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Böse Mädchen 02

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Sie nickte verstehend. Schlang ihre Arme um ihre Knie, wohl den Impuls unterdrückend, mich tröstend anzufassen.

„Besser nicht dran denken. Und vorsichtig bleiben. So schwer es auch fällt. Es gibt überall Licht und Schatten. Wo es besonders hell ist, sind die Schatten besonders hart."

Ich nickte stumm. Das Meer und das konstante Spiel der Wellen, beruhigte und besänftigte meinen Geist. Okay, es war ein Paradies voller Ungerechtigkeit und bösen Gefahren, aber es war immer noch ein Paradies. Das ich mit meiner Geliebten, sehen, hören, fühlen, riechen, schmecken und erleben konnte. Nur das zählte. Nur das.

Wir gingen noch in Strandnähe etwas zum Frühstück einkaufen, da wir nicht sicher waren, ob wir vor zehn Uhr zu den empfohlenen Geschäften nahe unserer Wohnung zurückkehren würden. Die schlossen nach Angabe unserer Gastgeberin nämlich um diese Zeit.

Dann fanden wir ein kleines Restaurant, das zwar nicht unter ihren Empfehlungen gewesen war, aber einen guten Eindruck machte. Und alles andere als teuer war. Der frische Fisch dort war köstlich, dazu aß ich zum ersten Mal in meinem Leben Couscous mit frischem Gemüse. Alle Gerichte waren mit einem tönernen Deckel abgedeckt, der wie ein Spitzhut mit Bommel aussah.

Das Restaurant war gut besucht, ausnahmslos Touristen. Gegen die sahen wir richtig blass aus, denn die meisten waren bereits enorm braungebrannt, oder im Fall einer Gruppe englischer junger Männer total sonnenverbrannt. Die sahen oft zu uns herüber und machten wohl Kommentare, die wir aufgrund der Distanz nicht verstanden.

Auch daran hatte ich nicht gedacht. Da wir ja keine eindeutigen Signale geben durften, würden wir wahrscheinlich allerlei ein- und zweideutigen Angeboten ausgesetzt sein. Von einigen marokkanischen Jugendlichen hatte wir schon Pfiffe und lüsterne Blicke bekommen. Und Sprüche auf Arabisch, wobei ich nicht traurig war, dass ich diese nicht verstand.

Alles aber im Rahmen und ohne bedrohliche Komponenten. Unsere Gastgeberin hatte uns zudem gesagt, dass wir uns in unserer Gegend keinerlei Sorgen machen brauchten, die wäre sicher. Nur mit zu viel Geld rumzulaufen, wäre keine gute Idee. Es gab einige Taschendiebe, die allerdings mehr am Strand und im Souk, dem großen Markt der Stadt, anzutreffen wären.

Die Müdigkeit holte uns ein, die vollen Bäuche taten das ihre dazu. Wir tranken noch einen Pfefferminztee und machten uns auf den Heimweg. Fanden unseren Weg zurück problemlos. Jara hatte einen ausgezeichneten Orientierungssinn, sich darüber hinaus Straßennamen und Gebäude gemerkt.

Glücklich sanken wir nach der überfälligen Dusche in das weiche Bett und kuschelten uns aneinander. Streichelten und küssten uns noch eine Weile. Und schliefen dann selig ein.

***

Sex hatten wir dann ausgiebig am Morgen. So kamen wir erst kurz vor der Mittagszeit aus dem Haus, und liefen direkt zum Strand. Agadir selbst hat nicht so viele Sehenswürdigkeiten. Eben, weil die Stadt abgebrannt war und neu aufgebaut wurde.

Es gab zwei Paläste, die nicht von innen zu besichtigen waren, die alte Kasbah, also Sandsteinburg, die auf einem Hügel lag, darunter prangten riesengroße arabische Schriftzeichen. Und den Souk, den wir uns für einen späteren Tag aufheben wollten. Die Hauptattraktionen Agadirs waren eben der Strand und die Sportmöglichkeiten.

