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Thao II - Teil 01

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Thao blickte sie ungläubig an.

„Du bist mit ihm zusammen?"

Xena lächelte.

„Seit sechs Jahren, ja."

„Hast Du ein Foto von ihm?"

Xena grinste, raffte sich noch einmal auf und ging zurück in den Flur, wo ihre Jacke an der Garderobe hing. Sie kam mit einem großen Portemonnaie zurück, öffnete es und zog behutsam ein paar Bilder heraus.

„Das ist Gerd, die eine Hälfte meines Lebens."

Thao kapierte nicht, griff aber nach dem kleinen Foto und sah es sich an.

„Der ist hübsch, keine Frage. Er strahlt viel Ruhe aus, kann das sein?"

„Auch nicht immer, glaub mir. Es gibt Tage da kann er ziemlich laut werden. Streit gehört eben dazu, auch bei uns. Aber sonst hast du recht. Er ist ziemlich ausgeglichen in allem."

Thao erinnerte sich daran, was Xena gerade gemeint hatte.

„Was meintest Du mit „eine" Hälfte?"

Xena reichte ihr ein zweites Foto.

„Das ist Lisa, meine Tochter!"

Thao riss ihre Augen auf. Nie hätte sie sich Xena als Mutter vorstellen wollen.

„Du bist Mutter geworden?"

Ungläubig starte sie auf das zweite Bild herunter, wo ein kleines blondes Mädchen mit blauen Augen ihr entgegenstrahlte. Sie war zuckersüß und sah Xena unglaublich ähnlich.

„Ihre Nase ist vom Papa, richtig?"

Xena lachte.

„Wenn du uns besuchen kommst, dann darfst du ihr das auf keinen Fall sagen! Versprich mir das! Von vorne sieht man es nicht so, aber sie ist wirklich ziemlich lang geraten."

Thao biss sich auf ihre Lippen, hin und her gerissen zwischen Mitleid und Amüsiertheit. Dann aber war sie wieder bei den beiden Fotos.

„Ich gönne dir das, Xena. Wenn ein Mensch so viel Glück verdient hat, dann du."

Die große Blondine schien anderer Meinung zu sein.

„Nee. Lass mal. Ich habe auch genügend Scheiße gebaut. Ich kann von Glück sagen, dass Gerd stark genug für mich gewesen ist. Ich habe ihn ziemlich übel mitgespielt, vor allem in den ersten Wochen und Monaten. Und wenn ich darüber nachdenke auch vielen anderen Menschen."

„Du meinst jetzt als Domina?"

Xena nickte.

„Ich hätte ihn anders nicht an mich heranlassen können, ich glaube ich habe dir schon früher mal erzählt welche Wünsche dann in mir hoch kamen."

Thao glaubte es zumindest. Aber jetzt drängte sich eine weitere Frage in ihr auf.

„Arbeitest du noch?"

Xena verneinte.

„Du meinst als Domse? Nein. Seitdem Lisa auf der Welt ist, habe ich damit abgeschlossen. Was ist mit Dir?"

Thao zögerte. Sie fühlte sich daran erinnert, wie sie ihre Freundin damals hintergangen hatte.

„Ja. Ab und an. Ich brauche das um wenigstens hin und wieder mal das Arschloch in mir rauszulassen. Aber nichts hartes, ich bin auch keine normale Domina."

Ihre Freundin wurde neugierig.

„Verstehe ich nicht. Was meinst Du damit?"

In Xenas Entgegnung klang Sorge mit.

Thao versuchte, es ihr zu erklären.

„Rollenspiele. Ich rede mit den Kunden, frage sie über deren Leben aus und inszeniere dann ein Rollenspiel, welches darauf fußt. Es ist schwer das in die richtigen Worte zu fassen."

Thao wollte wieder das Thema wechseln, SM sollte nicht sofort wieder zwischen ihnen thematisiert werden. Sie warf einen letzten Blick auf die Fotos und gab sie dann Xena wieder zurück.

„Du hast mir damals erzählt, dass du keine Kinder kriegen kannst, muss eine ziemliche Überraschung für euch gewesen sein."

