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Die Wikingerfibel Teil 03

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„Das denke ich auch", antworte ich. Doch da fällt mir etwas ein. „Kommen andere auch vorbei?"

„Nein, bisher waren nur diese Normannen bei uns. Sie sind allerdings einmal im Jahr hier aufgetaucht."

„Ihr habt euch nie gewehrt?"

„Das erste Mal haben wir es versucht. Das haben wir dann aber teuer bezahlt."

„Aber warum kommen nur diese Normannen und keine anderen Stämme?"

„Ihr Anführer hat mir einmal erklärt, dass der Weg bis zu uns sehr lang und gefährlich sei. Deshalb würden nur sie es wagen, die Reise bis zu uns auf sich zu nehmen. Alle anderen würden Gebiete wählen, die näher liegen."

„Dann habt ihr vermutlich ganz Ruhe vor Überfällen. Ich denke, wir kommen auch nicht mehr vorbei."

Kapitel 5

Bereits drei Tage später sind auch wir zum Aufbruch bereit. Die Gallier haben uns nach dem Überfall der Normannen, bereitwillig mit Waren versorgt. Ich musste die Mannschaften umstellen, da wir nun auch ein Schiff der Normannen in die Flotte aufnehmen. Das zweite Schiff überlassen wir den Galliern. Auch sie können es gut gebrauchen, da ihr Schiff, das sie nur zum Fischen verwenden, alt und reparaturbedürftig ist.

„Macht es gut", sage ich zu Gebretix. „Nichts für ungut, dass wir euch überfallen haben."

„Etwas Besseres hätte uns nicht passieren können. Ihr habt uns von den Normannen befreit und wir haben nun wieder ein Schiff, mit dem wir uns sicher auf das Meer begeben können. Das ist viel mehr wert als das, was ihr mitnehmt."

„Du bist mir nicht böse, dass Hermeline mit uns kommt?"

„Ich?", lacht er. „Der Einige, der sich ärgert ist Grumelix. Hermeline hat in letzter Zeit fast die ganze Arbeit für ihn gemacht. Jetzt muss er wieder selbst etwas tun."

„Na dann, ist ja alles gut. Sie kommt gerne mit uns mit und ich freue mich schon auf die Cervisia, die sie braut."

„Du wirst sehen, sie ist eine der Besten. Sie hat ihr Handwerk von ihrem Vater gelernt. Der beherrscht das Brauen von Cervisia wie kaum ein anderer. Er ist nur ein wenig faul. Hermeline ist da ganz anders. Aber Grumelix hat einen Sohn, der ist nur zwei Jahre jünger als Hermeline. Jetzt wird wohl er helfen müssen."

Hermeline ist tatsächlich gut und fleißig. Sie hat nicht nur veranlasst, dass wir größere Mengen Hopfen und Malz mit an Bord haben, sondern auch die Samen, um bei uns die richtigen Pflanzen anbauen zu können. Sie hat für alles vorgesorgt.

Der Häuptling und ich geben uns noch die Hand, danach gehe auch ich an Bord und wir stechen in See. Da Fjell das Auslaufen überwacht, kann ich mich entspannen. Ich stehe vorne am Bug und blicke über das Meer, das ruhig vor uns liegt.

Ich nehme wahr, wie jemand sich zu mir gesellt. Als ich zur Seite blicke ist es Maja. Sie steht einige Zeit einfach nur still neben mir. Ich spüre jedoch, dass sie etwas auf dem Herzen hat.

„Was ist los mit dir?", frage ich. Dabei schaue ich sie aufmunternd an.

„Kommen wir auf der Rückfahrt auch an der dänischen Küste vorbei?"

„Wenn ich unseren Kurs entsprechend plane, dann schon. Warum fragst du?""

„Ich würde gerne in meinem Dorf vorbeischauen."

„Willst du dir das wirklich antun?"

„Ich will ihnen zeigen, dass es mir bei euch richtig gutgeht. Ich will ihnen klar machen, dass ich endlich glücklich bin und mich bei euch wohlfühle, dass ihr mich aufgenommen habt und, dass ich nie mehr zurückkehren würde."