Es gab wohl einen guten und beliebten Golfplatz, aber die Wassersportarten dominierten. Dort, wo wir an diesem Samstagnachmittag waren, waren die Wellen nicht so ausgeprägt, an anderen Stellen konnte man Surfen, Windsurfen, Jet-ski fahren, Segeln und was weiß ich noch alles. Uns stand der Sinn allerdings nur nach Schwimmen und mithilfe des gemieteten Sonnenschirms wohldosiert in der Sonne zu brutzeln.

Dabei folgten wir nicht dem Herdentrieb der anderen Touristen, die sich alle in unmittelbarer Nähe voneinander an diesem Strandabschnitt ablegten, sondern lagen etwas abseits in der Nähe von einheimischen Familien. Diesmal machten wir reichlich von den Angeboten frischer Früchte oder auch eisgekühlter Getränke der herumziehenden Händler Gebrauch.

Jara bedauerte, ihre Zeichenutensilien in der Wohnung gelassen zu haben, weil ihr einige interessante Motive ins Auge stachen, die sie allerdings nicht benannte. Aber es würde ja noch mehr als genug Zeit geben, hier einiges nachzuholen. Dieser Samstag war ja erst der Auftakt von zwei Wochen dort.

Deshalb ließen wir es insgesamt ruhig angehen, aßen am Strand nur ein paar Kleinigkeiten und hauptsächlich Obst. Gingen danach direkt auf Restaurantsuche, da war es schon wieder halb acht. Diesmal probierten wir eine der Empfehlungen unserer Gastgeberin aus. Das Essen war hervorragend, wenn auch etwas teurer als am Vorabend.

Wir blieben bei Fisch und Meeresfrüchten, immerhin gab es die hier frisch gefangen, im Landesinneren konnte man immer noch alles andere probieren. Anschließend gingen wir nur kurz in eine Bar, wo uns weder Musik noch Klientel besonders gefielen. Also verzogen wir uns nach zwei Drinks wieder.

Es gab ein paar Clubs in der Stadt, von dem uns einer besonders von Jaras Bekannten empfohlen wurde, namens Papagayo. Aber an diesem Tag schenkten wir uns einen Besuch dort ebenfalls. Waren Ruhe, Sonne, Wind und Meer vollends ausreichend gewesen. Ein willkommener Kontrast zu den schnellen, erlebnisreichen, aber auch ungemein anstrengenden Wochen zuvor.

Unter unseren Sonnenbrillen waren unsere verliebten Blicke unsichtbar für andere. Wir verkniffen uns sogar „zufällige" Berührungen im Wasser. Okay, es war manchmal schwierig und frustrierend, aber wir gewöhnten uns langsam daran. Wie ich mich an den Namen Janka. Auch den Sonntag verbrachten wir komplett am Strand.

Am Montag besuchten wir dann den Souk. Das war wirklich ein Fest für die Sinne. Die Art, wie die Händler ihre Waren arrangierten, die Farben, Formen, Gerüche, das Sprachgemisch, all dies war ein Gesamterlebnis. Das nur in seinen Teilen angemessen beschrieben werden könnte, aber niemals in seiner überwältigenden Gänze.

Ich war einige Male geneigt, schon hier Andenken für meine Familie und natürlich auch mich selbst zu kaufen. Jara redete es mir aus, da wir sicher ähnliche, wenn nicht größere Bazare noch erleben würden. Und es keinen Sinn machte, die Sachen quer durchs Land zu schleppen. Wobei bei den wunderschönen Tellern und Glaswaren zusätzlich die Gefahr bestand, dass sie beim Transport beschädigt wurden.

So blieb es bei einigen Schals und Tüchern, einem Gürtel und reichlich Obst für die nächsten Tage. Jaras Beitrag war, die ursprünglichen Preise in manchen Fällen bis auf die Hälfte zu drücken. Ich selbst würde mich mit diesem Feilschen nie anfreunden können.

