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Die Köningin der Drachen

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Auch er brüllt, wie am Spieß. Er muss Höllenqualen leiden. Es ist ein fürchterliches Schauspiel, das sich vor unseren Augen abspielt. Es beeindruckt aber nicht nur mich, sondern auch die Männer vor mir. Die noch verbliebenen Krieger schauen sich einen Moment lang panisch an und als hätten sie wortlos einen Entschluss gefasst, rennen sie in alle Richtungen davon. Ich bleibe mit dem Drachen allein auf der Lichtung zurück. Der Anführer zerfällt zu einem Häufchen Kohle. Nur das Schwert erinnert daran, dass er einmal ein Krieger war.

Kapitel 3

Eine Minute, die mir wie eine Ewigkeit vorkommt, stehe ich da und starre auf den Drachen, der den flüchtenden Kriegern gelassen hinterherschaut. Ich habe den Eindruck, als würde er grinsen. Aber so etwas kann nicht sein. Ein Drache kann doch nicht grinsen!

Erst nach einiger Zeit macht er einen Schritt auf mich zu. Davon werde ich aus meinen Überlegungen gerissen und es versetzt mich für einen Augenblick in Panik. Das Tier hat mich zwar vor den Männern gerettet, aber was letztendlich seine Absichten sind, das weiß ich noch immer nicht. Deshalb drücke ich mich erneut etwas ängstlich gegen den Felsen. Ein Entkommen ist dieses Mal noch aussichtsloser. Selbst der Weg über die Felswand ist ausgeschlossen. Der Drache würde mich aufgrund seiner Größe locker herunterholen.

„Hast du etwa Angst vor mir?", höre ich die Stimme in meinem Kopf lachen.

„Brauche ich die nicht zu haben?"

„Ich habe dir doch gesagt, dass ich Freja bin. Übrigens, du kannst auch über Gedanken mit mir kommunizieren und musst nicht laut durch die Gegend brüllen."

Erst jetzt fällt mir auf, dass ich etwas laut spreche, etwas sehr laut sogar. Aber das war wohl deshalb, weil der Drache den Kopf so weit oben hat und ich nicht weiß, wie gut die Viecher hören. Aber wenn es auch mit Gedanken geht, dann versuche ich es einfach einmal auf diese Weise.

„Welche Freja bist du?"

„Jetzt hör aber mal, du hast mich schon nach zwei Wochen vergessen? Du bist mir aber eine Freundin."

„Zwei Wochen? Wenn schon, sind es zwei Monate. Aber, wie kannst du meine Freundin sein."

„So lange ist das schon her. Habe gar nicht gemerkt, wie schnell die Zeit vergeht", meint sie lachend. „Warum soll ich nicht deine Freundin sein?"

„Du bist ein Drache und sie ist gestorben."

„Ach das, das ist eine lange Geschichte. Ich bringe dich erst einmal nach Solana. Sirius, unser oberster Gelehrter, wird dir alles erklären."

„Wo sollen wir hin?"

„Ins Land Solana."

„In ein anderes Land?

„Ja, jetzt mach schon!"

„Wie genau willst du mich dorthin bringen?"

„Mann, du nervst mit deiner ewigen Fragerei. Du warst doch früher nicht so schwer von Begriff. Wir fliegen, was sonst?"

„Wir tun was?", frage ich geschockt.

„Du kletterst auf meinen Nacken und setzt dich dort nieder. Du kannst dich an einem der Stacheln festhalten."

„Und du schwingst dich in die Lüfte."

„Ja, genau so hatte ich mir das vorgestellt."

Entgeistert schaue ich nach oben. Wieso soll ich einem Drachen trauen, der behauptet, er sei Freja. Da könnte jeder daherkommen und versuchen, auf diese Weise mein Vertrauen zu erschleichen. Doch als ich in die Augen des Tieres blicke, verschwinden augenblicklich sämtliche Bedenken. Sie sind nicht mehr feuerrot, sondern haben wieder ihre normale Farbe angenommen. Das sind eindeutig die Augen meiner besten Freundin. Daran besteht nicht der geringste Zweifel. Diese Wärme, die von diesen Augen ausgeht, die gibt es nur einmal auf dieser Welt.

