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Die Galamex-Saga - Teil 06

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"Und jetzt - warten wir."

*** Kapitel 9 - Ornella ***

Ich konnte es in Cygnus' Gesicht erkennen als er zurücklief, dass er dasselbe dachte wie ich. Das hier war kein gewöhnlicher Überfall. Es war auch keine gewöhnliche Lösegeldforderung. Und die Männer waren ganz sicher keine gewöhnlichen Kriminellen. Dafür wirkten sie allesamt zu gefasst. Zu... professionell.

Meine vorhergehende Übelkeit war blitzschnell verflogen, ersetzt von dem vertrauten Adrenalinschub, der bei mir jedes Mal einzusetzen schien, wenn es der Ernst der Lage verlangte.

Sie hatten Cygnus sofort identifiziert. Also mussten sie gewusst haben, dass er heute hier sein würde. Wie sie an diese Information gelangt sein konnten, entzog sich mir im Augenblick. Sie hatten die Männer von den Frauen und Kindern getrennt, vermutlich um die Lage besser unter Kontrolle halten zu können. Schliesslich waren sie nur - ich zählte die Männer in grauen Overalls durch - nur zu acht und mussten rund 300 Leute in Schach halten. Trotzdem: Die Lösegeldforderung ergab irgendwie keinen Sinn.

Selbst wenn Alina tatsächlich innerhalb der vorgegebenen Zeit eine Milliarde Stellari organisieren und auf das angegebene Konto überweisen lassen konnte, so mussten sich doch diese Verbrecher der Tatsache bewusst sein, dass ihnen das nichts bringen würde. Man konnte über das interkoloniale Bankensystem keinen Betrag dieser Grössenordnung einfach spurlos verschwinden lassen - kaum würden sie die Geiseln freilassen, würde das Konto, auf dem der Betrag gelandet war (auch wenn es von einem Konto zum nächsten weiterverschoben worden wäre), sofort gesperrt werden. Das musste diesem 'Carlos' und seinen Leuten doch bewusst sein. Was hatten sie also tatsächlich vor?

***

Ich sah, wie Elijah, der nun neben Cygnus sass, immer heftiger vor und zurück wippte. Alsbald war auch seine bei Nervosität übliche Litanei an Basentripletts zu hören, zuerst leise, dann immer lauter.

"A-G-T. T-G-T. A-T-G. T-G-T!"

"Halt den Mund!" Der bärtige Mann, der vorher Cygnus zu Carlos geführt hatte, verpasste ihm einen Tritt, worauf die neben mir sitzende Alba sichtlich Mühe hatte, nicht aufzuspringen. Cygnus rutschte am Boden entlang zwischen Elijah und dem Mann. Ausserdem kam nun auch Carlos herbeigeeilt und riss seinen Handlanger zurück. Ich hörte, wie Carlos einige Worte an ihn richtete, in einer Sprache die mir ziemlich vertraut vorkam, die ich jedoch nicht verstand.

"Ta loco, cara?!"

Der bärtige Mann runzelte die Stirn.

"Um dos alvos?"

"Cale a boca, imbecil!", fauchte Carlos ihn an.

"Brasilianer", flüsterte Alba neben mir, jedoch nicht leise genug, um nicht die Aufmerksamkeit des uns am nächsten stehenden Verbrechers auf sich zu ziehen. Er stellte sich vor sie und hielt ihr die Pistole an die Stirn.

"Noch ein Wort, und ich puste dir die Birne weg."

Alba fixierte ihn, ohne die geringste Regung zu zeigen, sagte jedoch nichts. Der Mann rückte nach einigen weiteren, schrecklichen Sekunden endlich wieder ab.

Inzwischen hatte Cygnus sich hinter Elijah gesetzt und diesen von hinten her in den Arm genommen, um ihn zu beruhigen. Was ihm offensichtlich gelang, denn Elijahs Basentripletts waren nur noch leise zu hören. Ich wandte meinen Blick wieder Alba zu.

