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Die Wikingerfibel Teil 03

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„Äh, bei dir ist es etwas anderes."

„Was ist bei mir anders?"

„Du bist die Stammesführerin."

„Ja und? Trotzdem bin ich eine Frau und, es ist mir wichtig dies zu betonen, ich bin deshalb nicht schlechter oder besser als ein Mann."

„Das habe ich nicht gesagt", wehrt sich der Braumeister. Dabei hält er mir beschwichtigend die Hände entgegen.

„Aber deine Tochter ist weniger wert als du? Hast du das sagen wollen?"

„Sie ...", will er sagen, besinnt sich dann aber eines Besseren und schweigt.

Ich kann seinem Gesicht ansehen, dass ich ihn in die Enge getrieben habe und er nicht mehr weiß, was er antworten soll. Deshalb ergreife ich wieder die Initiative.

„Hermeline, du wolltest etwas sagen und, solange ich an diesem Tisch sitze, darfst du frei sprechen, alles was du willst."

Sie wirft ihrem Vater einen schüchternen Blick zu, dann schaut sie zu mir. Ich kann deutlich ihre Unsicherheit spüren. Grumelix wirft seiner Tochter einen drohenden Blick zu und selbst ich weiß nicht, ob sie sich überwinden kann, nicht doch das zu tun, was ihr Vater ganz offensichtlich von ihr erwartet. Er will, dass sie schweigt.

„Sprich!", fordere ich sie deshalb auf. Mein Ton ist etwas schroffer als zuvor. Mir ist klar, ich muss sie unter Druck setzen.

„Ich kann auch Cervisia herstellen", meint sie ganz leise.

„Du kannst das auch?", frage ich. „So gut wie dein Vater?"

„Ich helfe ihm schon seit Jahren dabei und oft mache ich sie sogar allein, sozusagen an seiner Stelle."

„Dann kannst du Cervisia brauen und brauchst dazu keine fremde Hilfe?"

„Ja, ab und zu bin ich dabei allein. In letzter Zeit sogar öfters."

„Hast du Lust mit mir mitzukommen?"

Auf meine Frage hin schaut sie ihren Vater an und antwortet nicht sofort. Allein schon am Blick kann ich erkennen, dass sie erwartet, dass er die Entscheidung an ihrer Stelle trifft.

„Schau nicht zu deinem Vater, ich will wissen, ob du es möchtest!", sage ich entschlossen.

„Das geht auf keinen Fall!", fährt Grumelix mich an. „Eine Frau darf nicht einfach so entscheiden! Wo kämen wir da hin?"

„Wo liegt dabei das Problem? Ist es nicht ihr eigenes Leben? Da kann sie doch auch selbst entscheiden, was für sie gut ist und was nicht."

„Sie ist meine Tochter!"

„Ja, und? Was soll das denn bitte heißen. Wir sind alle Söhne oder Töchter unserer Eltern. Das gibt diesen aber noch lange nicht das Recht, über unsere Zukunft zu entscheiden. Wenn wir alt genug sind, selbst zu sagen, was wir wollen, dann sollen wir auch selbst bestimmen können, was für uns gut ist."

„Sie ist aber Haugerix versprochen."

„Zwangsehe?", frage ich und ziehe die rechte Augenbraue nach oben.

„Bei uns bestimmen immer die Eltern, wen die Töchter heiraten", meint der Häuptling an Stelle des Vaters.

„Bei uns nicht. Bei uns entscheiden die jungen Leute selbst mit wem sie ihr Leben lang zusammen sein wollen", antworte ich entschlossen. „Schließlich ist es ihr Leben und nicht das der Eltern."

„Das könnte ich dann auch?", meint Hermeline schüchtern.

„Natürlich kannst du dir bei uns den Mann aussuchen, den du heiraten willst. Das machen inzwischen alle so."

„Nimmst du mich mit?"

„Wenn du das wirklich willst, dann gern."

„Ich will mit dir mitkommen."