„Du bist es wirklich", sage ich erstaunt.

„Was hast du gedacht?", grinst der Drache. „Und jetzt steig endlich auf!"

„Na gut, auf deine Verantwortung."

„Steig auf meine Vorderpfote, ich hebe sie an und du musst nicht den ganzen Weg hinaufklettern."

„Es ist auch so immer noch hoch genug", grinse ich. „Du bist in letzter Zeit ganz schön groß geworden."

Wir lachen beide und wie von Freja vorgeschlagen, steige ich auf die mir hingehaltene Vorderpfote, sie hebt sie an soweit sie kann und schon bin ich auf halber Höhe. Den Rest schaffe ich mit etwas Mühe allein und sitze schließlich in ihrem Nacken. Ein wenig unsicher schaue ich mich von oben aus um. Ich bin gute 30 Meter über dem Boden. Es ist ein sehr ungewohntes Gefühl. Aus dieser Perspektive habe ich den Wald noch nie gesehen.

„Was ist mit meiner Mutter?", fällt mir ein.

„Die besuchen wir, sobald Sirius dir alles erklärt hat und du weißt, worum es hier geht."

„Sie wird sterben vor Sorge."

„Sie wird es überleben. Sie wird glauben, du hast dich im Wald verirrt."

„Sie wird schimpfen, wenn ich nach Hause komme."

„Das wird sie ganz bestimmt", lacht Freja. „Aber das tut sie doch immer."

„Wie du sagst, sie wird es überleben", lache nun auch ich.

„Bereit?"

„Ja, ja, von mir aus. Sei aber vorsichtig."

„Und du zapple nicht so herum und halte dich gut fest!"

Ich habe immer noch ein flaues Gefühl im Magen. Hätte mir jemand vor ein paar Minuten erzählt, dass ich irgendwann im Nacken eines Drachens sitze und darauf warte, dass dieser sich vom Boden abstößt und in die Lüfte erhebt, dann hätte ich ihn auf der Stelle für verrückt erklärt. Aber da ich nun weiß, dass Freja bei mir ist, betrachte ich das Geschehen mit vorsichtiger Zuversicht.

Ein mulmiges Gefühl im Magen habe ich aber trotzdem. Ich bin schließlich kein Vogel und auch nicht gemacht, fürs Fliegen. Ich bin nur ein ganz normaler Mensch.

Lange überlegen kann ich aber eh nicht. Freja stößt sich mit einem gewaltigen Schub ihrer Beine vom Boden ab, breitet die Flügel aus und schon mit dem ersten Schlag werden wir etwa 60 Meter nach oben gesogen und schwingen uns mit jeder weiteren Bewegung ihrer gewaltigen Flügel rasend schnell in die Höhe. Schon bald sind wir weit oben bei den Wolken. Es ist unglaublich.

Der Drache unter mir ist ein ausgesprochen majestätisches Tier. Ich kann nur staunen. Ich sitze auf einem Drachen und fliege! Wahnsinn! Das ist der absolute Wahnsinn.

Als wir die Höhe erreicht haben, geht Freja in einen eleganten Gleitflug über und wir schweben ruhig und nahezu geräuschlos weit oben über Wälder und Wiesen hinweg. Ich bin fasziniert und blicke voller Anspannung nach unten. Ich bin vermutlich der erste Mensch, der fliegt.

„Können uns die Menschen vom Boden aus sehen?", frage ich.

„Nein, keine Sorge. Ich bin ein Schattendrache."

„Deshalb die dunkelgraue Farbe?"

„Anthrazit bitte", grinst sie.

„Ja, ja, Anthrazit, wenn du unbedingt darauf bestehst", grinse nun auch ich. „Ist das etwas Besonderes?"

„Ein Schattendrache? Na, hör mal! Schattendrachen sind die Drachen der Könige."