Sie hatte 'Brasilianer' gesagt, womit sie wohl die Herkunft der Männer gemeint haben musste. Wenn mich nicht alles täuschte, stammte Alba selbst aus Brasilien und konnte daher anhand der Aussprache Brasilianer von Portugiesen unterscheiden. Deswegen war mir die Sprache so bekannt vorgekommen! Als ich auf der alten Station bei der Flugleitstelle gearbeitet hatte, war mein Vorgesetzter, Joao Da Silva, Brasilianer gewesen. Vermutlich hatte ich ihn hin und wieder in seiner Muttersprache sprechen hören.

Viel wichtiger schien mir aber die Tatsache zu sein, dass Alba verstanden haben musste, was die Männer gesagt hatten. Ich konnte sie jedoch in diesem Augenblick schlecht danach fragen. Die Amazone schaute mich an und blinzelte. Dann blinzelte sie erneut. Und erneut. Ihre Augen schienen regelrecht zu flattern. Als einer der Männer an uns vorbeilief, hielt sie für einen kurzen Augenblick damit inne, dann ging das Flattern wieder los. Ich blickte sie verständnislos an, bis ich endlich begriff.

Morse!

Offenbar hatte Alba an jenem Wochenende, an dem Borys uns das Morse-Alphabet beigebracht hatte, heimlich aufgepasst und die alte irdische Kommunikationsform ebenfalls gelernt. Das war kein willkürliches Flattern ihrer Augenlider. Schnelle Blinzler für Punkte. Langgezogene Blinzler für Striche.

Ich begann, zu übersetzen.

'O', 'R', 'D', 'E', 'R', 'U', 'N' und ein 'G'. Pause. Orderung. Ein (vermutlich) unvollständiges Wort.

Ein 'E', dann 'N', 'T', 'F', gefolgt von einem Zeichen, welches ich nicht interpretieren konnte, dann ein 'H', ein 'R','U','N','G'. Pause. Entf_hrung. Entführung!

Ein 'A', ein 'L', 'V', 'O' und ein 'S'. Alvos - eines von dem Mann ausgesprochenen Worte, der Elijah getreten hatte.

Dann folgte eine Sequenz, die ich für einen kurzen Augenblick nicht wirklich begriff. Ein 'B' und ein 'T', jedoch nicht wirklich voneinander getrennt. Ah! Ein Sonderzeichen! Das Gleichheitszeichen!

Ein 'Z', gefolgt von einem 'I', dann 'E', 'L' und wieder 'E'. Ziele.

Alvos gleich Ziele... Orderung, Orderung... Lösegeldf-orderung! Keine Lösegeldforderung, sondern eine Entführung! Und Elijah war eines der Ziele!

Mit einem angedeuteten Nicken gab ich Alba zu verstehen, dass ich die Nachricht verstanden hatte. Dann begann mein Verstand auf Hochtouren zu arbeiten.

Die Lösegeldforderung war nichts weiter als eine Finte, um von der wahren Absicht dieser Bande abzulenken. Eine Entführung. Da Elijah eines der Ziele war, konnte hinter der ganzen Sache eigentlich nur Astral Solutions stecken. Sie waren die einzigen, denen seine tatsächliche Bedeutung als Genetiker im Allgemeinen und für CyCo im Besonderen bekannt war.

Ziele. Mehrzahl. Also beabsichtigten sie, weitere Leute zu entführen. Natürlich Cygnus. Er war vermutlich das Hauptziel. Eventuell noch Stefan Rudek - die Entführung des Architekten hätte den Bau der Station auf unbestimmte Zeit hin verzögert. Mit grosser Wahrscheinlichkeit gehörte ich ebenfalls zu den Zielpersonen, um als Druckmittel gegen Cygnus verwendet werden zu können. Sie hatten dafür den perfekten Zeitpunkt gewählt, da die 'Schatten' der Ziele gerade unbewaffnet waren. Was die traurige Möglichkeit eröffnete, dass der Sicherheitsoffizier draussen vor der Empfangshalle mit zu dieser Bande gehörte.