„Ich bin auch neugierig, wie sich dein Dorf entwickelt hat", antworte ich. „Wir machen also einen Abstecher dorthin."

„Danke", sagt Maja, „Das bedeutet mir sehr viel."

Einige Tage später erreichen wir das Dorf. Wir sind inzwischen so stark, dass wir uns nicht mehr heimlich und nachts anschleichen und die Menschen überraschen müssen. Ich lasse deshalb die Küste anlaufen, obwohl es Mittag ist.

Maja steht neben mir, als wir auf den Strand zuhalten. Sie ist sichtlich nervös. Das kann ich auch gut verstehen, schließlich verbindet sie keine guten Erinnerungen mit diesem Ort.

„Darf ich mit dir an Land gehen?", erkundigt sie sich.

„Ist das nicht etwas gefährlich. Wir wissen nicht, wie die Bewohner reagieren. Es ist nun doch schon einige Jahre her, dass wir hier waren. Es kann einiges geschehen sein."

„An deiner Seite habe ich keine Angst", meint sie ernst. „Dafür aber kann ich zeige, dass ich bei euch ganz vorne mit dabei bin."

„Von mir aus", sage ich und muss schmunzeln. Ich nehme sie in den Arm und drücke sie fest an mich. „Du bist ein sehr wichtiges Mitglied unseres Stammes und das werde ich jedem sagen, der es hören will oder auch nicht."

„Ich erinnere mich noch ganz genau, wie ich zu dir gekommen bin. Du warst dort vorne am Strand und hast auf einem umgefallenen Baum gesessen. Du hast gedankenverloren in die Ferne geblickt. Ich habe dich nie gefragt, was du da gemacht hast."

„Ich habe über mein Leben nachgedacht."

„Bist du damit nicht zufrieden?", will sie sichtlich überrascht wissen.

„Doch, das bin ich. Es hat sich jedoch in der Zeit damals, sehr viel sehr stark verändert und ich musste das alles erst einmal realisieren."

„Mich beeindruckt noch heute, dass du damals einfach aufgestanden bist und mir geholfen hast. Du hast nicht gefragt, wer ich bin, du hast die Vorbehalte der anderen völlig ignoriert und bist deinen eigenen Weg gegangen. Ich bin dir noch immer unglaublich dankbar dafür.

Ich war damals so fürchterlich verzweifelt. Mein Kind war schwer krank und ich wusste nicht mehr, wie ein und wie aus. Ich glaube, ich hätte mich von der Klippe gestürzt, wäre Laura nicht gewesen. Ich konnte sie nicht allein zurücklassen", sagt sie. Ich sehe eine Träne, die über ihre Wange kullert.

„Ich bin froh, dass du es nicht getan hast", antworte ich gerührt. Ich nehme sie spontan erneut in den Arm.

„Ich bin froh, dass du mir eine Chance gegeben hast, neu anzufangen."

„Und ich bin stolz auf dich, dass du diese Chance genutzt hast und dich bestens in den Stamm eingelebt hast. Ich habe den Eindruck, als wärst du immer schon ein Teil davon gewesen."

„Ich fühle mich deinem Stamm mehr zugehörig als ich es in diesem Dorf, in dem ich groß geworden bin, jemals war."

Da wir inzwischen das Ufer erreicht haben, gehe ich an Land und Maja folgt mir. Am Strand ist keine Menschenseele zu entdecken. Ich ziehe zur Sicherheit mein Schwert und wir gehen nebeneinander auf das Dorf zu. Noch immer ist niemand zu sehen und ich bin ein wenig angespannt. Die Männer hinter mir sind genauso vorsichtig, wie ich. Auch Maja schaut sich aufmerksam um. Sie achtet aber auch darauf, immer neben mir zu bleiben.

Am Rande der Ortschaft treten uns Menschen entgegen. An der Spitze befindet sich eine Frau. Als ich das sehe, stecke ich mein Schwert zurück in die Scheide. Meine Männer schauen mich etwas überrascht an. Ich aber überbrücke mit raschen Schritten die Distanz und bleibe vor der Frau stehen.

