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Das Refugium 2 - Complete 000 - 018

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"Warte einen Moment, gleich kommt ein kleiner Park, ich setze mich auf eine Bank, und dann höre ich dir zu. Solange du willst, und nicht nur eine Viertelstunde." Auf dem weiter von Kalinas Handy übertragenen Kamerabild konnte man sehen, dass Kalina die Fassaden einer endlosen Häuserzeile entlang ging, und dann ein hohes, schmiedeeisernes Tor passierte. Darüber wölbte sich das grüne Dach großer, alter Bäume, und Kalina nahm unter einem davon Platz, offenbar hatte sie ihr Ziel erreicht.

"Schieß los, Anni, und denk an Radio Moskau."

Marianne brauchte keine Viertelstunde, es reichten zehn Minuten, um Kalina die Geschichte vom Refugium und ihren Problemen mit Nikolai zu erzählen.

"Ich kenne Nikolai Saitzew," sagte Kalina, "unangenehmer Typ, arroganter alter russischer Adel, wo man traditionell die Reitpferde besser behandelt als die Frauen. Radomir hat ihn nach einer Bestechungsgeschichte, wo man ihm aber nichts wirklich nachweisen konnte, in irgendeine gottverlassene Ecke im ehemaligen Polen verbannt. Er hätte ihn wohl lieber nach Sibirien in Dauerurlaub geschickt, aber das ging nicht, seine Familie war zu gut vernetzt."

Dann fasste sie zusammen. "Du sitzt also im Moment in den Tiefen eines Gebirges auf einer Atombombe, die ein gewisser Manfred, Ex-BND, zünden muss, wenn er meinen Mann nicht sprechen kann, der ihm Nikolai vom Pelz schaffen muss, damit dieser nicht die High-Tech Waffen, die da versteckt sind, nehmen und meinen Mann damit aus dem Amt jagen kann. Habe ich das so ungefähr richtig zusammenbekommen?"

"Ziemlich präzise, Lina. Ich weiß, es hört sich alles ungeheuer unwahrscheinlich an, aber glaub mir, wenn du diese Station besichtigen könntest, du würdest so wie ich aus dem Staunen nicht herauskommen. Hier gibt es Dinge, die sind unglaublich. Waffentechnik ist nur ein relativ nebensächliches Thema, da gibt es so viel Nützlichere Erfindungen, die der Menschheit helfen könnten, sich wieder auf den Nutzen der Zivilisation zu besinnen. Das alles zu vernichten, das wäre die größte Katastrophe der Menschheitsgeschichte, und die Menschen würden vermutlich nicht einmal davon erfahren. Kalina, ich beschwöre dich, bring Manfred und Radomir zusammen. Alles weitere liegt dann in deren Hand."

Kalina hatte ihre Entscheidung längst gefällt. "Ich helfe dir, ich weiß aber noch nicht wie, ich muss Radomir erst fragen, wie Manfred ihn kontaktieren kann. Wie kann er euch erreichen, ohne Nikolai aufzuscheuchen?"

"Er soll einfach ein normales militärisches Handy, wie du eins hast, mit eurer normalen Verschlüsselung verwenden, dann wird Sandy ihn finden. Sie klinkt sich dann ins System, und kann ihn mit Manfred verbinden."

"Gut, so machen wir es, ich fliege noch heute Nachmittag zurück nach Moskau, und treffe ihn hoffentlich am Abend. Er ist auch für mich nicht beliebig erreichbar. Wenn er zu mir kommt, bitte ich ihn, das Gespräch mit Manfred möglich zu machen. Hat Manfred noch irgendeine Nachricht für ihn?"

"Ja," sagte Marianne, und dankte im Stillen Manfred, der diese Frage erwartet und sie bereits gebrieft hatte. "Manfred sagt, du sollst ihm Grüße bestellen vom "Geist" an die "Graue Meise". Ich vermute, das ist so ein Geheimcode zwischen großen Jungs. Aber du sollst ihm darüber hinaus so wenig über das Refugium erzählen wie möglich, Manfred möchte sich nicht sofort in die Karten schauen lassen."

