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Die Wikingerfibel Teil 04

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„Das klingt nicht schlecht."

„Ihr könnt euch ja in einem zweiten Moment auf Münzen einigen."

„Was könnten wir?", erkundigt sich nun Colin, der ebenfalls aufgetaucht sein muss.

Was ist aus meiner einsamen Klippe geworden, denke ich belustigt. Ich wollte allein sein und nun haben sich alle hier versammelt. Wenn es jedoch der Verständigung dient, opfere ich gerne meinen Platz.

McBrix erklärt dem Schotten meine Idee und scheint bei diesem auf Zustimmung zu stoßen. Er hat es offenbar recht gut verstanden, denn er erklärt mein Konzept verständlich und schlüssig. Die beiden beginnen sogar, konkrete Pläne zu schmieden.

„Stopp, stopp!", bremse ich sie aus. „Ihr müsst einen Schritt nach dem anderen machen."

„Wie meinst du das?"

„Damit Handel mit Geld funktioniert, braucht es drei oder besser noch viel mehr Partner, die untereinander Waren austauschen. Beginnt zunächst damit, dass ihr zwei ins Geschäft kommt, dass ihr abklärt, was hat der eine und was braucht der andere. Wenn der Handel zwischen euch läuft, könnt ihr anderen zeigen, welche Vorteile es hat und erst dann könnt ihr darüber nachdenken, Münzen zu prägen, um dieses System der Bezahlung einzuführen."

„Das klingt vernünftig", pflichtet mir McBrix bei.

Ich antworte nicht und blicke wieder über das Meer hinaus. Offenbar verstehen die anderen, dass ich meine Ruhe brauche und nachdenken möchte. Mein Vater verzieht sich mit einem kurzen Gruß. Colin und der alte Lord schließen sich ihm an, diskutieren auf dem Rückweg aber sehr angeregt weiter.

Ich bin froh, endlich wieder allein zu sein. Offenbar sind die beiden in der Sache schon weiter, als ich es für möglich gehalten hätte. Das beruhigt mich sehr. Doch lange bleibe ich nicht allein. Der junge Lord steht plötzlich neben mir.

„Hallo!", meint er.

„Hallo!", antworte ich.

Als er eine Zeit lang kein Wort sagt, schaue ich mich zu ihm um. Er blickt sofort weg. Trotzdem kann ich den schüchternen Blick erhaschen, den er damit zu verstecken sucht.

„Was ist mit dir? Du bist gekommen, weil du reden willst."

„Ja, ich brauche deinen Rat."

Ich ziehe überrascht die Augenbrauen in die Höhe. Ich hätte nie gedacht, dass der junge McBrix mich um Rat fragen würde. Aber trotz meiner Verwunderung versuche ich sachlich und freundlich zu bleiben.

„Worum geht es?"

„Du wirst mich auslachen", antwortet er ausweichend.

„So schlimm?"

„Ich denke schon."

„Du kannst es nur herausfinden, wenn du die Frage stellst", lächle ich aufmunternd. „So schlimm glaube ich nicht, dass es ist. Wer Fragen stellt, will etwas wissen und hat ein Ziel. Das finde ich immer gut."

Er schaut mich überrascht an. Offenbar hat er meinen Gedankengang nicht ganz verstanden. Ich erkläre es ihm aber nicht genauer. Ihn scheint wirklich ein Problem zu beschäftigen, sodass er sich nur noch darauf konzentrieren kann.

„Hat Sif einen Mann oder ist sie einem Mann versprochen?"

Er sagt dies so schnell, dass ich den Eindruck habe, er will es einfach nur schnell hinter sich bringen. Danach atmet er erleichtert auf, so als wäre er froh, dass es endlich raus ist.

„Nein, sie hat keinen Mann und sie ist auch keinem Mann versprochen. So etwas gibt es bei uns nicht."

„Wie, so etwas gibt es bei euch nicht?"

