsüchtigen Augen! Doch wäre das wohl kaum passend gewesen.

Am Montag traf Toni gut gelaunt von einem wunderbaren Törn bei besten Bedingungen im Büro ein. Silke war schon da und hatte sogar schon die Kaffeemaschine in Betrieb gesetzt.

„Na Sailor, wie war`s?"

„Herrlich, ganz einfach herrlich. So lauschige Wochenenden, an denen es auch noch Segelwind dazu gibt, hat es ja nicht viele im Jahr. Ich war in der Dyvig, ein kleiner Hafen, den ich sehr liebe. Es war ganz schön voll, aber im Gegenzug hatten wir auch viel Spaß am Steg. Und Du?"

„Ich? Ich habe es mir gemütlich gemacht, war mit einer Decke am Elbstrand und habe das Buch „Der Schwarm" niedergerungen. Sonst habe ich nicht viel zu vermelden."

„Das Buch ist faszinierend, tolle Idee von dem Schätzing. Da kann ich verstehen, dass Du es in einem Stück einatmen wolltest. Nun denn, Dein Kaffee ist lecker, dann will ich Dich einmal weiter in die Geheimnisse des Büroalltages einweihen. Hast Du Lust?

„Lust schon, nur keine...,"erwiderte Silke keck, besann sich aber rechtzeitig, „schon gut, schon gut. Klar, habe ich, deshalb bin ich ja hier."

Die nächsten Tage waren viel kurzweiliger, als Toni es sich vorgestellt hatte. Silke war keine Last. Im Gegenteil, sie zeigte sich wissbegierig, ehrlich interessiert und behielt Erklärtes. Schon sehr bald konnte er ihr einfache Sachverhalte anvertrauen. Sie stellte die Fragen an den richtigen Stellen, niemals zweimal die selbe Frage und zeigte dabei, dass sie mitdachte und nach eigenen Lösungen suchte. Toni musste sich eingestehen, dass er schon lange keine Praktikantin oder Kollegin gehabt hatte, mit der die Arbeit so viel Spaß machte.

Die wenigen anderen Kollegen, die in dieser Jahreszeit im Dienst waren, hielten, wie sein Chef, völlig unbegründet reservierten Abstand zu Silke. Entweder, weil ihnen die Punk-Anmutung ihres Äußeren suspekt war oder weil sie den Hintergrund dieses Praktikums kannten und nicht so recht wussten, wie damit umgehen.

Hatte Toni, vermutlich nicht einmal zu unrecht, zunächst an eine kleine Gemeinheit seines Chefs geglaubt, dass er ausgerechnet ihm Silke an die Seite gestellt hatte, so begann er diese Entscheidung langsam regelrecht zu begrüßen.

Das Wetter hielt sich brav, so dass ohne Zweifel erneut ein zum Segeln geradezu gemachtes Wochenende vor der Tür stand. Toni begutachtete im Internet gerade den Seewetterbericht, als Silke ihm über die Schulter schaute.

„Na Skipper, bei Wochenendplanungen? Wie sind Deine Aussichten?"

„Hervorragend. Vorherrschend Ostwind, 2 -- 5 Windstärken, strahlende Sonne und mäßige Wellen. Besser geht es kaum. Und dazu noch sommerlichste Temperaturen."

„Und wo willst Du hin?"

„Mal sehen, auf jeden Fall in die dänische Südsee, vielleicht Lyö, Avernakö, Ärö oder auch Langeland, auf der anderen Ecke war ich ja gerade letztes Wochenende. Bei dem Wind ist alles drin."

„Langeland -- Bagenkop habe ich gut in Erinnerung, da war ich mal mit meinem Vater," sagte Silke träumerisch, „was für ein Sonnenuntergang über dem Leuchtturm der Marina und was für leckere Hot Dogs in dem kleinen Kiosk," kramte sie alte Erinnerungen ins Gedächtnis.

