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Böse Mädchen 02

Geschichte Info
Der Rest vom Schützenfest.
34.4k Wörter
10.9k
6
Geschichte hat keine Tags

Teil 2 der 2 teiligen Serie

Aktualisiert 06/10/2023
Erstellt 09/10/2021
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Eigentlich sollte die Geschichte schon im ersten Anlauf komplett veröffentlicht werden, aber Literoticas Software hatte da so ihre eigenen Gedanken. Hier also der Rest der Geschichte. Ich wünsche euch damit viel Spaß und bitte vergebt mir etwaige Fehler, die ich jetzt beim zweiten Mal nach einer sechzigstündigen Arbeitswoche nicht mehr gefunden habe."

Als ich am nächsten Morgen erwachte, stellte ich zunächst befriedigt fest, dass ich diesmal keinerlei Folgeerscheinungen von der vorherigen Nacht hatte. Dabei hatten wir einiges weggebechert. Jara war nicht mehr im Bett, sondern saß im Schneidersitz davor.

Auf ihren Beinen war ein Zeichenblock, und sie malte mit einem Stück Holzkohle mit schnellen und sicheren Strichen. Verwischte und schattierte. Mich. Ich war fassungslos.

„Na, wurde aber auch Zeit, du Schlafmütze. Bleib bitte so liegen, dann kann ich endlich deine Augen malen."

Atemlos verfolgte ich ihre überraschende Tätigkeit. Sie hatte ihr linke Hand unter dem Block und hielt ihn leicht schräg, so dass ich nicht genau sehen konnte, was das Ergebnis sein würde.

„Du kannst ruhig reden, deine süßen Lippen sind längst verewigt."

„Du machst mich gerade sprachlos."

„Ich habe manchmal diesen Effekt. Et voilà. Fertig. Hier, für dich."

Es gab keine Worte für das, was ich in diesem Moment empfand. Starrte erschüttert auf mein Gleichnis, ein perfektes Abbild meines Gesichts. Aber darüber hinaus meinem Innersten... meiner Liebe. Meiner Seele. Ich konnte die aufsteigenden Tränen der Rührung nicht zurückhalten, legte das Bild gerade noch rechtzeitig zur Seite, bevor die ersten darauf tropfen konnten.

Zog sie zu mir aufs Bett und küsste sie, bis die Realität verschwamm, sich in Reinheit und Schönheit auflöste. War ihre Zeicheneinlage nicht ihre einzige malerische Großtat an diesem Morgen. Sie fuhr fort, mit ihrer Zunge und ihrem Mund meinen ganzen Körper zu liebkosen, bis die Verzückung an die Grenze des Zuviels geriet.

Als sie dann bei meinen Brüsten ankam, schwebte ich schon halb unter der Decke. Ich wusste mittlerweile, was sie für unglaubliche Gefühle dort mit ihrer Zunge und ihrem Mund erzeugen konnte. Dass sich das steigern ließ, indem sie einfach fortfuhr, erfuhr ich in diesen Augenblicken. Und wie sich das steigern ließ.

Ungläubig erlebte ich meinen ersten Orgasmus, der nicht durch klitorale Stimulation oder Penetration ausgelöst wurde. Der nicht nur in meinem Unterleib stattfand, sondern meinen gesamten Körper zu um- und erfassen schien. Mich in der Tiefe meines Seins erschütterte. Mir wieder Tränen in die Augen trieb. Tränen des Glücks.

„Hey. Du bist auch zu dicht am Wasser gebaut, Mädel."

„Ich liebe dich", gab ich mit tränenerstickter Stimme zurück und küsste sie. Zog sie dicht an mich heran.

Sie gab mir Zeit, das Erlebte einsinken zu lassen. Streichelte lange mein Gesicht und mein Haar.

„Du bist unglaublich schön", meinte sie versonnen. „Hm... wäre das okay, wenn ich mit dem Bild noch jemanden zum Heulen bringe? Es fotografiere und meinem Vater schicke?", fügte sie schnell hinzu, als sie meinen verständnislosen Blick sah.