„Bei uns dürfen junge Männer und Frauen selbst und völlig frei entscheiden, mit wem sie ihr Leben verbringen wollen. Schon meine Mutter hat es verboten, dass Eltern die Ehe für ihre Kinder absprechen oder arrangieren."

„In allen Bevölkerungsschichten?"

„Wir haben nicht diese strenge gesellschaftliche Hierarchie, wie ihr. Bei uns gibt es keinen Adel. Bei uns gibt es nur Stammesmitglieder."

„Und wer führt den Stamm?"

„Das ist der Stammesführer oder die Stammesführerin. Im Augenblick ist es bei uns eine Frau."

„Eine Frau?"

„Die Nachfolgerin meiner Mutter."

„Dann wirst du eines Tages Stammesführerin?"

„Das weiß ich nicht. Ein solches Amt bedeutet Verantwortung und Demut. Man muss dem Stamm dienen und ihn nicht beherrschen. Deshalb soll es nicht der bekommen, der es am meisten will, es von seinen Eltern erbt oder auf sonst eine Weise in dieses Amt gedrängt wird. Es soll derjenige übernehmen, der es am besten kann und dies auch schon bewiesen hat. Das habe ich noch nicht. Ich bin auch noch viel zu jung."

Ich denke unwillkürlich an die Politiker in meiner alten Welt. Ist da wirklich immer der an der Macht, der ausschließlich im Interesse des Volks handelt und der am fähigsten ist? Wenn ich mir so manchen Mann an der Spitze von Staaten anschaue, dann kann ich das Prinzip der Fähigkeit nicht immer erkennen.

„Bei uns ist das anders", meint er sichtlich überrascht.

„Ich weiß, der Adel darf fast alles."

„So würde ich es nicht sagen. Aber als Sohn des Lords darf ich jedes Mädchen zur Frau nehmen. Die Bürger untereinander vereinbaren die Ehen. Wie es bei den Armen abläuft, weiß ich nicht."

„Und das findest du richtig?"

„Was, dass ich mir jedes Mädchen nehmen darf?"

„Ja, das auch. Hat aber nicht auch jede Frau ein Recht darauf glücklich zu sein und frei zu entscheiden, mit wem sie das sein möchte? Aber eigentlich meinte ich, den Umstand, dass du nicht weißt, wie es bei den Armen zugeht."

„Warum sollten mich die interessieren?"

„Weil die Armen genauso Teil deiner Grafschaft sind. Deshalb wäre es deine Aufgabe als zukünftiger Lord, darauf zu achten, dass es auch den Armen besser geht. Wie sollst du ihre Lebensumstände verbessern, wenn du nicht einmal weißt, wie sie leben?"

„Warum sollte ich ihre Lebensumstände verbessern?"

„Weil es nicht deine Aufgabe ist einen Titel zu tragen und von oben auf die Leute herabzublicken, sondern für sie zu sorgen. Du solltest kluge Entscheidungen treffen und dafür sorgen, dass das Leben deiner Untertanen, aller Untertanen, so gut wie möglich ist."

„Aber das ist ja Arbeit", wirft er ein.

„Und du würdest lieber auf der faulen Haut liegen?"

„Das auch nicht."

„Denk darüber nach!"

Einen Moment herrscht Ruhe zwischen uns. Ich habe ihm versucht, meinen Standpunkt in ruhigen Worten klarzumachen. Ich hoffe, es hat etwas gebracht.

„Wie ist es nun mit Sif. Sie hat keinen Mann und ist keinem Mann versprochen. Also kann ich sie zur Frau nehmen?", wechselt er das Thema.

„Wenn sie das auch will."

„Sie hat nichts zu sagen!"

„Das glaubst auch nur du."

„Ich bin der künftige Lord."

„Und Sif eine Wikingerin, eine stolze Wikingerin, die noch dazu mir untersteht."

„Dann müsstest du der Ehe zustimmen? Du würdest doch einer Hochzeit zustimmen?"

„Ich habe dir gesagt, es ist ihre Entscheidung. Ich würde aber ganz sicher dagegen sein, wenn Sif die Ehe nicht aus freien Stücken will. Ich werde es ihr nicht vorschreiben."