„Da haben sie viel gebaut, seit der Fährbetrieb nach Kiel eingestellt ist," trug Toni zu ihrer Erinnerung bei, „zum Glück ohne Bausünden, der Hafen hat ausnahmsweise einmal dadurch gewonnen. Aber ehrlich, ich finde Marstal oder Ärösköbing da trotzdem schon attraktiver."

„Schade, die Städtchen kenne ich nicht."

„Wirklich schade, beide nicht sehr viel weiter weg, als Bagenkop -- aber die Städtchen sind viel kuscheliger, eben Dänemark pur, selbst in der Saison. Die solltest Du mal kennen lernen," kam Toni ins Schwärmen.

„Nur zu gerne. Aber zum Schwimmen ist das wohl ein wenig zu weit," riss sich Silke lachend aus ihren Träumen.

„Willst Du das so ganz wirklich einmal sehen?" fragte Toni interessiert, denn oft hörte er solche begeisterte Äußerungen. Bei Nachfragen stellte sich dann aber nicht selten heraus, dass die Menschen leicht seekrank wurden, Boote an sich hassten und entweder irgendwelchen Klischees nachhingen oder ihm nach dem Munde geredet hatten.

„Klar. Wo kannst Du der Natur schon näher sein, als bei so einer Fahrt. Und wenn dann auch noch der Zielhafen attraktiv ist, dann wiegt doch solch Wochenende jeden Pauschalurlaub locker auf."

„Hast Du Lust an diesem Wochenende mitzukommen?" fragte Toni spontan und hätte sich dafür auch gleich auf die Zunge beißen können. So gut kannte er Silke ja nun auch wieder nicht und das Angebot konnte schließlich auch ganz schön anzüglich wirken.

„Meinst Du das ehrlich?" fragte sie denn dann auch sowohl sichtlich erfreut, als auch etwas abwartend erstaunt zurück.

„Wenn Du willst, ja. Und -- mich hat die Frage gerade selbst überrascht. Aber Du hast so einen verträumten Glanz in Deinen Augen, wenn ich vom Segeln erzähle. Einen Versuch ist es wert. Und natürlich bekommst Du Deine eigene Kabine. Also?"

„Also?! wie Du sagst, einen Versuch ist es wert. Ich freue mich riesig drauf."

Nach einigen Erkundigungen, was denn für Kleidung mitzunehmen wäre, wie sie es mit dem Einkaufen halten wollten und all diesen wichtigen Kleinigkeiten war es beschlossene Sache, am Freitag, nach dem Dienst, ging es gemeinsam auf die Ostsee.

2. Das Wochenende

Sie waren früh beim Boot. In dem Sportboothafen war es sehr lebendig. Gemeinsam beluden sie das Boot, mit all den Dingen, die so ein Wochenendtrip erforderte. Toni hatte die Einkaufsplanungen und Besorgungen übernommen und es war offensichtlich, dass sie weder verhungern noch verdursten würden.

Kurz erklärte er ihr das Boot und wo all die Köstlichkeiten zu verstauen waren, zeigte ihr „ihre" Kabine im Bug und klarte alles mit geübter Hand auf. Er wollte erst einmal loskommen und versprach, weitere Erläuterungen während der Fahrt folgen zu lassen. Schnell zeigte er ihr noch, was sie beim Ableger mit den Bugleinen zu tun hatte und schon kurz darauf war der Motor angelassen und sie verließen den Hafen. Da der Wind gut und stetig blies, setzte Toni kurz nach Passieren der Molenköpfe die Segel. Nach dem Abstellen des Diesels kehrte Ruhe ein und majestätisch pflügte der Bug in Richtung offene See.

