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Ein Schelm, der Böses dabei denkt

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"Du gefällst mir! Ich hab zu Hause eine sturmfreie Bude, meine Frau ist bei ihrer kranken Mutter, hast du nicht Lust, mal an meiner Zuckerstange zu lutschen?",

da brach ich den Tanz ab und rauschte an unseren Tisch zurück.

Toni versuchte, die Situation zu retten und fragte bedripst:

"Aber ihr wolltet doch was erleben?!"

"Aber nicht mit deiner Zuckerstange!", zischte ich zurück.

Das war für Mae das Zeichen, unseren Plan Zero durchzuführen:

"Ich muß jetzt wirklich gehen -- oh, mein Gott, es ist schon nach halb zehn -- wie die Zeit vergeht -- ich muß nach meinem Jungen sehen."

Ich sekundierte:

"Dann muß ich ja auch gehen, meine Mutter von meiner Tochter erlösen!"

"Wie alt ist den deine Tochter?", fragte Toni lüsternen Blickes.

"Vier", antwortete ich nur trocken, und seine Miene wurde sauer.

Wir eilten zur Garderobe und zogen unsere Mäntel an; zum Glück akzeptierten unsere Kavaliere unseren Abgang und stiegen uns nicht nach. Draußen standen wir erst einmal unschlüssig und wußten nicht, was wir tun sollten.

"Hat eine von euch Lust, schon nach Hause zu gehen?", fragte Mae in die Runde.

"Nein!", antworteten wir unisono.

"Zu blöd! Ich hab den Hamburger Veranstaltungskalender zu Hause gelassen, der hätte noch gut in die Handtasche gepaßt! -- Wir können ja schnell bei mir vorbeifahren, und ich hol ihn. Ich bezahl auch die extra Taxifahrt."

Wir wurden gerade noch im rechten Augenblick gerettet, und zwar vom Fahrer der an erster Stelle in der Warteschlange stehenden Taxe. Er stieg aus, kam auf uns zu und fragte freundlich:

"Guten Abend, die Damen! Hat es Ihnen hier nicht gefallen -- möchten Sie noch woandershin oder schon nach Hause?"

Aufgekratzt wie ich war, antwortete ich offenherzig:

"Wir würden schon gern noch woanders hingehen. Können Sie uns was empfehlen?"

"Möchten Sie ein gutes Restaurant oder auch tanzen?"

"Auch tanzen!"

"Dann empfehle ich Sagebiel. Dort geht der Neujahrstanz bis, glaub ich, zwei oder drei Uhr. Wenn Sie es wünschen, kann ich Sie hinfahren."

"Was würde das denn kosten -- das ist doch ziemlich weit?"

"So weit nun doch nicht -- Ich schätze fünfundzwanzig bis dreißig Mark."

"Na, dann fahren wir!"

Als wir bei Sagebiel vorfuhren, zeigte das Taxameter sogar nur einundzwanzig Mark fünfzig. Der Fahrer nahm nicht mehr als fünfzig Pfennig Trinkgeld an und übergab uns seine Visitenkarte:

"Wenn Sie nachher unbelästigt nach Hause fahren möchten, dann rufen Sie mich an, ich fahr die ganze Nacht durch; ich berechne ihnen auch nicht die Anfahrt."

In der lockeren Stimmung dieses Abends fragte ich:

"Und wieso sind wir bei Ihnen vor Belästigungen sicher?"

Der Fahrer lachte und zeigte nur auf seine Schwulen-Schleife am Revers. Daß ich die nicht schon bemerkt hatte! Ich war wohl schon ein wenig hinüber und nahm mir vor, im weiteren Verlauf des Abends auf mich aufzupassen.