„Ja, natürlich. Das wird ihn bestimmt freuen, dass du wieder malst."

„Ein Bild. Frag mich nicht warum. Ich sah dich dort liegen und eins kam zum anderen. Ja, er war todtraurig, als ich aufgehört habe."

„Das kann ich mehr als nur verstehen. Du bist nicht nur gut, du bist begnadet, ist dir das klar?"

„Bleib bei der Biologie, als Kunstkritikerin hättest du einen schweren Stand. Das Licht ist hier nicht so gut, ich gehe damit ins Atelier, okay? Oder... komm mit. Wenn du ein paar von meinen alten Sachen sehen willst. Die fliegen hier noch rum."

Ich sprang sofort auf, was sie zum Lachen brachte. Dass sie mit ihrem Werk zufrieden war, war ihr anzusehen. Sie gab sich sehr viel Mühe, ein wirklich gutes Foto davon zu schießen. Machte etliche Versuche, bis sie es schließlich befriedigend gelöst hatte.

„Warum benutzt dein Vater denn eigentlich nicht dieses Atelier? Ist doch viel schöner und vor allem heller, als seine Werkstatt."

„Schatten der Vergangenheit. Das ist für ihn der Ort größter Dunkelheit. Trennen kann er sich trotzdem nicht von dem Haus. Es ist ein Teil von ihm. Und abgeschickt. Mal sehen, was er sagt."

So hatte ich sie noch nie erlebt. So locker und gelöst. Sie hüpfte wie eine kleine nackte Elfe durch das Atelier. Zog aus mehreren Regalen mit langen flachen Schubladen ein Bild nach dem anderen hervor. Dann klingelte ihr Handy. Ich verstand nicht, was ihr Vater sagte, aber der Ton seiner Stimme sagte alles.

Ihre Geste, mit der freien Hand eine imaginäre Träne abzuwischen, wäre mir vielleicht unter anderen Umständen überflüssig und geschmacklos vorgekommen. Dass er überglücklich und erschüttert war, machte sie sichtlich glücklich. Fast genauso glücklich wie meine Reaktion auf das Bild. Sie strahlte und zeigte zum allerersten Mal ebenfalls Zeichen der Rührung. Ihre Augen glänzten auf jeden Fall feucht.

Das Gespräch dauerte ziemlich lange, aber ich gönnte den beiden jede Sekunde davon. Und hatte danach noch viele weitere des atemlosen Staunens. Über das Talent, die Begabung dieser Frau, von der ich noch immer so viele Facetten nicht entdeckt hatte. Aber auch die Bandbreite dessen, was sie zu schaffen in der Lage war.

Von einfacher Schönheit, Bilder von Häusern und Landschaften, Stillleben, zu verspielten komplexen geometrischen Experimenten. Über Portraits, die faszinierten und alle ansatzweise die Seele der so Eingefangen zu reflektieren schienen.

Bis hin zu Bildern, die dunkle Spiegel von Verzweiflung und Qual waren. Dabei auch Selbstportraits. Auf manchen musste sie noch sehr jung gewesen sein. Es war eine emotionale Achterbahnfahrt, die mich an die Grenze meiner Aufnahmefähigkeit brachte.

Noch mehr beeindruckte mich allerdings, dass sie keines von ihnen zurückhielt, nichts vor mir verbarg. Wollte, dass ich auch die Dunkelheit in ihr zu sehen bekam. Hatte ich sie sich mir noch nie so weit geöffnet, nicht einmal in ihren Erzählungen, oder den stummen, zärtlichen Nächten. War sie zum ersten Mal wirklich nackt vor mir.

„Kinnlade bitte wieder hoch. Ich kriege Hunger. Wir sollten mal auf der Terrasse frühstücken. Der alte Tisch ist zwar total rostig, aber wir können ja ein Tischtuch drauflegen, oder ein Bettlaken, wenn wir keins finden."

„Gerne. Sieht wieder herrlich aus draußen. Habt hier immer so gutes Wetter?"

„Nö, mal so, mal so, wie in Berlin. Oder wahrscheinlich auch Strausberg? Das war so süß gestern."