Toni hatte die Manöver weitgehend allein ausgeführt. Silke war insgeheim beeindruckt, weil jeder Handschlag saß und es ihrer Hilfe nicht wirklich bedurft hätte. Das Boot hatte jetzt allerhand Schlagseite durch den Winddruck, dennoch war es im Cockpit nicht ungemütlich. Toni hielt lässig das Steuerrad und begann nun Silke in die Geheimnisse des Segelns einzuweihen. Er erläuterte die Bedeutung der vielen Tampen, wie und wann die Winschen zu bedienen waren, zeigte ihr, wie im Notfall der Motor anzuschmeißen und die Segel auf Schlag loszuwerfen waren und war dabei ein so guter Erzähler und Lehrer, dass Silke wenigstens das meiste dieses Grundkurses gut verstehen konnte. Und kurzweilig war diese Einweisung. Das wurde ihr erst klar, als sie bemerkte, wie weit sie sich schon vom Land entfernt hatten.

Herrlich war es. Silke begann sich regelrecht frei zu fühlen.

Sanft schob das Boot mit sechs Seemeilen gen Norden. Silke begann es zu erkunden, setzte sich in den Bugkorb und sah dem beruhigenden Spiel der Wellen zu. Auf See war die Welt irgendwie größer, der Himmel höher und der Horizont weiter. Trotz des Windes ließ es sich allein im T-Shirt gut aushalten. Die Sonne spendete von keiner Wolke behindert eine angenehme Wärme. Von ganz allein drängte das Bedürfnis zu Singen aus ihr empor und den Wind im Gesicht brachte sie leise, weil sie ihrer Stimme nicht recht traute, Meer und Horizont ein Lied dar.

Ja, so hatte sie sich Segeln vorgestellt. Sie hätte die Welt vor Freude umarmen können.

Toni rauchte gemütlich eine Pfeife, hatte den Autopiloten eingestellt und stand im Niedergang.

„Hey, Leichtmatrosin Silke, auch ein Kaffee?" Zustimmend hob sie die Faust mit nach oben geneigtem Daumen.

Kurz darauf kam Toni mit zwei Metallbechern aus der Pantry zurück.

„Es ist serviert!" rief er ihr zu und Silke kletterte ins Cockpit zurück.

„Du kannst auch unterwegs kochen?" wunderte sie sich.

„Aber klar. Wenn die Wellen nicht zu ruppig sind; der Gas-Herd ist doch beweglich aufgehängt," lachte er sie an.

Mit Genuss schlabberten sie das Heißgetränk und Silke verschmähte auch die Tafel Schokolade nicht, die er dazu hervorgezaubert hatte. Ihr leuchtenden grünen Augen sprachen Bände. Toni brauchte wirklich nicht zu fragen, ob ihr der Ausflug gefiele. Wie ein zufriedenes Kätzchen schnurrte sie

„Und das kannst Du jedes Wochenende haben? Du musst ein Freund der Götter sein, mein Lieber!"

„Im Prinzip fühle ich mich auch so. Allerdings haben wir heute auch Sahne-Bedingungen. Es gibt eine Menge Tage, an denen zumindest die äußeren Bedingungen deutlich herber sein können. Aber das Segeln macht dann immer noch Spaß. Mir jedenfalls."

„Warst Du schon einmal weiter weg?"

„Vor zwei Jahren habe ich einmal einen dreimonatigen Törn gemacht, Rund Ostsee. Also bis an Russland ran, Finnland hoch und über Schweden wieder zurück. Traumhaft, sage ich Dir."

„Zu wievielt wart ihr denn?"

„Das war eine Einhandtour, also nur ich, das Boot und das Meer - und natürlich allerhand spannende Hafenbekanntschaften."

„Oha, ist das nicht ein wenig langweilig, so lange allein?"

„Na, wie man es nimmt. Der typische Weltumsegler bin ich nicht, das ist mir dabei klar geworden. Einhand wäre mir auf die Dauer tatsächlich zu einsam. Aber ich hatte es damals einfach nötig, mir über mich klar zu werden -- und nichts ist geeigneter dafür, als ein langer Törn. Andere gehen dafür vielleicht auf Pilgerfahrt oder so, ich eben aufs Wasser."