„Der Könige, soso und dann fliege ausgerechnet ich auf so einem Vieh", lache ich.

„Nenn mich noch einmal Vieh und ich werfe dich ab", fährt mich Freja gespielt beleidigt an.

„Schon gut, du Kuscheldrache", necke ich sie.

„Jetzt hör mal, du musst mich nicht andauernd beleidigen, ich bin ein Schattendrache und damit ein stolzes Tier."

„Schon gut, meine Liebe, ich bin nur überrascht, welche Wendung die Sache genommen hat. Vor noch nicht einmal einer Stunde bin ich durch den Wald gestapft, um Holz zu sammeln, wurde von Kriegern aus einem mir fremden Land angegriffen und nun sitze ich auf einem Schattendrachen und fliege über den Himmel dahin in ein Land, von dem ich noch nie etwas gehört habe. Wärst du noch ein Mädchen, würde ich dich bitten, mich zu kneifen."

Ich höre ein Lachen in meinem Kopf, dann macht Freja einen Schwenk und ich greife wieder panisch zum Stachel vor mir. Da ich mich allmählich an das Fliegen gewöhnt hatte, war ich etwas nachlässig geworden. Mit der Kurve, die Freja fliegt, wäre ich allerdings fast aus dem Gleichgewicht geraten und in die Tiefe gestürzt.

„Sei etwas vorsichtig, sonst stürze ich zu Boden", fahre ich sie erschrocken an.

„Das sollten wir definitiv vermeiden", kichert sie.

Wir fliegen einige Zeit schweigend dahin. Ich schaue mich voller Neugier um. Vor lauter Staunen kann ich gar nicht sprechen. Wir fliegen über eine sich immer wieder verändernde Landschaft. Da sind Wälder und Wiesen, ab und zu kann ich auch Häuser erkennen, bei einigen kommt Rauch aus dem Schornstein, bei anderen weiden in der Nähe des Gebäudes Kühe oder Pferde, so genau kann ich es von hier oben aus dann doch nicht erkennen. Ich sehe Flüsse und Seen, aber auch Schluchten und Berge. Ich bin fasziniert von diesem Anblick.

Wir sind seit etwa einer halben Stunde in der Luft, da nähern wir uns einem Gebirgszug. Von der Erde aus muss er gewaltig sein und ich hätte ihn für unüberwindlich gehalten. Für einen Drachen ist das kein Problem. Mühelos schwingt sich Freja mit wenigen Flügelschlägen etwas weiter in die Höhe und lässt die Gipfel mit spielerischer Leichtigkeit unter sich. Lediglich die Luft um uns herum wird etwas kälter. Das dauert aber nicht lange. Wir überfliegen die Gebirgskette und etwas weiter dahinter lässt sie sich langsam wieder absinken.

Im strahlenden Sonnenschein liegt ein unglaublich schönes Land vor uns. Auch hier kann ich Wälder und Wiesen erkennen, aber alles wirkt wärmer und fruchtbarer, die Farben sind intensiver und ausgedehnte Seen geben dem Land immer wieder einen blauen Farbtupfer.

Ich genieße den Flug in vollen Zügen. Ich spüre deutlich, wie ich mich mehr und mehr entspanne. Auf dem Rücken dieses starken Drachens fällt jede Anspannung von mir ab. Erst jetzt wird mir bewusst, wie vollgepumpt ich mit Adrenalin war. Das ist allerdings kein Wunder. Schließlich wollte eine ganze Horde von Kriegern aus einem Land, das ich nicht kenne, ... sie wollten mich ... ja, was genau wollten die denn von mir?

Sie wollten mich vor ihren König schleifen, ja genau, das wollten sie. Töten wollten sie mich also nicht. Das ist schon mal gut. Allerdings hätte ich echt keine Lust gehabt, in ein mir fremdes Königreich verschleppt zu werden und dabei noch nicht einmal zu wissen, wozu das Ganze gut sein soll.