"Ich werde es ausrichten." Und bevor die Frauen ihre Verbindung trennten, fragte Kalina noch: "Werden wir uns jemals wiedersehen, ich möchte gerne mehr Zeit mit dir verbringen."

"Wer weiß," orakelte Marianne, "wenn alles so läuft wie wir es uns wünschen kann das durchaus passieren, eines Tages, wenn diese Welt wieder ein normaler, zivilisierter Planet mit normalen, zivilisierten Problemchen geworden ist."

"Ich wünsche es mir, und ich möchte auch deine Töchter und deinen Hans kennen lernen, Manfred natürlich auch, und sag deiner Hacker-Tochter, dass sie ab jetzt bitte ihre neugierige Nase aus meinem Handy heraushalten soll."

"Mach ich," versprach Marianne, und trennte schweren Herzens die Verbindung, obwohl sie ebenso gerne, wie Kalina, noch stundenlang weitergeplaudert hätte.

Erwartungsvoll drehte sich Marianne im Sessel um, und musterte die anderen Bewohner des Refugiums. Walter klatschte langsamen Beifall in die Hände, alle anderen machten mit, und wie auf Kommando fielen Sandy und Lisa Marianne um den Hals. "Das war einsame Spitze, Mama, du hast sie überzeugt."

"Scheint eine nette Frau zu sein, und sehr attraktiv obendrein," warf Eva ein.

"Täusche dich da nicht," gab Marianne zurück. "Ehemalige Spitzensportler haben stets viele Gesichter, und einen eisenharten Kern, sonst könnten sie das strapaziöse Training niemals durchhalten. Wenn sie entschlossen sind, etwas durchzusetzen, dann tun sie es auch, und zwar mit allen Mitteln. Es ist besser, sie nicht zum Feind zu haben, also Sandy, ab sofort Finger weg von ihrem Handy."

"Versprochen, Mama", gab Sandy einen Augenblick zu bereitwillig nach. Natürlich würde sie weiter ihre Nase in Kalinas Nachrichten haben, wann sonst bekam man denn schon Gelegenheit der Kommunikation einer Präsidentengattin einer Supermacht zu folgen.

Gegen Abend war Sandy noch damit beschäftigt, einen Nachbau eines russischen Militärhandys mit der Technologie eines Stationscontrollers zu vereinigen, da schlug plötzlich ihr "Kalina Karajeva" Filter an. Überrascht las Sandy, dass die Nachricht für sie bestimmt war. "Ruft Radomir Punkt 10 an, anbei seine Nummer, und jetzt verzieh Dich auf der Stelle aus meinem Handy, oder es setzt was." Dahinter folgen ein Smiley und eine russische Mobilfunk-Telefonnummer.

Sandy grinste in sich hinein, die Frau hatte offenbar Hirn und Stil. Sandy speicherte die Nummer des Handys, das laut den Informationen auf ihrem Bildschirm gerade erst registriert worden war, und löschte dann tatsächlich den "Kalina Karajeva" Filter. Notfalls war er schnell wieder eingerichtet. Dann rief sie Manfred an und teilte ihm mit, dass er um zehn Uhr die vermutlich wichtigste Verabredung seines Lebens hatte.

Kurzerhand lud der alle anderen ein, als Zuhörer dabei zu sein. Das ersparte ihm auch, später stundenlang lästige Fragen zum genauen Gesprächsverlauf beantworten zu müssen.

Als es Zeit war, fühlte sich zum ersten Mal seit Langen wirklich nervös. Immerhin ging es um nichts Geringeres als die Zukunft der menschlichen Zivilisation. Er hatte sich in Schale geworfen, sprich, er hatte sich gekämmt und rasiert, und einen frisch gebügelten Stationsoverall angezogen. Nun wartete er auf den Zeitpunkt, seinen Anruf bei Radomir zu machen.

Punkt zehn Uhr Moskauer Zeit drückte er die Wähltaste des nachgebauten Handys, und initialisierte einen Videocall. Gleichzeitig duplizierte er den Bildschirminhalt des Controllers an die Wand seiner Kommandozentrale, damit alle mitschauen konnten.

