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Die barfüßige Göttin

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Eine neue Vorgesetzte sorgt für viel Bewegung.
24.4k Wörter
30.4k
20
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Die Spannung stieg. Gleich würde er kommen, der neue Boss. Mit seiner Ankunft meine Tätigkeit als Interims-Manager beenden. Mich hatten sie bei meiner Bewerbung für die Stelle mal wieder abgelehnt. Nach zwanzig Jahren in der Firma, in denen ich unsere IT-Abteilung nicht nur zuletzt faktisch geleitet hatte.

Die Vorgänger waren vom Typ her ziemlich unterschiedlich. Wir hatten mehrfach den Typ Windbeutel, also souveränes Auftreten ohne echte Kenntnisse oder Fähigkeiten, oft auch den Typ Kumpel, der uns machen ließ, was wir wollten, solange er nur unsere Ideen und Leistungen als seine eigenen verkaufen konnte. Der letzte vom Typ Karriere-Manager, der trotz seines 50er-Jahre Führungsstils eine erkleckliche Anzahl großer Firmen auf seinem Lebenslauf vorweisen konnte.

Über seine Beliebtheit bei seinen Untergebenen dort brauchte man nicht zu spekulieren. Wahrscheinlich genau wie bei uns. Also null. Allen gemeinsam war eine erschreckende Inkompetenz. Aber sie hatten entsprechende Studiengänge oder vorherige Tätigkeiten als Manager aufzuweisen. Ich nicht.

Ich war ein Autodidakt, der nach einem abgebrochenen Jura-Studium sich über einen Umweg im Kundenservice dort eingefunden hatte. Mir selbst dann zunächst Datenbank-Programmierung und später echte Programmiersprachen beigebracht hatte, was mich schließlich in der IT-Abteilung landen ließ.

Mir dort nach Systemadministrator und Programmierer den Titel "Supervisor" eingebracht hatte, eine ganz ordentliche Bezahlung und viel Frustration, weil das für mich das Ende der Fahnenstange zu sein schien. Jetzt war ich fünfundvierzig, zu alt für Zusatzausbildungen, hatte keine Lust, mich noch anderswo zu bewerben und bezweifelte auch, dass es mir in anderen Firmen anders ergehen könnte.

Trotzdem schien es kurzzeitig notwendig zu werden, weil die Firmenübernahme durch den Junior-Chef den Untergang für uns einzuläuten schien. Es hatte lange Zeit nicht gut ausgesehen. Nun aber waren wir von einem amerikanischen Konzern übernommen und saniert worden. Ein paar Spezialisten tauchten auf, analysierten unsere Arbeitsplätze und Performance. Direkte Veränderungen für uns gab es zunächst nicht. Sie übermittelten die Ergebnisse in die USA.

Und warfen den letzten und bisher unbeliebtesten Manager zu meiner stillen Freude sofort raus. Okay, jetzt wurden wir mit Corporate Identity und anderen Konzepten konfrontiert, aber wenigstens schienen die zu wissen, was sie taten. Für die Manager-Stelle, dich ich nun drei Monate für mein Empfinden hervorragend ausgefüllt hatte, zogen sie mich allerdings nicht in Betracht.

Zwei unserer neuen Geschäftsführer rückten mit meinem neuen Vorgesetzten an. Aha. Meiner neuen Vorgesetzten. Eine Frau, nun in unserer Zeit nichts Ungewöhnliches, in IT-Abteilungen jedoch schon.

Ich war tatsächlich angenehm überrascht, meine damalige Managerin im Kundenservice war nicht nur nett und kompetent gewesen, sondern hatte mich und meine Fähigkeiten gefördert und mir unglaublich viele Freiräume gelassen, so dass mir später der Absprung in die IT-Abteilung gelang. Also nur gute Erinnerungen an weibliche Führungskräfte, denn das traf auch für ihre Vorgängerin zu.

"Oliver, das ist Brenda, die neue IT-Managerin, direkt vom Corporate-Hauptquartier in Florida. Brenda, das ist Oliver, der Supervisor hier, der in den letzten drei Monaten Interims-Manager war."