„Willst du mich beleidigen? Ich bin der Lord."

„Nein, aber du musst genauso unsere Gepflogenheiten respektieren. Hinzu kommt, dass Sif meinen Schutz genießt."

„Was soll das heißen? Sie gehört dir?"

„Wo denkst du hin!", lache ich auf. „Hast du nicht verstanden, was ich vorhin gesagt habe? Ein Amt bedeutet Verantwortung. Ich leite diese Mission und damit bin ich für meine Leute verantwortlich, auch für Sif."

„Dann kannst du zustimmen, dass ich sie zur Frau nehme!"

„Du willst es nicht verstehen. Ich verfüge nicht über sie, ich schütze ihre Interessen. Wenn sie dich heiraten will, werde ich dafür sorgen, dass sie es kann, wenn sie es nicht will, werde ich alles tun, damit sie nicht dazu gezwungen wird."

„Ihr Wikinger seid komisch!", meint er.

Erneut kehrt Ruhe ein. Ich habe jedoch den Eindruck, er denkt nach. Endlich! Allein das werte ich bereits als Erfolg. Plötzlich räuspert er sich.

„Ja?", frage ich.

„Was soll ich dann deiner Meinung nach jetzt unternehmen? Wie soll ich vorgehen?"

„Um Sif zur Frau zu bekommen?"

„Ja."

„Lade sie ein, einen Spaziergang zu machen, zeig ihr die Gegend, sei nett zu ihr. Wenn du merkst, sie ist gern in deiner Gesellschaft, dann kannst du sie fragen, ob sie hierbleiben will, um deine Frau zu werden."

„Wenn dann würdest du zustimmen?"

„Wenn sie damit einverstanden ist und du mir versprichst, dass du ihr auf Augenhöhe begegnest."

„Was soll das heißen?"

„Das soll bedeuten, dass in eurer Ehe, bei allem, was ihr als Paar für eure Zukunft und euer Leben entscheidet, sie genauso viel zu sagen hat, wie du."

„Sie soll alles mitbestimmen?"

„Ja, genau so stelle ich mir eine Ehe vor."

„Aber das Weib soll dem Manne untertan sein", wirft er ein.

„Das habt aber auch nur ihr Männer euch so zurechtgebogen. Die Frau ist genauso viel wert und kann genauso entscheiden, wie ein Mann. Nicht mehr und nicht weniger."

„Das wird schwierig."

„Du musst dich nur anstrengen."

Kapitel 8

Es sind nun einige Tage vergangen. Die Briten und die Schotten haben sich darauf geeinigt, Handel zu betreiben und auch wir tauschen Felle und Leder gegen Getreide. Sif und der junge Lord sind öfters gemeinsam unterwegs. Er zeigt ihr die Gegend und bemüht sich ernsthaft, ihr Herz zu gewinnen.

Ich bin gerade dabei das Beladen unserer Schiffe zu überwachen. Morgen wollen wir ablegen. Ich bin mit unserer Mission mehr als zufrieden.

„Ingrid, Ingrid, darf ich dich sprechen?", ruft Sif. Sie kommt auf mich zugelaufen.

„Natürlich!", antworte ich und lächle sie freundlich an.

„George hat mich gefragt, ob ich seine Frau werden möchte und hierbleibe."

„Und wo liegt das Problem?"

„Wärst du mir böse, wenn ich ja sagen würde?", will sie unsicher wissen.

„Warum sollte ich?"

„Weil ich den Stamm verlasse und du mir so viel beigebracht hast. Ich habe dir fast alles zu verdanken."

Bei diesen Worten kullert eine Träne über ihre Wange. Spontan nehme ich das Mädchen in den Arm und drücke sie an mich. Nach einiger Zeit halte ich sie auf Armeslänge von mir und schaue ihr tief in die Augen.

„Ich will nur, dass du glücklich bist. Wenn Gorge dein Glück ist, dann greife danach und heirate ihn. Sei aber immer darauf bedacht, dass er dich gut behandelt."

