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Die Köningin der Drachen

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„Ich kenne dich doch", grinst meine Freundin. „Komm, wir gehen in den Speisesaal."

Während links und rechts der Eingangshalle wunderschöne geschwungene Treppen nach oben zu einer Galerie führen, betreten wir darunter genau in der Mitte einen Gang.

„Was ist das für ein Schloss?", frage ich neugierig.

„Das ist Schloss Solana, das Königsschloss dieses Landes."

„Dann gibt es hier auch einen Thronsaal?"

„Den gibt es", grinst Freja. „Den besuchen wir in den nächsten Tagen."

„Da dürfen wir hinein?"

„Wir sollen sogar, nur nicht jetzt."

„Muss ich mich jemandem vorstellen?"

„Ja, das musst du. Aber das hat noch Zeit."

Das Dauergrinsen meiner Freundin irritiert mich. Sie war doch früher nicht so gut gelaunt. Sie war von uns eher die Pessimistin, ich war die Zuversichtliche und musste sie die meiste Zeit aufmuntern. Nun aber scheint es genau umgekehrt zu sein. Wobei ich allerdings den Verdacht hege, sie verschweigt mir etwas, das entscheidend sein dürfte.

„Komm!", meint sie.

Für mich überraschend wendet sie sich nach rechts und öffnet eine schön verzierte Tür. Als ich den Raum sehe, bin ich überrascht. Es muss eindeutig ein Speisezimmer sein, ein kleines. Hier finden höchstens zehn Personen an der Tafel Platz. Für ein Königreich etwas klein, finde ich.

„Das ist der kleine Speisesaal", grinst sie.

Sie muss wohl an meinem Blick durch den Raum verstanden haben, was ich denke. Doch was mich noch mehr überrascht, auf der Tafel liegen zwei Gedecke sowie zahlreiche Schüsseln und Teller, auf denen dampfende Speisen schön angerichtet dastehen, bereit verzehrt zu werden.

„Man hat uns erwartet?"

„Ich habe schon beim Losfliegen veranlasst, dass wir bei unserer Rückkehr etwas zu essen bekommen."

„Wenn du das veranlasst, dann wird aufgetischt?"

„Ich bin hier wichtig", grinst sie.

„Und ich?"

„Du bist mit mir hier", antwortet sie. Doch ihr Blick verrät mir, sie sagt auch dieses Mal nicht die ganze Wahrheit. Nachfragen allerdings will ich auch nicht.

Da ein Gedeck am Kopf des Tisches und eines zu dessen Rechten bereitliegen, will ich mich zu dem an der Seite setzten. Schließlich bin ich hier nur der Gast.

„Nein, du hast hier deinen Platz", bremst sie mich.

Dabei zieht sie den Stuhl heraus, der sich an der Kopfseite des Tisches befindet. Ich schaue sie fragend an, sie aber zuckt nur mit den Schultern.

„Das ist doch der Platz für ...", ich suche nach dem passenden Wort. „... für die wichtigste Person im Raum und die bist doch eindeutig du."

„Du bist meine Freundin. Dieser Platz gebührt eindeutig dir. Für mich bist du die wichtigste Person", antwortet sie grinsend.

Da sie mit dem Kopf eine auffordernde Bewegung zum Stuhl hin macht, den sie immer noch zurückgezogen festhält, gebe ich mich geschlagen und lass mich darauf nieder. Sie rückt mir sehr galant den Stuhl zurecht und ich komme mir vor, wie eine Prinzessin. Das ist auch kein Wunder, schließlich befinden wir uns in einem märchenhaften Schloss und ich darf hier sitzen, als sei ich die Königin in Person.

„Nimm, was immer du möchtest. Die Speisen sind für uns - zumindest die meisten - neu und ungewohnt, aber sie schmecken köstlich. Am besten, du versuchst, was dir ins Auge fällt."

„Danke, Freja. Guten Appetit."