Ich gab ihr freundlich die Hand und betrachtet sie aufmerksam. Eine schlanke junge Frau, vielleicht Mitte bis Ende dreißig in einem grauen Hosenanzug. Ziemlich braungebrannt, mit zum Pferdeschwanz gebundenen blonden Haaren, und reichlich Make-up. Ihr Gesicht blieb unbewegt, ihre ganze Haltung abwartend.

"Nice to meet you", gab ich ihr eine Kostprobe meines gar nicht mal so schlechten Englischs, aber sie unterbrach mit sofort.

"Ich spreche Deutsch. Darum bin ich hier", gab sie einer rauchigen Stimme bekannt, wie ich sie sonst nur von Jazz-Sängerinnen kannte. Und die mir einen Schauer den Rücken runterlaufen ließ.

"Oliver wird dich der Abteilung vorstellen, und dir alles Weitere zeigen. Okay? Wenn du Fragen hast, die er dir nicht beantworten kann, wende dich direkt an mich", wurde sie von dem älteren der beiden Geschäftsführer informiert, der tatsächlich auch einen IT-Hintergrund hatte. Und den ich gut leiden konnte. Der jüngere war ein wenig link und nervig, mit ihm hatte ich aber selten zu tun.

Na, jetzt wahrscheinlich gar nicht mehr. Konnte mich wieder in die Anonymität der Gruppe zurückziehen. Die beiden drehten sich auf dem Absatz um, und ließen uns allein. Natürlich schauten alle Kollegen sich mehr oder minder verstohlen die neue Vorgesetzte an.

"Okay, soll ich dir erst einmal in deinem Büro alles erklären, oder..."

"Nein, führe mich einfach rum. Ich möchte alle persönlich kennenlernen. Hallo. Ich bin Brenda. Wer bist du und was machst du?", sprach sie ihr erstes Opfer an.

Hörte sich geduldig die kurze Vorstellung von Franz an, der nervös wirkte, sich dann aber freischwamm und eigentlich ganz gut das Projekt erklärte, an dem er gerade arbeitete.

"Die Programmier-Sprache ist..."

"Archaisch und mir bekannt. Das hast du sehr elegant gelöst, prima. Hier hast einen Fehler gemacht, so kommt es zu einem Puffer-Überlauf... So funktioniert es", kommentierte sie ihre blitzartige Korrektur, und haute uns schon in diesem Moment vom Stuhl. In der ganzen Abteilung klappten die Kinnladen runter.

"Wir unterhalten uns bald über zeitgemässere Werkzeuge", gab sie der Gruppe bekannt.

Alter Verwalter. Die Frau hatte was auf dem Kasten. Das bewies sie auch bei den nächsten Mini-Interviews. Brach die Hälfte der Erklärungen mit besseren ab. Als sie dann die ersten kleinen Witze riss, und zeigte, wie locker sie tatsächlich war, entspannten sich alle und schauten sie mit unverblümter Bewunderung und Zuneigung an.

"Okay. Macht erst einmal so weiter, bis ich mir einen Überblick verschafft habe. Oliver, komm mit. Wir unterhalten uns jetzt in meinem Büro."

Ich nahm auf einem der beiden Stühle vor ihrem Schreibtisch Platz, und sah ihr erschüttert zu, wie sie sich innerhalb von wenigen Sekunden den Stuhl optimal einstellte, sich seufzend daraufsetzte und ihre Schuhe auszog. Und nebenbei gleich erste E-Mails beantwortete.

"So. Schon besser. Patrick hat mir freie Hand und das notwendige Budget für Änderungen gegeben. Erste Veränderung: In Tampa haben wir keine strikte Kleiderordnung. Ich will das hier ebenfalls umsetzen. Ab sofort kann jeder anziehen, was er mag. Wer hier weiter mit Schlips und Kragen rumlaufen möchte, kann das natürlich. Ich schicke nachher eine E-Mail rum."

"Dafür werden sie dich lieben", wagte ich einzuwerfen.