Ich trank zum ersten Mal in meinem Leben frischen Zuckerrohrsaft. Interessant, aber nicht ganz unerwartet recht süß. Am Nachmittag gingen wir dann an den Strand. Diesmal nahm Jara ihre Zeichenutensilien mit. Neben den vielen mobilen Händlern, gab es auch stationäre Stände. Etwas überraschend hielt Jara zielstrebig an einem davon, bevor wir uns einen Platz suchten.

Und fragte die dort verkaufende Frau, ob sie sie zeichnen dürfte. Die hatte dagegen nichts einzuwenden, also setzten wir uns in den warmen Sand und unterhielten uns mit der alten Frau auf Französisch, während Jara ihr Antlitz für die Nachwelt festhielt. Verstehen konnte ich Jaras Auswahl gut, denn die Frau war nicht nur sehr nett, sondern ihr faltiges Gesicht erzählte wie sie selbst die Geschichte eines langen, ereignisreichen Lebens.

Erneut gelang es Jara, über ihre Züge hinaus ihr Wesen festzuhalten. Das Bild wurde fotografiert und als Geschenk überreicht. Die Dame hatte Tränen in den Augen, als sie es entgegennahm und wir bekamen Melonenstücke im Gegenzug aufgedrängt, bevor wir uns verabschiedeten.

„Warum verschenkst du eigentlich alle Bilder? Nicht unbedingt förderlich, um ein Portfolio aufzubauen, hm?", fragte ich sie, als wir uns auf den eben gemieteten Liegestühlen niederließen.

„Hast du nicht gesehen, wie sie sich darüber gefreut hat? Das ist mir wichtiger, dieser Moment, diese Verbindung, die wir in dem Augenblick hatten. Außerdem habe ich doch das Foto."

Ja, das passte zu ihrer Lebenseinstellung, also nickte ich nur. Eine Frau, die direkt neben uns auf unserer Linken lag, sah uns mit unverhohlener Neugier an. Offenbar eine Deutsche, oder zumindest in der Lage, unseren Gesprächen zu folgen.

Ich ärgerte mich ein bisschen, dass wir uns von dem jungen Burschen, der uns die Liegestühle und den Schirm vermietet hatte, diesen Platz aufdrängen ließen. Nun mussten wir nicht nur aufpassen, was wir taten, sondern auch noch, was wir sagten. Ich erzählte Jara auf dem Weg ins Wasser von meiner Beobachtung.

Die zuckte nur mit den Schultern und meinte, ich sollte mir darüber keine Gedanken machen. Zeigte dann allerdings eine verspätete Reaktion, denn sie wollte vielleicht eine Stunde danach mit jemanden telefonieren. Und verzog sich mit einer Zigarette und ihrem Handy auf einen freien Flecken, von dem es trotz der zahlreichen Besucher mehr als genug gab.

Ich hatte öfter den Eindruck, dass die Frau sich gerne mit uns unterhalten hätte, aber wohl keinen Gesprächsaufhänger fand. Aufmerksam verfolgte sie unser Gespräch, als Jara zurückkehrte.

„Wir treffen uns nachher mit Sebastian, beziehungsweise besucht er uns in der Wohnung, um sechs", informierte sie mich, wobei sie den Namen mit englischer Betonung aussprach.

„Ein Ami?"

„Engländer. Heute Nacht sollten wir dann diesen Papagayo-Club antesten, den hat er auch empfohlen. Macht wohl erst um eins auf. Und zu einer Privatparty am Freitag hat er uns eingeladen."

„Hier in Agadir?"

„Nein, die Villa, wo es stattfindet, ist wohl eher außerhalb. Wir werden dann abgeholt. Weißt du was, ich werde heute mal dein Geschenk einweihen."

„Mein Geschenk?"

„Na, das Designer-Teil. In einem Club wie dem kann man sowas wohl tragen."

„Hoffentlich mit Unterwäsche?"

Sie kicherte.

„Zumindest auf dem Weg dahin. Mal schauen, wie ich dort drauf bin."