„Du bist die Frau, die sich von Maja verabschiedet hat. Deine Tochter war damals auch Opfer von Missbrauch geworden", sage ich.

„Ja, mein Name ist Britta. Ich bin die Vorsteherin dieses Dorfes."

„Du, eine Frau?", wundert sich Maja.

„Alvas Beispiel hat mich ermutigt, mein Schicksal in die Hand zu nehmen. Ich habe die anderen Frauen davon überzeugen können, dass wir uns nicht alles gefallen lassen dürfen, und so ist es schließlich dazu gekommen, dass ich zur Vorsitzenden des Rates ernannt wurde. Wärst du aber damals nicht in unser Dorf gekommen, hätte sich vermutlich nichts geändert."

„Das freut mich sehr", sage ich.

Spontan nehme ich die Frau in den Arm und drücke sie an mich. Sie strahlt, als ich mich von ihr löse und ihr ins Gesicht blicke.

„Du hast meinem Leben wieder einen Sinn gegeben", meint sie.

„Ich?"

„Du hast mir damals gesagt, ich solle mich einsetzen, damit so etwas, wie es meiner Tochter passiert ist, keinem anderen Mädchen mehr passiert, und genau das habe ich getan."

„Ida wäre sehr stolz auf dich!", sage ich.

„Du erinnerst dich immer noch an den Namen meiner Tochter?"

„Ihr Schicksal hat mich sehr berührt und ich bin froh, dass du die Kraft gefunden hast, nach vorne zu blicken und etwas zu verändern. Die Vergangenheit können wir leider nicht mehr ändern."

„Aber die Zukunft. Das ist auch mir bewusst geworden."

Wir umarmen uns erneut und machen uns dann gemeinsam auf den Weg zum Dorfplatz. Britta will ein Fest zu unseren Ehren ausrichten.

Als wir den Platz erreichen, kommt uns ein Mann entgegen. Es ist Mats, der sich mir bei meinem ersten Besuch in den Weg gestellt hat und den ich im Kampf entmannt habe. Er sieht heruntergekommen und schmutzig aus.

Als er mich und Maja erblickt, bleibt er abrupt stehen. Ich kann den Hass erkennen, der in seinen Augen aufflackert, purer Hass.

„Ihr wagt es, in dieses Dorf zu kommen? Ihr seid die Pest, ausrotten müsste man euch", faucht er uns entgegen. „Ihr habt mein Leben zerstört."

Gelassen gehe ich auf den Mann zu. Ich mustere ihn eingehend und kontrolliere dabei vorsichtshalber, ob er eine Waffe bei sich trägt, aber das tut er nicht. Das hätte mich zwar nicht abgeschreckt, ich würde in diesem Fall aber vorsichtiger agieren.

„Dein Leben hast du dir ganz allein versaut", antworte ich gelassen. „Du allerdings hast ohne Recht das Leben einer jungen Frau zerstört und sie getötet."

„Warum hast du mir damals nicht auch das Leben genommen?"

„Weil ich nicht die Macht dazu habe."

„Ein Hieb mit dem Schwert und ich wäre erlöst."

„Es geht nicht darum, dass ich es nicht könnte, dich mit einer Waffe zu töten. Ich kann und will es nicht verantworten, das Leben eines anderen Menschen zu beenden. Eine solche Entscheidung steht nicht mir zu."

„Du bist eine mächtige Kriegerin. Du hast sicher schon viele Leben genommen."

„Im Kampf, in der Schlacht, aber nicht grundlos."

„Seit damals verachten mich alle."

„Erst, wenn du dich selbst verachtest, für das, was du getan hast, wirst du mich verstehen."

Damit lasse ich ihn einfach stehen und gehe weiter. Britta neben mir wirft ihm nur einen verächtlichen Blick zu. Ich kann ihr ansehen, sie wird ihm nie vergeben, sie straft ihn aber mit Nichtbeachtung und das ist genau der richtige Weg. Dieser Mann ist es nicht wert, dass man ihm auch nur ein ganz kleines bisschen Aufmerksamkeit entgegenbringt.