„Wo liegt da der Reiz für Dich?"

„Schau Dich einmal aufmerksam um. Dann wirst Du bemerken, dass so eine Fahrt einerseits viel Raum gibt, die Gedanken schweifen zu lassen -- Du aber andererseits immer irgendwie auch im Hier und Jetzt verankert bist, also dem Boot und Deiner Umgebung Beachtung schenken musst. Zumindest, wenn Du mit Dir verantwortlich umgehen willst. Denn vieles kann sehr schnell passieren, von der Notwendigkeit eines Ausweichens vor Treibgut, bis zum Umschlagen des Wetters oder dem Heranrauschen kräftiger Böen.

So ein Törn mit einem Boot erzieht. Jede Nachlässigkeit oder Unbedachtheit, ob bei der Törnplanung oder unterwegs, kommt ganz unmittelbar bei Dir selbst an. Du kannst sie weder in der Verantwortung, noch im Erleiden der Folgen auf andere schieben, wie es im Alltag oft so leicht möglich ist. So ein Verantwortungs-Schiebe-Spiel wäre letztlich auch recht müßig. Der einzige, der es nämlich zu spüren bekommt, bist ja Du selbst. Und da ich nur sehr schwach masochistisch veranlagt bin, versuche ich solche Folgen zu vermeiden.

Diese Mischung ist es glaube ich, die Segeln zu meiner Lieblings-Therapie macht. Raum für Gedanken und das Seele-baumel-lassen zu haben ohne die Chance dabei abzuheben, weil die Realität ja zugleich bedient werden muss."

„Warum brauchst Du eine Therapie?"

Toni musste herzlich lachen. „Ja, da habe ich mal wieder ein zu großes Wort gebraucht. Natürlich -- oder vielleicht zum Glück -- brauche ich keine Therapie im eigentlichen Sinne. Ich denke nur gern übers Leben nach. Scherzhaft nenne ich es die „allumfassende Daseinsdeutung". Es ist der Versuch, bewusst am Leben teilzunehmen, es zu gestalten und sich daran zu erfreuen.

Na ja, richtige Worte habe ich dafür nicht, dass ist doch eher ein gefühlter Bedarf, den ich nicht wirklich darzustellen vermag. Aber weißt Du, vielleicht segle ich auch einfach nur gern. Beweisen muss ich mir damit allerdings nichts mehr, sonst würde ich das tatsächlich anders angehen."

Insgeheim bewunderte Silke diese einfache und klare Lebens-Philosophie. Zugleich erklärte das auch, wie sie Toni im Berufsalltag erlebte. Weitsichtig, umsichtig und verantwortungsbewusst und auf eine merkwürdig zupackende Art bedächtig. Sie begann diese Art zu mögen, denn sie strahlte eine fröhliche, ausgeglichene Verlässlichkeit aus.

„Schau mal, der Wind hat etwas gedreht", kommentierte Toni ein knatterndes Geräusch aus den Tuchbahnen. „Wir müssten also was mit den Segeln machen, was empfiehlst Du mir mit Deiner frischen Viertelbildung?"

„Flattern bei dem Wind war dichter holen?" rätselte Silke.

Toni konnte ihr nun zeigen, was es mit dem richtigen Stand der Segel auf sich hatte. Vielleicht war es ja nur Zufall, doch es bedurfte tatsächlich eines Dichtholens. Er freute sich jedenfalls, dass Silke eine richtige Ahnung gezeigt hatte.

Insgesamt war Silke zunehmend über die eigenartige Sprache der Segler belustigt. Alle diese Dinge an Bord hatten eigene Namen, viele davon klangen zunächst ein wenig anzüglich. Da gab es den Lümmelbeschlag, der Mast und Baum verband. Und Lümmel waren wohl grundsätzlich alle Gegenstände, die man sonst eher Zapfen genannt hätte. Die Lippklampen, die man so belegen musste, dass die Springs in ihnen nicht schamfielten. Was nichts anderes hieß, als dass die Tüttelbänder beim Hafenliegen an dem besagten Umlenkpunkt nicht scheuern sollten. Es wimmelte nur so von Hörnern, Tampen, Fallen, Streckern und vielem ulkigen mehr.