„Nein, ich bin dagegen!", meint der Vater aufbrausend. Dabei springt er von seinem Stuhl hoch und stemmt kämpferisch die Hände in die Hüften.

„Gut, soll ich dann dich mitnehmen? Wenn es sein muss, lasse ich dich auch in Ketten legen", fauche nun auch ich ihn an. „Vergiss nicht, in welcher Position ich bin und in welcher du bist."

„Was wird dann aus Haugerix?", will der Vater wissen.

„Den kannst du heiraten, wenn du unbedingt willst."

„Das ist gegen alles, was uns heilig ist", schimpft der Braumeister.

Ich aber wende mich an Hermeline. Sie sitzt etwas unschlüssig da und schaut hilfesuchend zu mir. Ihrem Blick nach zu urteilen, will sie wirklich mit.

„Was ist mit diesem Haugerix? Wenn du willst, können wir auch ihn mitnehmen", biete ich ihr leise ein.

„Nur das nicht. Haugerix ist ein Säufer und ein Grobian. Mir hat immer schon davor gegraut, ihn eines Tages heiraten zu müssen. Allein schon dafür, dass ich ihn loswerde, lohnt es sich für mich, mit dir mitzukommen", meint sie eindringlich.

„Dann lassen wir ihn da", flüstere ich dem Mädchen zu.

„Was ist jetzt? Was habt ihr zu flüstern?", will der Vater aufgebracht wissen.

„Wir haben nur ein paar organisatorische Fragen geklärt", antworte ich ausweichend.

„Da gibt es nichts zu klären. Hermeline bleibt hier!", faucht er mich an.

„Willst du es mit dem Schwert klären?", maule ich zurück.

„Halt, halt! Beruhigt euch", meint nun Gebretix. „Wir finden schon eine Lösung."

„Die Lösung ist, dass Hermeline mit mir nach Haugesund fährt. Ich nehme sie jetzt mit auf unser Schiff und wer sich mir in den Weg stellt, der muss sich darauf einstellen, dass er mit mir kämpfen muss."

Dabei lasse ich meine rechte Hand mehrmals sehr auffällig gegen den Griff meines Schwertes wippen und mache den Anwesenden auf dieser Weise klar, dass ich bewaffnet bin und meine Waffe auch einsetzen werde.

„Schon gut, schon gut", lenkt der Vater nun ein.

Sein Blick ist dabei ängstlich auf mein Schwert gerichtet. Allein schon die Drohung mit Waffengewalt scheint ihn zur Besinnung gebracht zu haben. Er hat dann doch nicht den Mut, sich mir in den Weg zu stellen.

Da wir für diesen Tag fertig sind und es schon Abend ist, mache ich mich zusammen mit Fjell und Hermeline auf den Weg zum Schiff. Da es für das Verladen der Waren sinnvoll war, sind wir zwei Buchten weiter gefahren und dort vor Anker gegangen. Vom Dorf aus haben wir damit allerdings einen etwas weiteren Weg. Wie wir so dahingehen, schaut mich Hermeline immer wieder von der Seite her an. Ich spüre, sie will etwas sagen, traut sich aber nicht.

„Was willst du fragen?", ergreife ich deshalb die Initiative.

„Du bist eine ausgesprochen mutige Frau und hast offenbar ein etwas anderes Bild vom Leben", meint das Mädchen als wir schon weit außer Hörweite sind.

„Du meinst, weil für mich eine Frau gleich viel zählt, wie ein Mann? Warum sollte sie das nicht?"

„Das ist bei uns ganz anders. Hier haben wir Frauen nichts zu sagen."

„Bei uns war das auch so", grinst Fjell und legt dabei den Arm um meine Taille. Sein Blick ruht liebevoll auf mir.

„Und was ist dann passiert?", will Hermeline wissen. Sie ist leicht überrascht.

„Alva ist passiert", grinst er breit. „Sie war plötzlich da und hat alles über den Haufen geworfen."

„Wie hat sie das gemacht?"