Es hatte kaum zwei Mal geklingelt, da wurde der Anruf angenommen. Auf dem Bild erschien Radomir Gruschin, wie immer korrekt gekleidet in Anzug und Krawatte, und an einem weißen Schreibtisch mit barocken Goldverzierungen sitzend. Stocksteif wie immer, aber mit hellwachen Augen, hielt er seine Hände vor dem Körper verschränkt, und hatte einige Blätter auf dem Tisch bereitgelegt.

"Guten Abend, Herr Präsident," begann Manfred das Gespräch mit allem gebotenen Respekt, immerhin sprach er direkt zu einem der drei mächtigsten Männer der Welt. "Ich danke Ihnen, dass Sie uns anhören, und versichere Ihnen, Ihre Zeit nicht unnütz zu verschwenden."

"Ich bin der Präsident, ich habe so viel Zeit wie ich will," kam es wenig freundlich zurück. Und wie nicht anders zu erwarten war, zog Gruschin sofort das Gespräch an sich, ohne sich mit langen Floskeln aufzuhalten.

"Sie sind also der, den wir als "Geist" in den Akten hatten, und dessen Identität wir nie klären konnten?"

"Ja, Herr Präsident," antwortete Manfred wahrheitsgemäß.

"Dann wird Ihnen ein kleiner Test sicher keine Mühe machen, ich möchte wissen, ob Sie der sind für den Sie sich ausgeben." Gruschin zog eins der vorbereiteten Blätter zu sich, und hielt es in die Kamera.

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"Was soll denn das sein? Ein Code?" Sandy meldete sich ratlos zu Wort. Manfred lächelte bereits, und speicherte mit einer lässigen Fingerbewegung einen Screenshot der Zeichenfolge in ein Standbild.

"Wer hört uns außer Ihnen noch zu?" Gruschin war sofort hellhörig geworden.

"Alle." bekannte Manfred offen. "Meine gesamte Crew hört zu. Wir haben hier keine Geheimnisse voreinander. Und wie schaut es auf Ihrer Seite aus? Ich nehme an, es ist genau gleich, nur dass Sie vorgeben müssen, nichts davon zu wissen?"

Gruschin sah einen Moment lang irritiert in die Kamera, offenbar war er es nicht gewohnt, dass ihm jemand Paroli bot, ohne zu kuschen. Dann zuckte er kaum wahrnehmbar mit seinen Schultern, und wendete das nächste Blatt in die Kamera.

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Er hielt es einige Sekunden, dann legte er es hin. "Sie haben 10 Minuten."

"Bitte Herr Präsident," antwortete Manfred lässig, "geben Sie mir nur fünf Minuten, sonst ist es zu einfach."

"Lassen Sie uns sehen." antwortete Gruschin, und lehnte sich mit gefalteten Händen zurück wie ein Schachspieler, dem gerade ein besonders gefinkelter Zug gelungen war, und der nun auf die Reaktion seines Gegners wartete.

Im Refugium hatte Manfred bereits seinen Controller angewiesen, ihm etwas Bestimmtes aus dem Lager zu liefern.

"Es ist ein Code für eine Enigma I Verschlüsselungsmaschine, wir haben noch eine im Lager, ich lasse sie gerade bringen." kommentierte er. Kaum eine Minute später öffnete sich die Tür zu seinem Apartment, und ein altertümlicher, einer Schreibmaschine ähnlicher Apparat wurde auf einer Transportplattform hereingefahren. Daneben auf der Plattform lag eine Holzkiste, Manfred öffnete sie, und entnahm dem Inneren drei runde Metallscheiben und ein Bündel kurze Elektrokabel mit kleinen Steckern an den Enden.

"Umkehrwalze B, Rotor VI Position A Ringstellung W, Rotor I Position Q Ringstellung I, und Rotor III Position L Ringstellung J.", murmelte er, und setzte die Metallscheiben in die Maschine ein. "Steckbrett bq cr di ej kw mt os px uz gh.". Und er steckte die Drahtbrücken in ein Steckerfeld auf der Vorderseite der Maschine.

Dann gab er Gruschins Text über die Tastatur ein, Lämpchen leuchteten auf, und Manfred notierte sich die zugehörigen Buchstaben per Notizfunktion auf seinem Controller.

