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Die Wikingerfibel Teil 02

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„Es ist eher ein Druck auf der Seele."

„Und was genau?"

„Hakon."

„Was hat er jetzt schon wieder angestellt?"

„Nichts, er hat gar nichts angestellt. Das ist es ja. Es ist so, dass wir ausgemacht haben, dass wir uns Zeit lassen und es langsam angehen. Jetzt aber bewegt er sich überhaupt nicht, nicht einen ganz kleinen Schritt."

„Du meinst, du wärst inzwischen soweit, dass er fragen könnte?"

„Ich wäre soweit", lächelt sie etwas verlegen.

„Warum sagst du es ihm dann nicht?"

„Ich ihm? Das ziemt sich doch nicht."

„Weil du eine Frau bist?"

„Ist das nicht offensichtlich?"

„Sollten nicht auch wir Frauen manchmal das Schicksal in die Hand nehmen?"

„Ich kann das nicht", meint sie kleinlaut.

„Gut, dann werde ich mir etwas einfallen lassen. Kommst du morgen bei Sonnenuntergang mit Laura zu mir? Dann organisiere ich einen netten, ungezwungenen Abend."

„Was organisierst du?"

„Ein Grillfest für ein paar Freunde."

„Ein Grillfest, was ist das denn?"

„Du wirst es schon sehen."

„Übrigens Alva, ich bin dir so dankbar, dass du mich mit hierher gebracht hast. Laura und ich fühlen uns hier unglaublich wohl. Das verdanken wir nur dir."

„Ihr habt das, nach allem, was ihr mitgemacht habt, auch wirklich verdient."

„Laura hat hier Freundinnen, sie spielt und ist aufgeweckt. Ich erkenne sie nicht wieder und bin unglaublich froh darüber. In unserem alten Dorf waren wir nur Ausgestoßene, niemand wollte mit uns Kontakt haben. Ich als erwachsene Frau konnte das aushalten, aber für ein Kind ist das nicht zu verstehen."

„Dann wollen wir noch schauen, dass Hakon aufwacht, damit es auch für dich perfekt wird", grinse ich. „Wir sehen uns morgen bei Sonnenuntergang."

„Danke Alva."

Sie umarmt mich herzlich und macht sich dann auf den Weg zurück zur Burg. Ich blicke meiner Freundin hinterher und muss schmunzeln. Sie hat sich wirklich gut eingelebt und alle mögen sie. Hakon hat mir vor einiger Zeit sein Herz ausgeschüttet, dass er sie liebt, sich aber nicht traut, sich ihr zu offenbaren. Er hat Angst, sie zu sehr zu drängen. Deshalb ist in mir der Entschluss gereift, etwas nachzuhelfen.

Aus diesem Grund mache ich mich auch gleich auf den Weg zu ihm. Ich treffe ihn, als er mit zwei Männern spricht. Es ist kein normales Gespräch, denn dazu gestikulieren die beiden, mit denen er zusammen ist, zu heftig. Sie müssen aufgebracht sein. Als ich näherkomme und sie auf mich aufmerksam werden, verstummen sie auf der Stelle. Sie schauen mich erschrocken an, als sei ich ein Geist. Ich habe sofort das Gefühl, dass ihr Gespräch etwas mit mir zu tun hat und, dass mir nicht gefällt, was ich gleich zu hören bekomme.

„Was ist los?", frage ich.

„Nichts?", antwortet Hakon scheinheilig. Doch der Blick der beiden anderen straft diese Aussage Lüge.

„Unter ihrem Dach treiben sie es", platzt plötzlich einer der beiden Männer, die mit Hakon sprechen, heraus. Er kann sich wohl nicht mehr zurückhalten. „Und das bei uns im Dorf!"

Ich kenne die beiden nur vom Sehen. Sie sind auf Fjells Schiff mitgesegelt. Ich hatte immer den Eindruck, sie machen nicht ganz aus Überzeugung mit, sondern nur aus der Notwendigkeit heraus, einen Anteil von der Beute zu bekommen.