„Sie ist unglaublich schlau und weiß Sachen, die kein anderer bei uns im Stamm wissen kann. Deshalb wurde der erste Raubzug mit ihr nach vielen Fehlschlägen endlich wieder zu einem vollen Erfolg. Sie hat gesagt, wo wir hinfahren müssen, hat den Weg über das offene Meer eingeschlagen und hat uns auch erfolgreich wieder zurückgebracht. Von da an haben ihr alle vertraut und sie ist das beste Beispiel dafür, dass Frauen alles erreichen können, wenn sie nur wollen."

„Das klingt toll. Ich bin froh, dass du mich mitnimmst."

„Du musst allerdings gute Cervisia brauen", grinse ich. Dabei zwinkere ich ihr mit einem Auge zu.

„Das kann ich, keine Sorge. Wenn ich ehrlich bin, ist meine Cervisia deutlich besser als die meines Vaters. Aber das würde er nie im Leben zugeben."

„Das glaube ich dir aufs Wort", lache ich.

Kapitel 3

Als ich am nächsten Morgen in den Ort gehe, kommt mir Gebretix voller Aufregung entgegen. Ich kann die Panik in seinen Augen deutlich erkennen.

„Was ist los?", frage ich leicht alarmiert.

„Die Normannen, die Normannen kommen!", ruft er.

„Ich sehe keine?"

„Wir haben Späher, die schon weiter in diese Richtung Ausschau halten", erklärt er hektisch. Dabei deutet er in westliche Richtung. „Diese haben heute früh die Schiffe ausgemacht. Sie kommen heute ins Dorf. Das ist sicher", meint er. Sein Blick ist ängstlich auf das Meer gerichtet.

„Ihr habt Leute, die Ausschau halten. Das ist clever. Wie viel Zeit haben wir noch bis sie da sind?"

„Ich gehe davon aus, dass sie zu Mittag in der Bucht anlegen."

„Sie legen immer in der Bucht an?"

„Sie tun so, als würde alles ihnen gehören. Sie versuchen nicht einmal mehr, ihre Ankunft zu verschleiern."

„Wenn sie in dieser Bucht anlegen, können sie unsere Schiffe nicht entdecken, weil wir hinter der Landzunge im Osten vor Anker liegen und dort unsere Schiffe vom Meer aus nur schwer, oder gar nicht, auszumachen sind", überlege ich laut. Dann wende ich mich an Fjell. „Ruf die Krieger zu mir. Einige sollen die Schiffe bewachen, aber alle anderen sollen zu mir kommen."

„Was hast du vor?", will der Häuptling der Gallier wissen.

„Euch von dieser Plage zu befreien."

„Von den Normannen?"

„Wir lehren sie das Fürchten", grinse ich.

Gebretix schaut mich irritiert an. Ich wette, er zweifelt an meinem Verstand. Das kommt aber wohl auch nur daher, dass er so viel Angst vor den Normannen hat, dass er sich nie vorstellen könnte, sich ihnen in den Weg zu stellen.

Ich aber mache das. Ich lasse die Bewohner sich am Dorfplatz versammeln. Auch meine Krieger sind inzwischen eingetroffen. Viel Zeit zum Überlegen hatte ich nicht, trotzdem habe ich einen Plan ausgeheckt.

„Du hast einen Plan?", will der gallische Häuptling wissen.

Ich sehe ihm an, wie viel Angst er vor diesen Männern hat. Deshalb gebe ich mich betont selbstbewusst, denke mir aber meinen Teil über den Mut des Galliers.

„Wir werden die Normannen verjagen. Eine andere Wahl haben wir nicht."

„Ihr macht das für uns?", will Gebretix wissen.

„Nicht nur, aber auch."

„Was soll das heißen?"

„Da wir von euch viele Sachen bekommen, finde ich es nur gerecht, wenn wir euch helfen. Es ist, wenn ich ehrlich bin, aber auch so, dass wir es nie schaffen würden, uns unbemerkt aus dem Staub zu machen. Also ist es besser, uns dem Kampf zu stellen. Da wir wissen, dass sie kommen, sie aber von uns keine Ahnung haben, können wir die Spielregeln festlegen. Das habe ich vor und damit sind wir deutlich im Vorteil."