"Darum geht es mir nicht", erwiderte sie und fixierte mich. "Es geht mir darum, eine optimale und effiziente Arbeitsumgebung zu schaffen, in der sich alle wohlfühlen. Alle die Unterstützung und Freiheiten bekommen, die sie für echte Kreativität benötigen. Die Schwerpunkte der Projekte werden sich verlagern, es wird insgesamt einige Veränderungen geben. Keine Sorge, eure Arbeitsplätze sind sicher. Im Gegenteil, ich denke daran, die Abteilung zu vergrößern. Wer ist bei euch für Einarbeitung und Fortbildungsmaßnahmen zuständig?"

"Das bin ich."

"Gut, ich maile dir eine Liste mit den neuen Herausforderungen, und du entscheidest frei, welcher Mitarbeiter welche Schulungsmaßnahmen, Auffrischungen oder Weiterbildung braucht. Wen du wofür am geeignetsten hältst. Wo du es für sinnvoller hältst, neue Leute einzustellen."

"Nur zu gern."

"Verstehe mich nicht falsch: Ihr macht hier gute Arbeit. Mein Ziel ist es einfach, quantitativ und qualitativ bessere Arbeit abzuliefern. Das geht nur, wenn alle das wollen, sich optimal unterstützt fühlen, und entsprechende Anreize haben. Ich führe ein Bonus-System ein, wenn Aufgaben vor der avisierten Zeit erledigt werden, lohnt sich das. Von Malus halte ich nichts. Etwas anderes: Hier wurden bislang wenig Überstunden gemacht. Wie kommt das?"

"Nun... die vorherigen Manager hielten das nicht für notwendig..."

"Die vorherigen Manager waren Idioten. Kein Wunder, dass diese Firma den Bach runterging."

"Ehm... ganz ehrlich, da sprichst du mir aus der Seele."

"Ah, sehr gut. Du hast keine Angst, Kritik anzubringen, auch was Vorgesetzte angeht. Das hatte ich schon in deiner Akte gesehen. Genau das will ich haben. Nimm mir gegenüber nie ein Blatt vor den Mund, verstanden? Ich kann Schleimer und Kriecher nicht ausstehen. Und noch was: Du hast die Truppe wahrscheinlich nicht nur in den letzten drei Monaten zusammengehalten. Ich habe gesehen, dass du dich für meine Position beworben hast. Es tut mir leid, dass das nicht geklappt hat. Ich werde allerdings dafür sorgen, dass du das keinen Tag bedauern wirst. Als erstes passe ich dein Gehalt an, das steht in keinem Verhältnis zu der Arbeit und Verantwortung, die ich dir übertragen werde. Allerdings zahle ich die sicher anfallenden Überstunden in deinem Fall dann nicht. Einverstanden?"

Wow. Diese Frau war ein Naturereignis. Jetzt aber nicht überfahren lassen.

"Klar, wenn die Anpassung angemessen ist."

"Was hast du als Interims-Manager bekommen?"

Ich nannte ihr die Summe. Sie rollte mit den Augen.

"Leg fünf... nee, acht pro Jahr drauf. Das ist ab jetzt dein Festgehalt. Dafür reißt du dir dann deinen hübschen Arsch für mich auf. Was sagst du?"

"Ich sage nur, wo bist du bloß mein ganzes Leben gewesen? Aber hallo. Natürlich sag ich ja."

"Wir werden sehr eng zusammenarbeiten, ich habe eine Menge Ideen, manche davon werde ich mit dir zusammen im Detail erst ausarbeiten, bevor wir sie auf die Menschheit loslassen. Und noch was, fühle dich jetzt nicht verpflichtet, ich will Leistung, keine Dankbarkeit. Ich tue nichts ohne Grund. Du hast dir doch sicher auch deine Gedanken gemacht. Die will ich allesamt hören. Wenn sie Scheiße sind, sag ich es dir. Wenn meine Scheiße sind, sagst du es mir. Gemeinsam bauen wir hier etwas Neues auf, etwas Großartiges. Bist du dabei?"

"Du kannst auf mich zählen."