„Stimmt. So hatten es mir zumindest die Ärzte immer wieder erklärt gehabt. Aber Gerds Spermien schienen trotzdem irgendetwas in mir gefunden zu haben, was sie befruchten konnten. Es war Wahnsinn. Es hat ziemlich gedauert, bis ich begriff, was mit mir los war. Für mich war das so abwegig, dass Gerd es erst für mich rausfinden musste."

Xenas Gesicht wurde blass.

„Wir hätten es beinahe nicht geschafft, Thao. Meine Gebärmutter ist durch die Schwangerschaft und später dann, während der Geburt, regelrecht kaputt gegangen. Hätten sich die Ärzte nicht so bemüht, wäre ich jetzt nicht mehr am Leben und Lisa wahrscheinlich auch nicht. Es muss für Gerd die Hölle gewesen sein. So weh wie damals, werde ich ihm nie wieder tun können."

Thao lauschte ihre Worte, die Kaffeetasse dabei in ihren Händen drehend. Sie konnte sich gut vorstellen, wie schwer diese Zeit für die drei gewesen sein musste. Aber so etwas schweißte auch zusammen, zumindest in den meisten Fällen.

„Hier sind noch zwei."

Thao nahm Xena weitere Fotos aus der Hand und betrachtete sie, dabei vor sich hin lächelnd.

„Der Hund den du dir kaufen wolltest? Ich kann mich dran erinnern. Krass! Der schaut richtig gefährlich aus."

Xena nickte.

„Er ist alt und gemächlich geworden, früher aber war Atilla ein wirklicher Hunne. Hat auf mich aufgepasst, aber anders als du denkst. Er war einfach, solange ich allein war, für mich da."

Thao nickte und betrachtete das andere Bild.

„Ist das euer Haus?"

„Ja. Wir sind mit Lisa aufs Land gezogen. Es ist ganz okay, wenn es auch manchmal ziemlich eintönig dort draußen ist."

„Du auf dem Land? Da werden die Bauern ziemliche Augen gemacht haben, oder?"

Xena hob ihren rechten Daumen.

„Worauf Du dich verlassen kannst und deren Frauen gleich mit. Das erste Jahr war ziemlich schwer, die haben mir es nicht gerade leicht gemacht Anschluss zu finden. Erst als ich mich mit meiner Nachbarin angefreundet habe, wurde es besser und heute habe ich viele gute Bekannte, in unserem Ort."

Thao blickte auf das Foto in ihren Händen herunter, der Gedanke, der jetzt in ihr wach wurde, wollte ihr nicht gefallen.

„Weißt du was krass ist?"

Xena verneinte und blickte fragend zu Thao hinüber.

„Kein Ahnung."

„Es ist jetzt genau andersherum. Du hast einen Mann, sogar ein Kind, Freunde... und ich? Scheiße ich weiß jetzt genau, wie du dich damals gefühlt haben musst. Es ist einfach nur ätzend."

Xena verstand sie zwar, war aber ganz anderer Meinung. Thao hatte ihr, was das Menschliche betraf, einiges voraus, wenn sie das auch oft als Schwäche ansah und sich gerne grob und unnahbar vor anderen gezeigt hatte. Sie war ein Mensch, der immer jemanden finden würde, dem sie vertraute und der ihr etwas geben konnte.

„Thao! Du hast doch Freunde, so schlimm wie bei mir damals kann es gar nicht sein. Und wegen einem Mann? Du bist einfach noch nicht offen für etwas Neues und nach einer so intensiven Beziehung wie du sie mit Karl hattest, ist das auch völlig normal, find ich."

„Wie ist das bei dir und Gerd, gibt es da etwas wo du glaubst, dass es zwischen euch steht?"

Die Freundin nahm einen Schluck aus ihrer Kaffeetasse und schien über ihre Frage nachzudenken.

„Ja, da gibt es tatsächlich etwas. Eigentlich total verrückt. Und wie damals bei Dir und Karl hat es etwas mit SM zu tun."