"wiehi essot tomit nachn amen"

Alle konnten über die Projektion die Buchstabenkette sehen. "Was ist das für ein Gesabbel?" meldete sich Lisa. "Nachn Amen. Das muss etwas mit Religion zu tun haben."

Manfred grinste nur breit, und las vor: "Wie hieß Otto mit Nachnamen. Du musst über die Lücken drüber lesen, und dir die richtigen Wortgrenzen und die Klein- und Großbuchstaben dazudenken"

"Waalkes?" Lisa war immer noch ratlos.

Manfred lächelte immer noch, gab etwas in die Maschine ein, und wieder notierte er sich Buchstaben:

"wdklx mzjk"

Manfred projizierte seine Notiz, und wartete. Während Gruschin ein drittes Blatt heranzog, und die Buchstabenreihe verglich, erklärte Manfred halblaut: "Die Lösung ist Scherbius. Von Otto Scherbius. Das war der Erfinder der Enigma I. Mit den von Gruschin vorgegebenen Einstellungen verschlüsselt heißt es wdklx mzjk"

Gruschin hob den Kopf, und blickte etwas freundlicher. "Das ist richtig. Und jetzt sagen Sie mir noch, was war sein größter Fehler?"

"Er hat mindestens zwei begangen. Der eine war die Umkehrwalze, also letztendlich Bequemlichkeit, und das Steckbrett, das eher das Gegenteil von dem bewirkt hat, wozu es gedacht war, kann man ebenfalls kritisch sehen."

"War das nicht die Verantwortung eines seiner Angestellten?" Gruschin schätzte es offenbar nicht, wenn man eins seiner Idole anschwärzte.

"Er hat ja dazu gesagt, und er war der Chef."

"Auch das ist richtig," bemerkte Gruschin. "Ich will für den Moment annehmen, dass Sie der sind, der Sie zu sein vorgeben. Gefährden Sie diesen kleinen Vertrauensvorschuss nicht leichtfertig."

"Ich werde mich bemühen, Herr Präsident," antwortete Manfred ernst, "und übrigens, wie geht es der grauen Meise?"

"Die ist lange tot," kam es von der anderen Seite, "und jetzt kommen Sie bitte zur Sache."

"Als weiteren Beweis, dass Sie uns vertrauen können, wird Ihnen die Mitarbeiterin, die das Handy Ihrer Frau gehackt hat, erklären, wie sie es gemacht hat, und was Sie ändern müssen, damit das in Zukunft nicht mehr möglich ist."

"Das interessiert mich nicht," wischte Gruschin das Angebot unwirsch vom Tisch, "da wird ohnehin fast nur Blödsinn gequatscht. Wir lesen längst alles mit, und zwar den Klartext direkt auf den Handys. Aber ich respektiere Ihr Angebot, sie kann die Informationen gerne im Anschluss an unser Gespräch per E-Mail an das zuständige Postministerium senden. Kommen Sie nun bitte zum Punkt."

"Haben Sie jemals von der JETI gehört, und sagt Ihnen Station SG-17 etwas?"

"Nein, was soll das sein, sollte mich das interessieren?" Aber Manfred war das kurze überraschte Zucken einer Augenbraue nicht entgangen. Jedem im Geheimdienst waren diese beiden Abkürzungen bekannt. Dennoch erklärte Manfred sie, teils um das Gespräch mit Gruschin besser in Schwung zu bringen, und teilweise damit die anderen Zuhörer ihnen weiter folgen konnten.

"JETI", die "Joint European Technology Initiative", war der Name des Teams hier in der Station, das an zukunftsträchtigen Technologien geforscht und gearbeitet hat. Es war eine multinationale Gruppe von Genies aus allen europäischen Ländern, leider unter Ausschluss von 'Schurkenstaaten', zu denen auch Russland gezählt wurde. Das war, möchte ich betonen, nicht meine Entscheidung. Ich würde sagen, dass einige andere europäischen Staaten, die nach außen hin immer so honorig auftraten, weitaus schlimmer waren, wenn es darum ging, sich durch illegale Machenschaften Vorteile zu verschaffen. Nur trieben sie ihr Unwesen sehr gut versteckt, während Russland sich nie große Mühe gab, seine dunklen Aktivitäten zu kaschieren."