„Noch sind wir nicht eingemeindet. Also. Was sind denn unsere Pläne für heute?", erkundigte ich mich, während ich ihr Bilder zum Wiederverstauen anreichte.

„Ist mir egal. Nur mit dir zusammen sein. Keine Sekunde von dir getrennt sein. Alles andere ist unwichtig. Du hast natürlich längst noch keine Ahnung, wie schön Prag wirklich ist. Eine Woche kann niemals reichen. Ach so, kann passieren, dass Gustav, der Mieter von oben vorbeischaut, wenn wir draußen frühstücken. Den haben wir nur noch nicht gesehen, weil er tagsüber arbeitet und wir dauernd auf Achse waren."

„Hm, ist der okay?"

„Er ist ein Freund meines Vaters. Er ist mehr als nur okay. Er hat mich damals nach Wien gefahren, als ich abhauen musste."

„Ist er auch ein Maler?"

Jara kicherte.

„Nein, momentan hat er einen Ein-Mann-Betrieb für Hausmeisterdienste. Wenn er nicht zwischenzeitlich einen Angestellten eingestellt hat. Er hatte beim letzten Mal gesagt, dass es ihm langsam zu viel wurde."

Tatsächlich begrüßte Gustav, den ich auf Anfang fünfzig schätzte, uns erst vom Fenster seiner Wohnung aus, und später dann auf der Terrasse, als wir mit dem Frühstück gerade fertig waren. Er war ein sehr ruhiger, zurückhaltender Mann, der weder Deutsch noch Englisch sprach, so dass Jara übersetzten musste, wenn wir miteinander sprachen. Er trank einen Kaffee mit uns, und verabschiedete sich wieder.

Wieder fiel der Name „Janka" in dem Gespräch, woraufhin er zufrieden lächelte. Hinterher erzählte Jara mir, dass die Papiere aus seinem Bekanntenkreis stammten. Also doch, Halbwelt oder Unterwelt?

„Nein, er kennt einfach Gott und die Welt. Die einzige echte Straftat, die er jemals begangen hat, war einer gesuchten Verbrecherin zur Flucht zu verhelfen."

Gesuchte Verbrecherin. Die am nächsten Tag mit vier Kilo Methamphetamin über die Grenze wollte. Jetzt genüsslich eine Zigarette rauchte und mich glücklich und zufrieden ansah. Die ganze Zeit hatte ich verdrängt, was am morgigen Tag passieren konnte. Nicht passieren durfte. Ich traf meine Entscheidung ohne lange Vorüberlegung.

„Ich werde morgen auch eine Straftat begehen", kündigte ich mit doch leicht vibrierender Stimme an, obwohl ich mir größte Mühe gab, sie fest und ruhig klingen zu lassen.

„Was? Du meinst, weil du mit mir unterwegs bist? Wie gesagt, wenn was passiert, kennen wir uns nicht. Wir haben ja keine Reservierung, bis nach dem Grenzübergang gehen wir in getrennte Abteile, kurz vorher wäre zu auffällig. Ab Dresden fahren wir dann zusammen. Ah, wir sollten die Tickets ausdrucken, das wäre nicht machbar, wenn beide auf deinem Handy sind. Gustav hat einen Drucker."

„Nicht du wirst das Zeug im Gepäck haben, sondern ich."

„Spinnst du? Kommt nicht in Frage", wehrte sie sofort ab. „Komm, keine Diskussion", würgte sie meinen ersten Ansatz weiterzusprechen ab. Ich ließ mich nicht abweisen.

„Stimmt. Keine Diskussion. Ich werde das Zeug über die Grenze bringen. Denk doch mal nach, was dir passieren kann. Und mir im Vergleich... ich erzähle dann halt, was weiß ich... dass ich jemanden in Prag kennengelernt habe, der mir da Drogen gegeben und mich ganz verrückt vor Liebe gemacht hat. Ich nicht mal weiß, was das ist, was ich da im Gepäck habe. Geahnt habe ich es natürlich schon, aber ich konnte dem Mann nichts abschlagen. Wo ich doch so verliebt in ihn bin."