Xena schüttelte verhalten ihren Kopf, so als ob sie es selbst nicht recht glauben wollte.

„Als Lisa geboren wurde, wollte ich einfach keine Domina mehr sein. Es passte für mich nicht zu meiner Rolle als Mutter und Frau. Ich wollte nur noch für die Menschen da sein, die ich liebe. Und beruflich hatte ich geglaubt, dass ich schon etwas anderes finden könnte. Naja, doch nicht so einfach, wie ich mittlerweile weiß.

„Sie machte eine Pause und blickte Thao nachdenklich an.

„Ich habe es damals Gerd erklärt und hatte den Eindruck, dass er es begrüßte, allein schon wegen seinen Eltern..."

Thao schaute sie überrascht an.

„Ihr habt es ihnen gesagt?"

Xena nickte.

„Ich, seiner Mutter. Ich werde ihr Gesicht niemals vergessen können. Sie hatte mich bis zu diesem Zeitpunkt richtig gern. Ich schien die perfekte Partie für ihren Sohn zu sein. Und ich Bekloppte glaubte daran, dass es besser ist, wenn Gerds Eltern alles von mir wussten und wir uns nicht vor ihnen verstecken mussten. Aber ihre Reaktion auf mein Geständnis war ziemlich heftig damals."

Thao stöhnte auf.

„Woah, ist das eine Scheiße."

Xena nahm einen Schluck aus ihrer Tasse und fuhr dann fort.

„Es hat ziemlich lange gedauert, bis das wieder gekittet war. Im Grunde genommen haben wir das unserer Lisa zu verdanken. Aber der Makel, der blieb noch lange an mir haften, das kann ich dir versprechen."

Thao erinnerte sie daran wieder auf den Punkt zu kommen.

„Stimmt. Bin abgeschweift, sorry. Es war jedenfalls ziemlich heftig damals, aber ähnlich hart ist es, wenn eine Exdomina ihren Mann dabei erwischt wie er sich SM-Videos reinzieht."

Thao konnte nicht anders, sie lachte schallend auf.

„Was? Scheiße!"

Xena wollte ernst bleiben, aber Thao steckte sie an.

„Wenn das keine Ironie ist, weiß ich auch nicht."

„Da hast du Recht Thao, ich habe auch dem entsprechend blöd geguckt, kann ich Dir sagen."

„Wie war Deine Reaktion darauf?"

Xena holte tief Luft.

„Ich war ziemlich geschockt. Er hatte schnell die Seite gewechselt und gehofft, dass ich seinen Exkurs in meine Vergangenheit nicht mitbekommen habe. Und ich? Tja ich wusste auf einmal wie sich die Frauen fühlen, deren Männer sich das bei mir geholt haben, was sie ihnen nicht geben konnten oder wollten. Scheißgefühl, wenn man als Frau kapiert, dass man dem eigenen Mann nicht mehr reicht."

Thao lachte jetzt nicht mehr. Sie wusste, was Xena meinte, wenn es bei ihr auch etwas anderes war, damals.

„Hast Du mit ihm gesprochen?"

„Klar. Und als er sich mir erklärte, konnte ich ihm schlecht böse sein. Er hat sich damals auch in den Teil von mir verliebt, den ich für ihn und die Kleine unbedingt loswerden wollte. Er hat gespürt wie wichtig das für mich war und wollte mich nicht enttäuschen. Auf der anderen Seite war bei ihm aber der Druck da, auch wenn wir eigentlich ziemlich oft miteinander schlafen. Scheiße, ich kann ihn ja verstehen. Das ist so bescheuert, Thao. Ich wollte und konnte ihm eine normale Frau sein, die er sich, bevor wir uns kennengelernt hatten, für sich wünschte und er wollte sie zu diesem Zeitpunkt gar nicht mehr."

„Du wolltest sie glaube ich vor allem für dich selbst, Xena. Stimmt's?"

Der großen Blonde schienen Thaos Worte nicht besonders zu gefallen, aber schließlich musste sie ihr Recht geben."

