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Das war mein Selbstbild und in dem war für versteckte oder offene sexuelle Interessen kein Platz. Dachte ich. Glaubte ich. Redete ich mir über Jahre erfolgreich ein?

"Hallo? Redest du noch mit mir?"

Diese Filmrisse, die ich in Gesprächen mit ihr bekam, machten mich langsam nervös. Erst jetzt wurde mir klar, dass ich mich so in meine Reflektionen vertieft hatte, dass ich überhaupt nicht mehr wahrnahm, wo und mit wem ich mich befand.

"Sorry, irgendwie erwischt du mich immer auf dem falschen Fuß. Wir können ja... wollen wir nicht langsam was essen gehen? Wir können uns dann ja nochmal in Ruhe unterhalten. Giovanni hat ein Restaurant ganz in der Nähe empfohlen."

"Prima, habe langsam auch Schmacht. Meine erste echte italienische Pizza..."

"Hm, weiß gar nicht, ob es da auch Pizza gibt, klang für mich nach einem edleren Restaurant, Pizza ist hier eher Arme-Leute-Essen, oder ein kleiner Imbiss zum Mittag... naja, aber für Touristen haben sie die auch in vielen besseren Restaurants im Menü."

"Oh Gott, muss ich mich dann noch auftakeln?"

"Ach Quatsch, du bist doch anständig angezogen, ich sollte aber vielleicht noch ein anderes Hemd anziehen, ich hab beim Verladen und im Auto ganz schön geschwitzt."

Gesagt, getan, eigentlich hätte ich eine Dusche vertragen können, aber mit notdürftigem Frischmachen ging das auch. Etwas überrascht stellte ich fest, dass sie sich doch umgezogen hatte, ein buntes Sommerkleid und dazu passend eine Sonnenbrille, im Stil der Sechziger.

Das Restaurant war wirklich nah dran und einfach zu finden, und zudem absolut göttlich. Auch wenn die Preise nicht gerade niedrig waren. Ich überredete Annalena, darauf nicht zu achten, weil ich sie einladen würde und statt Pizza, die es tatsächlich ebenfalls gab, doch lieber ein Fischgericht zu probieren.

Der Wein war gleichfalls von erlesener Qualität; mit ihm löste sich Stress, Anspannung und Verwirrung in Wohlgefallen auf. Trotz der frühen Abendstunde füllte sich das Restaurant langsam.

Es waren nur wenige Touristen dazwischen, was mir wirklich recht war, denn so kam Lenny und letztlich auch ich in den Genuss des authentisch italienischen Restaurantfeelings.

Während des Essens hatte ich ihr hauptsächlich von Herculaneum, welches nur wenige Kilometer entfernt war und Pompeji erzählt, sowie grob von anderen Sehenswürdigkeiten in der Gegend.

Diesmal spendierte sie mir ungefragt eine Zigarette nach dem Essen. Konsequenz schien für sie irgendwie ein anderes Bedeutungsfeld zu haben.

"Na, nach so einem tollen Essen...", beantwortete sie meinen fragenden Blick. "Es ist echt toll hier, die Atmosphäre, das Essen, der Wein", verkündete sie nach einem begeisterten Rundblick.

"Ja, ich liebe Italien."

"Und Archäologie."

"Und Archäologie."

"Und sonst nichts?"

"Wie? Ich versteh nicht ganz, was meinst du?"

Sie lächelte und spielte mit ihrem Feuerzeug.

"Professor Jones habe ich jetzt langsam kennengelernt, aber wer ist Tom?"

Ihre eigenartige Fragestellung verunsicherte mich, vor allem, weil ich glaubte zu verstehen, worauf sie hinauswollte. Und das eine Frage war, die ich mir selbst noch nie gestellt hatte. Nicht stellen wollte?

"Das ist gar nicht so einfach zu beantworten."

Meine Gedanken schwirrten aufgeregt herum, ohne greifbar oder formulierbar zu werden. Oder doch?

