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Thao II - Teil 01

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Ihr Blick blieb an einem relativ kleinen Foto hängen. Amelies Bruder Günter hatte es damals mit seinem Handy aufgenommen. Betrachtete man es genauer, spürte man sofort, dass es nicht um Thao, Amelie und Karl ging, die darauf abgelichtet waren, sondern einzig um die große Blondine, die zwischen ihnen stand und sich vor Lachen den Bauch hielt. Xena! Wie lange hatte sie nicht mehr an sie gedacht?

Thaos Bauchmuskeln krampften sich zusammen. Ab und an war der Name in Gesprächen mit Karl aufgetaucht, den Wunsch, sie wiederzusehen, allerdings nicht. War es das schlechte Gewissen? Xena war damals regelrecht aus ihrer beiden Leben geflohen und hatte all das zurückgelassen, was sie in den Monaten zuvor mühsam zu lieben gelernt hatte. Der Grund für diesen Bruch war nicht nur Günter gewesen ...

Thao blieb in ihren Gedanken an der ehemaligen Freundin hängen. Was wohl aus ihr geworden war? Sie war mit Abstand der kaputteste Mensch gewesen, den sie in ihrem bisherigen Leben getroffen hatte. Nach außen hin all das besitzend, was sich ein Mensch vom Leben nur wünschen konnte, war sie in ihrem Inneren leer, unglücklich und schwer verletzt geblieben.

Xena hatte ihr damals oftmals geholfen, wie sich Thao erinnerte. Umso unangenehmer war ihr der aufkommende Wunsch, dass es die frühere Freundin vielleicht wieder tun könnte. Aber durfte sie nicht wenigstens erfahren, wie es ihr heute ging?

Die Punkerin überlegte und suchte nach einer Möglichkeit, Xena ausfindig zu machen. Die Handynummer hatte sie damals geändert, die Adresse keinem verraten. Die Extremdomina hatte den Bruch damals konsequent vollzogen, zumindest ihren Freunden gegenüber. Thao hatte es damals nicht viel ausgemacht, hatte sie doch selbst zu viele eigene Sorgen. Doch nun begann ihr das schlechte Gewissen zuzusetzen.

Sie ging zurück in den Flur, kramte in ihrer Tasche und holte das Handy hervor. Es gab jemanden, der wissen könnte, was aus Xena geworden war.

„Bea! Kannst dich noch an mich erinnern?"

Am anderen Ende der Leitung blieb es zunächst einen Augenblick lang still.

„Thao? THAO! Scheiße, dass ich das noch erleben darf. Mensch, Mädchen, wie geht es euch? Mein Gott, es tut mir so leid, ich hab euch völlig aus den Augen verloren."

Ein regelrechter, nicht enden wollender Redeschwall ergoss sich über die Punkerin. Mit Beatrice als Partnerin hatte Thao damals die ersten Erfahrungen im kommerziellen SM gemacht. Schnell kamen gemeinsame Erinnerungen hoch, dann, nach gut einer halben Stunde, wagte es die Punkerin endlich, ihre eigentliche Frage zu stellen.

„Xena?"

Beatrice schien zu überlegen.

„Ich habe von ihr gehört. Aber etwas Genaues weiß ich auch nicht. Aber ich habe vielleicht eine Nummer für dich, bei der du fragen kannst. Zumindest kann ich mich dunkel daran erinnern, dass die Gräfin irgendwann mal in dieser Richtung etwas erwähnt hatte. Was willst du von der? Die war doch sowas von krank im Kopf, oder nicht?"

Thao ging nicht darauf ein.

„Gib mir die Nummer, ja!?! Ich würde gerne wissen, wie es ihr geht."

Beatrice glaubte zu verstehen.

„Frischt du alte Freundschaften auf?"

Sie schien sich für diese Idee begeistern zu können.

„Sollte ich vielleicht auch mal machen."

Thao hörte der Bekannten noch eine Weile zu, dann schweiften ihre Gedanken immer weiter in Richtung Xena ab. Unbewusst verabschiedete sie sich noch von Beatrice, dann hörte sie nur noch das Freizeichen.