„Erst dann war dieses Kapitel für mich, was mein Leben betrifft, abgeschlossen. Ich brauchte das um mich endlich gesund zu fühlen. Ich habe mich ja selbst immer als gestört empfunden und du mich damals ja auch, wenn du dich daran erinnern kannst."

Thao konnte das nicht abstreiten. Xena hatte sich kaputt angefühlt. Nur wenn sie zusammen etwas unternommen hatten oder miteinander abhingen, blühte sie etwas auf und konnte ihrem Leben etwas abgewinnen. Vielleicht ging es ihr ähnlich, wenn sie jemanden hatte, den sie quälen konnte?

„Geht das so einfach? Ich meine mit Sadomaso aufhören?"

„Ja, das geht. Vor allem dann, wenn in einem etwas gesundet ist. Das einzige was mich immer wieder zurückblicken lässt, ist das Geschäftliche. Ich war zum Schluss als Domina und Herrin sehr erfolgreich. Es sind noch immer Rücklagen da, aber es ändert nichts daran, dass Gerd im Moment Alleinverdiener ist und das Ersparte dahinschmilzt wenn etwas außerplanmäßig passiert. Tja und was kann eine Frau wie ich? Was soll ich in meinem Lebenslauf schreiben?"

Thao verstand sofort, um was es Xena ging.

„Stimmt, da ist was dran. Scheiße ich stelle mir gerade die Gesichter in einer Personalabteilung vor, wenn deine Bewerbung bei denen auf den Tisch liegt."

Sie lachten schallend und brauchten eine Weile, um sich wieder zu beruhigen.

„Wenn ich ehrlich bin, dann ist es einfach die Bedeutung, Thao. Ich bin zwar für Gerd und die Kleine wichtig, das weiß ich, aber ich erwische mich immer wieder dabei, dass ich für mich feststelle, dass mir das nicht reicht."

Xena schien ein Schlussstrich machen zu wollen. Sie glaubte, genug von sich erzählt zu haben.

„Erzähl mir von dir und Karl. Oder ist das jetzt nicht der passende Augenblick?"

Thao legte ihren Kopf schief und spielte wieder mit ihrer Kaffeetasse.

„Es ist eine riesen Scheiße. Wir haben uns einfach verloren, Xena. Ich glaube all das was besonders war in unserer Beziehung, wurde für uns zur Selbstverständlichkeit. Tja und irgendwann hatte er dann einfach keinen Bock mehr auf mich."

Sie musste eine Pause machen.

„Ich habe uns immer als Einheit gesehen, verstehst du? In allem was wir gemacht und erreicht haben, doch Karl wurde wahrscheinlich genau das zu viel. Ich hatte immer geglaubt, mein Fetisch könnte zum Bruch führen, aber es war einfach meine Unfähigkeit ihn loszulassen, wenn er das nötig hatte. Ich bin auch ziemlich schnell eifersüchtig geworden und habe mich dem entsprechend aufgeführt. Ich konnte es mir auf meine Fahne schreiben, dass sich außer wenige, gemeinsame Freunde, keiner mehr in unsere Wohnung getraut hat."

Sie lachte verbittert auf.

„Kennst mich ja, ich bin ein richtiges Liebchen, wenn ich jemanden nicht ausstehen kann."

Xena nickte, zum Lachen aber war ihr nicht zumute.

„Irgendwann kam der Punkt, an welchen mir ein Licht aufging. Wir hatten gestritten und fast zwei Tage lang nicht miteinander gesprochen. Diese Situation war unerträglich für mich, ich hab ihn doch so lieb. Immer noch."

Tränen stiegen in Thaos Augen, sie konnte sich einfach nicht mehr beherrschen. Xena umarmte sie und wartete darauf, dass sie sich wieder beruhigte.

„Ich habe viel nachgedacht und hab dann die richtigen Schlüsse gezogen. Ich wollte mich für ihn zurücknehmen und ihn ein Stück weit gewähren lassen, einfach damit es wieder gut wird zwischen uns. Aber es war zu spät. Er hat sich in eine Freundin von mir verliebt und dann innerhalb weniger Wochen die Flucht vor mir ergriffen."