Aber wozu die Finte? Warum hatten sie die Zielpersonen nicht einfach mitgenommen, um die Station zu verlassen?... Natürlich! Es reichte nicht, die Station zu verlassen! Sie brauchten ein Raumschiff, welches sie mit den Entführten aus dem System bringen würde! Dazu benötigten sie eine Corvette, da eine solche einerseits klein genug war, um an der neuen Station anzudocken, andererseits über einen Antrieb verfügte, mit der interstellare Reisen möglich waren.

Beim Andocken hatte ich keine solche gesehen. Es waren lediglich einige zum Bauvorhaben gehörende Shuttles angedockt gewesen. Wir waren zwar selbst mit einer Corvette zur neuen Station geflogen, aber die Entführer konnten nicht davon ausgehen, dass wir genügend Antimaterie getankt hatten, um das System so schnell wie möglich verlassen zu können. Demzufolge hatten sie selbst für den Transport gesorgt - der allerdings noch nicht hier war. Sie hatten darauf verzichtet, eine Corvette vor Ort zu parkieren, um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Vermutlich hatten sie inzwischen ihren Transport kontaktiert, welcher nun zur Station unterwegs war - und mit grösster Wahrscheinlichkeit vor Ablauf der Lösegeldfrist hier eintreffen würde!

Verdammt! Die Zeit arbeitete für die Entführer. Aber noch bestand Hoffnung. In meinem Kopf nahm ein Plan Form an. Doch ich brauchte für die Durchführung noch eine Information.

*** Kapitel 10 - Cygnus ***

Stefan Rudek stupste mich an. Ich blickte zu ihm und stellte fest, dass er auf Ornella deutete. Sie wandte mir nun den Rücken zu, die Hände wie befohlen hinter dem Kopf verschränkt. Ihr linker Zeigefinger war dabei ständig in Bewegung und tippte immer wieder auf die andere Hand, als hätte sie einen nervösen Tick. Aber Ornella hatte keine nervösen Ticks. Ausserdem schien die Tipperei ein sich wiederholendes Muster zu ergeben... Dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Sie teilte mir gerade etwas im Morse-Alphabet mit!

Ich brauchte etwa zwei Minuten, um ihre Nachricht zu entziffern: Wartungsschächte. Offen. Fragezeichen. Einmal. Niessen. Gleichheitsszeichen. Ja. Zweimal. Niessen. Gleichheitszeichen. Nein.

Sie wollte also wissen, ob die Wartungsschächte offen waren oder nicht. Carlos hatte vorhin die Sicherheitsschleusen geschlossen, was normalerweise automatisch geschah, wenn irgendwo auf der Station ein Druckabfall registriert wurde, um zu verhindern, dass die Luft aus allen Räumen der Station gesogen wurde. Daher waren auch in Wartungsschächten entsprechende Sicherheitsschleusen verbaut, um die Versiegelung der einzelnen Räume sicherzustellen. Da sich aber die Station noch im Bau befand, war es durchaus möglich, dass die Schleusen der Wartungsschächte noch nicht in Betrieb genommen oder noch gar nicht eingebaut worden waren.

Ich wandte mich wieder Stefan Rudek zu, der Ornellas Nachricht wohl ebenfalls mitgelesen haben musste (zum ersten Mal seit seinem Besuch in 'Casa Sparks' war ich froh darüber, dass er das Morse-Alphabet ebenfalls beherrschte!). Er deutete ein Nicken an. Ich hoffte, sein Nicken richtig zu interpretieren und tat so, als müsste ich ein Mal niessen.

Ornellas 'nervöser Tick' hörte kurz auf. Dann übermittelte sie mir eine neue Nachricht: Entführung. Ziele. Doppelpunkt. Du. Elj. Stefan. Ich.

Die Kriminellen wollten also, wie ich bereits vermutet hatte, kein Lösegeld von Alina. Sie wollten uns entführen. Das ergab durchaus Sinn. Und Ornella schien einen Plan zu haben, um sie aufzuhalten.

Ich nieste erneut genau ein Mal.