Nun lege ich los. Mein Hunger treibt mich an. Ich nehme von diesem und von jenem, probiere das Fleisch, den Fisch und am Ende gleich drei Nachspeisen. Alles ist köstlich, wirklich köstlich. Freja hat nicht zu viel versprochen.

Vor lauter Essen habe ich keine Zeit zum Reden. Dabei plagen mich unzählige Fragen. Das ist schließlich auch kein Wunder, nach allem, was mir heute widerfahren ist. Als ich mich satt und zufrieden im Stuhl zurücklehne, entkommt mir ein kleiner Rülpser.

„Das war jetzt nicht ladylike", grinst Freja.

„Das war es ganz und gar nicht", sagt eine mir unbekannte, männliche Stimme von der Tür her.

Als ich dorthin blicke sehe ich einen alten Mann mit mittellangen, weißen Haaren und einem langen weißen Bart. Seine Figur ist schlaksig und er ist groß. Er trägt eine bodenlange, hellblaue Tunika. Auf den ersten Blick hat er etwas von einem Mönch.

„Und wer bist du, du komischer Kauz?", frage ich frech. Wer hat denn den bitte, um seine Meinung gefragt.

Freja holt hörbar Luft, der Mann schaut mich entgeistert an und ich weiß nicht, warum die beiden so reagieren. So bin ich eben. Besser gesagt, so war ich, bevor Freja starb und mich allein gelassen hat. Die letzten zwei Monate war ich sehr in mich gekehrt, deshalb fühlt es sich jetzt so unglaublich gut an, endlich wieder unbeschwert zu sein. Doch offenbar ist das jetzt auch nicht mehr recht.

„Serena!", meint Freja mit eindeutig tadelndem Unterton. Zu meiner Verwunderung ist er nicht gespielt, sie meint es ernst. Echt jetzt?

„Ja was denn? Der Typ kommt da herein, stellt sich nicht einmal vor und will gleich den Oberschlauen spielen. Solche Klugscheißer konnte ich noch nie leiden. Das weißt du ganz genau", antworte ich leicht genervt.

Wie kann sie mir nur so in den Rücken fallen? So kenne ich sie gar nicht. Sonst hat sie immer zu mir gehalten, egal was ich angestellt habe. Das Gleiche habe ich natürlich auch für sie gemacht.

Sie ist echt komisch, seit sie gestorben ist. Naja, ich gebe zu, dass das jetzt etwas sonderbar klingt. Außerdem ist sie ja nicht wirklich gestorben, sie ist vielmehr ein Drache geworden oder kann sich in einen solchen verwandeln. Wenn so etwas nicht komisch ist, was soll es dann sein.

Freja will mir antworten, aber der Mann gibt ihr ein Zeichen, sich zurückzuhalten. Natürlich gehorcht sie, das hat sie in solchen Situationen schon immer getan. Ich war die Aufmüpfige, die sich gewehrt hat, fast immer für uns beide. Deshalb will ich schon wieder etwas sagen, doch er kommt mir zuvor.

„Ich muss mich entschuldigen, das war unhöflich von mir. Ich hätte mich vorstellen sollen. Ich bin Sirius, der Berater der Königin."

„Soso! Der Berater der Königin? Ich dachte, ihr habt keine Königin", antworte ich immer noch genervt von vorhin. Wenn ich einmal in Fahrt bin, dann kann ich mich nur schwer bremsen. „Mann, hasse ich Leute, die sich mit Titeln schmücken, die ihnen nicht zustehen oder nicht mehr zustehen. Wer weiß denn, ob die neue Königin dich erneut zum Berater macht?"

„Da liegt ihr vermutlich nicht ganz falsch. So wie sich die Dinge im Moment entwickeln, könnte das durchaus der Fall sein", grinst er. Wie bitte? Der Typ grinst dabei? So eine Frechheit. „Aber ich denke wir sollten reden."

„Sollten wir?", halte ich bissig dagegen.