„Wir sind gleich da", informiert mich Freja. Sie reißt mich damit aus meinen Überlegungen.

Ich brauche zunächst einige Zeit, um mich wieder auf meine Umgebung zu konzentrieren. Freja befindet sich eindeutig im Sinkflug. Sie hält auf eine Ansammlung von Gebäuden zu, eines davon ist deutlich größer und prächtiger als alle anderen. Es muss auf einem Hügel stehen. Erst als wir näher daran sind, wird mir bewusst, dass es sich um ein Schloss handelt.

Dieses muss unglaublich prächtig sein. Das Dach glänzt in der Abendsonne, als wollte es mit dieser um die Wette funkeln. Viele spitze Türme recken sich in die Höhe, so als wollten sie nach dem Himmel greifen und der gesamte Bau strahlt eine unglaubliche Macht aus. Die anderen Gebäude liegen am Fuße der Erhebung. Es dürften normale Häuser, Scheunen und ähnliches sein.

Etwas weiter entfernt liegt eine kleine Stadt. Sie scheint reich zu sein, denn die Häuser sehen äußerst gepflegt aus, jedes hat seinen kleinen Garten und die Menschen schlendern gut gelaunt durch die Straßen. Ich kann beim Näherkommen sogar Kinderlachen hören und sehe auch immer wieder welche, die in einer Gasse oder in einem Garten spielen.

Unser Näherkommen scheint die Menschen unter uns nicht zu beunruhigen. Sie gehen weiter ihren Tätigkeiten nach. Sie schauen zu uns hoch, einige winken uns sogar zu, vor allem die Kinder.

„Können die Menschen uns sehen?"

„Natürlich, wir sind tief genug und die Menschen von Solana sind alle in der Lage Drachen zu erkennen."

„Auch Schattendrachen?"

„Am Tag schon, in der Nacht tun auch sie sich schwer."

„Aber niemand hat Angst vor dir."

„Warum sollten sie?"

„Na hör mal, du bist ein riesiger Drache."

„Die Menschen hier sind an Drachen gewöhnt. Hier gibt es sie schon seit Jahrhunderten."

„Du musst mir mehr über die Drachen erzählen."

„Ja, aber nicht jetzt. Wir müssen dringend zu Sirius."

Freja nimmt Kurs auf eine Wiese am Hang des Schlosshügels. Mir ist klar, dass sie dort landen will. Deshalb halte ich mich vorsorglich wieder am Stachel fest und frage nicht, wer dieser Sirius wohl sein soll, auch wenn es mich interessiert.

Als wir dem Boden immer näher kommen, werde ich wieder nervös. Ich habe schließlich keine Ahnung, wie die Landung eines Drachens vor sich geht. Könnte gut sein, dass es eine Bruchlandung wird.

„Keine Sorge, hier zu landen ist kein Problem für mich", meint Freja.

Sie muss wohl meine wieder zunehmende Anspannung gespürt haben und versucht mich deshalb zu beruhigen. Trotzdem bin ich neugierig, wie wir zurück auf den Boden kommen. Doch zu meiner Überraschung legt Freja eine astreine Landung hin und ich werde nicht einmal durchgerüttelt.

„Das hat du gut gemacht", lobe ich sie.

„Willst du mich beleidigen? Ich kann das inzwischen."

„Was heißt inzwischen?"

„Ich musste das auch erst lernen."

„Und wie lange hast du gebraucht?"

„Zwei Wochen, dann hat es halbwegs geklappt, nach einem Monat war ich perfekt."

„Und wie viele Bruchlandungen hast du hingelegt?", frage ich lachend.

„Schon ein paar, aber als Drache ist man da nicht so zimperlich", grinst nun auch sie.

Ich steige etwas umständlich ab. Sollte ich öfters auf dem Drachen fliegen müssen, werde ich mir ein Seil am Stachel befestigen, das ich herunterlassen kann und mit dessen Hilfe der Abstieg besser funktioniert, nehme ich mir vor.