Der Tag neigt sich langsam seinem Ende zu, als sie sich dem Zielhafen näherten. Aufmerksam verfolgte Silke, wie Toni wiederholt die Seekarten studierte, um den richtigen Kurs durch das betonnte Fahrwasser anzusteuern. Sie ließ sich die Seekarte und die Grundzüge der Kartennavigation erklären. Mit Erstaunen nahm sie zur Kenntnis, wie viele Informationen man diesen vergleichsweise leer scheinenden Blättern entnehmen konnte und zugleich, wie geregelt das Leben auf dem Wasser tatsächlich war. Das bekam man als Badegast vom Ufer aus gar nicht mit.

Wie Toni vorher prognostiziert hatte, war der Hafen schon recht voll, so dass sie etwas suchen mussten, um eine geeignete, freie Box zu entdecken. Doch wenn Engel reisen... selbst die wurde gefunden, der Anleger gelang auf Schlag -- ohne dass die umliegenden Skipper in heimliches Gelächter fallen mussten -- und der erste Tag auf See war damit erst einmal zu Ende. Toni übernahm das Vertäuen, schloss den Strom an und nun war ein „Anlegerbier" fällig. So lecker hatte Silke schon lange kein Flaschenbier mehr geschmeckt!

„Hast Du Lust auf etwas Gerödel? Dann würde ich bei dem lauen Abend die Kuchenbude noch aufbauen," fragte Toni.

„Kuchenbude?" Silkes Gesicht war einziges Fragezeichen.

„Oh entschuldige," lachte Toni, „Kuchenbude ist das Verdeck bzw. Zelt überm Cockpit. Beim Segeln selbst muss dass immer abgebaut sein, weil es die Leinenführung stören würde. Dann könnten wir heute Abend windgeschützt noch etwas länger draußen sitzen."

So viel Gerödel war es denn doch nicht. Schon bald war das ´Zelt´ aufgebaut und der zur Verfügung stehende Aufenthaltsbereich damit deutlich vergrößert.

„Worauf hast Du Appetit? Straußensteaks oder Putenschnitzel. Mit den letzteren könnte ich auch Geschnetzeltes machen?"

„Geschnetzeltes hört sich gut an. Kann ich helfen?"

„Wenn Du willst?! Du könntest ja schon einmal Zwiebeln und Pilze schnippeln."

Toni teilte Bretter und Messer aus, suchte die Zutaten aus Kühlschrank und Schapps zusammen. Einträchtig schnippelten sie das Gemüse. Während Toni nun ans Brutzeln ging, verließ Silke das Schiff, um an Land die Hafen-Toiletten aufzusuchen.

Als sie zurückkam duftete es es köstlich aus dem Boot. Im Cockpit war ein kleiner Tisch gedeckt, auf dem selbst eine Kerze nicht fehlte.

Toni stellte die Pfanne und den Reistopf in die Mitte, reichte eine Flasche Rotwein hinterher und die beiden ließen es sich mit allerbestem Appetit schmecken.

„Köstlich. In einem Viersterne-Restaurant könnte es nicht besser schmecken -- und dieses Ambiente. Ich bin begeistert!" seufzte Silke wohlig.

„Vielen Dank für dieses Kompliment. Wenn ich etwas vorschlagen dürfte? - Kurz die Pantry aufklaren (d.h. also abwaschen) und dann entweder eine Runde Dämmerungs-Joggen oder einen Spaziergang, um die Beine zu vertreten."

„Angenommen, allerdings habe ich keine Laufklamotten mit, würde deshalb für einen Spaziergang plädieren," lachte Silke zurück.