„Aber wie soll ich das anwenden, was du mir beigebracht hast, das Navigieren und so."

„Zeichne dir schnell die Karte ab und ich helfe dir einen Kompass und einen Sextanten zu bauen. Dann kannst du uns eines Tages besuchen kommen."

„Du glaubst, ich kann über das Meer segeln?"

„Du kannst es! Ich habe es dir beigebracht, also muss ich es wissen", grinse ich.

„Ich werde dich und den Stamm vermissen."

„Versprich mir eines!", sage ich.

„Ja?"

„Zeig George, wie wir es machen, sei ihm eine gute Lehrerin, wie er ein guter Anführer seiner Grafschaft werden kann und vor allem, lass dich nicht unterkriegen. Er soll dich behandeln, wie es sich für eine Prinzessin gehört."

„Das werde ich. Versprochen!", sagt sie.

Damit fällt sie mir wieder um den Hals und drückt mich fest an sich. Auch eine Träne kullert ihr über die Wange. Wir halten uns noch immer fest, da werden wir unterbrochen.

„Hat sie ja gesagt?"

Ich erkenne die Stimme sofort und als ich mich langsam von Sif löse und mich umschaue, wird meine Vermutung bestätigt. Es ist der junge Lord.

„Hat wer ja gesagt?", frage ich ihn.

„Wie meinst du das?", will er verwirrt wissen.

„Nicht ich muss ja sagen, sondern Sif. Es ist allein ihre Entscheidung, weil es ihr Leben ist. Ich werde ihr ganz bestimmt nicht im Weg stehen, weil ich sie liebe und in mein Herz geschlossen habe. Sollte mir aber zu Ohren kommen, dass du sie schlecht behandelst, dann komme ich und dann, Gnade dir Gott!"

„Ich werde sie gut behandeln, das verspreche ich", meint er. Dann grinst er. „Wer will sich schon mit dir anlegen."

„Gute Einstellung", lache nun auch ich.

Erneut fällt mir Sif um den Hals und drückt sich an mich. Auch George, den ich über die Schulter meiner Freundin hinweg anschaue, lächelt zufrieden. Ich glaube, die beiden lieben sich, werden ein schönes Paar sein und eine gute Ehe führen.

Als wir uns voneinander lösen, umarmt Sif George und drückt ihm einen innigen Kuss auf die Lippen. Sie löst sich aber dann wieder von ihm, nimmt mich aber dann gleich bei der Hand und zieht mich aufs Schiff.

„Wo läufst du denn hin?", will der junge Lord wissen.

„Die Karten abzeichnen und die Geräte zum Navigieren herstellen", ruft Sif ganz aufgeregt.

„Wozu?"

„Damit wir eines Tages zu Ingrid segeln können."

„Wir?"

„Kann sein, dass in diesen Minuten der Grundstein dafür gelegt wird, dass die Briten zu einer der größten Seemächte der Welt werden", grinse ich.

„Ja, genau, ausgerechnet die Briten!", lacht George.

„Wer weiß, wer weiß", antworte ich vergnügt.

Am nächsten Morgen stechen wir in See. Die Schotten haben sich schon wieder auf den Rückweg gemacht. Als Zeichen seines guten Willens hat ihnen der Lord Korn mitgegeben und ihnen das Versprechen abgenommen, eine gewisse Menge an Schafen noch zu liefern. Ich glaube, der Austausch wird funktionieren.

Inzwischen ist alles auf die Schiffe verladen und auch die Männer sind an Bord gegangen. Ich muss mich nur noch verabschieden. Zunächst kommt der alte Lord auf mich zu.

„Ich habe schon deine Mutter nicht gerne ziehen lassen. Aber es wird wohl eure Bestimmung sein, nach Hause zurückzukehren und dort zu wirken", meint er.

„Ich lasse euch Sif hier. Sie wird deinem Sohn eine gute Frau und diesem Land eine gute Fürsprecherin sein. Sie hat ein gutes Herz und wird sich für die Menschen dieses Landes einsetzen."