"Vielleicht... vielleicht gibt es da gar keinen so großen Unterschied. Die Arbeit ist meine große Liebe, meine Freude, meine Zuflucht. Da ist gar nicht so viel Platz für anderes, verstehst du? Klar, ich mag Musik, früher bin ich auch mal ins Theater... aber in letzter Zeit, weiß nicht, ich werde nicht jünger und oft... wie soll ich das sagen... du machst mich irgendwie immer konfus..."

Ihr schallendes Gelächter warf mich wieder aus der Bahn.

"Ich? Nee, glaube ich nicht. Der Dig ist dir unheimlich wichtig, nicht wahr?"

So abrupt dieser Themenwechsel auch kam, so dankbar war ich dafür, denn hier war ich wieder auf sicherem Terrain.

"Es ist die Erfüllung meines größten Traums, seitdem ich mit Professor Eichberg hier gewesen bin. Auch das ist Tom. Meine Träume sind halt recht... hm... spezifisch."

"Und so wunderbar kontrolliert und kontrollierbar, findest du nicht?"

"Ehm... ich bin mir nicht sicher, ob ich verstehe, was du damit sagen willst."

"Ist nicht so wichtig. Wollen wir noch ein Viertel Wein bestellen? Der ist sagenhaft."

"Ich weiß nicht, ich bin schon leicht angetrunken und ... vielleicht ist es ja der Wein, der mich so konfus macht."

"Eher locker, find ich. Jetzt löst sich doch langsam der Stock in deinem Arsch."

Ich verschluckte mich postwendend an dem letzten Schluck Wein, den ich mir gerade zu Gemüte führen wollte.

"Oh Shit, hast du dich verschluckt?"

Sie klopfte mir auf den Rücken.

"Alles gut. Geht schon wieder."

Etwas irritiert nahm ich wahr, dass sie zwar mit dem Klopfen aufhörte, aber ihre Hand nicht von meinem Rücken nahm, mich sogar ganz sanft streichelte.

"Ich wollte dich nicht beleidigen, weißte? Ganz ehrlich, du bist der beste Prof an der Uni, deine Vorlesungen sind die einzigen, zu denen ich gerne gehe, auch wenn ich manchmal fast einschlafe... aber das hat nichts mit dir zu tun. Ich hab halt nebenbei noch ein Leben... du warst doch auch mal Student, weißt doch, wie's ist."

"Natürlich."

Ganz ehrlich war das nicht. Klar, ich wusste, wie meine Kommilitonen ihre Studienzeit erlebt hatten, wilde Saufgelage und Partys, politisches Engagement, Affären. Und ich? Ich hatte studiert, mich in Büchern vergraben, gelernt...

"Garcon!"

"Ehm... das heißt hier Cameriere."

Er hatte sie trotzdem verstanden, ich sie auch und bestellte seufzend eine weitere Karaffe Wein, als er vor unserem Tisch auftauchte.

"Bringst du mir ein bisschen Italienisch bei, während wir hier sind? Die Sprache klingt echt toll, ich hatte nur Englisch und Französisch in der Penne..."

"Ja, es ist eine sehr melodiöse Sprache, eigentlich sehr einfach zu lernen, wenn man Latein hatte... oder Englisch und Französisch, da gibt es viele gemeinsame Elemente. Und... gerne. Wir sollten aber nicht mehr ganz so lange machen, wir müssen morgen früh raus. Weißt du, es wird am Mittag unerträglich heiß, gerade in Pompeji, da arbeitet man am besten früh morgens, macht dann mittags eine längere Pause, dann nachmittags und abends weiter. Daher wird nicht viel Zeit für Anderes bleiben, aber das hatte ich dir in groben Zügen schon erklärt, nicht wahr?"

Sie nickte.

"Morgen ist aber eh hauptsächlich Organisatorisches auf dem Programm, das Equipment auspacken, die Luftbilder und Scans nochmal vor Ort auswerten, sowas halt. Die Franzosen sind ebenfalls schon da, die Tschechen kommen laut Paolo morgen erst an. Richtig im Dreck wühlen wir dann frühestens übermorgen."