Wir fanden auch hier einen freien Tisch, setzten uns und bestellten uns Coca-Cola, denn vom Wein hatten wir erst einmal genug, wie wir fanden. Hier war es nicht so, daß sich gleich fremde Herren an unseren Tisch gesetzt hätten, wir wurden hin und wieder von Kavalieren von den Nachbartischen zum Tanz aufgefordert, waren sonst aber allein an unserem Tisch. Allerdings saßen in der gegenüberliegender Ecke des Saales drei sympathisch aussehende Herren, wohl etwas älter als wir, ebenfalls allein, und immer häufiger nickten und dann auch winkten wir einander zu, bis schließlich einer der Herren zu uns kam und höflich vorschlug, uns zusammenzusetzen. Wir willigten ein, und die drei Herren zogen zu uns um, da unser Tisch etwas größer war. Sie stellten sich auch artig vor:

"Hanno, eigentlich Johannes, Tischlermeister; ich hab eine kleine Tischlerei."

"Heino, eigentlich Heinrich, auch Tischlermeister, aber ich arbeite in einer Möbelfabrik -- und singen kann ich nicht!"

"Benno, eigentlich Bernhard, Buchhändler; und ihr, wenn wir fragen dürfen -- oh, entschuldigt -- sollten wir uns lieber siezen?"

"Ihr dürft! Und ,ihr` ist schon okay. Gudrun, Sekretärin, geschieden."

"Mae, eigentlich Maria, medizinisch-technische Assistentin, geschieden; ich hab einen zwölfjährigen Jungen."

"Melanie, eigentlich Kerstin, aber so nennt mich niemand, Studienrätin, geschieden."

"Ihr ärmsten, alle drei geschieden, das tut uns leid", sagte Heino, "so genau wollten wir das gar nicht wissen, aber dann müssen wir das auch von uns sagen: Ich bin verheiratet, meine Frau hat sich vor Weihnachten den Fuß verknackst, und sie hat mir erlaubt, allein zum eigentlich geplanten Tanz zu gehen. Mein Freund Hanno ist auch verheiratet, und seine Frau ist Ärztin und hat sich für den Nachtdienst gemeldet, weil sie sich nichts aus Tanzen macht, aber sie kommt wohl später auch dazu; und unser Freund Benno ist ledig."

"Und wie paßt das zusammen: Tischler und Buchhändler?"

"Weil ich mit meiner Firma dem Benno die Regale für seinen Laden gemacht habe -- und Heino mir dabei geholfen hat -- schwarz allerdings -- ich hoffe, ihr seid nicht vom Finanzamt! Seitdem sind wir auch Skatbrüder."

Es wurde ein gemütliche Nacht, Mae tanzte meistens mit Heino, ich mit Hanno und Gudrun fast nur mit Benno. Sie kamen sich sichtlich näher, tanzten eng umschlungen, und ich verständigte mich mit Mae, daß dies vielleicht etwas werden würde für die arme Gudrun.

Irgendwann -- die Veranstaltung ging ihrem Ende entgegen, und der Saal hatte sich schon ziemlich geleert -- tauchte Hannos Frau auf, setzte sich an unseren Tisch, und wir stellten uns vor.

"Welche Spezialität haben Sie denn --", begann ich zu fragen.

"Nenn mich doch einfach ,Frauke`, ihr duzt euch hier doch alle!"

"Also, Frauke, was ist eigentlich deine Spezialität?

"Das mag ich gar nicht sagen: Andrologie. Ja, ihr habt richtig gehört, ich untersuch den Männern ihre Eier und Schwänze. Das war die Spezialität meines Professors, für den ich als Studentin geschwärmt hab. Ich hab auch seine -- aber ich schweife ab. Als ich meinen Doktor fertig hatte, wandte sich der Prof der nächsten Doktorandin zu, und ich traf meinen Hanno. Das war mein Glück!"

Damit gab sie Hanno einen saftigen Kuß.

"Nur mit dem Tanzen hab ich nichts am Hut", fügte sie noch hinzu, "bei den meisten Paaren ist es ja umgekehrt."

"Ich glaub, wir brauchen hier keinen Plan Zero", sagte Mae nach einer Pause -- wir hatten den dreien andeutungsweise von unseren Erlebnissen im Winterhuder Fährhaus erzählt, "aber ich bin hundemüde -- wir sollten allmählich nach Hause gehen."