Wieder hielt Ornella kurz inne, um dann eine neue Nachricht zu übermitteln: Fünf Striche, also eine Null. Zwei Striche und ein Punkt, also ein G. Gefolgt von zwei Worten. Brauche. Ablenkung.

***

Ich studierte fieberhaft, wie ich die Aufmerksamkeit aller Männer auf mich ziehen konnte - ohne dass dabei irgendjemand zu Schaden kam. Nun, wenn die Annahme korrekt war, dass es sich hierbei um eine Entführung handelte, dann würden die Entführer mich, eine der Zielpersonen, wohl kaum erschiessen. Nicht, wenn sie den Auftrag hatten, mich lebend abzuliefern. Mir kamen in diesem Augenblick die vielen Pokerabende in den Sinn. Manchmal musste man einfach ein Risiko eingehen, wenn man trotz eines schlechten Blattes gewinnen wollte. Das war wohl eine dieser Gelegenheiten. Ich liess Elijah los, rutschte von ihm weg und sprang dann Stefan an.

"Das ist alles deine schuld!", rief ich, während ich ihn packte und zu Boden drückte. Ich zwinkerte ihm kurz zu, in der Hoffnung, dass er meine Absicht verstehen würde. Er zwinkerte zurück und setzte sich zur Wehr. "Wärst du bei der Personalauswahl sorgfältiger gewesen, wären wir nicht in dieser Situation!"

Ich liess mich von ihm abwerfen, und er schlug mir eine Faust in den Magen.

"Spinnst du?! Ihr da unten wählt das Personal aus, nicht ich!"

Wir rollten raufend über den Boden, bis uns vier der Männer auseinanderzerrten. Aus dem Augenwinkel verfolgte ich, wie Ornella die Gelegenheit nutzte, um einen der Männer von den Füssen zu reissen, anschliessend blitzschnell aufsprang und in den Raum hinter den Schaltern spurtete.

"Borra! Peque a mulher! Viva!", rief Carlos. Der Mann, der von Ornella umgeworfen worden war, rappelte sich auf und nahm die Verfolgung auf.

*** Kapitel 11 - Ornella ***

Ich durfte keine Zeit verlieren, musste die wenigen Sekunden Vorsprung optimal nutzen. Trotzdem richtete ich in Gedanken ein Stossgebet an die Sterne. Wenn ich je deren Hilfe gebraucht hatte, dann jetzt. Ich eilte zur Rückwand des Flottenaufenthaltsraumes und hoffte, dass sich Stefan an die Flottenvorgaben gehalten hatte und der Wartungsschacht auch tatsächlich an der Stelle gebaut worden war, an der er hingehörte. Tatsächlich. Da war das entsprechend gekennzeichnete Panel, hinter dem sich der Schacht befinden musste. Ich drehte am darauf angebrachten Griff, worauf es sich von der Wand löste und den Blick auf den nach unten verlaufendem Schacht samt Leiter freigab. Ich kroch hastig hinein und liess mich fallen, während ich bereits Schritte hinter mir hörte.

Der Schacht war knappe drei Meter tief, und ich stiess hart auf dem Boden auf. Hier kreuzten sich zwei horizontale Schächte, allesamt nicht höher als einen halben Meter. Zu meinem Glück hatte das Fortbewegen in solch engen Wartungsschächten zur Ausbildung der Flotte gehört. Es wurden jeweils sogar Wettbewerbe veranstaltet, wer am schnellsten durch den Schachtparcour auf dem Ausbildungsgelände kam, und ich hatte als drittschnellste meines Jahrganges abgeschnitten. Vielleicht konnte ich hier meinen Vorsprung auf meinen Verfolger ausbauen. Ich dankte den Sternen dafür, dass ich mir vor einigen Wochen die Zeit genommen hatte, die Pläne der neuen Station eingehend zu studieren und zu verinnerlichen und wählte den Schacht aus, der unter der Empfangshalle entlangführte, da er mich am schnellsten zu meinem Ziel führen würde. Offenbar funktionierte hier die Beleuchtung noch nicht richtig, denn alsbald war es um mich herum stockfinster. Ich verbuchte dies als Vorteil, denn ich brauchte kein Licht, um vorwärtszukrabbeln, während mein Verfolger mich so nicht sehen konnte (es sei denn, er hatte eine Taschenlampe dabei). Alsbald gelangte ich zu einer weiteren Kreuzung und bog nach links ab, kroch weitere fünfzig Meter weiter und stieg eine Leiter nach unten. Dann hielt ich einige Sekunden inne, um in die Dunkelheit zu lauschen. Mein Verfolger hatte anscheinend an Boden verloren, doch er kam eindeutig näher. Ich machte mich wieder auf den Weg, etwas langsamer dieses Mal, um möglichst wenig Geräusche zu produzieren.