„Spielregeln?"

„Jeder Kampf ist im Grunde ein Spiel und das hat Regeln."

„Ihr seid mir komische Räuber", meint er.

„Wir waren mal ganz normale Wikinger, aber das hat sich mit Alva geändert", grinst Fjell. „Aus den fürchterlichen Kriegern wurden die Schlauen."

Dabei zwinkert er mir zu und wir machen uns auf den Weg zum Dorfplatz. Dort erkläre ich den Galliern und meinen Leuten, was ich ausgeheckt habe. Allen scheint mein Plan klar zu sein. Deshalb verteilen wir die Aufgaben und bereiten uns auf das Eintreffen der Normannen vor.

Aus sicherer Deckung im Gebüsch beobachte ich das Meer. Wie von den Spähern vorhergesagt, kreuzen wenig später drei Schiffe vor der Küste auf. Sie sind eindeutig als Schiffe der Normannen zu erkennen.

„Da sind sie", meint Gebretix, der neben mir steht.

Ich kann die Angst in seiner Stimme deutlich erkennen. Auch seine Gesichtsfarbe hat sich merklich verändert. Er ist blass, sehr blass sogar.

„Alle auf ihren Platz, sie kommen", rufe ich laut.

Während sich meine Leute gelassen auf die Ankunft der Normannen vorbereiten, kann ich den Bewohnern des Dorfes deutlich ansehen, dass sie von Furcht geleitet sind. Offenbar haben diese Normannen den Gallern bei ihrem ersten Besuch einen so großen Schrecken eingejagt, dass ihnen die Furcht ins Gedächtnis eingebrannt wurde. Seitdem löst allein der Anblick dieser Männer im Dorf Panik aus.

Meine Leute hingegen warten still und beobachten, wie die drei Schiffe geradewegs auf die Bucht zukommen, dort vor Anker gehen und wie die Normannen sich an Land begeben. Sie sind dabei laut und lachen. Sie zeigen keine Angst und scheinen sich ihrer Sache sehr sicher zu sein. Keiner macht sich offenbar Sorgen, dass die Bewohner des Dorfes eine Gefahr für sie darstellen oder sich auch nur zur Wehr setzen könnten.

Wir Wikinger haben uns hingegen so positioniert, dass sie an einem Teil von uns vorbeigehen müssen, wenn sie ins Dorf wollen. Der Umstand, dass sie am helllichten Tag einfach so anmarschiert kommen, zeigt mir, dass sie nicht den geringsten Widerstand erwarten. Ich gehe davon aus, dass sie deshalb unvorsichtig sind und uns nicht bemerken werden.

Wir bleiben trotzdem gut hinter Hecken und Bäumen versteckt und lassen sie an uns vorbeiziehen. Als sie jedoch den von uns abgesprochenen Bereich, genau zwischen Strand und Dorf, passieren, treten wie auf einen geheimen Befehl hin, meine Krieger und die Männer des Dorfes mit erhobenen Waffen aus der Deckung. Wir geben uns in ihrem Rücken zu erkennen und nehmen sie damit in die Zange. Die Normannen sind eingekreist und schauen zunächst völlig überrascht.

Eine kurze Zeit lang passiert gar nichts. Ich beobachte die Situation gelassen. Die Normannen sind sichtlich irritiert und warten auf einen Befehl ihres Anführers. Meine Krieger warten konzentriert, aber selbstbewusst auf die Reaktion der Eindringlinge. Die Gallier hingegen fühlen sich etwas fehl am Platz und versuchen sich hinter meinen Leuten zu verstecken. Einer von ihnen, ein schon etwas älterer Mann, schwitzt stark und sein Kopf ist hochrot. Bei den anderen ist die Angst nicht so klar zu erkennen, aber auch sie fürchten sich sichtlich vor den Normannen.