Das fanden die anderen auch, und ich telephonierte unseren Taxifahrer herbei. Er sagte, es würde zwanzig Minuten bis eine halbe Stunde dauern, bis er käme, und so lange leisteten uns unsere drei Kavaliere und Frauke noch Gesellschaft. Schließlich kam unser Fahrer, wir spendierten ihm noch ein Kännchen Kaffee und ein Stück Torte, die zum Glück noch serviert wurde, und er fuhr uns nach Hause: Erst lud er Mae ab, und Gudrun wollte noch zwei Nächte bei mir übernachten, bevor der Alltag wieder losging.

Bei mir zu Hause fragte ich sie:

"Sag mal Gudrun, der Benno ist ja riesig nett, trefft ihr euch nochmal?"

"Nein, wir haben nichts verabredet."

"Hast du wenigstens Name, Adresse, Telephon von ihm?"

"Nein, hab ich nicht", sagte Gudrun traurig.

"Aber du warst ihm doch auch sympathisch, das hat man doch gesehen, dann hättet ihr doch noch was verabreden können --"

"Aber ich kann doch nicht -- ich bin doch -- ich arbeite als --"

"Als Chefsekretärin in einer bekannten Firma."

"Du weißt doch, was ich meine", sagte Gudrun und begann zu weinen, " ich kann mir doch jetzt keinen Freund leisten."

"Na, Gudrun, schlafen wir uns erstmal aus und reden morgen darüber weiter", sagte ich, umarmte sie innig, legte sie wie ein Kind auf die Wohnzimmercouch schlafen -- mit mir im Schlafzimmer wollte sie nicht -- und ging mit der Beruhigung schlafen, daß ich notfalls den Benno schon finden würde: Irgendwann war sein Nachname Bruchmaier oder so ähnlich gefallen. Am nächsten Tag aber redeten wir nicht wieder über dieses Problem. Gudrun war wieder obenauf und machte sogar lustige Bemerkungen über ihre nachmittägliche und abendliche Tätigkeit:

"Wenn das zu was gut sein soll, dann möcht ich doch wenigstens bei dieser Gelegenheit mal einen Neger --"

" -- Schwarzen --"

" --ja, ja, aber das bedeutet doch dasselbe -- mal so einen kennenlernen mit so einem richtig langen -- die sollen ja bis dreißig Zentimeter lange Dobbasse haben. In Hamburg laufen ja genug davon rum."

"Das wäre wohl ein etwas zweifelhaftes Vergnügen."

"Ja, wahrscheinlich. -- Ich würd nur gern wissen: Ist dann auch der vordere Teil so viel größer oder nur das Rohr?"

"Willst du das genau wissen?"

"Ja!"

"Ich weiß es auch nicht."

"Ach, du nimmst das nicht ernst, Melanie!"

"Du doch auch nicht -- oder?"

"Ich würd's schon gern mal wissen."

"Dann sprich doch mal einen auf der Straße an und frag ihn!"

"Melanie, das kann man doch nicht!"

"Würd ich auch irgendwie so sehen. -- Oder fahr zum Urlaub nach Nairobi oder Lagos und geh zur Nacktbadestunde ins Schwimmbad!"

"Würdest Du mitkommen?"

"Nein."

"Und warum nicht?"

"Weil ich nicht unbedingt wissen muß, wie es mir oder uns als nackte Weiber unter Trägern dreißig Zentimeter langer schwarzer Dinger ergehen würde."

"Mae hat mal erzählt, bevor ich bei ihr anfing, hatte sie mal einen Ne --, einen Schwarzen von einem Konsulat, der soll ganz normal gebaut oder sogar eher klein gewesen sein."

"Na, siehste, es gibt nichts, was es nicht gibt. -- Oder schreibt in eure Anzeige: Stolze Besitzer von mehr als dreißig Zentimetern: halber Preis, dann kommen zu euch vor allem solchene!"

"Du nimmst das nur komisch --"

"Wie soll ich das denn sonst nehmen?"

"Ich würde wirklich gern wissen, ob das stimmt, was manche Kerle so flunkern und sich auch für sich selbst wünschen."

"Ich ja auch, mein Gudrunlein", dabei umarmte ich sie, "ich bin auf dem Gebiet ja auch ein klitzekleines bißchen neugierig. Aber bedenk mal", und dabei machte ich obszöne Gesten weiter unten, "ein dreißig Zentimeter langes Ding, damit kann man doch nicht wirklich was anfangen!"