„Wer treibt was unter meinem Dach?", frage ich lauernd.

„Die beiden Weiber sind ein Paar", faucht der zweite.

„Na und?", antworte ich gelassen. „Ich schreibe dir doch auch nicht vor, mit wem du zusammen sein darfst?"

„Na hör mal, ich habe eine Frau."

„Das ist doch mir egal. Von mir aus kannst du auch mit einem Mann zusammen sein. Für mich ändert das nichts."

Der Mann holt tief Luft und schaut mich entrüstet an. Der zweite bekommt Schnappatmung. Ihre Ablehnung, einer gleichgeschlechtlichen Beziehung gegenüber, ist nicht zu übersehen.

„Wie kannst du so etwas sagen. Ich würde nie etwas mit einem Mann anfangen", stellt der erste klar.

„Ich zwinge dich nicht."

„Aber wir müssen es diesen beiden Weibern verbieten", meldet sich der zweite. „So etwas darf nicht einreißen!"

„Und warum sollten wir es ihnen verbieten? Kannst du mir einen vernünftigen Grund dafür nennen?", frage ich so unschuldig wie möglich. Auch wenn ich mich echt bemühen muss, ruhig zu bleiben, gelingt es mir.

„Weil das unnatürlich ist."

„Warum sollte es unnatürlich sein?"

„Weil nur aus der Beziehung zwischen Mann und Frau Kinder entstehen."

„Es gibt auch kinderlose Paare. Sind die dann auch unnatürlich?"

„Das ist dann nicht ihre Schuld."

„Aber sie haben keine Kinder", hake ich nach. „Versteht mich jetzt nicht falsch, ich habe nichts gegen Paare, die keine Kinder bekommen können. Sie tun mir sogar sehr leid, vor allem, wenn sie sich welche wünschen. Aber ich frage mich, warum müssen aus einer Beziehung unbedingt Kinder hervorgehen?"

„Das sichert den Fortbestand des Stammes", meint der zweite aufgebracht.

„Dann sollte man dir das Kinderkriegen aber verbieten. Durch deine Dummheit gefährdest du auch den Fortbestand des Stammes", platzt mir der Kragen.

„Was soll das schon wieder heißen?", fährt mich der Mann an. „Das ist ja unerhört!"

„Ich schreibe dir nicht vor, mit wem du glücklich sein sollst, drum solltest du es auch nicht bei mir, Lifa und Greta machen."

„Ich verlange dazu eine Ratssitzung!", fordert der erste.

„Dann fordere ich eine Ratssitzung dazu, ob du mit deiner Frau zusammen sein sollst", sage ich aufbrausend.

„Das ist doch nicht dein Ernst?"

„Wenn du zu Lifa, Greta und mir eine Sitzung willst, dann bestehe ich darauf auch deinetwegen zu beraten."

Damit gehe ich davon. Hakon eilt mir hinterher und hält mich am Arm zurück.

„Alva, such doch den beiden einen Mann."

„Ich suche im Moment dir eine Frau, du Idiot."

„Hä, was suchst du."

„Komm morgen bei Sonnenuntergang zum Hof. Wir essen zusammen und dabei sagst du Maja, dass du mit ihr zusammen sein willst, wenn du das auch möchtest. Sie wäre bereit und wartet nur darauf, dass du sie fragst."

„Echt jetzt?"

„Herrgott, versteht ihr Wikinger überhaupt etwas von Liebe und Zuneigung?", frage ich erschüttert.

„Wie meinst du das?"

„Zwei Frauen dürfen sich nicht lieben, die Männer verstehen nicht, wie sie eine Frau umwerben und wann sie sie fragen sollen, ob sie mit ihnen zusammen sein will. Wenn das so weitergeht, dann ist es kein Wunder, wenn die Wikinger eines Tages aussterben."

Kapitel 3

Hakon hat für den nächsten Tag tatsächlich eine Ratssitzung zu dem Thema einberufen. Er hat mir das über einen Boten ausrichten lassen. So ein Feigling! Er hatte tatsächlich nicht den Mut dazu, es mir persönlich zu sagen.