Der Hafen lag nahe am Ort. Silke bewunderte die kleinen, zum Teil schon recht schiefen, Häuser. Genau so hatte sie sich Dänemark vorgestellt. Die vielen kleinen Läden hatten schon geschlossen und doch war noch viel Betrieb auf den Straßen. In den Schaufenstern war allerhand Kunstgewerbliches zu sehen und wartete wohl eher auf Sommergäste, die in der Näher eine Haus gemietet hatten, denn auf die kleine Seglergemeinde des Sportboothafens.

Toni war schon häufiger hier gewesen und wusste amüsante kleine Anekdoten zu erzählen. Natürlich kamen sie an einem Softeisladen nicht vorbei, ohne von dem Angebot Gebrauch zu machen. Schließlich landeten sie in einem kleinen -- ja was war es eigentlich? Restaurant, Pub, Imbiss, Bar, Cafe? -- mit geschützten Sommergarten, an dem ein Tisch frei war, so dass sie sich noch ein Faxe vom Fass gönnen konnten.

Was konnte das Leben doch ungezwungen und beschaulich sein. Silke merkte, dass so ein Tag auf See angenehm müde machte. Bald kehrten sie deshalb zum Hafen zurück.

Hübsch sah es aus, wie die Schiffe nebeneinander in der schwachen Abendbrise dümpelten. Behaglich strahlten die Innenlichter nach außen. Da der Abend warm war, saßen viele Menschen noch draußen und unterhielten sich. Silke war fast ein wenig stolz, dass sie wenigsten für heute dazu gehören durfte, dass eines der Boote „ihres" war.

Auch Toni zündete ein Windlicht an, füllte die Weingläser nach, und machte es sich im Cockpit bei aufgeklappten Seitenwänden gemütlich. Die Pfeife war schnell gestopft und bald schon zog eine feines Aroma durch die Luft. Mit den Nachbarliegern wurden einige Worte gewechselt, die wohl für solch eine Situation mit den gegenseitigen Fragen nach „Woher" und „Wohin" usw. typisch waren. Silke nickte ein, wohlig eingelullt durch diese Vertrauen weckende Geräuschkulisse.

Sie erwachte von einem Rumoren im Schiff. Toni hatte tatsächlich schon aufgeklart und kramte im Salon herum. Er bemerkte, dass sie wieder wach war.

„Hi, so ein Tag schafft einen ganz schön, nicht wahr? Ich habe Dir einen Schlafsack rausgelegt, weil ich nicht gesehen habe, ob Du einen mitgebracht hast. Wenn Du noch Duschen willst -- ich habe ein paar Duschmarken auf den Kartentisch gelegt. Ich selbst mache das meist morgens. Zähneputzen und kleine Wäsche kannst Du ja auch an Bord machen. Tja, ich gehe jetzt in die Koje. Wenn Du noch draußen sitzen bleiben willst, vergiß bitte nicht die Reißverschlüsse der Kuchenbude zu schließen und ebenso das Schott."

„Nee, ich komme jetzt auch runter. So schön es hier heute Abend ist, ich bin müde -- und morgen ist ja auch noch ein Tag."

„Ok, ok, dann klar ich den Rest schnell auf. Schlaf gut."

Während Toni das Boot für die Nacht richtete, machte Silke sich in der Bugkammer fertig. Es war lange her, seit sie zuletzt in einem Schlafsack geschlafen hatte. Nur mit Slip und T-Shirt kroch sie in die Stoffwurst. Sie hörte, wie auch Toni in der Achterkajüte verschwand.

`Netter Kerl`, dachte sie bei sich, ´und erstaunlich höflich und auf freundliche Art zurückhaltend. So manches Mannes aus meinem alten Bekanntenkreis hätte ich mich in einer vergleichbaren Situation vermutlich regelrecht erwehren müssen. Ob er vielleicht gar kein Interesse an mir hat? Den Toni würde ich jedenfalls nicht so einfach von der Bettkante schubsen, der hätte das Zeug für was festes.