Nach einigen Tagen nahm Gudrun ihre Tätigkeit wieder auf, allerdings mit deutlich weniger Begeisterung als vor Weihnachten. Aber nach zwei Wochen kam sie freudestrahlend zu mir und sagte:

"Weißt du was: Ich arbeite nicht mehr mit Mae in der Wohnung --"

"Gratuliere!"

"Danke -- aber ich arbeite noch so -- ich hab was anderes gefunden!"

"Ach so", sagte ich enttäuscht, "und was macht Mae?"

"Die hat schon eine Nachfolgerin für mich gefunden -- jünger als ich, Mae meint, das zieht sicher noch mehr Kunden an. Sie will noch etwas weitermachen."

"Und wo ist das, wo du jetzt bist?"

"Ein Saunaclub in Krupunder."

"Und woher hast du das?"

"Einer unsere Stammkunden hat mir erzählt, das sei ein ganz prima Club, völlig seriös --"

"Hmm --"

"Na ja, in seiner Art -- und die suchen noch Mädchen --"

"Frauen --"

"Sei doch nicht immer so genau! Jedenfalls hat mir der Kerl deren Geheimnummer gegeben, ich hab angerufen und durfte mich vorstellen -- und die Chefin hat mich sofort genommen."

"Und was ist daran so toll?"

"Da ist wirklich bestes Publikum --"

"Woher willst du das wissen? Warst du schon einmal da?"

"Ja, an zwei Abenden. Wir sind meist zu viert plus die Chefin und haben einen prima Rausschmeißer, der heißt Bobby und ist schwul. In der Wohnung hab ich mich doch nicht immer so sicher gefühlt, muß ich ehrlich sagen."

"Und das Ganze nennt sich ,Saunaclub`?"

"Offiziell einfach ,Sauna`. Es ist natürlich in Wirlichkeit ein Edelpuff. -- Ein großes Schwimmbad haben wir auch. Willst du dir das nicht auch mal ansehen?"

"Interessant wäre das schon -- Na, dann wünsche ich dir FF in deinem neuen Job."

"FF?"

"Fiel Fergnügen!"

In die nächsten Wochen fiel Meikes Eröffnung, daß sie ein Kind erwarte, und wir lösten unsere Partnertausch-Viererbande bei einem platonischen letzten Treffen auf. Und auch Holger machte Schluß mit mir, weil er meinte, die Frau seines Lebens gefunden zu haben; er sollte sich nicht getäuscht haben.

Da ging eines Abends das Telephon. Es war Gudrun, die mit betretener Stimme fragte:

"Melanie, ich möchte dich um etwas bitten -- könntest du --"

"Na, sag schon, es wird doch nicht so was Schlimmes sein."

"Könntest du mich ein--zwei Tage in der Sauna vertreten? Ich hab mir den Fuß verknackst und will den Job nicht verlieren."

"Ich -- in der Sauna?"

"Ja -- du bist die einzige, die ich darum bitten kann -- du kannst doch mit Männern umgehen, und in diesem Etablissement kann dir wirklich nichts Schlimmes passieren --"

"-- außer vier Männern pro Abend --"

"Na ja, aber hattest du das nicht schon mal?"

"Nun mach's mal halblang, Gudrun, so toll hab ich das nun auch nicht getrieben -- zwei war mein Maximum -- ich glaub nicht, daß ich jemals drei Männer an einem Tag hatte --"

"Nicht in deinen ,besten` Zeiten Otto und Karl und Dieter?"

"Doch, du hast gewonnen, das ist ein- oder zweimal vorgekommen --"

"-- und du hast doch auch einmal gesagt, dich würde interessieren, wie das so abläuft --"

"Ja, das hab ich wohl mal gesagt in einem unbedachten Augenblick --"

"Also, Melanie, ich würde dich wirklich sehr bitten, dir das ein oder zwei Tage mal anzusehen -- tust du das für mich?"

Wer kann bei so was "nein" sagen, und so antwortete ich:

"Na ja, ein--zwei Tage, ich werd's mir überlegen."

"Tu das -- bitte!", sagte Gudrun zum Schluß mit tränenerstickter Stimme.