Was war aus Xena geworden? In diesem Moment befiel sie große Sorge. Wenn ihr der Neuanfang nicht geglückt war ... Oh Gott, sie hatte damals als Freundin völlig versagt! Xena hatte vielleicht den Bruch mit ihnen gesucht, aber sie hätte ihn nicht akzeptieren und zulassen müssen, sondern vielmehr um die Freundschaft zu ihr kämpfen müssen.

Kurz entschlossen wählte sie die Nummer, welche sie von Beatrice erhalten hatte. Eine derbe, unfreundliche Frauenstimme meldete sich, nannte weder Name noch Firma, einzig ein trockenes „Ja!?" drang aus dem Hörer.

„Hi! Mein Name ist Thao Nguyen, ist Xena da?"

Die Stimme am anderen Ende der Leitung klang teilnahmslos und gelangweilt.

„Hier arbeitet keine Xena."

Doch so schnell war Thao nicht zur Aufgabe zu bewegen. Die Sorge um die ehemalige Freundin breitete sich mehr und mehr in ihr aus.

„Wirklich nicht? Auch nicht früher? Man hat mir gesagt, dass sie bei Ihnen arbeitet, oder zumindest früher einmal hatte."

„Warte! Ich frage nach."

In der Leitung wurde es ruhig. Erst nach einigen Minuten hörte Thao, dass der Hörer wieder aufgenommen wurde.

„Hörst Du mich?"

Thao bejahte hoffnungsvoll.

„Wie heißt du noch gleich?"

„Thao Nguyen."

„Tut mir leid Thao, aber bei uns arbeitet niemand mit diesem Namen. Ich habe gefragt, aber auch vor meiner Zeit anscheinend nicht."

Die Stimme klang nicht mehr ganz so unfreundlich wie zuvor, dennoch war Thao enttäuscht. Vielleicht war es auch an der Zeit, Xena nun endgültig aus ihrem Leben zu entlassen.

„Trotzdem, vielen Dank."

„Kein Problem."

Thao legte ihr Handy beiseite und starrte nachdenklich vor sich hin. Sie dachte an früher, jenen Moment, als sie die große Blondine bei Bernhard und Sylvia im Atelier Schmerzkunst kennengelernt hatte. Wie arrogant Xena damals gewirkt hatte, wie unnahbar und unsympathisch. Die Punkerin grinste. Wenn sie es drauf angelegt hätte, hätte sie sich damals vielleicht sogar mit Xena geprügelt. Aus heutiger Sicht eine denkbar blöde Idee, wenn die große Blonde etwas gut konnte, dann anderen Menschen wehzutun. Nicht nur als Domina, sondern auch mit Tritten und Schlägen, wann immer sie es für notwendig erachtete. Und ihre andere Seite? Sie war so verletzlich, so verzweifelt und einsam gewesen. Ein Mensch, dem es einfach nicht gelingen wollte, für sich etwas Glück auf der Welt zu finden. Ein schrecklicher Gedanke bemächtigte sich der Punkerin. Ob sie vielleicht wie Simon ...? Nein! Dafür war sie nicht der Typ gewesen.

Sie schlug die nächsten Seiten des Albums auf. Bilder von Weihnachts- und Sylvesterpartys, Geburtstagen, Ausflügen und Reisen, die sie zusammen mit ihrem Ex-Freund unternommen hatte, wechselten einander ab. Insgesamt beinhaltete das Album nur wenige Bilder, die meisten würden wohl noch immer irgendwo auf dem Computer abgespeichert sein. Vielleicht wäre dies eine Möglichkeit, einen weiteren Abend auszufüllen?

Nach einem Schluck Rotwein blätterte die junge Frau weiter. Es waren ungemein schöne Jahre gewesen. Sie konnte es nicht verhindern, in diesem Augenblick war sie wieder ganz bei ihm.

„Danke, Karl!", flüsterte sie leise.

Wieder fühlte sie etwas in sich brechen, spürte die Trauer und Verzweiflung, die sich in ihr ausbreiteten.