Ich grinste sie an und dachte an die Szene in der Berliner Boutique zurück. Na, frau bückte sich in Clubs ja nicht so irre viel. Wir genossen weiter Sonne und Meer, bis wir wegen des Treffens zurückmussten. Essen gehen wollten wir so spät wie möglich, um dann die Zeit danach nicht zu lange in Bars herumhängen zu müssen, bevor es Einlass in den Club gab.

Die Frau neben uns räumte ihre Sachen zum Aufbruch zusammen und fasste sich dann doch ein Herz.

„Entschuldigt, dass ich euch einfach anquatsche... ihr seid Deutsche?"

Als ob sie das nicht mitgekriegt hätte. Jara mischte sich ein.

„Angie ist Deutsche, aus Strausberg, nicht Berlin. Ich bin Tschechin, aus Prag, jetzt Berlin. Ich heiße Janka."

„Ach so, ja, verstehe... ich... ich weiß, das ist unhöflich, aber ich habe vorhin mitbekommen, dass ihr in den Papagayo Club geht? Ach so, ich bin die Petra, aus Bochum."

„Hallo Petra. Ja, da wollen wir hin. Kommst du auch?"

„Ja, ich war da schon einmal... aber alleine ist das nicht so schön. Vielleicht sehen wir uns da ja."

„Sicher, dann kannst du mir sagen, wie ich wirklich in dem Fummel aussehe, den Angie mir geschenkt hat. Ich habe bisher noch keine wirklich objektiven Meinungen bekommen. Wir haben auch nichts dagegen, wenn man uns Drinks spendiert."

„Klar, verlasst euch drauf. Ach so, die Musik ist übrigens toll, wenn ihr auf House und Techno steht."

„Das tun wir", gab Jara grinsend bekannt. „Du bist ganz alleine hier in Marokko? Respekt. Wie lange?"

Sie setzte sich doch noch einmal auf ihren Liegestuhl. Ich schätzte sie auf Anfang dreißig. So braungebrannt, wie sie war, sicher nicht erst seit gestern hier.

„Ach so, schon fast zwei Wochen, ich bin nur noch bis Mittwoch hier. Pauschalreise und so, war total billig und ich kann auch sonst nicht klagen, das Hotel ist prima, Agadir auch... aber trotzdem war es blöde, alleine hierherzukommen... weiß nicht, warum ich das für eine gute Idee hielt."

Ich nickte gleichzeitig mit Jara, obwohl wir das nach nur zweieinhalb Tagen eigentlich noch gar nicht so richtig beurteilen konnten. Jara sah sie aufmunternd an.

„Wenn du willst, können wir uns schon zum Essen treffen, was trinken gehen und dann das Tanzbein schwingen."

„Echt? Das wäre sowas von geil. Ihr seid echt gut drauf, euch hätte ich früher schon treffen sollen."

Wir erklärten ihr, warum das schwierig gewesen wäre und sprachen ein Restaurant ab, das nicht weit von dem Hotelkomplex war, in dem sich der Club befand. Petra war richtig happy und schwebte davon.

„Hm... die ist ja nett", versuchte ich das Erlebnis einzuordnen.

„Ach so, ja, das ist sie", witzelte Jara und wir kicherten beide. „Und einsam. Ich denke mal, wir brauchen fürs Essen heute nicht zu zahlen."

Ich stutzte verblüfft.

„Du hast das deswegen gemacht?"

„Nein, aber ich gehe jede Wette ein, dass sie das anbieten wird, so dankbar wie sie für unsere Gesellschaft ist. Sie hat mir leidgetan, dir nicht?"

„Doch, klar."

„Und sieht doch ganz schnuckelig aus?"

„Hey! Wie weit willst du es mit deiner Nächstenliebe treiben? Und wie kommst du darauf..."

„Besprechen wir nachher. Kein guter Ort für so ein Gespräch. Nochmal ins Wasser?"

Das wollte ich nur zu gern. Der Wind war etwas stärker geworden und dementsprechend die Wellen, die hier an diesem Strandabschnitt ohnehin etwas ausgeprägter waren. Ein total geiles Gefühl, sich von ihnen erfassen und herumwerfen zu lassen. Ein paar hundert Meter weiter sah es noch wilder aus und dort waren Leute richtig am Surfen. Wir beschlossen, dies in den nächsten Tagen auch mal zu probieren.