"Ich freu mich drauf. Und: Danke!"

Ihr schneller Kuss auf meine Lippen kam völlig aus dem Nichts.

"Oh... wofür?"

"Na, dass du mich mitgenommen hast und nicht Connie oder Stefan oder das Froschgesicht, dessen Namen ich mir nicht merken kann..."

"Arthur. Froschgesicht, du bist mir so eine Marke. Hm. Stimmt aber irgendwie."

Ich sah ihr fest in die Augen.

"Und du hast dir das verdient. Nicht nur, weil du mich in einem der schlimmsten Momente meines Lebens an die Hand genommen hast, sondern auch, weil du ein unglaubliches Potential hast, das du nur freisetzen musst. Ich werde alles in meiner Macht stehende tun, dir das zu ermöglichen."

"Dito."

"Was?"

"Du kennst dein Potential auch noch nicht. Aber das wird schon, Tom. Das wird schon."

Ehrlich gesagt verstand ich nicht mal ansatzweise, was sie damit sagen wollte. Und irgendwie hatte ich plötzlich Angst nachzufragen. Wir blieben vielleicht noch eine halbe Stunde, und erlösenderweise stellte sie mir keine persönlichen Fragen mehr, sondern trotz ob des Weines schwerer werdender Zungen, sehr kluge fachliche.

Im Hinterkopf schwirrten aber immer noch Fragen, die sie gestellt oder ausgelöst hatte rum. Unter anderen Umständen hätte mich diese vielleicht auch noch wachgehalten. Angenehm betäubt vom Wein und dem guten Essen, gingen wir rasch nach unserer Rückkehr in die Unterkunft ins Bett.

Sie hatte Recht, es fühlte sich überhaupt nicht peinlich oder komisch an. Das Bett war breit, wir beide auch ein bisschen. Ich hoffte nur, dass ich nicht schnarchte. Wenn man so lange allein gelebt hat wie ich, hat man schließlich niemanden, der sich darüber aufregen oder einem das zumindest mitteilen konnte. Mit diesem Gedanken versank ich rasch in traumlosen Schlaf.

3

Das unangenehme Fiepen meines Weckers hatte noch nie seine Wirkung verfehlt. Ich war sofort wach. Erleichtert sah ich Annalena weit weg von mir zur Wand gedreht, weil irgendwie hatte ich befürchtet, sie kuschelnd in meinem Arm vorzufinden.

"Morgen, Anna... Lenny. Gut geschlafen?"

"Hmpf", drang es aus der Ecke, sonst gab es weder Erläuterungen, noch irgendeine Bewegung.

"Nun... wenn du keine Einwände hast, spring ich schnell unter die Dusche. Kannst gerne schon Frühstück machen, Giovanni hat uns ja so einiges als Grundausstattung dagelassen."

Auch hierauf bekam ich nur ein Brummeln als Antwort. Ein Morgenmuffel offenbar. Ich war von der Aussicht, die Site inspizieren zu können, schon elektrisiert und auch mental auf Hochtouren.

Beim aus dem Bett klettern stellte ich dann fest, dass ihr bewegungsloses Abwenden mir durchaus eine kleinere Peinlichkeit erspart hatte. So fand ich sie allerdings auch noch bei meiner Rückkehr aus dem Badezimmer vor.

"Ehm... Lenny... tut mir ja schrecklich leid, aber wir müssen uns ranhalten. Ich mach uns Frühstück, während du duschst. Wir können ja draußen frühstücken, der Tisch im Garten ist mitten in der Sonne, das ist bestimmt schon warm genug."

Erst dachte ich, sie sei tatsächlich nochmal eingeschlafen, doch dann kam ein tiefes Seufzen und langsam bewegte sich das Mensch-Deckbett-Bündel.

"Moin."

Sie setzte sich auf und rieb sich die Augen. Ihre Haare waren ein wirres Fiasko. Dann aber nahm sie unglaublich Geschwindigkeit auf und war Sekunden später aus dem Bett geklettert.