Das aufdringliche Surren ihres Handys löste sie aus ihrer Schwermut. Erst wollte sie den Anruf nicht entgegennehmen, doch am Display tauchte keine Nummer auf. Sie würde also nicht zurückrufen können, wenn sie jetzt nicht ranging.

„Nguyen?!"

Erst blieb es still, dann drang eine dunkle Frauenstimme aus dem Telefon.

„Ba-by-bitch!"

„XENA!!!!"

Thao wusste im ersten Moment nicht, wie sie auf diese Überraschung reagieren sollte. Vielleicht wurde ihr erst in diesem Augenblick bewusst, wie wichtig ihr die Freundschaft zu Xena damals gewesen war.

„Thao?! Wenn ich dich anrufe, dann musst du schon auch was sagen, sonst funktioniert das Telefonieren nicht."

Die Punkerin lachte, ihrer Stimme war aber deutlich anzumerken, dass sie mit ihrer Fassung zu ringen hatte.

„Xena, es tut mir so leid. Ich war damals so scheiße zu Dir ..."

„Im Moment freue ich mich einfach nur darüber, dass Du mich gesucht und gefunden hast, Thao. Das Palais, oder?"

„Ja, Beatrice, vielleicht kannst du dich noch an sie erinnern?" Thao konnte nicht anders, sie weinte vor Freude über diesen Moment und tupfte sich die Tränen mit dem Ärmel ihres Shirts ab.

Xena verneinte. Außer der Gräfin hatte sie niemanden in ihrem Gedächtnis behalten aus dieser Zeit.

„Wie geht's dir, Kleine? Und Karl? Gibt es ihn noch?

„Wir sind seit einem Jahr nicht mehr zusammen."

Thao wunderte sich selbst, dass sie diese Offenbarung so trocken über ihre Lippen brachte.

Xena schien diese Nachricht indessen erst einmal verdauen zu müssen.

„Scheiße! Tut mir leid, Thao. Und du knabberst immer noch dran, stimmt's?"

„Ja. Ich glaube das werde ich immer. Ich bin, seitdem er weg ist, total dusslig im Kopf. Und es wird einfach nicht besser."

„Dann rufst du aber ziemlich spät an, meinste nich?"

Thao stiegen weitere Tränen in die Augen. Xena konnte so lieb sein. Dass diese Frau eine Hardcoredomina war, welche im Ruf stand, ebenso sadistisch wie brutal zu sein, kam ihr in diesem Moment unwirklich und weit hergeholt vor. Wie gerne hätte sie die Blondine jetzt bei sich gehabt.

„Erzähl mir bitte von dir, Xena! Deshalb habe ich ja eigentlich angerufen. Ich hab ein Bild von dir gefunden ... Scheiße, wir waren richtig dicke ..."

Xena unterbrach die Punkerin. Vielleicht spürte sie den Gefühlsausbruch hinter Thaos Worten.

„Mir geht es soweit ganz gut, Kleine. Aber weißt du was? Ich mag nicht am Telefon schwatzen, dafür haben wir uns zu lange nicht gesehen. Hamburg, richtig?"

Thao war sprachlos.

„Du willst jetzt nicht vorbeikommen, oder?"

Eine absurde Erinnerung trat vor ihr geistiges Auge. Die Freundin in ihrer Motorradmontur stand vor ihrer Wohnungstür, zwei riesige Milchshakes in den Händen.

Xena lachte.

„Nein. Aber wenn Du willst am Freitag. Wenn ich früh losfahre, bin ich zweieinhalb Stunden später bei Dir. Es sei denn, du hast keine Zeit."

Thao freute sich über Xenas Vorschlag. Sie konnte sich ihre Arbeit relativ frei einteilen und hatte zudem noch zahlreiche Überstunden angesammelt. Herbert würde mit Sicherheit gutheißen, wenn sie einige davon abbauen würde. Warum also kein langes Wochenende?

„Hast du noch deine Maschine?"

In Xenas Stimme klang ein unüberhörbarer Hauch von Wehmut mit.

„Ja, aber ich fahre schon seit vier Jahren nicht mehr. Bei mir hat sich da einiges geändert. Ich komme mit dem Auto. Kann man bei dir gut parken?"