"Fragen soweit?"

"Bisher nicht. Na, eine vielleicht. Woher sprichst du so gut, beziehungsweise völlig akzentfrei Deutsch?"

"Mein Vater ist Deutscher. Und Professor an der MIT. Meine Mutter ist Amerikanerin. Bist du verheiratet, oder lebst mit jemandem zusammen?"

Oh? Warum wollte sie das jetzt wissen?

"Nein, nicht mehr. Ich bin seit zehn Jahren geschieden. Keine Kinder. Auch sonst ungebunden."

"Perfekt, also maximale Flexibilität. Das wünsche ich mir. Wir werden viel Zeit miteinander verbringen, stell dich drauf ein. Du wirst mich lieben und hassen lernen. Was gerade davon dominiert, ist mir egal. So lange du alles tust, was ich dir sage, und wir gemeinsam erfolgreich sind. Okay, das reicht jetzt. Mach erst einmal mit den gewohnten Sachen weiter, bis ich dir die Liste geschickt habe. Die E-Mail mit der Änderung der Kleiderordnung ist... jetzt raus. Du kannst gehen."

Wow. Ich wankte förmlich aus dem Büro. Das war kein frischer Wind, das war schon ein mittelschwerer Hurrikan, der uns da aus Florida erreicht hatte. Meine Kollegen waren ebenfalls aus dem Häuschen. Die ersten hatten schon ihre Schlipse abgemacht und wedelten sie begeistert in ihre Richtung, als sie kurz ihr Büro verließ.

Zum ersten Mal an diesem Tag sah ich sie grinsen. Das konnten wir dann im Tagesverlauf noch öfter bewundern. Sie hatte sich zudem nach kurzer Zeit abgeschminkt. Sah gleich noch deutlich besser aus. Und, das stellte sich als ihre ganz besondere Marotte heraus, sie lief barfuß über die Fläche. Was ihr gleich den Spitznamen BG, "Barfüßige Göttin" einbrachte.

Und dann ging die Post ab. Ich musste an diesem Tag nicht noch einmal in ihr Büro. Dafür hatte ich im Tagesverlauf zehn E-Mails von ihr im Eingang, dazu schrieb sich mich ständig im Firmen-Chat an. Meine ersten beiden Überstunden machte ich dann gleich an diesem Tag. Noch nie, ehrlich noch nie war ich in meinem Leben bei der Arbeit so aufgeregt und motiviert gewesen.

Ich überlegte kurz, ob ich mich zum Feierabend noch kurz von ihr persönlich verabschieden sollte, entschied mich dann aber dagegen. Sie saß selbstverständlich immer noch in ihrem Büro und arbeitete konzentriert an etwas. Für den Morgen hatte sie ein erstes Team-Meeting angesetzt.