"Ich muss erst eine rauchen gehen, sonst kann ich nicht kacken."

Zuviel Information. So wie sie war, also nur mit einem weiten T-Shirt und Slip bekleidet, begab sie sich dann aber sofort nach dieser Ankündigung nach draußen, nachdem sie sich ihre Zigaretten geschnappt hatte. Ich schüttelte den Kopf und machte mich an die Arbeit, während ich im Kopf den weiteren Ablauf durchging.

Giovanni hatte uns wirklich reichlich dagelassen, was uns den sonst notwendigen Einkauf erspart hatte, sogar Tomaten, Gurken, Eier, Brot, dazu süße Sachen. Ich liebte ein ausgiebiges Frühstück, insbesondere vor Arbeiten im Feld, wo man das Essen oft vergaß.

Das Kaffeekochen mit der silbernen italienischen Kaffeekanne hatte etwas Zeremonielles an sich. Mittlerweile war Annalena wieder eingetroffen, wühlte kurz in ihrem Rucksack nach Sachen und verschwand im Bad.

Ich ging zunächst in den Garten, hoffend, dass der Kaffee in meiner Abwesenheit nicht überkochte, da die Stühle gestern alle umgedreht auf dem Tisch gewesen waren, und bewegt werden mussten. Ließ mich dabei vom frischen Duft des Gartens, und dem Spiel des Sonnenlichts in dem Blätterdach der zahlreichen Obstbäume verzaubern.

Als ich nach den kurzen Vorbereitungen zurückkehrte, lief die Dusche bereits und ich schaffte es gerade noch rechtzeitig, den Kaffee von der Gasflamme zu nehmen. Timing ist eben alles.

Das Badezimmer war direkt an der Küche dran und während ich nach einem Tablett suchte, um alles nach draußen zu transportieren, wurde mir plötzlich klar, dass das Rauschen des Wassers nicht das einzige Geräusch war, das ich wahrnahm.

Da war... ein leises Stöhnen. Für eine Sekunde wollte ich mich erkundigen, ob alles in Ordnung war, dann zuckte der Blitz der Erkenntnis in meinem Bewusstsein, und ließ mir gleichzeitig das Blut in den Kopf schießen.

Sie würde doch wohl nicht... doch, sie tat es. Das Stöhnen wurde langsam lauter. Ich packte hektisch die Sachen auf das Tablett, was leider nicht groß genug für alles war und floh aus der Küche.

Was war das bloß für ein dreistes, ungezogenes Kind. Im selben Augenblick musste ich über diesen Gedanken laut lachen. Nein, sie war weder ein Kind, noch ungezogen.

Sie war eine junge, lebensfrohe und lebenshungrige Dame, mit allen Bedürfnissen, die damit zusammenhingen. Das Zölibat gehörte eigentlich nicht zur Job-Beschreibung. Kein Zwieback, eher eine Sahneschnitte. Zwieback würde sie hoffentlich nie werden.

Was war bloß aus mir geworden? Ein verklemmter, alter Mann, der diese Teile menschlicher Existenz völlig aus seinem Leben und Gedanken verbannt hatte? Besonders reich an Erfahrungen mit Frauen war es ohnehin nie gewesen.

Eine Beziehung hatte ich nie gehabt. Drei kurze Affären, dazu einige wenige unbefriedigende Begegnungen mit Damen aus dem horizontalen Gewerbe, das war es dann auch schon. In siebenundfünfzig Jahren.

Nachdenklich und fast auf Zehenspitzen schlich ich zurück in die Wohnung. Oh mein Gott, sie war immer noch nicht fertig mit dem Duschen. Und allem anderen.

Fast wäre mir das Tablett aus der Hand gerutscht, als ich unfreiwilliger Zeuge ihres recht lautstarken Höhepunkts wurde, gerade als ich die heiße Kaffeekanne darauf abstellen wollte. Tief durchatmen, die zitternde Hand beruhigen, und ab durch die Mitte.