"Fassen Sie sich bitte kurz, und bleiben Sie beim Thema," wies Gruschin Manfred erneut zurecht. "Woher wollen Sie etwas über JETI wissen? Niemand hat jemals jemanden aus diesem Team kennen gelernt, es gab nur vage Hinweise, wir hielten es zuletzt für einen Mythos oder eine bewusste Irreführung."

"Weil ich vermutlich das letzte überlebende Mitglied dieses Teams bin, wenn ich auch nicht in forschender, sondern eher in unterstützender Funktion tätig war. Und SG-17 war die interne Bezeichnung unseres zentralen Laborkomplexes. Sicher auch ein Mythos, werden Sie sagen. Ich sitze im Moment genau im Zentrum dieses Mythos, in der Kommandozentrale, und gebiete über einen Haufen High-Tech, der ihren besten Ingenieuren das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen würde. Wir sind dem heutigen Stand der Technik mindestens ein halbes Jahrhundert voraus. Und ja, es ist auch einiges an Waffentechnik dabei."

"Und Sie wollen mir die Position der Station bekanntgeben, und sie mir überlassen?"

"Es tut mir leid, Herr Präsident, aber wir wissen beide, dass das unmöglich ist. Eher würde ich sie zerstören, und ich versichere Ihnen, es wurden Vorkehrungen getroffen, dass ich das jederzeit tun kann. Diese Station speichert das Wissen der gesamten modernen Menschheit, und dieses Wissen kann auch nur an die gesamte Menschheit herausgegeben werden. Ich möchte Sie einladen, mit den Ressourcen ihres Landes an diesem Prozess teilzunehmen, als gleichberechtigtes Mitglied."

"Was hätte ich davon, was ich nicht schon habe? Was könnten Sie mir anbieten? Ich brauche die Waffen der Station, wenn sie überhaupt existieren, nicht. Wir haben genug davon, und kommen gut mit dem zurecht, was wir haben. Meinetwegen können Sie den ganzen Kram in die Luft jagen."

"Was wenn ich den Kram stattdessen nach Peking schicke, oder nach Buenos Aires oder nach Mombasa? Vielleicht finde ich dort offenere Ohren für meine Ideen."

"Das glaube ich kaum, es gab Gründe, warum gerade diese Staaten den Maraudern widerstehen konnten. Eine hoch entwickelte Zivilisation nach Ihren Vorstellungen war keiner davon."

"Können Sie es riskieren, vom größten Technologieschub, den die Menschheit je erlebt hat, ausgeschlossen zu werden? Wollen Sie wieder als Entwicklungsland enden, das brav billige Rohstoffe liefern darf, aber ansonsten bei keinen wirklich wichtigen Entscheidungen mitgestaltet, außer natürlich, wenn es jemandem eine Waffe an den Kopf hält?"

"Das sind wir so gewohnt, das haben wir immer schon so gemacht."

Manfred ließ nicht locker.

"Außerdem bedenken Sie, dass von einer überlegenen Intelligenz, die außerhalb Ihrer Kontrolle steht, eine nicht unerhebliche Gefahr für Ihre Interessen ausgeht. Der wahrscheinlich größte Fehler der Deutschen war, dass sie im festen Glauben an ihre Überlegenheit die Fähigkeiten der Briten, der genialen Enigma-Verschlüsselungsmaschine mit einer nicht minder genialen Entschlüsselungsmaschine zu begegnen, unterschätzt haben. Würde Turing heute leben, wäre er mit ziemlicher Sicherheit Mitglied der JETI."

Diesmal dachte Gruschin etwas länger nach, er musste zugeben, Manfreds Argumente hatten etwas für sich.