***

Nach einigen endlos erscheinenden Minuten in dem finsteren Labyrinth, erreichte ich endlich mein Ziel. Leider krachte dabei das Panel geräuschvoll auf den Boden, als ich es löste, um in dem Raum zu gelangen. Zweifelsohne würde mein Verfolger dies mitbekommen. Trotzdem. Ich hatte meinen Vorsprung etwas ausgebaut und hatte nun etwas Zeit gewonnen. Dies hier war eine der Umkleidekabinen der Arbeiter, hinter der sich eine der Schleusen zum Vakuum des Alls befand. Ich schlüpfte in Rekordzeit in einen Raumanzug, griff nach einem der kleinen tragbaren Laserschweisser und versiegelte damit die Tür der Umkleidekabine. Dann schnallte ich den Schweisser an meinen Gürtel und eilte genau in dem Moment zur Schleuse, als mein Verfolger aus dem Schacht trat. Er rief mir noch irgendetwas unverständliches zu, doch ich hatte die Tür zur Druckkammer bereits erreicht, schloss diese hinter mir und liess sofort die Luft aus der Kammer entweichen. Er funkelte mich durch das Sichtfenster wütend an, während ich ihm kurz zuwinkte und die Tür zum Weltall öffnete.

*** Kapitel 12 - Cygnus ***

"Okay, Cygnus, was hat deine kleine Freundin vor?", fragte mich Carlos feixend. Er hatte mich von einem seiner Handlanger zu ihm nach vorne bringen lassen.

"Woher soll ich das wissen?", antwortete ich mit steinerner Miene. "Ich kann keine Gedanken lesen."

Er gluckste und schlug mir gleich darauf die Faust voll aufs linke Auge. Ich taumelte, konnte mich jedoch auf den Füssen halten. Der Schlag hatte mich veranlasst, mich halbwegs umzudrehen, und ich konnte sehen, wie Emilio und Dimitrios erste Anstalten machten aufzustehen. Ich schaute sie an und schüttelte kaum merklich den Kopf. Dann wandte ich mich wieder Carlos zu.

"Das war eine konzertierte Aktion, Cygnus", sagte dieser leise. "Ich habe keine Ahnung wie, aber irgendwie habt ihr miteinander kommuniziert. Daher wird sie dir auch mitgeteilt haben, was sie vorhat. Also nochmals: Was plant das Flottenmiststück?"

Ich fixierte ihn, während das geschundene Fleisch um mein Auge herum pochte.

"Selbst wenn ich es wüsste - was ich nicht tue", log ich. "Denkst du wirklich, ich würde es dir sagen?"

"Du hegst also einen Todeswunsch, ja?", erwiderte Carlos und setzte mir die Mündung seines Gewehres an die Brust. Das Pochen an meinem Auge nahm zu.

"Hah!", erwiderte ich trotzig. "Da würden sich deine Auftraggeber aber bestimmt freuen, wenn du mich als Leiche ablieferst."

Für einen kurzen Augenblick blitzte Überraschung in seinen Augen auf, doch dann fing er sich und setzte wieder sein fieses Grinsen auf.

"Kluges Bürschchen! Nun... ich könnte stattdessen eines der anwesenden Kinder statt dich töten. Ich wette, das würde deine Zunge lösen."