Sie brauchte eine Pause, drückte ihre Stirn gegen Xenas Schultern unfähig sich wieder zu beherrschen.

„Es ist so demütigend, wenn man feststellt, dass man jemanden nicht mehr reicht, damit er glücklich sein kann. Man selbst liebt diesen Menschen und er sucht Abstand und Auswege, um sich nicht mehr mit einem auseinandersetzen zu müssen. Karl! Verstehst Du?! Ausgerechnet Karl! Hätte mir das jemand vor drei Jahren erzählt, ich hätte ihn ausgelacht."

Xena gab ihr Zeit, um sich wieder zu beruhigen. Ein Jahr sollte das her sein? Thao reagiert so emotional, als wäre die Trennung von ihrem Exfreund erst gestern gewesen. Sie konnte sich noch gut an den Jungen erinnern, er hatte etwas an sich gehabt, das auch sie gereizt hatte. Dennoch, Thao musste nach vorne blicken und irgendwann würde es ihr auch gelingen.

Es dauerte, bis sich Thao wieder in den Griff bekam, sich von Xena löste und sich ihre Tränen mit den Ärmeln ihres Kapuzenpullovers trocknete. Sie wischte sich die langen schwarzen Strähnen ihres Haares aus der Stirn und ließ ihren Blick durch das Zimmer wandern, Xena dabei ausklammernd.

„Tut mir leid! Ich kriege mich gleich wieder ein."

Xena winkte ab, sie konnte ihre Freundin gut verstehen. Schon bei dem Gedanken, dass mit Gerd ähnliches passieren könnte, reichte aus, damit sich ihr Magen zusammen zog und ein dumpfes Gefühl in ihr ausbreitete.

„Das ist so lächerlich, oder? Aber seit dem er weg ist fühle ich mich wie Scheißdreck, Xena. Ein riesen Haufen. Ich weiß echt nicht, ob das bei mir wieder wird."

Thao schien ein Entschluss zu fassen, stand ruckartig auf und ging zur Küche hinüber.

„Hast Du jetzt Hunger?"

Sie wartete die Antwort der Freundin gar nicht erst ab.

„Ach egal, ich mache uns jetzt einfach etwas. Gäste haben bei mir keinen besonderen Status, also wirst Du mir helfen müssen und Gesellschaft leisten."

Xena ließ sich nicht lange bitte und folgte ihr.

Das Gespräch verlief nicht so wie früher, Xena spürte deutlich, dass Thao in vielerlei Hinsicht reifer geworden war, wenn sie auch immer wieder Ausbrüche hatte und sich gerne roh und derb gab. Sie riefen sich gegenseitig Erinnerungen an die gemeinsame Zeit wach, Thao erzählte von ihrem Beruf und Xena von der Zeit als sie noch als Domina gearbeitet hatte. Sie ließ nichts dabei aus, beschönigte nichts und sorgte so dafür, dass Thao ein eiskalter Schauer über den Rücken lief. Sie kannte selbst die Szene und wusste auch um deren extreme Facetten, wie weit diese aber reichten, hatte sie sich bisher anscheinend nicht richtig ausgemalt.

„Sei mir nicht böse, aber das ist schon ziemlich kranke Scheiße bei dir gewesen."

Thao war nicht gerade dankbar, dass Xena ihr dieses Bild von sich vermittelt hatte. Es passte nicht zu dem, welches sie sich selbst von ihr gemacht hatte.

„Ich kann und will dass auch gar nicht abstreiten, Thao. Und wenn ich mit Gerd wieder zu spielen beginne, muss ich mir unbedingt ein neues Muster suchen, das Alte ist weder für ihn noch für mich selbst tragbar. Schon allein wegen unserer Kleinen nicht."

„Und was schwebt dir da vor?"

Xena gab das Dressing in den Salat und hob dabei ihre Schultern.