„Nein, Angie, nein. Ich will das nicht. Du könntest dir deine ganze Zukunft damit versauen. Nein, kommt nicht in die Tüte."

Sie sah meine Entschlossenheit, aber dann schien sie etwas Anderes zu bewegen. Sie krauste ihre Stirn.

„Das glaubst du doch wohl hoffentlich nicht, dass ich dich hier mitgeschleppt habe, damit so ein Angebot kommt?"

„Nein, das ist mir nur gerade als Alibi in den Kopf gekommen. Aber bitte... ich bin mir sicher, dass jeder von deinen Freunden dasselbe für dich tun würde. Und wenn du mich schon nicht als Geliebte akzeptieren kannst, dann gesteh mir doch bitte wenigstens das zu."

„Wovon redest du, nicht als Geliebte? Ich verstehe nicht."

„Na, als feste Freundin, Lebenspartnerin..."

„Du bist jetzt meine Freundin, meine Geliebte, meine Partnerin."

„Dann lass mich jetzt alles für dich tun, was ich kann."

„Du kannst mir jetzt beim Einräumen helfen. Und mich dann lecken."

„Das ist nicht witzig."

„Nein, witzig ist das nie, wenn du mich leckst. Aber geil."

Ich schwieg, wirklich eingeschnappt, weil sie der Diskussion aus dem Weg gehen wollte. Sie sah mich lange an. Seufzte tief.

„Gut, dann im Ernst: Ich denke drüber nach. An deiner Geschichte sollten wir dann aber noch basteln. Von wegen der Tickets und so sollten wir möglichst bald zu Gustav, nachher hat er was vor und wir erwischen ihn nicht mehr."

Wir beeilten uns mit dem Abräumen und spülten die paar Teller und Tassen noch kurz ab. Gingen dann vor dem Duschen hoch zu Gustav.

Der hatte tatsächlich noch einen Riesenkloben von Computermonitor, also keinen Flachbildschirm. Passend zur ganzen altmodisch wirkenden Einrichtung. Aber das Internet hatte eine zeitgemäße Geschwindigkeit und das Drucken ging auch problemlos.

Jara äußerte sich am Nachmittag noch nicht weiter zu meinem Vorschlag. Das hing aber auch damit zusammen, dass wir spontan mit Gustav zusammen in den Nationalpark Lochkovský im Süden Prags fuhren, als er dies als sein Tagesziel bekanntgab. Jara erklärte sofort, dass es dort klasse war, und wir uns diese Gelegenheit nicht entgehen lassen sollten.

Wir duschten schnell, da Gustav eigentlich schon aufbruchsbereit war und packten Sachen für ein Picknick ein. Glücklich machte mich, dass Jara kurzentschlossen den Zeichenblock und die Kohle mitnahm. Der Nationalpark war wirklich ein Erlebnis, die Landschaft wunderschön.

Die Verständigung mit Gustav war umständlich, aber wir redeten ohnehin nicht viel, sondern genossen andächtig die Natur. Jara erklärte er einige Vogelstimmen, die er sofort identifizierte, aber sie gab ihre Übersetzungsversuche irgendwann auf, weil sie einfach die deutschen Namen nicht kannte.

„Hätte nie gedacht, dass mein Wortschatz bei Vögeln endet", gab sie grinsend bekannt. Meinen anschließenden Lachanfall konnte Gustav zwar nicht nachvollziehen, aber er grinste freundlich mit.

Beim Picknick malte sie dann ein Portrait von ihm. Ich war überglücklich, dass ihre vorherige Einschränkung „ein Bild" schon so schnell überwunden wurde. Das Portrait war ebenfalls hervorragend gelungen, wurde für den späteren Versand zu ihrem Vater abfotografiert und dann Gustav als Geschenk kredenzt. Sie versuchte sich noch an ein paar Landschafts-Skizzen, war aber dort mit dem Ergebnis nicht zufrieden. Dann wanderten wir noch stundenlang weiter.