An diesem Abend reden Britta und Maja lange miteinander. Ich mische mich nicht ein und beobachte die beiden nur aus der Ferne. Ich habe jedoch den Eindruck, sie bestärken sich gegenseitig darin, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen. Vor allem Britta scheint es gut zu tun, über die Zeit damals zu reden und was sich alles verändert hat. Ich bin mir nicht sicher, ob Maja und Ida sich gekannt haben. Allein schon, dass die beiden ein ähnliches Schicksal erleiden mussten, schweißt Maja und Idas Mutter zusammen.

Es ist spät als wir schlafen gehen. Am Morgen bin ich eine der Ersten, die aufwachen. Aus einem inneren Drang heraus gehe ich zu der Stelle am Strand, an der Maja damals zu mir kam. Erneut denke ich über meine Leben nach. Hierher zu kommen, war auch für mich eine schöne Erfahrung.

„Du siehst, du bewirkst viel", sagt plötzlich Maja neben mir.

„Wir hatten wohl beide denselben Gedanken."

„Ich wollte nochmal an den Ort zurück, an dem mein neues Leben begonnen hat."

„Ich bin froh, dass du damals zu mir gekommen bist."

„Ich auch", grinst sie.

Ich breite meine Arme aus und sie zögert keinen Augenblick, sich von mir umarmen zu lassen. Das war damals noch ganz anders. Da war sie überrascht und wusste im ersten Moment gar nicht, wie ihr geschah. Ich drücke sie nun fest an mich.

„Danke, du bist mir eine sehr gute Freundin geworden", sage ich.

„Danke, du warst und bist für mich und meine Tochter die Rettung."

Kapitel 6

Zwei Tage später machen wir uns wieder auf den Weg. Die Bewohner des Dorfes haben uns freiwillig Getreide und andere Vorräte mitgegeben. Im Gegenzug haben wir ihnen einiges von dem dagelassen, was wir bei den Galliern erbeutet haben. Wir sind noch etwas mehr beladen und deshalb liegen die Schiffe auch tief im Wasser. Wir kommen langsamer voran.

Als endlich die Küste von Haugesund vor uns auftaucht, bin ich froh, wieder zu Hause zu sein. Da ich nur handgemachte Karten und notdürftig gebaute Geräte zum Navigieren habe, bin ich jedes Mal aufs Neue froh, wenn ich den Weg trotzdem richtig berechnet habe.

Wir entladen, halten eine Ratssitzung ab und ich kümmere mich um Probleme, die in meiner Abwesenheit angefallen sind. Etwa eine Woche nach unserer Rückkehr kommt Fjell zu mir, als ich neben der Burg an der Klippe stehe.

„Du denkst über dein altes Leben nach?", meint er.

„Nein, ich genieße es einfach, hier zu sein."

„Ich hätte eine Überraschung."

„Eine Überraschung?"

„Ja, ich würde dir morgen gerne etwas zeigen."

„Was willst du mir zeigen?"

„Einen sehr schönen Ort. Wir müssen dazu aber wandern."

„Wandern?", frage ich. „Dir ist schon klar, dass das in meiner Zeit eine beliebte Freizeitbeschäftigung sein wird."

„Was ist eine Freizeitbeschäftigung?"

„Etwas, das man in seiner freien Zeit unternimmt, um sich zu entspannen."

„Dann trifft sich das doch gut. Du brauchst etwas freie Zeit und solltest dich entspannen. Du bist ständig damit beschäftigt, die Probleme anderer zu lösen. Es wäre auch mal Zeit, wenn du etwas für dich selbst machst."

„Du meinst, ich habe Stress? So nennt man es in meiner Zeit, wenn man zu viel zu tun hat."

„Dann hast du Stress", grinst er.

„Eine Wikingerin mit Stress, das müssten die Geschichtsschreiber erfahren, die würden sich wundern", lache ich.