„Ich weiß und ich bin dir auch dankbar, dass du es zugelassen hast, dass die beiden heiraten."

„Das war allein Sif´s Entscheidung."

„Ich weiß. Schon deine Mutter hat sich sehr dafür eingesetzt, dass jeder sein Glück selbst bestimmen kann."

„Jeder soll die Möglichkeit haben, mit Fleiß und Geschick etwas aus sich zu machen."

„Du wirst deinen Weg schon machen, da bin ich mir sicher. Mach´s also gut und komm wieder."

„Wir werden sehen", sage ich. „Danke für alles."

„Danke dir! Dank dir werden wir in Zukunft mit den Schotten friedlich zusammenleben."

„Und eines Tages werdet ihr das vereinigte Königreich bilden", sage ich halblaut.

„Ein was?", will der Lord wissen.

„Ach, das ist noch nicht wichtig", wiegle ich ab.

Zum Glück drängen sich in dem Moment George und Sif vor, um sich von mir zu verabschieden. Auch sie drücken mich und wünschen mir eine gute Reise. Vor allem meiner Freundin laufen ein paar Tränen die Wange herab.

„Werdet glücklich, das ist das Wichtigste!", sage ich. „Und kommt uns eines Tages besuchen. Sif hat das Zeug dazu, ein Schiff zu führen."

„Ich habe mir von deinen Leuten zeigen lassen, wie ein Schiff gebaut ist und auf was es ankommt. Ich werde mich daran machen, eines in Auftrag zu geben und die Arbeiten selbst zu überwachen."

„Na dann steht der britischen Vormachtstellung auf den Weltmeeren nichts mehr im Wege."

„Der was?", erkundigt er sich.

„Ich mache nur einen Scherz", wiegle ich ab,

Sif schaut mich überlegend an, dann kommt sie auf mich zu und schließt mich in die Arme. Sie kommt meinem Ohr ganz nah.

„Du weißt wieder einmal etwas, was du gar nicht wissen kannst", grinst sie.

Dann aber drückt sie mich fest an sich. Ich kann erneut die Tränen spüren, die ihr über die Wange kullern.

„Ich werde dich nie vergessen", meint sie. „Du hast mein Leben völlig auf den Kopf gestellt und alles zum Guten gewendet."

„Das hast schon du selbst gemacht. Du musst nur darauf vertrauen, dass du etwas kannst und dich dann auch dafür entschlossen einsetzen. Du bist eine starke Frau und wirst deinen Weg machen. Du wirst eine gute Herrscherin über dieses Land werden."

„Aber nur, weil ich bei dir so viel lernen durfte."

Der Abschied ist sehr emotional. Auch mir fällt es schwer, mich von Sif zu trennen. Sie ist inzwischen zu einer guten Freundin geworden. Aber mit George hat sie ihr Glück gefunden und ich bin froh, dass sie gut versorgt ist.

Irgendwann müssen wir uns doch voneinander trennen. Ich reiche noch George die Hand und ermahne ihn, ja gut auf meine Freundin aufzupassen und ihr ein guter Ehemann zu sein, was er mir in die Hand verspricht.

Dann begebe auch ich mich an Bord und winke von Deck aus den Menschen am Strand zu, während mein Vater das Ablegemanöver überwacht. Wehmütig stehe ich am Heck des Schiffes und blicke zurück, während wir uns immer weiter von der Küste entfernen. Ich habe meine Mission zu einem vollen Erfolg geführt. Wir haben die Lagerräume voll mit Korn. Mit Sif lasse ich jedoch jemand zurück, der mir sehr ans Herz gewachsen ist. Dabei ist mir klar, dass sie George von Herzen liebt und er sie.

Erst als ich die Küste nicht mehr sehen kann, gehe ich zum Bug des Schiffes und blicke nach vorne. Es dauert nicht lange und schon bin ich wieder in Gedanken. Ich frage mich, warum ein Großteil der Ernte bei dem Unwetter hatte vernichtet werden können. Ich nehme mir ganz fest vor, mir ein Bild zu machen und zu schauen, wie man die Lager sicherer machen kann.