Diese Bitte war der armen Gudrun ganz bestimmt nicht leicht gefallen. Eigentlich war es ja eine Zumutung, aber daß ich ein gewisses Interesse gezeigt hatte, damit hatte Gudrun recht. Manche meiner Freunde hatten ja auf meine bohrenden Fragen andeutungsweise vom Gewerbe erzählt, aber eigentlich immer nur in dem Sinne, wie gräßlich das alles sei (warum gingen sie dann dahin?), andere gaben furchtbar an: "Drei Frauen gleichzeitig und mit jeder dreimal" und in dem Stil. Nach und nach reifte mein Entschluß, Gudrun für die ein bis zwei Tage zuzusagen, aber ich wollte doch noch eine Nacht darüber schlafen.

Am nächsten Morgen konnte ich ausschlafen, denn es war Samstag und keine Schule. Ich nahm ein ausgiebiges Bad, betrachtete wohlgefällig meinen Körper, über den ich demnächst die netten Herren in der Sauna lassen würde, stieg aus der Wanne, trocknete mich ab und ging zum Telephon, um Gudrun meinen Entschluß zu sagen. Ich hatte die Hand schon auf dem Hörer, als das Telephon klingelte. Es war Gudrun.

"Hallo, Gudrun, ich wollte dich auch gerade anrufen und dir sagen --"

"-- ja?"

"-- daß ich das ein--zwei Tage für dich mache. Du mußt mir nur noch sagen, zum Beispiel --"

"Melanie -- ich muß dir auch was sagen."

"Du kannst doch in die Sauna gehen, und ich hab mich umsonst seelisch darauf vorbereitet?"

"Nein, anders: Ich wollte sichergehen und war heute morgen in Eppendorf zum Röntgen, und die haben festgestellt: Mein Fuß ist gebrochen."

"Und das heißt?"

"Daß ich dich nicht nur für ein--zwei Tage, sondern für mehrere Wochen bitten muß."

Das war ja eine noch größere Zumutung, aber Gudrun in diesem Schlamassel sitzenzulasen, das brachte ich auch nicht übers Herz, zumal ich ja zur Zeit so solo war wir fast nie in meinem Leben.

"Also gut, Gudrun, weil du's bist, ich mach's auch mehrere Wochen. -- Aber nun mal zum Praktischen: Was muß ich denn da anziehen? Sicher was sexies -- oder lauft ihr da ganz ohne rum?"

"Nein, das tun wir nicht. Ich sag so: Ich sage der Gabi, unserer Chefin, daß du kommst -- nein, noch besser: Ich geb dir die Geheimnummer der Sauna, und du machst mit Gabi aus, wann du dich mal vorstellst. Das heißt, dann stellt dir Gabi den Club vor. Und du wirst Geld kriegen, damit du dir was Neckisches kaufen kannst. Ruf am besten gleich an, Gabi ist wahrscheinlich schon da, und mach was aus! Und nochmals tausend, tausend Dank!"

Also sollte ich wirklich nachmittags ins Rotlicht-Milieu einsteigen. Natürlich hatte ich wie wohl die meisten Frauen eine gewisse -- in vielen Details sicher völlig falsche -- Vorstellung davon, gepaart mit einem gehörigen Schuß Neugier.

Diese Neugier bewog mich, gleich -- ich saß ja noch am Telephon -- die Nummer anzurufen, die mit Gudrun gegeben hatte.

Eine -- um es vorsichtig auszudrücken -- nicht sehr freundliche Männerstimme brummte:

"Hallo."

"Hallo! Ich hätte gern mit Gabi gesprochen. Ist die schon da?"

"Wer bist du denn?"

"Die Cousine von Gudrun; sie bat mich, bei euch für sie einzuspringen."

Die Stimme am anderen Ende der Leitung zerschmolz förmlich:

"Das wird Gabi freuen! Ich ruf sie mal -- dauert aber wahrscheinlich ein bißchen -- bleib bitte am Apparat!"

Es dauerte ewig, bis sich eine freundliche Frauenstimme meldete:

"So, jetzt hab ich es geschafft -- ich bin Gabi -- ich war unter der Dusche, entschuldige bitte, daß ich dich hab warten lassen -- wie heißt du eigentlich?"