„Auf was wartet ihr? Zeigt diesem Pack, wer wir sind!", ruft einer der Normannen. Ich schätze, er ist der Anführer.

„Ich an eurer Stelle würde das lieber bleiben lassen. Bevor ihr die Waffen zur Hand habt, seid ihr schon tot", antworte ich entschlossen.

Die Normannen schauen zwischen ihrem Anführer und mir hin und her. Ich wette, so eine Situation haben sie noch nie erlebt. Offenbar hatten sie schon zu lange mit ihrer Masche Erfolg. Ich habe sogar den Verdacht, dass sie das Kämpfen gar nicht mehr gewohnt sind. Außerdem irritiert sie wohl auch, dass ihnen eine Frau Paroli bietet.

„Wer bist du denn?", will schließlich der Anführer der Normannen wissen. Sein Tonfall ist herablassend.

„Ich bin Alva, die Anführerin der Wikinger und du?"

„Ein Weib?"

„Du bist ein Weib?", frage ich und lache laut. „Das hätte ich jetzt nicht gedacht."

„Äh, was? Natürlich bin ich kein Weib!"

„Naja, so natürlich ist das nicht. Du hast es selbst gesagt und außerdem könntest du dich in Männerklamotten verstecken."

„Warum sollte ich?"

„Keine Ahnung! Weiß ich, wie die Normannen ticken?"

„Ich wollte sagen, ein Weib führt die Wikinger an. Das kann ich nicht glauben."

„Weißt du, ob du es glauben kannst oder nicht, ist mir echt egal. Ich sage dir: Verschwindet von hier und lasst euch nie wieder blicken!"

„Sonst?"

„Wie wäre es damit, dass wir euch verjagen?", grinse ich selbstsicher.

„Du hast aber echt eine große Klappe."

„Ich habe auch viele Männer, die bereit sind, für mich zu kämpfen."

Erst jetzt schaut er sich genauer um. Offenbar fällt ihm dabei auf, dass ich tatsächlich mehr Leute habe als er, deutlich mehr Leute. Die Normannen sind mit drei Schiffen gekommen. Wir sind auf sieben Schiffe verteilt und damit deutlich in der Überzahl, obwohl noch einige meiner Leute bei den Schiffen geblieben sind. Außerdem sind auf unserer Seite auch noch die Gallier, auch wenn ich mich auf diese nicht wirklich verlassen würde, sie erhöhen die Zahl und unsere Seite wirkt damit mächtiger.

Der Anführer der Normannen wird nachdenklich. Er scheint sich ausrechnen zu können, dass es für ihn und seine Leute nicht leicht sein wird, uns zu besiegen. Er muss davon ausgehen, dass der Kampf hart wird und meine Männer kämpfen können.

„Die Gallier allein könntest du besiegen, gegen uns Wikinger hast du keine Chance", bringe ich die Situation auf den Punkt.

„Bei uns Normannen ist es üblich, dass sich in solchen Fällen die Anführer einen Kampf liefern", meint er lauernd.

Mir ist klar, dass er damit nur Zeit gewinnen will, um zu überlegen und nach einem Ausweg zu suchen. Ich weiß, dass er nie im Leben damit rechnet, dass ich auf den Vorschlag eingehen würde. Schließlich bin ich in seinen Augen nur eine schwache Frau, die ihn niemals besiegen könnte.

„Wenn du mir deinen Namen verrätst, dann könnte ich es mir überlegen. Ich habe noch nie mit einem Normannen gekämpft. Mal sehen, ob ihr so gefährlich seid, wie von allen behauptet wird."

Der Normanne schaut mich mit großen Augen an. Ich bin mir sicher, er überlegt, ob ich noch bei Verstand bin. Dann aber schleicht sich ein gemeines Grinsen auf seine Züge.

„Ich heiße Ivain, Ivain der Schreckliche."

„Der Schreckliche sogar. Na na na! Kaum zu glauben. Wenn ich dich so ansehe ..."

