Ein Mann Sein

Bis ich mitbekam, dass ich ebenfalls kurz vor der Explosion stand, für einen Moment enttäuscht, dass es enden würde, aber dann von diesem Gefühl völlig überwältigt, weil es so unvergleichlich stärker und erfüllender als alle vorherigen Orgasmen für mich war.

Nur langsam setzten sich andere Wahrnehmungen wieder zu einem kohärenten Gesamtbild zusammen. Tränen, die aus ihren Augen liefen und das gerötete, aber unfassbar glücklich aussehende Gesicht. Keine Tränen der Trauer, des Glücks.

Die bei mir gleiches auslösten. Der Kuss eine Beruhigung, erstmals eine echte Beruhigung, obwohl ich das Gefühl hatte, in Flammen zu stehen. Nicht mehr an der Schwelle zu stehen, sondern sie überschritten zu haben. Nun war ich ... ein Mann.

Und doch war das nur sekundär wichtig. Wichtiger war, dass ich nun ihr Mann war. War im selben Moment klar, dass dies nicht ein einmaliger „Ausrutscher" gewesen war. War klar, dass nun genau das geschehen würde, was sie als Befürchtung in den Raum gestellt hatte.

Dass es nicht verbotener Sex war, den wir hatten. Sondern, dass wir gerade eine Liebesbeziehung begonnen hatten. Und, wie in den zärtlichen, stummen Minuten danach immer klarer wurde, beide unermesslich glücklich darüber waren.

Keine Angst vor uns selbst und unseren Wünschen mehr haben zu müssen. Uns bremsen zu müssen. Stark zu sein. Wir waren froh, endlich schwach sein zu können. Aber so richtig. Richtig. Wenige Minuten später erneut. Gedanken hatten wir einfach nicht mehr.

Nur noch Gefühle. Überwältigende, erfüllende Gefühle. Und einen Nachmittag voller Liebe und Ekstase. An dessen Ende eine Schrecksekunde, als wir Ina die Tür aufschließen hörten. Wir zogen uns rasend schnell an und ich verwickelte sie sofort in ein Gespräch und anschließendes Spielen auf ihrem Zimmer.

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Acht Jahre ist das schon her. An diesem Nachmittag fand Ina noch nicht heraus, was geschehen war und weiter geschah. Täglich, heftig, immer wieder geschah. Was wirklich geschah, nämlich, dass wir ein echtes Paar wurden. Das fand sie allerdings trotzdem heraus.

Ohne uns zu ertappen. Sie zählte einfach eins und eins zusammen. In Mathe war sie immer schon sehr gut gewesen, jetzt wird sie es wohl auch studieren. Schon ein halbes Jahr später meinte sie beim zu Bett bringen, dass sie uns zukünftig morgens nicht mehr wecken wollte.

„Ehm ... aha, warum?"

„Ihr habt Sex, nicht wahr? Dabei will ich nicht stören. Das ist okay, du machst Mama glücklich, so glücklich wie ich sie noch nie erlebt habe."

„Das ... wie kommst du darauf?"

„Man sieht es euch an. Mama braucht einen Mann. Du bist ein Mann, ein Supermann. Das passt doch. Super sogar."

Ja, das passte, da hatte sie völlig recht. Passt immer noch. Ina fiel es nicht schwer, mich nicht nur als Bruder, sondern auch Partner ihrer Mutter wahrzunehmen. Nachdem ich meiner Mutter von diesem Gespräch erzählt hatte, worüber sie herzlich lachte, lachen konnte, weil sie wirklich überglücklich war, versteckten wir unsere veränderte Beziehung vor ihr nämlich nicht mehr.

Küssten, schmusten, streichelten uns in ihrer Gegenwart. Wurde das völlig normal. Wurde es auch völlig normal, dass ich mich in genau der Rolle entwickelte, die sie brauchte, in das, was sie brauchte und sich gewünscht hatte. Einen echten Mann. Ohne jeden weiteren Faustkampf.

Für Ina ein Bruder, aber auch ein Vater war. Nun ebenfalls Ingenieur wie mein Vater. Es gelang mir, auch die letzten Bedenken und Sorgen meiner Mutter in diesen acht Jahren auszuräumen. Als Mutter nehme ich sie tatsächlich nur noch am Rande war. Sie ist meine Frau, die ich über alles liebe. Immer lieben werde. Das hat sie langsam begriffen und ist glücklich dabei.

Für keine andere werde oder will ich jemals so stark und so dauerhaft empfinden können. Brauch ich auch nicht. Ich habe die Frau, die ich immer gewollt habe. Sie den Mann, den sie immer gewollt hatte. Und wir immer noch Sex, der schöner und intensiver nicht sein könnte.

Besonders an „einem dieser Tage". Die bei uns auch nach acht Jahren alles andere als selten sind.