Zuhause rief ich mir dann ihr Profil auf, das auf mehreren Seiten wie LinkedIn zu finden war. Alter Verwalter. Sie war erst vierunddreißig. Ja, ohne Schminke hatte sie deutlich jünger ausgesehen. Ihre bisherigen beruflichen Stationen beeindruckend. Seit zwei Jahren bei der Firma, unter deren Dach wir jetzt ebenfalls gehörten. Auf Facebook oder anderen sozialen Netzwerken fand ich sie nicht. Keine Selbstdarstellerin. Genauso hatte ich sie eingeschätzt.

~~~

Das hatte sie einfach nicht nötig. Sie zeigte es am folgenden Tag dem gesamten Team in dem ersten Meeting. Ich war etwas früher als sonst reingekommen, sie saß aber trotzdem schon da. Ich ging kurz rein, um ihr einen guten Morgen zu wünschen. Sie begrüßte mich erfreut.

"Wie lang bist du schon hier?", fragte ich neugierig.

"Eine Stunde, oder so. Ich wollte eine Präsentation für das Meeting machen. Nimm dir den Stuhl und komm zu mir. Sag mir, was du denkst."

Mein erster Gedanke war, dass ich so eine Präsentation mit Sicherheit nicht in einer Stunde hinbekommen hätte. Eher einen halben Tag gebraucht. Inhaltlich und optisch genial.

"Nur, dass sie wissen, wo wir sind und wir hinwollen. Zu den meisten Punkten werde ich dann noch einiges im Detail erklären."

"Brillant. Fantastisch. Vor allem, was du da als neue Richtung angegeben hast. Das ist natürlich richtig aufwändig umzusetzen, eine echte Herausforderung. Der Rasselbande wird das gefallen. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass wir dafür Kunden finden."

"Brauchst du nicht. Die haben wir bereits. Eine britische und eine schwedische Firma. Ich maile dir die Details später. Ihr nutzt doch hoffentlich MS Project oder ähnliches?"

"Ja, da hast du nur keinen Link auf dem Desktop dafür. Ist aber installiert."

"Das wird aber deine Aufgabe werden, die jeweiligen Projekte zu verwalten und mit den anderen laufenden auszubalancieren. Verstehst du jetzt, warum ich dir mehr Geld angeboten habe? Du wirst auf einem ganz anderen Niveau arbeiten müssen. Das wird allein dein Ding, ich steck mich da nicht rein. Traust du dir das zu?"

"Na sicher, im kleineren Rahmen habe ich das auch schon gemacht. Das ist jetzt natürlich eine ganz andere Hausnummer. Hm... da schlägst du allerdings einige Sachen vor, die programmiertechnisch ganz schön anspruchsvoll sind. Wo mir beispielsweise ad hoc noch nicht einmal ein Lösungsansatz einfallen würde."

"Da mach dir keine Gedanken. Davon habe ich vieles bereits grundsätzlich gelöst. Ihr kriegt ab heute alle Zugang zu unserer Code-Bibliothek, Hexenküche genannt. Wohl wegen meiner Beiträge."

"Wow, ich kann es kaum erwarten loszulegen. Das wird den anderen nicht anders gehen."

"Okay, von wegen anderes Niveau. Es gibt auch Schattenseiten. Du bist ab heute mein persönlicher Sklave. Ein Kaffee, ein Löffel Zucker und nur genau so viel Milch, dass es gerade so von Schwarz auf Braun kippt. Kriegst du das hin, oder muss ich mir eine Sekretärin engagieren?"

"Ich werde mein Bestes tun. Noch weitere Spezialaufgaben für mich? Hast du überhaupt gefrühstückt?"

"Ich esse nicht vor zwölf. Aber du bist um mein Wohl besorgt. Das brauche ich nicht mal einfordern. Genauso habe ich mir unsere Zusammenarbeit vorgestellt. Beeil dich. Das Meeting fängt bald an."

Das, wie erwähnt, ein voller Erfolg war. Nicht nur wegen des Bonus-Modells, das sie bereits fix und fertig vorgelegt hatte, und sicher problemlos vom Betriebsrat abgesegnet bekommen würde. Mit denen hatte sie später ein Meeting, auch wegen der Überstunden, gegen die es während des Meetings keinerlei Murren oder Widerspruch gab.

Nein, sie hatte alle, mich eingeschlossen, in einen Begeisterungstaumel versetzt, uns mitgerissen, nicht mit Motivationssprüchen oder Managertalk, sondern einfach mit klaren Perspektiven, Visionen und konkreten Aufgaben. Gab schon in einer kurzen Ideen-Runde die Möglichkeit, nicht nur auf das Gehörte zu reagieren, sondern weiterzudenken.