„Serena, bitte!", fährt nun Freja dazwischen. „Du solltest dir wirklich anhören, was Sirius dir zu erzählen hat. Es ist wichtig."

„Für wen? Für ihn oder für mich?"

„Für alle, wenn du es genau wissen willst", sagt sie sichtlich genervt. Seit wann reagiert sie denn so? „Du bist auf Krawall gebürstet. Lass das! Jetzt ist dazu der falsche Augenblick."

Ich schaue sie überrascht an. So hat Freja ja noch nie mit mir gesprochen. Sie war immer die Zurückhaltende und hat es immer gern mir überlassen, meine Meinung zu sagen. Es muss also sehr wichtig sein, wenn sie so energisch wird. Deshalb lenke ich ein.

„Na gut, erzähl!", sage ich auffordernd zu Sirius.

„Wir sollten uns dazu in die Bibliothek zurückziehen, wenn ich einen Vorschlag unterbreiten darf", meint er.

Mich wundert, dass er immer noch so höflich ist, wo ich ihn doch etwas schräg von der Seite her angepampt habe. Aber bevor ich etwas sagen kann, erhebt sich Freja schon.

„Das ist eine sehr gute Idee", meint sie.

Sie blickt mich auffordernd an und ich gebe nach. Auch ich erhebe mich und trotte hinter den beiden her. Ich habe wieder ein flaues Gefühl im Magen und frage mich, was da schon wieder auf mich zukommt. So ernst, wie die beiden sind, könnte mir das, was ich gleich hören werde, womöglich nicht sonderlich gut gefallen.

Kapitel 4

Wir verlassen den Speisesaal, nehmen einen Quergang und kommen schon bald zu einer reich mit Schnitzereien verzierten Tür, die auf Anhieb erahnen lässt, dass sich dahinter ein sehr besonderer Raum befindet. Als Sirius diese öffnet und ich einen ersten Blick in den Raum erhasche, bleibt mir kurz das Herz stehen. Mir ist sofort klar, dass die Bibliothek riesig sein muss. Ich male mir schon aus, was für Bücher hier alle sein müssen. Ein wahres Paradies.

Ich kann nur einen kleinen Teil einsehen, da unzählige Regale, die allesamt vollgestellt sind mit Büchern, den Blick auf den gesamten Raum versperren. Deshalb brenne ich danach, endlich einzutreten und tue es auch. Am Eingang steht ein Tisch, an dem ein alter Mann sitzt.

„Ist jemand hier drinnen?", erkundigt sich Sirius. Er hat vor mir die Bibliothek betreten.

„Nein, geschätzter Gelehrter", antwortet der Bibliothekar. Sein Benehmen ist in meinen Augen einen Tick zu unterwürfig. Sirius wird dies wohl so verlangen. Aber mein Verhältnis zum obersten Gelehrten des Landes ist von vorneherein nicht ganz spannungsfrei.

„Dann lass auch keinen mehr herein. Wir wollen unsere Ruhe haben."

Ohne auf eine Antwort zu warten, geht er einfach weiter. Sirius hat den Mann weder gegrüßt noch ihm ein freundliches Lächeln oder sonst ein Zeichen menschlicher Regung geschenkt. Irritiert blicke ich ihm hinterher. Ich kann Unhöflichkeit nicht ausstehen, egal wie wichtig oder unwichtig sich jemand fühlt. Zeit für einen freundlichen Gruß sollte auf jeden Fall sein.

„Guten Abend", sage ich deshalb beim Vorbeigehen und neige etwas meinen Kopf.

„Guten Abend, schöne Frau", antwortet der Bibliothekar.

Er schenkt mir ein dankbares Lächeln und ich spüre ein gutes Gefühl, das sich in mir ausbreitet. Ich war freundlich und das hat den Mann gefreut. Das war doch wirklich nicht so schwer, denke ich und würde dies am liebsten diesem aufgeblasenen Sirius laut hinterherrufen. Der mahnende Blick, mit dem mich Freja anschaut, bremst mich aber wieder aus. Sie kennt mich also doch noch immer sehr genau.