Ich gehe bewusst zusammen mit Greta und Lifa zur Sitzung. Ich habe ihnen bereits gestern erzählt, dass ihre Beziehung bekannt geworden ist und dies nicht allen passt. Ich nehme sie nun ganz bewusst mit zur Ratssitzung. Mir ist egal, dass Frauen genaugenommen keinen Zutritt zum Versammlungsraum haben. Ich will heute bewusst provozieren. Offenbar ist mein Gesichtsausdruck auch entsprechend verärgert, denn die Wachen halten uns nicht auf, sie springen regelrecht zur Seite, als sie mich erblicken.

Mit provokant erhobenem Kinn betrete ich den Ratssaal und setze mich auf Hakon's Platz. Lifa und Greta weise ich an, zu meiner Rechten Platz zu nehmen. Als der Stammesführer zur Tür hereinkommt und sieht, dass sein Platz besetzt ist, schaut er sichtlich verunsichert drein. Er weiß tatsächlich nicht, was er tun soll.

Nach einigem Zögern setzt er sich zu meiner Linken hin und gibt damit klein bei. Ich nehme dies mit einem inneren Schmunzeln zur Kenntnis. Nach außen hin zeige ich natürlich keine Regung. Langsam füllt sich der Saal und als alle sitzen, erhebe ich mich. Ich missachte bewusst das Vorrecht des Stammesführers, die Sitzung zu eröffnen.

„Warum sind wir heute hier?", frage ich mit lauter und klarer Stimme.

Mein Ton lässt keinen Zweifel daran, dass ich verärgert bin. Entsprechend still ist es im Saal. Einer der beiden Männer, die gestern mit Hakon gesprochen haben, erhebt sich.

„Diese beiden Frauen sind ein Paar", meint er und deutet dabei auf Greta und Lifa.

„Na und?", fauche ich ihn an.

„Das darf nicht sein!", beharrt er.

„Hast du mich gefragt, ob du mit deiner Frau zusammen sein darfst?"

„Das ist doch etwas anderes, da brauche ich doch nicht fragen."

„Was ist daran bitte anders?"

„Ich bin ein Mann und meine Frau ist eine Frau."

„Und Greta ist Greta und Lifa ist Lifa."

„Aber es sind beides Frauen."

„Was ändert das?"

„Das ist nicht normal."

„Was ist in deinen Augen normal? Ich mache dir ein Beispiel. Wenn ich dir sage, dass Menschen eines Tages fliegen können, dann würdest du mir antworten, dass dies nicht normal sei. Aber in einer fernen Zukunft wird es ganz selbstverständlich sein."

„Woher willst du das wissen?"

„Sagen wir einfach, dass ich es weiß. Aber was ändert das? Es könnte normal sein. Deshalb die Frage, was ist normal?"

„Lass das Gerede, ich verlange, dass die beiden sich entweder einen Mann suchen oder des Dorfes verwiesen werden."

„Überlegt gut, was ihr entscheidet!", fauche ich die Versammlung an.

„Warum?", will Hakon wissen.

„Wenn Greta und Lifa gehen müssen, dann gehe ich mit ihnen."

„Bist du auch eine von ihnen?", lacht einer der beiden Männer.

„Ich bin eine von ihnen, wenn du damit sagen willst, dass ich eine Frau bin und dass für mich an oberster Stelle steht, dass jeder auf die Weise glücklich werden darf, wie er es für richtig hält und mit jenem Menschen leben darf, den er liebt."

Greta und Lifa neben mir sind ganz blass im Gesicht. Sie haben die Diskussion mit wachsender Sorge verfolgt. Greta beugt sich zu mir herüber.

„Wo sollen wir denn hingehen?", will sie wissen.

„Wir finden schon einen Platz. Mach dir keine Sorgen."

„Du musst aber nicht mit uns mitkommen", meint nun auch Lifa.

„Entweder man ist in diesem Ort tolerant genug, dass Menschen frei darüber entscheiden dürfen, mit wem sie zusammenleben wollen, oder auch ich habe hier nichts mehr verloren. Mit ignoranten Vollidioten will ich nichts zu tun haben", sage ich so laut, dass es alle hören.