Anschließend lud er uns zum Essen in ein Restaurant mit Tschechischer Küche ein. Da es ein wenig außerhalb lag und von Touristen nicht heimgesucht wurde, war es vergleichsweise günstig. Ansonsten hätte ich mir bestimmt nicht das marinierte Filet Svíčková na smetaně bestellt, das er uns empfahl.

Das zerging so auf der Zunge, und schmeckte so grandios, dass ich mich kurz nicht ganz ernsthaft fragte, ob man auch davon einen Orgasmus bekommen könnte. Dazu ein köstlicher Landwein, der es in sich hatte. Was für ein perfekter Ausklang für eine wirklich außergewöhnliche Reise.

Am Haus angekommen, umarmten wir uns noch einmal und diesmal hatte ich trotz unser spärlichen Kommunikation das Gefühl, mich von einem Freund zu verabschieden.

„Willst du nochmal auf Strecke gehen?", fragte mich Jara, als wir auf der Terrasse saßen und sie rauchte.

„Nein. Es war toll, aber ich kann mich nicht mal mehr erinnern, ob ich jemals so viel gelaufen bin. Meine Eltern waren ebenfalls nicht die wilden Wandersleut, wenn du verstehst, was ich meine."

„Okay. Dann würde ich sagen, wir packen unsere Sachen heute Abend, bis auf das, was wir morgen früh brauchen und gehen ins Bett. Vielleicht fällt uns da der eine oder andere Zeitvertreib ein. Was macht deine Regel?"

„Überstanden", bemerkte ich mit einer kleinen Hitzewallung, denn mir war mehr als nur klar, warum sie das fragte.

„Oh. Das ist gut...", hauchte sie. „Dann kriegen wir mal unsere Siebensachen zusammen."

Stand auf und bewegte sich auf den hinteren Teil des Gartens zu. Ich war zu überrascht, um ihr gleich zu folgen. Blieb dann einfach sitzen, bis sie mit der großen Plastiktüte zurückkam. Sie stand für bestimmt eine Minute wie eine Statue vor mir. Sagte kein Wort, schaute mich einfach nur an.

„Hast du es dir nochmal überlegt?", fragte sie dann leise.

„Nein. Ich will das tun", erwiderte ich und diesmal klang meine Stimme wirklich fest.

Wortlos reichte sie mir die Tüte. Die ich Minuten später ganz unten in meinem Rucksack verstaute. Ich fühlte in diesen Momenten noch keine Angst. Wusste natürlich, dass sich das spätestens im Zug ändern würde. Aber das war morgen. Nun zählte nur das Jetzt.

Wir vernichteten die Reste von Emilias Geschenk. So wurde es trotz des anstrengenden Nachmittags eine lange Nacht. Trotz ihrer Frage aber von einer kurzen, heftigen Sequenz abgesehen, ganz ruhig und zärtlich. Ich versuchte bei ihr das Kunststück, was ihr bei mir gelungen war. Scheiterte jedoch.

Dabei eher knapp, denn kaum hatte ich bei meinem Ausweichziel richtig angefangen, kam sie schon. Also fehlte mir wohl nicht das technische Vermögen, sondern die notwendige Geduld. Minutenlang lagen wir einfach nur da und schauten uns tief in die Augen. Streichelten uns nicht einmal, schauten uns einfach nur an.

Konnten unsere Gedanken nicht lesen, aber erahnen. Kannten die Herkunft des überirdischen Glanzes in den Augen der anderen. Und das war nicht das weiße Pulver. Sprachen über Stunden kein Wort, ließen nur unsere Herzen und Körper sprechen. Im bislang schönsten Dialog, den wir je geführt hatten.

Unser Zug ging erst um kurz nach zehn Uhr, aber wir hatten diesmal den Alarm auf beiden Handys auf acht gestellt, damit wir nicht so ein Halb-Fiasko wie auf der Hinfahrt erlebten. Tatsächlich schafften wir alles übermüdet, aber entspannt und in Ruhe abzuwickeln. Saßen rechtzeitig in dem Bus, den wir geplant hatten.