Die Ruhe des frühmorgendlichen Gartens und mein Versuch, den Frühstückstisch auch optisch ansprechend zu gestalten, schaffte es schließlich, zumindest ansatzweise ein wenig Souveränität zurückzugewinnen.

Keinen Augenblick zu früh, denn schon kam Lenny mit noch leicht tropfenden Haaren, für den Dig sehr angemessenen Kleidung und ihrem chronisch verschmitzten Grinsen an den Tisch.

"Wow, was ist das ist denn... Frühstücksgelage? Wo hast du denn das ganze Zeug her?"

"Giovanni ist halt ein sehr fürsorglicher Gastgeber. Ich glaube, wir brauchen vor dem Wochenende überhaupt nicht mehr einkaufen gehen, höchstens Wasser. Da war übrigens auch ein Föhn im Bad, hast du den nicht gesehen?"

"Nö, hab aber auch einen mit. Sind das hier übrigens andere Steckdosen als bei uns? Hätte dich eigentlich vorher fragen sollen."

"Nee, alles genau wie bei uns. Möchtest du Milch und Zucker für den Kaffee?"

"Bäh, ich bin doch nicht pervers. Kaffee trinkt man schwarz."

Na, eine Gemeinsamkeit, wer hätte das gedacht. Ich sah ihr versonnen zu, wie sie sich Obst und Gemüse auf den Teller häufte und dann etwas ungelenk Brot abschnitt.

"Ich hoffe, ich war nicht zu laut, das wär mir ja echt peinlich."

Fast hätte ich mich schon wieder verschluckt. Bei ihren verbalen Blitzangriffen musste man diesbezüglich wohl ständig auf der Hut sein. Vorbei war's mit der Souveränität. Ich fühlte mir das Blut in den Kopf schießen. Sie fuhr gnadenlos fort.

"Wir kennen uns ja auch noch nicht so gut. Und das ist bei mir eigentlich fast jeden Morgen so."

Jeden Morgen? Alter Schwede. Irgendwie sollte ich wohl am Gespräch teilnehmen, ich wusste nur nicht, wie.

"Weiß auch nicht warum. Elendige Furzerei. Aber nur frühmorgens. Brauchst dir für die Autofahrt keine Gedanken zu machen."

Ich war viel zu verblüfft, um irgendwie auf dieses Missverständnis zu reagieren. Erst als sie mich fast ängstlich anstarrte, schaffte ich es, mich zu räuspern und dann zu antworten.

"Ehm... das habe ich allerdings gar nicht mitbekommen, da war ich wohl im Garten. Selbst wenn... also darüber mach dir mal keine Gedanken."

Oh Schreck, hoffentlich hatte sie meine Betonung überhört. Ihr unverschämtes Grinsen belehrte mich eines Besseren.

"Ach, aber das andere hast du gehört? Sorry, aber auch da habe ich keine Kontrolle über den Lautstärkepegel. Wenn dich das stört, werde ich mich aber versuchen zurückzuhalten. Ich kann ja aufn Waschlappen beißen oder sowas."

"Es... es stört mich nicht", antwortete ich mit tonloser Stimme und dem verzweifelten Versuch, einen visuellen Fluchtpunkt an ihrem nun fast lasziven Grinsen vorbei zu finden.

"Tut mir leid. Es ist dir echt unangenehm darüber zu sprechen, oder? Ist ja vielleicht ein Generationending."

Sprachs und schob sich ein Stück Melone in den Mund. Der köstliche Geschmack dieser, und andere unverfängliche Themen, gaben mir dann ausreichend Gelegenheit, mich wieder zu fangen. Sie insistierte, sich um Abräumen und Abwaschen zu kümmern.

Während ich begann, unser Auto mit unseren Laptops, Ausdrucken und unserem privaten Werkzeug zu beladen, welches ich selbstverständlich im Koffer mitgeführt hatte. Sie hatte auch schon ein paar private Sachen und konnte sich ansonsten aus dem größeren Unikoffer bedienen, der bereits in Pompeji auf uns wartete.