„Ich habe keine Ahnung. Ich bin was das betrifft völlig ratlos. Ich kann so viel zwischen uns kaputt machen, soviel falsch, ich habe auch ehrlich gesagt Angst davor, mit ihm wieder etwas in dieser Richtung anzufangen. Es reizt mich auch gar nicht. Aber vielleicht liegt auch darin die Chance?"

Thao hatte ihr schweigend zugehört. Xena schien für sich selbst erfolgreich mit ihrem Sadismus abgeschlossen zu haben. Würde es ihr vielleicht auch irgendwann so gehen? Dass ihr Gerd nun darauf nicht mehr verzichten konnte, gab der Freundin ein Stück der alten Tragik zurück, die so massiv mit ihrem bisherigen Leben verbunden gewesen war.

„Wenn ich dir helfen kann, sagst du es mir, okay?"

Xena wandte sich abrupt zu ihr um und blickte auf sie herunter.

„Kannst du. Lass mich bei einem deiner Termine dabei sein."

Überforderung

In ihrem kleinen Arbeitszimmer saß Aneliese über ihrem Laptop und klappte ihn abrupt zusammen. Ein Telefonat mit ihrem künftigen Angetrauten stellte für sie eher eine Belastung da, als ein Grund zur Freude. Er schien ja ganz in Ordnung zu sein, aber seine Ansichten standen zumeist konträr zu den ihrigen, was ein gemeinsames Leben sicher erschweren würde. Im nächsten Jahr sollte er das erste Mal nach Deutschland kommen, ein Umstand, mit dem sich die junge Inderin nicht anfreunden konnte. Ein Mann, der in der Heimat ihrer Eltern auf dem Land aufgewachsen und mit Ansichten behaftet war, welche sich in den letzten Jahrhunderten, zumindest außerhalb der Städte, nicht großartig verändert hatten.

Sie seufzte, kraulte ihrem Hündchen Ashna das Fell, das zu ihren Füßen hockte und überlegte wie sie sich auf andere Gedanken bringen könnte. Thao hatte sich seit zwei Tagen nicht bei ihr gerührt. Besuch war deren Erklärung gewesen, eine Veränderung, die Aneliese nur begrüßen konnte. Hoffentlich war das für Thao ein Schritt in die richtige Richtung, um wenigstens ein Stück von ihrem Exfreund loslassen zu können. So lieb sie auch die Freundin hatte, so schwer fiel es ihr oft, Thao aus ihrer dunklen Stimmung herauszuhelfen.

Ob sie mal nach oben gehen durfte? Thao hatte ihr von der Freundin erzählt, die sie schon viele Jahre lang nicht mehr gesehen hatte. Auch Karl kannte sie und beide hatten ihr damals einiges zu verdanken gehabt. Thao war nicht weiter darauf eingegangen, aber für einen Moment schien es so, als ob sie sich in den Erinnerungen daran verloren hatte.

Aneliese gab kurz entschlossen ihrer Neugier nach. Was soll´s, für ein paar Minuten würde sie nach oben gehen, vielleicht waren die beiden ja auch gar nicht zu Hause. Kurz fiel ihr Blick auf Ashna, der freudig zu ihren Füßen mit seinem Schwänzchen wedelte und erwartungsvoll zu ihr aufblickte. Ob sie ihn mitnehmen durfte? Sie entschied sich dagegen und bat das Tier auf sie zu warten, was es mit einem quälenden Jaulen zur Kenntnis nahm und sich vor der Wohnungstür ablegte. Aber was half es, nicht jeder konnte Hunde leiden und in ihrem Land galten sie sogar als unrein, vor allem in spiritueller Hinsicht. Auch ihr Bräutigam hatte seine Bedenken geäußert, was Ashna betraf, sich aber schließlich gefügt, als er spürte, wie ernst sie es mit ihrem Haustier nahm.

So prüfte sie noch einmal den Sitz ihrer Kleidung, kämmte sich mit der Bürste ihr kräftiges Haar und trat dann in den Flur hinaus. Außer Ashnas Jaulen war nichts zu hören und so nahm sie die Stufen nach oben, mit der Vermutung, dass Thao und ihr Besuch nicht zu Hause sein würden.

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