„Alva, so darfst du das nicht sehen", versucht Hakon mich umzustimmen.

„Wie denn dann?", fahre ich ihn an. „Ihr wollt über das Leben anderer bestimmen und habt dabei euer eigenes nicht immer im Griff."

„Ich würde sagen, wir überlegen es uns und entscheiden morgen", meint er.

„Gut, dann entscheidet morgen und lasst mich wissen, was ihr beschlossen habt."

„Du wirst doch an der Sitzung teilnehmen", wirft Hakon ein.

„Wozu? Ich habe alles gesagt und meinen Standpunkt klar gemacht."

Mit diesen Worten erhebe ich mich. Es ist mein voller Ernst. Ich werde keine Intoleranz dulden. Mit solchen Typen werde ich nicht in See stechen.

„Halt Alva, es kommen noch zwei Abordnungen aus Nachbarorten."

„Was wollen sie?", frage ich harsch.

„Sie hätten den Wunsch, dass wir sie mitnehmen, wenn wir im Frühjahr erneut auf Raubzug gehen."

„Ah, dann redet mit ihnen, wenn ihr wollt."

„Aber dazu brauchen wir dich", wirft Hakon ein.

„Da wäre ich dann wieder gut genug?"

„Mann Alva, sei doch vernünftig. Du weißt, dass wir dich brauchen und schätzen."

„Brauchen oder schätzen?"

„Beides!"

„Ah, und dann darf ich auf meinem Hof nicht beherbergen, wen ich will?"

„Das eine hat doch mit dem anderen nichts zu tun!", braust er auf. Er ist der Verzweiflung nahe.

„Du kannst mich gepflegt am Arsch lecken mit deiner Heuchelei", sage ich energisch. „Entweder wir sind eine Gemeinschaft, in der wir uns gegenseitig so weit wie möglich zu erlauben, wie wir unser Leben verbringen wollen und vor allem mit wem, oder ich bin raus. Das eine hat sehr wohl etwas mit dem anderen zu tun."

Damit stehe ich auf und gebe Greta und Lifa ein Zeichen, dass sie mitkommen sollen. Dann wende ich mich der Tür zu. Mir ist klar, dass es eine fast unverzeihliche Respektlosigkeit dem Stammesführer gegenüber ist, ihn einfach sitzen zu lassen und zu ignorieren.

„Alva, bleib da!", meint Hakon im Befehlston.

„Was sonst? Werde ich aus dem Ort verjagt, weil ich nicht so bin, wie es sich die Herren hier vorstellen?"

„Mann Alva, mit dir ist es immer das Gleiche."

„Dann ist es womöglich tatsächlich das Beste, wenn ich weiterziehe."

Damit gehe ich zur Tür hinaus und mache mich auf den Weg zum Hof. Greta und Lifa trotten bedrückt neben mir her.

„Solche Idioten!", entkommt mir. Ich bin aufgebracht, sehr sogar.

„Alva, so etwas war abzusehen."

„Abzusehen schon, aber ich dulde so etwas nicht. Ich lasse mir nicht vorschreiben, welchen Mann ich liebe und werde deshalb auch nicht dulden, dass man es euch vorschreiben will. Ich bin gespannt, wie sie sich entscheiden."

„Du willst wirklich mit uns gehen, wenn sie uns verjagen?"

„Ich bin fest dazu entschlossen. Wir brauchen sie nicht, sie uns aber schon", antworte ich mit einem gemeinen Grinsen auf den Lippen.

Um auf andere Gedanken zu kommen, erzähle ich den beiden, was ich für den Abend geplant habe. Ich hoffe, dass Hakon trotz allem kommt und sich Maja gegenüber korrekt verhält. Die aufgeladene Stimmung könnte mein Vorhaben durchkreuzen. Trotzdem will ich nichts unversucht lassen und es durchziehen. Ich bin es meiner Freundin schuldig und ich kann nicht immer auf die Befindlichkeiten dieser Nordmänner Rücksicht nehmen.