„Nein, im Ernst, du tust zu viel, ständig brauchen und wollen die Menschen etwas von dir."

„Naja, den Stress, den ich in meinem alten Leben hatte, der war deutlich größer und viel belastender. Aber ein Tag Auszeit wäre echt nicht schlecht."

„Vier Tage!"

„Vier Tage?"

„Wir gehen zwei Tag hin, übernachten dort und machen uns tags darauf wieder auf den Rückweg."

„Gut, wenn du meinst", sage ich lachend. Ich musste nicht lange überlegen. Fjell hat tatsächlich recht, dass ich eine Auszeit gut gebrauchen könnte. „Ich liebe dich!"

„Ich dich auch!"

Fjell zieht mich in eine enge Umarmung. Ich lege meine Lippen auf die seinen und wir küssen uns lang und innig. Ich liebe diesen Mann und ich bereue es keine Sekunde, mit ihm mein Leben zu teilen.

Wie von Fjell geplant, machen wir uns am Morgen darauf auf den Weg. Er trägt eine Tasche mit sich, die er gepackt hat und will mir nicht sagen, was er darin mit sich schleppt. Ich dränge ihn aber auch nicht lange, es mir zu verraten. Ich genieße die Zweisamkeit.

Wir wandern über karg bewachsene Felsen und durch einen Wald, Fjorde entlang in Richtung Landesinnere. Ich schaffe es zum ersten Mal seit langem, an nichts zu denken. Ich genieße einfach die Natur, den Wind, der mir um die Nase weht, die Geräusche der Natur und ich lasse die Freiheit, die ich in diesem Augenblick spüre, auf mich wirken.

Am Abend schlagen wir ein Lager auf und übernachten. Eng umschlungen schlafen wir rasch ein, weil wir wirklich müde sind. Den ganzen Tag zu wandern, ist nicht ohne. Ich muss feststellen, dass ich nicht mehr so geübt darin bin, wie noch in meinem alten Leben.

Der beginnende Tag weckt mich auf und ich kann für eine kurze Zeit Fjell beobachten, wie er schläft. Sanft hebt und senkt sich seine Brust, sein Atem geht regelmäßig und er macht einen so friedlichen Eindruck, wenn er schläft.

Lange jedoch währt dieser besondere Moment nicht. Auch er erwacht und bereitet ein karges Frühstück zu. Was ich in meinem neuen Leben wirklich vermisse, ist ein ausgiebiges Frühstück mit frischen Brötchen, köstlicher Marmelade oder Honig. In seltenen Fällen habe ich in meinem alten Leben auch Rührei mit Speck gemacht. Das war dann immer köstlich.

Am meisten fehlt mir allerdings eine gute Tasse Kaffee am Morgen. Der Duft dieses heißen Getränks und die belebende Wirkung sind nur noch Erinnerung. Dabei habe ich früher keinen Tag ohne Kaffee begonnen. An den wenigen Tagen, wo es mir verwehrt war, einen Kaffee zu trinken, war ich wohl unausstehlich.

Bei den Wikingern gibt es so etwas, wie ein ausgiebiges Frühstück nach unserem Vorbild, nicht. Mir fehlen auch weitgehend die Zutaten, auch wenn ich versuche, zumindest das, was machbar ist, zu organisieren. Damit gebe ich mich zufrieden. Aber wie, soll ich Wikingern erklären, was Kaffee ist. Der wurde erst lang nach ihnen entdeckt und kommt aus fernen Ländern.

Nach dem Frühstück machen wir uns wieder auf den Weg. Wir kommen auch an diesem Tag zügig voran. Am frühen Nachmittag dieses zweiten Tages erreichen wir dann auch die Stelle, die Fjell vermutlich gemeint hat. Wir stehen am Rande eines Fjordes und blicken auf einen unglaublichen Wasserfall, der sich auf der gegenüberliegenden Seite befindet.