Hastig folge ich Sirius und Freja kommt hinter mir nach. Wie schon von der Eingangstür aus gesehen, gehen links und rechts vom Mittelgang aus, lange Reihen von Regalen ab, alle vollgestellt mit Büchern. Es müssen tausende und abertausende sein, die sich in diesem Raum befinden. Immer wieder sind aufwendig gefertigte, hölzerne Leitern an die Regale gelehnt. Ich wette, die lassen sich verschieben. Damit kommt man auch an die Buchreihen, die noch direkt unter der Decke sind.

Am liebsten würde ich mich in diesem Raum einquartieren und den ganzen Tag lang nur stöbern. Bücher haben mich schon von klein auf fasziniert. Doch in unserem Dorf konnte ich diese Leidenschaft nicht wirklich ausleben. Es gab zwar eine Bibliothek, zumindest wurde sie als solche bezeichnet. Da gab es aber höchstens 150 bis 200 Bücher und die hatte ich mit 14 schon alle gelesen, einige sogar mehrfach.

Sirius dagegen scheinen die Bücher nicht zu interessieren, im Augenblick zumindest. Er geht den Mittelgang bis zum Ende durch, biegt dann nach links ab und läuft die Seitenreihe entlang. Ich habe Mühe ihm nachzukommen. Für sein Alter, auf das ich ihn zumindest schätze, ist der Mann noch ausgesprochen fit. Es könnte aber auch daran liegen, dass ich nicht anders kann, als die Buchreihen zumindest mit den Augen zu begutachten.

Auf halber Höhe des Seitenganges entdecke ich einen Erker mit einem Tisch und einer Sitzbank, die an der runden Außenwand entlangläuft. Es sieht sehr gemütlich aus. Zum Raum hin stehen noch zwei bequem aussehende Sessel. Sie gehören ganz offensichtlich zur Einrichtung des Erkers.

Neben dem Erker gibt es auch eine Tür, die auf einen kleinen Balkon hinausführt. Ich weiß auf Anhieb, dieser Platz wird zu meinem Lieblingsplatz im Schloss. Wann immer es geht, werde ich hier sitzen und lesen. Ich sehe mich schon in ein Buch vertieft in einem der Sessel fläzen und die Zeit vergessen. Ich hoffe nur, ich darf auch später noch hier herein. Könnte ja sein, dass dieser Raum nur von bestimmten, hochgestellten Personen genutzt werden darf.

„Bitte, setzt euch."

Mit diesen Worten reißt mich Sirius aus meinen Träumereien. Seine Anrede irritiert mich nach wie vor. Man könnte meinen, er würde Freja in die Aufforderung einbeziehen, aber dem ist eindeutig nicht so. Er meint damit nur mich, da sein Blick stur nur auf mich gerichtet ist.

„Du kannst mich beim Vornamen nennen. Ich heiße Serena."

„Das würde ich lieber nicht tun, schon aus Respekt."

„Respekt? Vor wem?"

„Vor euch."

„Vor mir?", frage ich. Dabei reiße ich die Augen weit auf. Was soll das denn bitte?

Mir begegnet er mit übertriebener Höflichkeit und den Mann am Eingang zur Bibliothek grüßt er nicht einmal. Was stimmt denn bitte mit diesem Mann nicht? Steht er womöglich auf freche Mädchen, die sich nichts gefallen lassen?

„Setzt euch, dann erkläre ich euch alles."

Folgsam setze ich mich in einen der wirklich bequem aussehenden Ohrensessel. Da ich im Sessel sitzend hinaus auf den Balkon und in die Weite blicken kann, ist mir dieser Platz lieber als die Bank. Freja beobachtet mich dabei schmunzelnd und wählt den zweiten Sessel. Ich schaue Sirius erwartungsvoll an. Die Neugier hat inzwischen gesiegt und ich will nun endlich wissen, was hier gespielt wird.