„Klar, kein Problem in unseren Viertel. Ist schön hier, du wirst sehen."

Thao überlegte, was sich in den letzten Jahren besonderes zugetragen haben könnte.

„Magst mir nicht doch was erzählen? Du hast mich neugierig gemacht."

Mit gehässigem Unterton in der Stimme würgte Xena die Neugier der Punkerin bereits im Ansatz ab.

„Nee, Babybitch. Mir geht's ja nicht anders. Gib mir deine Adresse! Alles andere übermorgen."

In der Mensa

„Was hat dir ins Hirn geschissen, Steven? Wir waren gestern verabredet, hast du das vergessen?"

Steven hob seinen Kopf und blickte seinen Freund nachdenklich an, stocherte dann aber weiter in seinem Essen herum. Er schien nicht gerade bester Laune zu sein, irgendetwas musste ihn belasten.

„Wo ist Hans?"

Erik zuckte mit den Schultern und setzte sich zu ihm.

„Er wollte, glaube ich, zum Zahnarzt. Wegen seinem Schneidezahn. Anscheinend hat sich wieder etwas gelöst."

Steven konnte ein Grinsen nicht unterdrücken.

„Das nimmt er mir immer noch übel, oder?"

Erik grinste breit.

„Den Kirmes-Boxer? Oh doch! Vor allem, weil er vor all den Leuten geheult hat. Scheiße, ich hatte wirklich Mitleid mit ihm. Gerade er, der sich in seinem ganzen Leben noch nie geprügelt hatte bis dahin."

Steven erinnerte sich an eine bereits mehrere Monate zurückliegende Prüfung, an die Hans bis heute nicht erinnert werden wollte. Unsportlichkeit konnte man ihm ebenso wenig vorwerfen wie Schwäche. Ganz im Gegenteil, Hans trieb regelmäßig Sport, hatte einen muskulösen Körper, beneidenswerte Kondition und wusste sich zu bewegen. Und dann gegen einen Fliegengewichtler? Der Junge war noch nicht mal volljährig und zwanzig Kilo leichter als Hans gewesen.

„Das war echt strange. Man hat nicht einmal die Fäuste fliegen gesehen, so schnell war der Lütte. Wie lange hat es gedauert, was meinst Du?"

Erik versuchte, sich zu erinnern.

„Eine Minute vielleicht? Höchstens aber zwei. Dann lag er schon. Keiner von uns hätte eine Chance gehabt, glaub mir das."

Steven dachte an das Publikum, welches ihren Freund mitleidlos ausgelacht hatte. Eine harte Prüfung in jedem Fall, ob er vielleicht deshalb ...? Er schob den Teller von sich weg und blickte Erik nachdenklich an.

„Die Domina ... meinst du, das ist seine Rache?"

Erik runzelte die Stirn.

„Du machst dir deswegen nicht wirklich Sorgen, oder? So schlimm kann das doch nicht werden. Die knallt dir ein paar Mal ihre Rute über den Po und das war es dann auch schon. Vielleicht tut sie dir ein wenig weh, aber da haben wir schon Schlimmeres durch, oder nicht?"

Steven zögerte, dann klappte er seinen Laptop auf und drehte ihn so, dass sein Freund aufs Display sehen konnte.

„Schau Dir das an, Erik. Lies mal, was die dort alles anbieten! Natursekt und Kaviar ... weißt du, was das heißt? Da können Kranke Scheiße essen und Pisse trinken."

Erik blickte Steven aus schreckgeweiteten Augen an.

„Und Du glaubst, er würde wirklich ...?"

Steven hatte bereits darüber nachgedacht. Soweit würde Hans wahrscheinlich dann doch nicht gehen.

„Ich denke nicht. Aber die haben ja noch mehr auf den Programm. Zofenerziehung ..."

Erik lachte bei dieser skurrilen Vorstellung, es klang ebenso gehässig wie böse.

„Vergewaltigungen ..."

„Wie?"

Steven rang mit seiner Fassung.

„Die fahren dir mit Dildos in den Arsch."