Da sie noch eine Weile beschäftigt schien, kaufte ich uns im kleinen Laden um die Ecke ausreichend Wasser und ein paar Sandwiches für den Tag. An der Kasse nahm ich nach kurzem Zögern zusätzlich ein Paket Zigaretten und ein Feuerzeug mit.

Ich hatte mich nicht getraut, sie noch einmal anzuhauen, aber nach dieser Achterbahnfahrt am Morgen brauchte ich jetzt eine. Das hatte aber noch einen anderen Grund. Eine meiner drei Kurzaffären hatte ich nämlich mit einer Frau gehabt, die wir vermutlich in einer halben Stunde sehen würden. Giselle.

Bei einem gemeinsamen Dig in Kroatien vor zwanzig Jahren hatte es mächtig gefunkt und dann auch geknallt. Eine, vielleicht die einzige Frau, in die ich mich wirklich hätte verlieben können. Wenn sie nicht verheiratet gewesen wäre. Und immer noch war.

Wir waren uns danach noch öfter über den Weg gelaufen, auf Konferenzen und bei einer Ausstellung in Paris, das war erst vor vier Jahren gewesen. Es gab allerdings kein sentimentales Kribbeln oder sowas, sie war jetzt einfach nur noch eine hochgeschätzte Kollegin und Freundin für mich geworden.

Vor dieser Fahrt hätte ich auch nicht die mindesten Bedenken gehabt, sie nun für längere Zeit wiederzusehen. Aber ich spürte schon zu diesem Zeitpunkt, dass Annalena an meiner verknöcherten Schale zu hämmern begonnen hatte, und dass dies Wirkung zeigte.

Dass sie es irgendwie schaffte, verschüttete Teile von mir freizulegen. Methodisch, gründlich, unwiderstehlich und überaus erfolgreich. Sie hatte wirklich das Zeug, eine großartige Archäologin zu werden.

"Fertig! Schließt du ab? Eh, du rauchst ja, du Schlimmer. Schäm dich. Oder muss ich mich schämen, hab ich das ausgelöst?"

Diesmal ging ich nicht darauf ein, da mir ein rascher Blick auf die Armbanduhr zeigte, dass wir schon eine Viertelstunde hinter meinem Zeitplan lagen. Den Triumph, damit absolut richtig zu liegen, wollte ich ihr ebenfalls nicht gönnen. Ich schüttelte also nur den Kopf, schloss ab und dann fuhren wir endlich los.

Pompeji. Es war noch vor der Öffnungszeit für Touristen, die bald in Scharen über das weitläufige Gelände strömen, unzählige unpassende Fotos schießen, Ehrfurcht und Neugier, unter der sengenden Sonne, schließlich der verzweifelten Suche nach einem Schattenplatz und kalten Getränken opfern würden.

Es gab eben einfach zu viel zu sehen und die Wege waren weit. Dabei war ein Großteil der wirklich spektakulären Funde hier gar nicht zu bestaunen, die lagerten oder wurden im Museum in Neapel ausgestellt, manche waren an andere verliehen.

Der Bereich, in dem wir die Villa ausgraben wollten, war allerdings weiträumig abgesperrt, dorthin würde sich kein Tourist verirren können. Nachdem wir alle Formalitäten erledigt und unsere Ausweiskarten und Schlüssel für die verschiedenen abgesperrten Bereiche erhalten hatten, sprang ein älterer Wärter mit zu uns ins Auto, um uns den besten Weg zur Site zu weisen.

Ich kannte den Bereich selbst tatsächlich auch nur von den Luftbildern, da dieser Bereich schon seit Jahrzehnten für den Publikumsverkehr gesperrt war. Ich bemerkte Annalenas leichte Enttäuschung, als wir nicht durch das große Gelände fuhren.

Sondern praktisch um das Hauptgelände herum, da sich dort die Parkplätze für die Wissenschaftler, und die abgesperrten Tore zu den zwei seit drei Jahren beackerten, wie auch unserer neuen Site befanden.