Da ich ein Grillfest nach modernem Stil plane, muss ich meinen Freundinnen erklären, was ich vorhabe und was wir brauchen. Da wir noch vor nicht allzu langer Zeit ein Schwein geschlachtet haben und deshalb Würste und Koteletten in ausreichender Menge haben, will ich diese über dem Feuer grillen. Für die beiden ist dies allerdings neu. Dazu wird es wildes Gemüse geben, das ich in der Gegend entdeckt habe. Die Natur ist voll von leckeren Pflanzen.

Am Nachmittag komm Fjell. Als ich ihn schon von Weitem sehe, ist mir sofort klar, worüber er sprechen will. Ihn bedrückt hoffentlich mehr die Sorge, um mein mögliches Weggehen, als das Liebesleben meiner Freundinnen.

„Hallo Fjell, was führt dich zu mir?", frage ich scheinheilig.

„Alva, ist es dein Ernst, dass du weggehen willst?"

„Wenn Greta und Lifa gehen müssen, bin auch ich weg."

„Die beiden sind dir wichtig?"

„Es geht nicht nur um die beiden. Mir ist wichtig, dass jeder tun darf, was er möchte, solange er keinem anderen schadet. Ich will dir ja auch nicht vorschreiben, in wen du dich verlieben und mit wem du dein Leben verbringen darfst."

„Ich habe dir die Treue geschworen. Wenn du gehst, dann gehe ich mit."

Ich nehme ihn in den Arm und drücke ihm einen Kuss auf die Wange. Ich mag diesen Mann. Er weiß, was er will, und steht dafür auch ein.

„Dann sind wir schon zu viert", grinse ich.

„Gut, ich werde mit den anderen reden. Sehen wir uns morgen bei der Sitzung?"

„Ich habe doch gesagt, ich komme nicht, weil ich schon alles gesagt habe."

„Bitte komm trotzdem", meint er. „Mir zuliebe!"

Dabei blickt er mich dermaßen flehend an, dass ich ihm diese Bitte unmöglich abschlagen kann. Deshalb stimme ich schließlich doch zu.

Fjell ist seit einer Stunde gegangen, da kommen Hakon und Maja zusammen mit Laura daher. Ich bin froh, dass sie den Weg gemeinsam machen. Das ist für mich schon mal ein gutes Zeichen.

Greta und Lifa sind dem Stammesführer gegenüber etwas zurückhaltend. Sie bleiben den ganzen Abend über im Hintergrund. Die Diskussion im Rat hat eindeutig Spuren hinterlassen. Ich versuche mich zwar so normal wie möglich zu geben, vermutlich schaffe auch ich es nicht ganz. Ich will aber den Abend zu einem Erfolg für die beiden werden lassen, deshalb schlucke ich meinen Ärger hinunter, soweit es geht.

Ich grille das Fleisch, wie ich es in meinem früheren Leben immer gemacht habe. Zum Glück habe ich einige Wildkräuter gefunden, die sich zum Würzen des Fleisches hervorragend eigenen und ihm Geschmack verleihen. Als es durch ist, essen wir und ich bekomme viel Lob.

Während des Essens plaudern wir über verschiedene Themen und es gelingt mir, die Sitzung außen vor zu lassen. Auch, als Hakon einmal versucht, das Gespräch in diese Richtung zu lenken, ignoriere ich dies tunlichst und mache mit etwas anderem weiter, als hätte er nichts gesagt.

Nach dem Essen ziehen Greta, Lifa und ich uns, wie wir es schon am Nachmittag abgesprochen haben, zurück und nehmen Laura mit, weil wir ihr das Kälbchen zeigen wollen. Natürlich ist dies nur ein Vorwand, damit Hakon und Maja allein sein können.

Nach etwa einer Stunde wird Laura quengelig und drängt uns, damit wir zurück zum Lagerfeuer gehen. Vermutlich langweilt sie sich mit der Zeit. Als ich schon aus der Ferne sehe, wie Hakon und Maja sich küssen, ist mir klar, dass der Abend ein voller Erfolg ist.