Wie ich mich so an meiner Freundin herunterhangle, überkommt mich Trauer. Ich würde meine Freundin so gerne in den Arm nehmen. Aber wie bitte soll das mit einem Drachen funktionieren?

Zudem befällt mich erneut Unsicherheit. Oben, in der Luft, habe ich mich absolut sicher gefühlt und auch das Fliegen war der Hammer. Je näher ich jedoch dem Erdboden komme, umso deutlicher wird mir bewusst, dass ich mich in einem Land befinde, von dessen Existenz ich noch nie gehört habe. Was wird mich hier wohl erwarten?

„So, und was nun?", frage ich in Gedanken meine Freundin. Ich habe inzwischen wieder festen Boden unter den Füßen.

„Moment, ich muss mich verwandeln, dann gehen wir ins Schloss."

„Was musst du?"

Doch statt mir eine Antwort zu geben, knackt es etwas laut und die Umrisse des Drachens verschwimmen. Sie verändern sich ständig, als sei es eine Seifenblase, die in der Luft ihre Form laufend verändert und rasant zu schrumpfen beginnt. Es geht zwar unglaublich schnell, aber ich bekomme jeden einzelnen Moment der Transformation genau mit. Schlussendlich steht meine Freundin vor mir. Freja, so wie sie immer war.

„Was ist das denn?", frage ich geschockt.

Mein Verstand rebelliert. So etwas kann es nicht geben, meine Freundin ist vor meinen Augen gestorben. Sie kann unmöglich wieder vor mir stehen, als wäre nie etwas geschehen. Selbst die Frisur ist wie immer.

„Das ist etwas schwierig zu verstehen, das gebe ich ehrlich zu. Lass uns keine Zeit verlieren und zu Sirius gehen. Er kann dir alles erklären, so wie er es mir erklärt hat."

„Bist du es wirklich?", frage ich noch immer ungläubig. „Komm her! Lass dich umarmen!"

Ich mache zwei schnelle Schritte auf meine Freundin zu, ziehe sie in meine Arme und drücke sie fest an meine Brust. Wie sehr habe ich mich in den letzten zwei Monaten nach einer solchen Umarmung gesehnt. Ich hätte allerdings nie geglaubt, dass dies doch noch einmal Wirklichkeit wird.

Ich bleibe eine Zeit lang einfach nur so stehen und genieße es, sie an mich zu drücken, sie zu spüren, ihren Duft wahrzunehmen, mich an den Gedanken zu gewöhnen, dass ich sie doch nicht verloren habe, wie ich befürchtet hatte. Es ist wunderschön und unglaublich gleichermaßen.

„Drück mir nicht das Leben aus dem Leib. Ich will nicht noch einmal sterben", kichert sie.

Erst jetzt löse ich mich von ihr. Ich halte sie an den Schultern fest und auf Armeslänge von mir weg. Ich lasse meinen Blick über sie gleiten, ich will mich versichern, dass wirklich sie es ist. Aber jedes Detail stimmt, jedes Muttermal, jede Kleinigkeit.

„Lass dich ansehen, du bist es wirklich", schwärme ich. „Du hast keine Ahnung, wie schlimm die zwei Monate ohne dich waren."

„Du hast mir auch gefehlt, sehr sogar. Aber ich durfte dich vorher nicht hierherbringen."

„Weil du noch nicht richtig fliegen konntest?", necke ich sie.

„Sirius wollte kein Risiko eingehen", erklärt sie. „Aber gestern hat er gespürt, dass du in Gefahr bist, und hat mich früher losgeschickt als zunächst geplant. Und nun bist du hier!"

„Nun bin ich hier. Und jetzt?"

„Komm mit!"

Sie nimmt mich bei der Hand und wir gehen den Hügel hinauf, direkt auf das gewaltige Schlosstor zu. Ich habe noch nie so etwas Imposantes gesehen. Wir laufen nebeneinander, wie wir es seit Kindertagen immer gemacht haben. Wir halten unsere Hände, schwingen ausgelassen die Arme vor und zurück, springen bei jedem Schritt etwas in die Höhe und lassen ab und zu ein Juchzen hören.