Sirius aber lässt sich langsam auf der Bank nieder, direkt an die Ecke des Tisches, und schaut nachdenklich ins Leere. Eine ganze Weile sagt er nichts und wirkt in sich gekehrt. Das macht mich schon wieder nervös.

„Na, was ist?", frage ich schnippisch. „Fangen wir endlich an?"

„Ja, ja, natürlich", wehrt er ab. „Ich muss nur überlegen, wie ich beginnen soll."

„Am besten am Anfang", antworte ich und grinse frech.

„Na gut", meint er. Dann strafft er sich. „Das Königreich von Solana wurde vor rund 20 Jahren von den dunklen Mächten aus Gunderin angegriffen."

„Sie sind die Bösen und wir sind die Guten, habe ich das richtig verstanden?", unterbreche ich ihn.

„Genau das hätte ich auch gesagt, wenn ihr mich nicht unterbrochen hättet", meckert er. „Der König von Gunderin wollte die Macht über Solana und über die Welt der Menschen an sich reißen. Natürlich haben wir uns verteidigt, erfolgreich, wie ihr sehen könnt.

Allerdings gab es einen beunruhigenden Zwischenfall, der bei der Königin große Besorgnis hervorgerufen hat. Ihre kleine Tochter wurde entführt. Das Mädchen war damals erst zwei Jahren alt. Zu diesem Zeitpunkt tobte der Krieg bereits vier Jahre lang und die Situation war verworren. Es bestand eine weitgehende Pattsituation. Keiner der beiden hatte die Überhand.

Die Entführung allerdings führte dazu, dass unsere Krieger ihre letzten Reserven mobilisierten. So etwas wollten sie nicht hinnehmen. Ihnen gelang es, die kleine Prinzessin bereits zwei Wochen später aus den Händen des Feindes zu befreien und den Krieg für Solana zu entscheiden.

Uns war allerdings klar, dass sich das Mädchen damit noch lange nicht in Sicherheit befand. Obwohl er besiegt war, konnten wir uns nicht darauf verlassen, dass der König von Gunderin nicht doch einen hinterhältigen Plan schmieden würde, um die Prinzessin erneut zu entführen. Wir wussten alle, dass dies das einzige Druckmittel gewesen wäre, mit dem er die Königin hätte erpressen können, um das Blatt doch noch zu seinen Gunsten zu wenden. Um ehrlich zu sein, wäre es seine einzige Möglichkeit gewesen, doch noch seine machthungrigen Ziele zu verwirklichen.

Wir haben deshalb lange überlegt, wie wir die kleine Prinzessin am besten schützen können. Schweren Herzens hat die Königin sich schlussendlich dazu durchgerungen, das Mädchen ins Reich der Menschen zu bringen, wo eine Familie sie aufziehen sollte, bis wir sie holen kommen."

„Dort hat der König von Gunderin nicht gesucht", mutmaßen ich.

„Bis heute nicht", sagt Sirius trocken.

„Wie bis heute? Hat er sie heute gesucht? Das wäre doch echt ein Zufall", lache ich belustigt.

Als ich jedoch in die ernsten Gesichter von Sirius und Freja blicke und keiner von beiden auch nur einen leicht belustigten Gesichtsausdruck zeigt, bleibt mir das Lachen im Hals stecken. Sie finden es offenbar nicht lustig. Warum eigentlich nicht?

Bis heute hat er nicht dort gesucht. Aber ich habe doch Krieger aus Gunderin getroffen und sie wollten mich zu ihrem König bringen. Moment! Mich? Das kann unmöglich wahr sein! Ich schlage mir die Hand vor den Mund.

„Nicht wirklich?", sage ich geschockt. „Das ist jetzt nicht euer Ernst!"

„Doch!", grinst nun meine Freundin verlegen.

„Du willst mir jetzt nicht weismachen, ich sei diese versteckte Prinzessin?"

„Doch!"