„Wir ziehen morgen zusammen", raunt mir Maja bei der Verabschiedung ins Ohr. „Danke für alles."

„Gern geschehen", antworte ich ihr genauso leise.

Hakon's Verabschiedung dagegen ist deutlich steifer. Er weiß nicht, wie er sich mir gegenüber verhalten soll. Bei Greta und Lifa ist er noch zurückhaltender. Zumindest bei Maja klappt's. Er nimmt sie um die Taille, sie lehnt ihren Kopf gegen seine Schulter und Laura hopst vergnügt neben den beiden her. Wenigstens für meine Freundin und ihre süße Tochter scheint die Welt in Ordnung zu sein.

„Ich werde morgen doch an der Sitzung teilnehmen. Fjell hat mich darum gebeten", eröffne ich Greta und Lifa, als wir der zusammenwachsenden Familie hinterherblicken.

„Die werden uns verjagen", meint Greta.

„Da bin ich mir nicht so sicher", widerspreche ich.

„Glaubst du?", will Lifa überrascht wissen. Ich kann Hoffnung in ihrer Stimme hören.

„Schauen wir uns morgen an, wie es läuft. Wir haben nichts mehr zu verlieren."

„Ich würde gerne hierbleiben. Schließlich bin ich hier geboren und aufgewachsen. Aber ohne Greta würde das alles nichts mehr zählen. Ich hoffe so, dass du es doch noch hinkriegst", meint Lifa zu mir.

Damit gehen wir schlafen. Schließlich müssen wir früh am Morgen aufstehen und die Tiere versorgen. Als wir am Vormittag zum Versammlungssaal in der Burg gehen, kann ich die Anspannung der beiden jungen Frauen deutlich spüren.

Heute lasse ich mich ganz am anderen Ende des Tisches nieder. Ich halte mich dieses Mal bewusst am Rande und will keine zentrale Rolle mehr einnehmen. Das mache ich bewusst, denn bisher habe ich so gut wie immer im Mittelpunkt der Beratungen gestanden. Sie sollen sehen, wie es ist, wenn ich mich zurückhalte oder gar nicht mehr da bin.

„Männer der Wikinger", eröffnet schließlich Hakon die Sitzung. „Wir sind heute hier, um über den Antrag zu beraten, ob Greta und Lifa des Stammes verstoßen werden sollen. Ich möchte jetzt zur Abstimmung schreiten."

„Moment!", meldet sich Fjell zu Wort. „Wenn Greta und Lifa verstoßen werden, will Alva mit ihnen gehen. Ich habe Alva, bei Odin, geschworen ihr treu und loyal zu sein. Deshalb werde ich mit ihr ziehen und da auch viele von euch diesen Schwur geleistet haben, bin ich nicht sicher, ob nicht auch andere mitkommen. Das wäre nur eine konsequente Haltung."

„Was soll das denn heißen?", will nun Hakon alarmiert wissen. Für ihn kommt diese Wende völlig überraschend.

„Du solltest dir genau überlegen, ob du nicht am Ende verlierst, wenn du die Abstimmung gewinnst. Wenn nämlich deutlich mehr Männer und Frauen mit Alva ziehen wollen, frage ich mich, ob dann nicht die anderen gehen müssen und wir hier bleiben", sagt Fjell gelassen, als würde er über das Wetter sprechen. „Ist doch eine berechtigte Frage?"

Seine Worte schlagen ein, wie eine Bombe. Es herrscht absolute Stille und alle schauen sich ratlos an. Ich muss schmunzeln und auch Greta und Lifa scheinen sich etwas zu entspannen.

„Das ist jetzt nicht dein Ernst?", will einer der Männer wissen, welche die Abstimmung verlangt haben.

„Es ist mein voller Ernst!", beharrt Fjell.

„Und meiner auch, bei Odin!", kommt eine weitere Stimme. Auch das ein junger Mann. „Ich habe einen Schwur abgelegt und dazu stehe ich."