„Sind alle Drachen auch Menschen?", frage ich.

„Wir können uns beliebig verwandeln, wenn wir es erst einmal können."

„Wie bist du hierhergekommen. Ich verstehe das nicht."

„Nur noch ein klein wenig Geduld, dann wird dir Sirius alles erklären."

„Wer ist dieser Sirius?"

„Er ist der oberste Gelehrte von Solana und der Berater der Königin."

„Solana hat eine Königin?"

„Im Moment nicht."

„Gibt es keine Nachkommen?"

„Doch, die gibt es, eine starke, junge Frau", grinst sie.

Ich schaue sie etwas skeptisch an und ziehe dabei die rechte Augenbraue nach oben. Warum grinst sie denn so komisch? So kenne ich sie gar nicht. Doch nachzufragen habe ich keine Zeit mehr. Wir haben das Schlosstor erreicht.

„Herzlich willkommen, Freja", sagt eine der Wachen. Es muss der Anführer sein, denn er trägt eine etwas edlere Uniform als die anderen.

Verwundert bin ich aber vor allem darüber, dass nicht nur er, sondern auch seine Leute den Kopf neigen. Ich nehme an, dass die Wachen einfach nur freundlich sind und dass man sich in diesem Land so begrüßt. Deshalb neige ich ebenfalls mein Haupt. Die Männer jedoch schauen mich überrascht an. Zudem fällt mir auf, dass Freja die Geste nicht erwidert.

Meine Freundin muss sehr angesehen sein, in diesem Land. Die Wachen haben sich vor ihr verneigt. Ich aber bin wohl nur die Begleitung und werde neugierig begutachtet.

Der Anführer der Wachleute tritt zur Tür und öffnet sie für uns. Freja geht hindurch und gibt mir zu verstehen, es ihr gleichzutun. Ich schenke den Männern noch ein freundliches Lächeln und folge dann meiner Freundin.

„Na komm, nicht so schüchtern", meint sie.

„Für mich ist hier alles neu", antworte ich entschuldigend.

Sie aber lächelt nur und schreitet mit langen und entschlossenen Schritten über den Innenhof, den wir rasch durchqueren und auf ein beeindruckendes Eingangsportal zugehen. Auch hier verneigt sich die Wache und öffnet uns die Tür. Wir gehen hindurch und stehen in einer riesigen Eingangshalle. Diese ist nicht nur groß und beeindruckend, sondern auch von überwältigender Schönheit. Ich bleibe einen Moment staunend stehen.

Der Boden ist mit perfekt weißem Marmor ausgelegt, die Fenster sind riesig, bunt und mit wunderschönen Szenen aus dem Leben versehen. Die Darstellungen sind dermaßen realistisch, dass ich beinahe den Eindruck habe, ein abgebildeter Reiter würde mit seinem Pferd über die Wiese galoppieren, der Wind ihm sein halblanges Haar nach hinten wehen und die Vögel mit ihm um die Wette fliegen.

„Schön hier, nicht wahr?", lächelt Freja.

„Unglaublich schön", bestätige ich.

„Komm, das kannst du nachher auch noch bewundern. Wir machen nach dem Essen eine Schlossführung."

Als würde er antworten, knurrt in dem Moment mein Magen. Freja lacht vergnügt. Erst jetzt wird mir bewusst, dass ich Hunger habe, großen Hunger sogar. Ich hatte nur ein dürftiges Frühstück. Danach habe ich etwas getrödelt und anschließend bin ich in den Wald gegangen. Es war schon nach Mittag, als mich die Krieger entführen wollten.

Es hat dann einige Zeit gedauert, bis wir sie endlich losgeworden sind und der Flug hierher hat dann auch noch seine Zeit in Anspruch genommen. Es wird so etwa gegen 5 Uhr am Nachmittag sein, schätze ich. Deshalb ist es auch kein Wunder, dass mein Magen sich bemerkbar macht.