Erik stöhnte und warf Steven einen mitleidigen Blick zu.

„Okay. Pisse und Scheiße, nein. Aber so ein kleiner Arschfick für den Steven?"

Steven knüllte eine Serviette zusammen und warf sie ihm, sichtlich verärgert, ins Gesicht.

Der Getroffene lachte und wurde erst nach langen Augenblicken wieder ernst.

„Okay, was haben wir noch?"

Nun ging er selbst die einzelnen Begriffe durch.

„Tierdressuren? Was ist denn das für ne Scheiße?"

Steven ahnte, dass die Gedanken des Kumpels in eine gänzlich falsche Richtung abschweiften.

„Das hat nichts mit echten Tieren zu tun. Du selbst spielst eins, Hund oder Schwein, weißt schon."

Erik glaubte, jetzt zu ahnen, worum es Steven ging. Auch er spürte deutlich seine Grenzen, als er das angebotene Repertoire durchging.

„Du willst diese Prüfung nicht machen, oder?"

„Ich muss. Sonst hätte er gewonnen. Aber ich bin dafür, dass wir danach neue Regeln festlegen. Sonst könnte ich einen von euch beiden das nächste Mal in eine Schwulen-Bar schicken, oder?"

Erik verzog das Gesicht.

„Nein, Du hast recht. Irgendwann ist der Damm gebrochen."

„Kannst du mir einen Gefallen tun?"

Erik nickte.

„Rede mit Hans. Bitte ihn darum, dass man es mit mir nicht übertreibt, einverstanden?"

Erik nickte und sicherte Steven die Unterredung mit Hans zu. Auch ihm war nicht ganz wohl bei der Sache.

„So. Ich hau ab. Thea will mit mir LERNEN."

Erik hob seine Hände und knickte beide Zeige- und Ringfinger ein. Steven lachte. Die beiden würden miteinander vögeln, das lief schon das ganze Semester hindurch so, wenn sie vorgaben miteinander zu lernen. Auch wenn Erik es stets entschieden abstritt, so fiel es mittlerweile wohl nicht nur Hans und ihm auf, dass er sich mit keinen anderen Frauen mehr traf. Wiewohl Thea im klassischen Sinne beileibe nicht wirklich als hübsch zu bezeichnen war, schien sie über andere Qualitäten zu verfügen, über die sich Erik allerdings nicht auslassen mochte.

Nachdenklich blickte er seinem Freund hinterher, dann drehte er sein Notebook wieder so, dass nur noch er selbst aufs Display blicken konnte. Was wäre es für Hans eine Genugtuung, wenn er sehen könnte, wie sehr er ihn mit dieser Prüfung verunsichert hatte. Nochmals klickte er durch die Profile der Dominas dieses bizarren Klubs. Keine erschien ihm wirklich unansehnlich, wenigstens ein schwacher Trost.

Das Wiedersehen mit Xena

Mit schrillem Ton kündigte die Türglocke Thao ihren Besuch an. Sie blickte noch einmal zurück in die Wohnung, aber es schien ihr alles soweit in Ordnung zu sein. Eigentlich war es auch egal, Xena hatte früher nie durchblicken lassen, dass sie es damit besonders genau nahm.

Die junge Frau strich sich eine schwarze Strähne aus ihrem Gesicht, drückte den Türöffner und hörte, wie unten die Haustür ging, dann knallten auch schon, in regelmäßigem Takt, der Klang von Stiefelabsätzen nach oben. Thao ging zum Geländer und blickte nach unten.

„Xena?!"

Thao hörte ein altbekanntes Lachen von unten.

„Was machst du auf, Kleine, wenn du nicht weißt wer vor deiner Tür steht?"

„Ich wollte nur sicher gehen ob du noch deinen Namen kennst, schließlich kann man bei Blondinen nicht vorsichtig genug sein."

Erneut füllte Xenas Lachen den Hausflur, dann nahm ihre Freundin auch schon den letzten Treppenabsatz. Thao eilte ihr entgegen, umarmte sie, unfähig ihre Gefühle in diesem Moment zurückzuhalten.