Meine Versuche, mich noch einmal mit ihr über Petra oder den bevorstehenden Besuch dieses Sebastians zu unterhalten, wehrte sie auf dem Nachhauseweg ab. Wobei ich das nur im ersten Fall verstand. Als wir kurz vor sechs bei der Wohnung eintrafen, saß Sebastian bereits in einem parkenden Jeep und wartete auf uns.

Ein vom Aussehen her typischer Engländer, mit Kurzhaarschnitt und heller, mit Sommersprossen gesprenkelter Gesichtshaut, etwas kräftiger gebaut und mit Bierfahne. Komisch, dass er noch blasser als wir waren, obwohl er doch hier lebte. Offenbar kein Sonnenanbeter.

Und nicht gerade ein Gentleman, denn er drückte, gleich nachdem wir die Wohnungstür hinter uns geschlossen hatten, sein Bedauern aus, dass so gutaussehende Frauen „Muffdiver" wären. Was eine nicht unbedingt freundliche Bezeichnung für lesbische Frauen ist.

Wie im Laufe des Gesprächs klarwurde, war er einfach nur ein bisschen vorlaut und sonst ganz nett. Erzählte von der anstehenden Party, während Jara im Schlafzimmer verschwand. Als sie zurückkam, lief es mir kalt den Rücken runter. In der Hand hielt sie einen doppelt eingeschweißten Plastikbogen, in dem klar sichtbar Pillen eingeschlossen waren. Hunderte.

Sebastian freute sich wie ein kleines Kind. Überschlug kurz den Inhalt, was aufgrund der Reihen leicht war. Zählte fünftausend Dirham ab, und erklärte noch, wann er uns zur Party abholen würde. Dann war er wieder verschwanden.

„Na, das war ja ein Vogel", meinte Jara vergnügt und zählte noch einmal das Geld. „Aber ein lohnender Kontakt."

Ich war fassungslos, aber nun hatte ich den Schock verdaut und wurde wütend.

„Sag mal, spinnst du jetzt total? Du hast Drogen mitgenommen? Und vor allem, ohne mir ein Wort davon zu sagen?"

Jara schaute mich mit schräggelegtem Kopf an und reagierte völlig gelassen. Natürlich, sie hatte meine Reaktion erwartet. Genau so und nicht anders erwartet.

„Beruhige dich bitte. Zum einen war es null Risiko, zum anderen hättest du dir trotzdem Sorgen gemacht, wenn ich es dir erzählt hätte. Du musstest noch den Schock verdauen, dass wir hier illegal sind. Wie hättest du über unsere Reise gedacht, wenn ich dir dieses Detail auch noch erzählt hätte?"

„Null Risiko? Mit hunderten... dann eben fünfhundert Pillen im Gepäck nach Marokko zu fliegen?", reagierte ich auf ihr Handzeichen.

„Ja, weil damit niemand rechnet. Die Dinger sind auf den Scans nicht zu sehen, weil sie waagerecht liegend unter dem Futter meiner warmen Jacke eingeknöpft waren. Die scannen in Deutschland beim Abflug nur nach Metall, oder auffälligen Gegenständen. In Marokko schauen sie ebenfalls nicht richtig nach. Übrigens waren es fünfhundertzehn Pillen. Zehn haben wir für die Reise für uns. Können wir gleich heute Nacht antesten. Vielleicht hat ja Petra auch Bock drauf."

Der Fall war für sie erledigt. Aber für mich noch lange nicht.

„Komm, hör auf. Im Futter der Jacke... das ist doch bestimmt kein ungewöhnlicher Ort zum Schmuggeln. Wenn sie deine Klamotten ausgepackt hätten..."