Schon fast sieben. Jetzt waren nur noch zwei Systemadministratoren für die Spätschicht da. Und Brenda natürlich. Die fast den ganzen Nachmittag in Meetings zugebracht hatte. Jetzt gelassen ihre nackten Füße auf dem Schreibtisch gelegt hatte, ihr Keyboard auf dem Schoß, als ich ihr Büro betrat. Sie trug einen mittellangen Rock, der aufgrund der Schräglage etwas hochgerutscht war.

Wie ich später erfahren würde, nur, weil sie Meetings mit anderen Abteilungen hatte. Ansonsten, wenn es keine Kundenbesuche gab, zog sie sich ganz normal an. Mit Jeans und T-Shirts oder Blusen, oder auch schon mal kurze Röcke. An diesem Abend bekam ich allerdings auf diese Weise äußerst wohlgeformte Beine zu sehen.

"Möchtest du noch einen Kaffee?"

"Olli, geliebter Kalfaktor. Und wie ich den wohl möchte. Du hast den vorhin hervorragend hinbekommen. Wir werden zusammen glücklich werden."

Ja, den Eindruck hatte ich langsam auch. Was für eine abgefahrene Frau.

"Du hast seit heute Mittag nichts mehr gegessen. Die Sandwiches aus dem Automaten würde ich dir nicht empfehlen. Wenn du noch länger bleiben willst, und davon gehe ich aus, kann ich dir gerne was zu essen bestellen."

"Gut, bestell uns Pizza. Ich will Hähnchen drauf. Aber erst den Kaffee."

"Pizza? Ich dachte du kommst aus Tampa, und nicht Klischee-Hausen? Wie du willst. Es gibt hier aber einige andere Möglichkeiten, mit Lieferando und so hat man eine deutlich größere Auswahl. Sogar gesundes Essen."

"Verwöhntes Pack. Gesund, soweit kommt's noch. Erinnere dich deiner Wurzeln. Pizza ist ein integraler Teil jeder echten Software-Revolution. Jeder Speckring ein Monument deines Engagements."

"Da könnte man bei dir allerdings darauf kommen, dass du noch bei keiner solchen Revolution mitgemischt hast. Der Schein trügt allerdings, ich habe mir erlaubt, mir Teile deines Codes anzuschauen. Das Wort Genie geistert seither in meinem Kopf herum."

"Das ist wieder so ein typisch männlicher Schwachsinn. Ich habe nur ein paar Ansätze weiterentwickelt. Es ist doch völlig egal, wer die Entwicklung vorantreibt, solange es sich bewegt. Also, beweg dich. Kaffee. Pizza. Dann meinetwegen weiterhin Komplimente, die dir allerdings keinerlei finanziellen Nutzen bringen werden."

Ich verließ kopfschüttelnd ihr Büro und kehrte kurze Zeit später mit zwei Tassen zurück.

"Pizza ist bestellt, ich geb Bescheid, wenn sie ankommt. Das dauert meist nicht lange."

"Dann bleib doch hier. Mach eine kurze Pause. Ich will dich nicht gleich in den ersten Tagen verheizen. Ich brauch dich noch. Wir unterhalten uns."

Sie sah selbstverständlich keinen Anlass, ihr rasend schnelles Tippen zu unterbrechen.

"Gern."

"Stell deine Fragen", meinte sie nach einem kurzen Seitenblick und nippte an ihrem Kaffee.

"Meine Fragen?"

"Die dir auf der Zunge brennen. Persönliche Fragen", meinte sie leichthin.

"Ach so. Ja, was treibt dich hierher? Wolltest du nur generell mal ins Land der Väter, oder hat dich die Aufgabe hier gereizt?"

"Beides. Hauptsächlich aber wollte ich so weit wie möglich weg von gewissen Leuten sein. Ich habe gerade eine Beziehung zu Grabe getragen, die allerdings bereits geraume Zeit vorher einen Hauch der Verwesung hatte."

"Oh, das tut mir leid. Hm... so schlimm, dass es gleich ein Wechsel des Kontinents sein musste? Klingt gruselig."

"Das war es insofern, als sein Büro drei weiter von meinem lag. Es spukte jeden Tag."

"Jetzt macht es Sinn. Das ist sicher keine leichte Sache."

"Es war eine unnötige Ablenkung vom Wesentlichen. Eine Hoffnung, die sich nicht erfüllte. Ich kann damit leben. Hier sogar sehr gut."

"Und vielleicht hier auch in der Beziehung einen neuen Anfang wagen?"

"Wenn das ein fehlgeleiteter und unglaublich lahmer Versuch ist, mit mir zu flirten... schäm dich. Und lass gut sein."

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