"Eigentlich heiße ich anders, aber alle nennen mich Melanie."

"Also, Melanie, das ist furchtbar lieb von dir, daß du Gudrun für eine Zeit vertreten willst. Wir haben nämlich zur Zeit einen gewissen Engpaß. -- Ja, wie machen wir das? Willst du mal vorbeikommen und dir das Ganze ansehen? -- Oder, wenn dir das nicht paßt, ich kann auch gern zu dir kommen."

"Ich komme mal zu euch, ich will mir das ja auch ansehen -- und du wirst wohl auch sehen wollen, ob ich zu euch passe."

"Da bin ich mir ganz sicher, sonst hätte Gudrun nicht mit dir darüber gesprochen."

"Also, wann würde dir das passen?"

"Am besten zwischen Mittag und vier Uhr nachmittags -- da machen wir auf, aber ich komme immer schon gegen Mittag. Da können wir in Ruhe schnacken, und du kannst dir alles ansehen."

"Dann sagen wir am Montag um zwei?"

"Okay, aber wenn es dir besser paßt, kannst du auch schon heute kommen. Samstags haben wir auf, ,sonntags nie`, und ich bin auch da, wie du siehst."

"Lassen wir es bei Montag, dann kann ich mich noch etwas seelisch auf das Ganze vorbereiten."

"Gut, dann bis Montag. Und klingele bitte viermal, sonst denk ich, du bist ein verfrühter Kunde und schick Bobby, um dich abzuwimmeln."

"Tschüs, Gabi."

Am Nachmittag machte ich meinen normalen Samstagsbesuch bei meiner Mutter und sagte nichts, am Sonntag war ich bei meinem Bruder Hans eingeladen und sagte nichts, am Montag vormittag machte ich bei ansteigendem Herzklopfen meinen Schuldienst und sah ab und an verstohlen auf meine Uhr: noch drei Stunden siebenundvierzig Minuten bis zu meinem Vorstellungsgespräch, noch zweieinhalb Stunden --

Ich hatte in diesem Schuljahr Montags nach der fünften Stunde frei; ich fuhr nach Hause, duschte, suchte eine silbrig glänzende knappe Reizwäschegarnitur heraus, die ich mir vor Urzeiten, als ich Dieter noch mit so was beeindruckte, im Sommerschlußverkauf preisreduziert gekauft hatte, zog darüber ein beiges Kostüm mit recht kurzem Rock an und fuhr zur Sauna.

Ich stand vor einer dunklen Holztür mit Guckloch, und daneben an der Wand war ein Klingelknopf mit handgeschrieben improvisiertem Schild "Sauna".

Ich klingelte, und nach "endlosem" Warten schlurften Männerschritte heran, ich sah eine Pupille durch das geöffnete Guckloch, sogleich aber wurde geöffnet, und ein dicker Mann sagte freundlich: "Tritt doch näher! Du bist doch die Melanie? Gabi wartet schon auf dich. -- Ach so: Ich bin Bobby!"

Das hatte ich mir schon gedacht. Bobby führte mich mit zarter Hand durch einen schummerigen Vorraum in einen etwas weniger schummerigen Barraum. Eine Ecke nahm eine kleine Bar ein, hinter die sich Bobby alsbald verzog und mit dem Ausspülen von Gläsern fortfuhr. Gegenüber der Eingangstür war der Raum durch eine niedrige Wand, auf der Blattpflanzen und ein großes Aquarium standen, gegen einen heller beleuchteten Raum abgeteilt, zu dem links neben der Trennwand ein Durchgang führte, durch den man, etwas zu dieser Seite tretend, das dort befindliche große Schwimmbecken sah. Die vierte Wand war einfach eine Wand mit einer plüschigen Sitzbank unter einem erotischen Gemälde im Stil des 18. Jahrhunderts. Neben der Sitzbank führte eine schmale Tür wohl in die hinteren Räume; von dort hörte man Staubsaugen. Eine gleiche Sitzbank stand auch unter dem Aquarium, und vor beiden Bänken niedrige Glastische für Flaschen und Gläser.