Xena blieb gerührt stehen, schloss die zur Frau gewordene Freundin in ihre Arme und ließ gerührt deren Gefühlsausbruch über sich ergehen. Sie wartete geduldig, bis Thao sich gesammelt hatte und mit Tränen in den Augen zu ihr aufblickte. Es schien ihr peinlich zu sein, dass sie es nicht vermochte sich vor ihr zu beherrschen.

„Du hast Dich verändert, Thao. Du bist eine Frau geworden."

Thao grinste und kämpfte darum, die richtigen Worte zu finden. Sie deutete auf ihre Wohnung und bat die Freundin, mit einer einladenden Geste, hinein.

Xena sah aus wie früher, nur ihre Kleidung war jetzt deutlich einfacher gehalten, als in ihren früheren Jahren. Schwarze Stiefel, Bluejeans, dazu eine schwarze, tief ausgeschnittene Bluse, zeigten Thao, dass ihre Freundin jetzt vor allem praktisch dachte. Nur ihr Gesicht war genauso aufwendig geschminkt, wie das der Xena aus ihrer Erinnerung.

„Hast Du Hunger?"

Xena verneinte dankend und folgte Thao in das Wohnzimmer.

„Lass mal, vielleicht später, ich würde gerne erst mal ankommen. Ein Kaffee wäre super, wenn du hast."

Die große Blondine blickte sich ehrfürchtig um. Die Wohnung war hübsch eingerichtet und verriet viel von den vielseitigen Interessen Thaos. In einer Ecke stand eine große Staffelei, neben dem Sofa ein Gitarrenständer nebst Instrument und Verstärker, Bücherregale, Arbeitstisch, jeder Winkel schien seinen Zweck und Nutzen zu haben, aber auch seinen bestimmten Platz, denn alles wirkte ordentlich und aufgeräumt.

„Du hast es dir wirklich gemütlich gemacht, Respekt. Wenn ich da an meine Wohnung von früher denke... ."

Ein Lachen drang aus der Küche.

„Ich kann mich noch an die Vase erinnern. Hat die eigentlich jemals Blumen gesehen?"

Xena überlegte. Bilder tauchten in ihren Gedanken auf, begleitet von einer Fülle von Erinnerungen.

„Günter hat mir damals mal welche geschenkt, glaub ich. Erinnerst du dich an ihn?"

Thao kehrte mit einem Tablett zurück, auf dem, neben zwei Kaffeetassen auch eine Zuckerdose und Milchkanne standen und stellte es auf den Kaffeetisch vor der Couch ab. Dann ließ sie sich neben Xena in die Polster fallen.

„Wie könnte ich nicht. Ich habe immer noch Kontakt zu Amelie, wenn er auch etwas eingeschlafen ist. Die hat ihr Ding durchgezogen und ist Bayern treu geblieben."

Xena nickte, in ihren Gedanken bei Günter, dem Bruder von Amelie. Er war damals in sie verliebt gewesen, doch so sehr sie es auch versucht hatte, sie hatte es nicht vermocht ihn an sich heranzulassen. Vielleicht hätte er so etwas wie ein Gerd für sie werden können? Nein! Es war gut so, dass alles so gekommen war.

„Jetzt spann mich nicht länger auf die Folter, du doofe Alte! Wie ist es dir ergangen?"

Thao blickte Xena erwartungsvoll von der Seite an. Xenas Gesichtszüge wirkten weniger hart als früher, wenn sie sich auch nicht grundlegend geändert hatten. Überhaupt schien sie entspannter zu sein und ausgeglichener.

„Ich bin in eine andere Stadt gezogen, Thao. Habe dort eine eigene Szene gegründet und so etwas wie deren Mittelpunkt dargestellt. Ich glaube zu der Zeit hatte ich mich damit abgefunden, dass es nicht mehr viel anderes außer SM in meinem Leben geben könnte. Ab und an, wenn ich besonders Scheiße drauf war, habe ich eine Bekannte besucht mit der man gut reden konnte und was soll ich sagen..., die hatte einen Freund und der hatte etwas an sich... ."

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