Völlig perplex stehe ich auf und gehe zur Balkontür neben dem Erker. Ich schaue hinaus in die Weite, mein Blick aber geht dabei ins Leere. Dafür schießen die Gedanken in meinem Kopf wie wild kreuz und quer. Das ist unmöglich! Ich soll die Prinzessin dieses Landes sein, eines Landes von dessen Existenz ich bis vor wenigen Stunden noch keine Ahnung hatte.

Als ich mich halbwegs beruhigt habe, drehe ich mich entschlossen um, kehre zu meinem Sessel zurück und setzte mich wieder hin. Ich bewege mich eher mechanisch. Sirius und Freja sitzen angespannt da und schauen mich erwartungsvoll an. Sie sind unsicher und warten wohl auf eine Reaktion. Aber was erwarten sie von mir?

Ich bin durcheinander, völlig durcheinander. Mir schwirren tausende von Fragen durch den Kopf und ich habe keinen blassen Schimmer, welche die wichtigste ist, die, die ich als erstes beantwortet haben möchte. Dann aber ist mir schlagartig klar, welche ich stellen werde, ja sogar stellen muss.

„Und wenn ich nicht will?"

Freja und Sirius halten den Atem an und schauen mich mit weit aufgerissenen Augen an. Ich kann darin das blanke Entsetzen erkennen. Es hat ihnen tatsächlich die Sprache verschlagen. Vermutlich waren sie auf alles vorbereitet, nur nicht auf die Möglichkeit, dass ich gar nicht die Prinzessin sein will. Die überraschten Gesichter der beiden sprechen Bände.

„Das ist jetzt aber nicht euer Ernst? Ihr habt nicht einen Moment auch nur ansatzweise daran gedacht, mich zu fragen, ob ich das alles überhaupt will?"

„Äh, ... nein. Warum auch?", sagt schließlich Sirius entgeistert.

„Du bist die Prinzessin. Da gibt es nichts zu wollen", hält mir Freja vor.

„Aber will ich das auch sein?", halte ich dagegen. „Die Prinzessin meine ich."

„Das ist keine Berufswahl, das ist eine Verpflichtung!", meint Sirius empört.

„Wer sagt das?"

„Das war immer schon so, die Prinzessin wurde zur Königin."

„Aber ich war nie Prinzessin, zumindest habe ich nichts davon mitgekriegt. Wenn mir schon bisher keiner etwas davon sagen wollte, warum soll ich jetzt Juhuuu schreien, weil man mir einreden will, ich sei es."

„Man will es dir nicht nur einreden, du bist die Prinzessin!", bekräftigt Freja eindringlich.

„Das will ich auch gar nicht abstreiten, das kann schon sein. Die Frage ist doch, will ich es sein? Verstehst du denn nicht? Bis eben war ich noch ein ganz normales Mädchen, das die Mutter zum Holzholen in den Wald geschickt hat", halte ich dagegen.

„Du willst weiterhin Holz holen, oder wie soll ich das verstehen?", meint Freja geschockt.

„Nicht gerade Holz holen, aber ein normales Mädchen sein."

Die beiden schauen sich an und zucken hilflos mit den Schultern. Sie kommen mir vor wie zwei, die einem störrischen Kind etwas erklären müssen, ohne zu wissen, wie sie das anstellen sollen. Aber ich bin kein Kind mehr, ich bin auch nicht störrisch! Ich will einfach nur eine Wahl haben, oder zumindest gefragt werden, was ich von der Sache halte.

„Was ist denn dein Problem?", meint Sirius schließlich überraschend ruhig. Er scheint sich wieder einigermaßen gefangen zu haben. Ich weiß nicht, ob er bemerkt hat, dass er zum Du übergegangen ist. Das ist wohl ein Zeichen seiner Verzweiflung.

„Ich will selbst entscheiden können."

„Es tut mir leid, Süße, aber das Königreich braucht dich. Es gibt keine andere Prinzessin", meint Freja. Sie hat einen sanften Ton angenommen.