Hatten am Bahnhof noch Zeit, uns ein paar Kleinigkeiten für die Reise mitzunehmen. Jara dazu noch zwei Stangen Zigaretten, weil die dort deutlich günstiger als in Deutschland waren. Eine davon transportierte ich für sie.

Unsere Story für den Fall der Fälle, der hoffentlich nicht eintreten würde, modifizierten wir noch am Frühstückstisch. Sie fragte nur noch mit Blicken, nicht mehr mit Worten, ob ich es wirklich durchziehen wollte. Ich war weiterhin fest entschlossen.

So auch, als wir einige Meter getrennt voneinander am Bahnsteig auf den einfahrenden Zug warteten. Dann stiegen wir ein. Sie fand als erste einen freien Platz und ich gerade mal zwei Abteile entfernt meinen. Dort saß bereits eine ältere Frau und später kam noch ein amerikanisches Backpacker-Pärchen hinzu.

Die aber genau wie ich übernächtigt wirkten und sich kaum miteinander unterhielten, geschweige denn mit mir. Die erste halbe Stunde verbrachte ich in einem merkwürdigen Halbschlaf, bei dem mir zwar die Augen zufielen, aber ich anhand der leisen, kurzen Gespräche der Amis meine Wachheit erkannte.

Ich stand noch einmal auf und ging zur Toilette. Die war alles andere als sauber, aber das war ja in deutschen Zügen oft nicht anders. Das hockende Pinkeln ohne Kontakt zum Sitz ein vielfach geübtes Kunststück. Auf dem Rückweg fand ich dann Jara im Gang stehend vor.

Ich war zu diesem Zeitpunkt tatsächlich nicht einmal aufgeregt. Ihr Blick beruhigte mich noch weiter. Ich ließ es mir nicht nehmen, ihr im Vorbeigehen noch kurz über ihren Hintern zu streichen, ohne dass das jemand sehen konnte. Ihr Lächeln beim letzten Blick zurück machte mich glücklich.

Dann schlief ich richtig ein und wachte tatsächlich erst an der Grenze wieder auf. Ich nehme an, die Zöllner hatten ihre Anwesenheit etwas lauter kundgetan, da sie mich schlafen sahen. Auch die Amerikaner sahen aus, als wären sie aus dem Schlaf geschreckt worden. Die alte Dame war vorher ausgestiegen, was ich nicht mitbekommen hatte.

Es waren nur Sekunden, aber nun schlug mein Herz bis zum Hals. Es waren zwei große Kerle, einer sah sich die Papiere an, und der andere zunächst lange und mit stechendem Blick die Amerikaner, die ihm wohl suspekter vorkamen. Dann wanderte sein Blick zu mir. Ich fühlte einen kalten Schauer meinen Rücken herunterlaufen.

Sah dann in das freundliche Gesicht des anderen, der mir meinen Pass zurückgab und mir eine gute Reise wünschte. Mein Herzschlag beruhigte sich trotzdem nicht, erst Minuten später fand ich wieder zur Ruhe. Folgte dem Beispiel des Pärchens, die sich was zum Essen aus ihrem Gepäck suchten.

Jetzt war ich wirklich hellwach und konnte die Zeit bis Dresden kaum abwarten. Konnte die Minuten der Trennung von Jara kaum noch aushalten. Endlich hielt er dort. Und wie abgesprochen stand sie vor meinem Abteil.

„Hier noch frei?", fragte sie grinsend.

Lustigerweise antworteten ihr die Amis. Und staunten nicht schlecht, als sie dann Zeuge von wilder lesbischer Wiedervereinigungsfreude wurden. Uns war es egal. Wir küssten uns und drückten uns wie verrückt. Kamen danach mit dem Pärchen ins Gespräch, die ihr High-School-Deutsch an uns erproben wollten.

Ich hatte Jara nicht gefragt, wie es in Berlin weitergehen würde. Noch im Zug hatte sie einen kurzen Text versendet und mich nur vielsagend angeschaut.

„Und jetzt? Zu dir, oder...", begann ich, als wir aus dem Zug gestiegen waren.

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