Er ist überraschend hoch und atemberaubend schön. Die Wassermassen hüpfen einen großen, steilen Hügel herab, springen von Stein zu Stein, fallen auch ab und zu über einen größeren Felsen tosend in die Tiefe und bahnen sich, egal was sich ihnen in den Weg stellt, den Weg weiter nach unten. Erst am Fuße fällt das Wasser in den Fjord und wühlt die Meeresoberfläche an dieser Stelle auf.

Fasziniert von diesem Anblick setze ich mich auf einen größeren Stein und beobachte das Naturschauspiel. An unserer Seite des Fjords fällt das Gelände über einen sanften Abhang hinab bis an den Meeresspiegel. Ich habe nur noch Augen für den Wasserfall und denke einige Zeit an nichts anderes.

„Gefällt es dir?", will Fjell wissen.

„Es ist unglaublich schön."

„Ich habe diesen Ort vor Jahren zufällig entdeckt, als ich auf der Jagd war. Das war lange bevor du zu uns gekommen bist. Ich habe mir damals schon vorgenommen, dass ich eines Tages einen mir sehr wichtigen Menschen hierher mitnehmen werde. Es soll unser Ort sein."

„Das ist auch unser Ort. Hier werden wir uns immer nahe sein, egal was sein wird. Danke, dass du ihn mir gezeigt hast."

„Gerne!", antwortet er nachdenklich.

Ich aber gehe hinunter zum Wasser und halte die Hand hinein. Der Fjord ist etwas kühl, aber es müsste gehen. Wenn ich einmal im Wasser bin und schwimme, dann wird mir sicher warm. Hastig beginne ich mich auszuziehen.

„Was machst du da?", will Fjell wissen.

„Ich will schwimmen gehen."

„Hier?"

„Warum nicht?"

„Weil du kein Fisch bist", grinst er.

„Kannst du schwimmen?"

„Ja, ein wenig."

„Dann komm!"

Ich ziehe noch das letzte Kleidungsstück aus und werfe mich nackt in die Fluten. Mir ist klar, ich kann nicht langsam ins Wasser gehen, ich muss springen, damit ich keinen Rückzieher machen kann. So ist es auch und ich juchze, als ich spüre, wie die Kälte mich umspült. Aber lange friere ich nicht, schon bald wird mir angenehm warm und ich schwimme los.

Als ich in der Mitte des Fjordes bin, höre ich eine aufgeregte Stimme. Ich blicke mich um und sehe, wie Fjell am Ufer steht und wild mit den Armen rudert.

„Was ist los?", rufe ich ihm zu.

„Spinnst du? Was machst du so weit draußen?"

„Ich will auf die andere Seite."

„Das kann doch kein Mensch schaffen."

„Ich bin trainiert und eine gute Schwimmerin."

„Ich schaffe das nie im Leben. Ich würde absaufen."

„Dann bleib am Ufer. Ich komme zurück zu dir, sobald ich drüben war."

„Hin und zurück? Du bist verrückt!"

„Mach dir meinetwegen keine Sorgen", beruhige ich ihn. „Ich schaffe das!"

Ich setze meinen Weg fort und erreiche nach einiger Zeit das andere Ufer. Es war, das muss ich zugeben, eine ganz schön lange Strecke, aber ich schaffe es ohne Probleme. Ich klettere ein Stück den Wasserfall hinauf und genieße es, wie das Wasser links und rechts von mir vorbeispringt und die Gischt einen kühlen Sprühregen auf meinen Körper prasseln lässt. Natürlich bin ich nur am Rande des Wasserfalls. Sonst würden mich die Wassermassen mit Sicherheit gnadenlos mit in die Tiefe reißen.

Als ich auf die andere Seite zu Fjell winke, sitzt er am Ufer und als er sieht, dass ich mich an ihn wende, winkt er zurück. Ich kann ihm jedoch auch aus der Entfernung ansehen, dass er nicht glücklich darüber ist, dass ich so weit von ihm entfernt bin und er mich auch nicht erreichen kann. Ihn stört vermutlich, dass er mir nicht zu Hilfe kommen könnte, sollte mir etwas zustoßen.