„Machen sie aber so gut wie nie. Komm, reg dich ab. Das ist, wie ich mir in den letzten Jahren meinen Lebensunterhalt verdient habe. Ich weiß, was ich tue. Und weil du es nicht einschätzen kannst, habe ich dir nichts davon erzählt. Damit du dir keine unnötigen Sorgen machst."

Sie nahm mich in den Arm und küsste mich. Ich wollte sie nicht wegstoßen, obwohl mir fast danach war. Ein weiterer Punkt fiel mir auf.

„Fünfhundert Pillen, für fünftausend Dirham? Ich bin ja wirklich keine Expertin..."

„Nein, wirklich nicht. Das ist meine Gebühr, er zahlt natürlich mehr dafür, ich glaube vier Euro pro Stück zusätzlich zu meiner Gebühr, weil die brutal gut sind. Wie mit dem Crystal läuft die eigentliche Transaktion über das Internet, mit Bitcoins. Der Verkäufer, und auch der Kurier, tragen das Risiko bis zum Aushändigen der Ware am Zielort. Sebastian wird jetzt die tatsächliche Kaufsumme anweisen. Meine Freunde beliefern ihn regelmäßig. Es ist noch nie etwas schiefgegangen. Und für alle Seiten sicherer, als das Ganze mit der Post zu schicken."

„Ich dachte, wir sind im Urlaub."

„Ja, sind wir, aber meinst du, ich fühle mich wohl dabei, dass du, oder vielmehr deine Eltern, uns fast die ganze Reise zahlen? Und als ich zugesagt habe, wusste ich noch nicht, dass wir alles andere als knapp bei Kasse sein würden. Ich verlasse mich in erster Linie immer auf mich und meine Möglichkeiten. Komm bitte runter, das ist kein großes Ding. Und super gelaufen, wie erwartet."

„Und das waren jetzt wirklich alle? Oder machen wir bei jeder Station eine Lieferung?"

„Du kannst gerne meine Klamotten durchsuchen. Ich habe nur noch die zehn, die ich geschenkt bekommen habe. Und die sind für uns."

„Ich habe das Zeug noch nie angerührt."

„Bildungslücke. Vertrau mir. Du wirst sie lieben. Nebenbei die beste Qualität, die ich je hatte. Die hatte ich drin, als wir uns kennenlernten."

Na toll. Ganz beruhigt hatte ich mich immer noch nicht.

„Ach so. Das bringt mich auf Petra. Wenn ich nun welche davon nehme, und mich stattdessen in sie verliebe?"

„Das wäre Pech. Vor allem, weil sie Mittwoch schon wieder abfliegt. Aber nochmal, Sex ist geil auf XTC, aber verlieben tut man sich deshalb nicht. Um sich in dich zu verlieben, braucht es überhaupt keine Pillen. Und es gibt auch keine Pillen dagegen. Für mich selbst wäre es mehr als nur Pech. Ich liebe dich, mein Engelchen. Begreifst du das?"

Unterstrich ihr Argument dann sehr nachdrücklich mit Zunge und Händen. Verflucht, ich konnte ihr nicht einmal länger als eine Minute böse sein.

„Aber... du denkst ernsthaft darüber nach, mit Petra..."

„Muss nicht sein, wenn du nicht willst. Ich finde sie niedlich, sie ist einsam, wenigstens bi..."

„Woher willst du das wissen?", konnte ich nun endlich die Frage stellen, die mich schon die ganze Zeit bewegt hatte.

„Gaydar. Ich fühle es. Und heterosexuelle Frauen schauen einem nebenbei nicht so auf die Titten. Das heißt, manchmal auch, aber dann eher, weil sie neidisch sind. Petra hätte bei dir am liebsten gleich zugegriffen."

„Müsste ich das denn nicht auch haben, diesen... Gaydar?"

„Das entwickelt sich bei dir sicher früher oder später auch. Ist eine Erfahrungssache. Wenn du viele lesbische Frauen kennengelernt hast, bemerkst du, wie anders es ist, wenn sie dich anschauen. Oder andere Frauen anschauen. Oder an einer Tanzfläche stehen, und sich nach schönen Frauen umschauen."