Ich spreche spöttisch und breche bewusst den Satz ab, um ihn zu ärgern. Ich mustere ihn gleichzeitig auch noch etwas abfällig und grinse ihn herablassend an. Für einen Krieger ist mein Verhalten die pure Beleidigung.

„Ja, Ivain der Schreckliche", wiederholt er und betont jedes einzelne Wort. Sein Verhalten ist ein wenig kindisch und ich muss mich bemühen, nicht laut zu lachen. Dennoch necke ich ihn weiter.

„Dann tut es mir leid um dein Image. Ab heute wirst du Ivain der Hasenfuß oder so ähnlich heißen."

„Und wer will das ändern?"

„Ich natürlich. Wir kämpfen!", sage ich entschlossen. „Wenn ich gewinne, dann ergebt ihr euch und akzeptiert mein Urteil."

„Und ich, was bekomme ich, wenn ich siege?", will er wissen und lacht schmutzig.

„Das wirst du zwar nicht erleben, aber du darfst dir etwas aussuchen", antworte ich vergnügt.

„Dann ergebt ihr euch und ihr akzeptiert das, was ich von euch verlange, vor allem von dir."

„Du hast schon klare Vorstellungen?", frage ich.

„Natürlich habe ich klare Vorstellungen, was ich mit dir anstellen kann."

„Nur schade, dass diese nie in die Tat umgesetzt werden können. Aber es ist schon mal gut, dass du immer noch Träume hast."

„Das werden wir noch sehen", lacht er auf.

Ivain ist sich seiner Sache mehr als sicher. Er plustert sich bewusst auf und schaut mir herablassend in die Augen. Ich kann die lüsternen Gedanken erahnen, die sich in seinem Kopf bereits festsetzen. Nur schade für ihn, dass er nicht gewinnen wird und seine Fantasien höchstens in seinen Träumen in Erfüllung gehen können.

„Macht Platz, wir tragen den Kampf gleich hier aus. Dann ist geklärt, wer hier das Sagen hat", weise ich die Leute an.

Während meine Leute belustigt schmunzeln, weil sie darauf vertrauen, dass ich siegreich aus diesem Kampf hervorgehen werde, blicken mich die Gallier an, als würden sie die Welt nicht mehr verstehen. Ich kann in den Augen eines jeden einzelnen die Sorgen sehen, die sie quälen. Keiner traut mir zu, dass ich auch nur den Hauch einer Chance habe.

„Du willst kämpfen? Gegen den?", erkundigt sich der Häuptling voller Panik.

„Warum nicht?"

„Hast du gesehen, was für ein Schrank von einem Mann das ist?"

„Auch ein Schrank kann zu Boden gehen", lache ich. „Mach dir keine Sorgen, den besiege ich locker."

Die Normannen hingegen sind natürlich überzeugt davon, dass ihr Anführer den Kampf gewinnen wird. Immer wieder feuern sie ihn an und machen eindeutige Bemerkungen in meine Richtung. Ich wette, ihre Fantasien decken sich mit denen ihres Anführers.

Ich aber lege meinen Fellumhang ab und gehe ihn Kampfposition. Ich stehe nun im T-Shirt da. Auch Ivain entledigt sich der überflüssigen Kleidung und stellt sich mir sogar mit nacktem Oberkörper entgegen.

„Gefällt dir, was du siehst?", grinst er mich gemein an.

„Du hast in den letzten Jahren ein wenig Fett angesetzt. Deine Bauchmuskeln waren früher deutlicher definiert."

„Meine was?"

„Deine Muskeln hier am Bauch", antworte ich lachend.

Dabei deute ich an die Stelle, wo sich ein Sixpack befinden sollte. Ivain ist zwar muskulös und kräftig gebaut, aber von einem wohl definierten Körper kann man nicht sprechen. Bei einem Naturburschen wie ihm, hätte ich mir mehr erwartet. Da hat Fjell eindeutig den besseren Körperbau.

„Meine Bauchmuskeln wirst du gleich zu spüren bekommen, wenn du mein Schwert abwehren musst. Wenn du überhaupt die Kraft dazu hast."