"Gut, ich ziehe eine Zusammenarbeit in Erwägung. Aber wenn Sie wollen, dass ich Nikolai Saitzew aufhalte, müssen Sie sich schon etwas mehr anstrengen. Überrascht? Es ist mein Job und meine Lebensversicherung, immer alles zu wissen. Haben Sie wirklich geglaubt, einer meiner Generale könnte sich mit einem Haufen schweren Geräts ein Ferienlager in den Bergen gönnen, ohne dass ich etwas davon erfahre? Und jetzt legen Sie endlich die Karten auf den Tisch, ich bin es nicht gewohnt, dass man mich so lange hinhält. Nikolais Fähigkeiten im Organisieren eines Straßenbaus scheinen erstaunlich gut ausgeprägt zu sein, sie setzen gerade die letzten Tunnels instand. Wenn alles so weiterläuft wie es läuft ist er spätestens übermorgen vor ihrer Tür. Und ich versichere Ihnen, er hat noch genügend bunkerbrechende Spezialmunition für die KRABs dabei, um sie aus Ihrem Berg herauszusprengen, wenn es sein muss."

"Können Sie ihn aufhalten? Ich meine, ohne auf ihre eigenen Leute zu schießen, das käme, wenn es je herauskommt, in Ihrem Land vermutlich nicht gut an."

"Ich kann, und ich werde, wenn mir Ihr Angebot zusagt. Und jetzt erwarte ich, dass Sie endlich mit ihrem Angebot herausrücken. Was Sie bisher angeboten haben, war ungenügend. Aber das wussten Sie schon vorher."

Manfred beschloss, dass es nun Zeit war, seinen eigentlichen Trumpf auszuspielen.

"Sie haben Recht. Ich dachte da, ehrlich gesagt, auch an etwas anderes als Waffen. Etwas viel Wertvolleres."

Gruschin senkte gnädig den Kopf in Richtung Kamera, um anzudeuten, dass er ganz Ohr war.

"Herr Präsident, mit Verlaub, Sie haben eine wunderschöne, wesentlich jüngere Frau und mindestens zwei Kinder, die sie vermutlich wie jeder Vater über alles lieben. Sie sind aber nicht mehr der Jüngste."

Manfred sprach schnell weiter, bevor Gruschin auffahren und das Gespäch beenden konnte.

"Was würden Sie sagen, wenn ich Ihnen genug Lebenszeit verschaffe, damit Sie Ihre Kinder aufwachsen sehen, bis sie eines Tages ihre eigenen Wege gehen? Wenn ich Ihnen noch viele glückliche und gesunde Jahre mit Ihrer Frau schenken könnte, ganz ohne blaue Pillen, Eigenhaarverpflanzungen, Silikonunterspritzungen und anderen lästigen Kram? Ich kann Ihnen den körperlichen Zustand eines Fünfzigjährigen verschaffen und ihn noch viele Jahre erhalten."

Eine Pause entstand, und dann beugte sich Gruschin leicht vor in Richtung der Kamera. "Jetzt bin ich zum ersten Mal interessiert. Erzählen Sie weiter. Wie soll das funktionieren?"

"Im menschlichen Körper tickt eine biologische Uhr, die nach etwa 120 Jahren abgelaufen ist, daran kann auch die Technik der Station nichts ändern. Aber fast alle sterben lange vor ihrer Zeit, an Organversagen, an Krankheiten, an Krebs. Wir können Krebs nicht nur hundertprozentig heilen, und das in jedem Stadium, sondern auch verhindern, dass er überhaupt entsteht. Unsere Sensoren, wir nennen sie "MediBots", können jede einzelne entartete Zelle im Körper aufspüren und gezielt vernichten, ohne umliegendes Gewebe auch nur anzukratzen. Wir können jedes Organ bis auf Zellebene analysieren, und Krankheiten im Frühstadium bekämpfen. Wir können aus einer einzigen gesunden Körperzelle jedes beliebige Organ züchten, innerhalb weniger Monate, das dann transplantiert werden kann, völlig ohne Nebenwirkungen und Immunsuppressiva. Wir können dafür sorgen, dass Sie ihr Leben völlig gesund auskosten können, bis zu dem Moment wo ihre biologische Uhr abgelaufen ist. Und wir können den Zeitpunkt, wo das passiert, auf einige Wochen genau vorhersagen. Ich wäre bereit, ihnen einen unserer MediBots zu überlassen. Sie lassen sich regelmäßig von ihm untersuchen, und wenn er etwas Verdächtiges entdeckt, kommen Sie hierher, und wir heilen Sie, bevor Sie überhaupt gemerkt haben, dass Sie krank sind."

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