Ich behielt mein Pokerface bei. Die Vorstellung, dass er anfangen würde, Geiseln - Kinder! - zu töten, versetzte mich innerlich in Angst und Schrecken, doch ich liess mir nichts anmerken.

"Ihr seid aktuell zu siebt. Hier im Raum dürften so um die dreihundert Siedler sein", erwiderte ich leise. "Was meinst du, was passiert, wenn du anfängst, Kinder abzuknallen? Ich glaube nicht, dass ihr diese dann noch unter Kontrolle behalten könnt."

"Willst du es darauf ankommen lassen?", fragte er drohend.

"Willst DU es darauf ankommen lassen?", fragte ich herausfordernd zurück. "Ich habe dir bereits gesagt, dass ich nicht weiss, was sie vorhat. Du denkst, es sei eine konzertierte Aktion gewesen. Und ich sage dir, dass sie lediglich die Gelegenheit genutzt hat. Du kannst mir glauben schenken, oder auch nicht. Deine Entscheidung."

Er musterte mich noch einen Augenblick lang, dann senkte er das Gewehr und begann zu lachen.

"Na schön, Cygnus. Es spielt sowieso keine Rolle. Enrique wird sie schon bald zu fassen kriegen. Und jetzt geh, und setz dich wieder brav zu den anderen hin."

Ich lief zurück zu Elijah, während ich in Gedanken Alina für ihre Lektionen in Sachen Poker dankte.

*** Kapitel 13 - Ornella ***

Ich wartete an der inzwischen geschlossenen Aussentür der Schleuse und blickte durch das Bullauge hinein in die Druckkammer. Mein Verfolger hatte inzwischen ebenfalls einen Raumanzug angezogen, die Kammer betreten und machte nun Anstalten, die Luft aus der Kammer saugen zu lassen, um mir zu folgen. Ich wartete noch einige Sekunden, dann begann ich, die Aussentür zu verschweissen.

So! Diese würde sich nun nicht mehr öffnen lassen, womit mein Verfolger nun zu jeder Menge zeitraubender Aktionen gezwungen war: Er würde den Druck in der Kammer wieder aufbauen müssen (was immer etwas länger dauerte als das Ablassen der Luft), bevor er die Innentür der Kammer wieder öffnen konnte. Dann würde er, nachdem er festgestellt hatte, dass ich die Tür der Umkleidekabine ebenfalls versiegelt hatte, den Raumanzug wieder ausziehen müssen, um wieder durch den Schacht kriechen zu können (Der Schacht war zwar durchaus weit genug, um auch in einem Raumanzug durchzupassen, aber man kam bei vorhandener Schwerkraft wesentlich langsamer voran als ohne Raumanzug).

Selbst wenn mein Verfolger den Stationsaufbau so gut kennen sollte wie ich, würde er mindestens zehn Minuten brauchen, um zur nächstgelegenen Umkleidekabine mit Zugang zum Weltraum zu gelangen. Bis dahin würde ich längst weg sein und unter den unzähligen Drohnen und Arbeitern die sonst noch herumschwirrten unauffindbar bleiben. Ich hatte ihn ein für allemal abgehängt. Zufrieden machte ich mich auf den Weg zur Achse.

***

Ich erreichte die Andockstationen der Achse just in dem Moment, als eine pechschwarze Corvette ohne erkennbare Insignen anlegen wollte. Das musste der Transport sein, der die Entführer von der Station holen sollte. Jetzt war Eile geboten!

Die Corvette hatte bereits mit dem Andockmanöver begonnen. Die Station fuhr schon die flexible Andockröhre, die ein wenig an den Balg eines Akkordeons erinnerte, aus und koppelte diese an der Seitenluke der Corvette an. Ich erreichte die Röhre, welche durch innere Verstärkung ihre Form behielt, nahm den Laserschweisser in die Hand und schnitt ein Loch. Der Druckausgleich hatte bereits begonnen, und fast hätte mir die nun herausströmende Luft den Schweisser aus der Hand gerissen! Ich konnte ihn zu meiner grossen Erleichterung gerade noch festhalten. Er hatte noch einige letzten Aufgaben zu erfüllen.

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