Mir ist klar, dass sich mit unserer Rückkehr meine Position im Stamm verändern wird. War ich bisher das kleine Mädchen, die Tochter von Alva, so habe ich nun meinen eigenen Erfolg vorzuweisen, einen beachtlichen Erfolg. Ich habe etwas vollbracht, das bisher nur meine Mutter zustande gebracht hat. Ich bin über das Meer gesegelt und bringe wichtige Güter mit.

Zunächst geht die Reise gut vonstatten. Die Winde stehen günstig, das Meer ist ruhig und wir kommen sehr schnell voran, obwohl die Schiffe schwer beladen sind und deshalb tief im Wasser liegen.

Zum Zeitvertreib lasse ich die Mannschaft wieder Wasserskifahren und alle haben mächtig Spaß. Wie immer stehe ich am Heck und bin bereit, ins Wasser zu springen, sollte es notwendig sein. Aber es geht zum Glück alles gut. Meine Leute sind inzwischen trainiert und auch vernünftig genug, rechtzeitig wieder an Bord zu klettern.

Mein Vater steht neben mir und beobachtet das Treiben. Ein Lächeln umspielt seine Lippen, er sagt aber lange Zeit nichts.

„Du bist in vielem ähnlich, wie deine Mutter und doch hast du deinen ganz persönlichen Stil."

Ich schaue ihn zunächst nur an und überlege, was er mit diesen Worten sagen will. Aber so ganz komme ich nicht dahinter, was er damit meinen könnte.

„Wie meinst du das?", frage ich deshalb nach.

„Du hast ihre Schönheit geerbt, du hast ihre Entschlossenheit geerbt und du bist klug, wie sie. Trotzdem gehst du deinen eigenen Weg. So ein Vergnügen hätte es bei deiner Mutter während einer Reisen niemals gegeben. Sie war nur auf ihre Aufgabe konzentriert."

„Das sieht meiner Mutter ähnlich und ich spreche nun nicht nur von Alva, sondern auch von Vera. Auch in meiner Welt war sie zielorientiert und hat wenig Ablenkung zugelassen", sage ich. Dann hebe ich abwehrend die Hände. „Versteh mich bitte nicht falsch, das ist keine Kritik. In ihrer Jungend hatte man wenig Ablenkungen und war auf das Studium und dann auf die Arbeit konzentriert. Das Wort Freizeit und Vergnügen gab es kaum. In meiner Jungend hingegen schon. Da hat man erkannt, dass es einen Ausgleich braucht und der Mensch nicht immer nur arbeiten kann."

„Deshalb lässt du auch Spaß zu", meint er.

„Schau dir diese Männer und Frauen an. Sie haben Spaß und genießen diese Zeit. Ich bin mir aber sicher, wenn es darauf ankommt, dann stehen sie ihren Mann und ihre Frau, dann kann ich mich voll und ganz auf sie verlassen. Und genau darauf kommt es schlussendlich an. Es reicht, wenn ich alles im Blick habe und rechtzeitig reagiere.

Es ist aber nicht so, dass meine Mutter nicht auch ihre Auszeit hatte. Die Wanderung und die Zeit beim Wasserfall waren ihr Ausgleich. Diese wenigen Tage waren aber für sie so wichtig und so intensiv, dass sie ihr gereicht haben, um wieder genügend Kraft und Energie zum Weitermachen zu tanken."

„Ich sehne mich zurück zum Wasserfall", meint mein Vater verträumt. Dabei sehe ich, wie eine Träne seine Wange herunterkullert. Er hat meine Mutter aus tiefstem Herzen geliebt.

„Wenn wir zurück sind, lassen wir alles hinter uns und machen uns auf den Weg. Ich bin mir sicher, Mutter wird die ganze Zeit bei uns sein, dann sind wir als Familie wieder zusammen."

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