Swipe, um zu sehen, wer jetzt online ist!

Ein unerwarteter Segeltörn Teil 01

ÖFFENTLICHE BETA

Hinweis: Sie können die Schriftgröße und das Schriftbild ändern und den Dunkelmodus aktivieren, indem Sie im Story-Infofeld auf die Registerkarte "A" klicken.

Sie können während unseres laufenden öffentlichen Betatests vorübergehend zu einem Classic Literotica® Erlebnis zurückkehren. Bitte erwägen Sie, Feedback zu Problemen zu hinterlassen oder Verbesserungsvorschläge zu machen.

Klicke hier

Melanie sah ein Zittern durch seinen Körper gehen und starrte gebannt auf das Schauspiel, dass sich ihr bot. Er ließ sich zurücksinken und genoss das Abebben der Spannung.

Melanie schloss ihre Augen und drehte leise ihren Kopf zurück. Sie hatte das Gefühl, vor Aufregung zu zittern und bemühte sich, ihre schnelle Atmung zu kontrollieren. Da war der fast überwältigende Drang, sich ebenfalls ihrer Lust hinzugeben. Aber sie hatte Angst, entdeckt zu werden. Sie wusste von sich, dass wenn es sie richtig packen würde, dann würde sie ihre Ekstase hinausrausschreien! Kein in ein Kissen beißen würde sie vor seiner Entdeckung retten können. Nicht nur, dass er sie so sehen würde. Ihm würde ebenso sofort klar werden, dass sie ihn beobachtet hatte! Sie war verzweifelt und zog schließlich ihren Finger aus der nassen Spalte.

Sie blieb eine Zeit regungslos liegen, da sie ihm nicht den Eindruck geben wollte, dass ihre Bewegung in einem Zusammenhang mit seinem Höhepunkt stehen würde. Danach drehte sie sich, wie ganz natürlich im Schlaf, auf die ihm abgewandten Seite und blickte im Dunkeln die Bordwand an. Sie rekapitulierte die Ereignisse der letzten zwei Tage. Sie war auf einen jungen Mann aufmerksam geworden, den sie zwar schon aus ihrer Kindheit her kannte, mit dem sie, jedoch auf Grund des Altersunterschieds von drei Jahren, nur wenig zu tun gehabt hatte. Sie hatte Eigenschaften an ihm entdeckt, die sie mehr an einem Mann schätzte als ein tolles Aussehen oder eine sportliche Figur. Sie fand, dass er nicht die Ausstrahlung wie ein Filmstar hatte, aber dennoch in die Kategorie ‚ansprechend' gehörte. Und später hatte sie die ruhige und besonnene Art und Weise, wie er mit der stressigen Situation umgegangen war, als sie de facto zusammen das Kommando auf dem Boot übernommen hatten. Der Moment, in dem sie auf ihn zugegangen war und ihn fest in den Arm genommen hatte, hatte ihr nach dieser Anspannung so unendlich gutgetan. Sie blinzelte einige Male mit den Augen, bevor sie über das Erlebte in dieser Kajüte nachdachte. Sie hatte ihn dabei entdeckt -- ‚erwischt' fand sie inzwischen einen unpassenden Ausdruck -- wie er sich selbst befriedigt hatte. Sie konnte nur Vermutungen anstellen, warum er es gerade jetzt und in ihrer Nähe gemacht hatte. Aber seine Zurückhaltung beim Erreichen des Höhepunkts hatte ihr gefallen. -- Warum eigentlich, fragte sie sich. Es fügte sich ein wie ein neuer Puzzlestein in das Bild, das sie von ihm gewonnen hatte.

Sie war nie in der Situation gewesen, dass sie jemand anderem, bei einer sexuellen Handlung zugeschaut hatte. Sie hatte sich zwar vor Jahren mit einer Gruppe Freundinnen aus Jux einen Porno angesehen. Reizvoll hatte sie es nicht gefunden. Jetzt eben war es anders gewesen. Es hatte sie ... ja GEIL gemacht.

Was würde der nächste Tag bringen? Könnte sie ihm so in die Augen schauen, als ob nichts gewesen wäre, fragte sie sich? Was wäre mit morgen Nacht, setzte sie ihren Gedanken fort. Wie würde sie reagieren, wenn es wieder zu einer ähnlichen Situation kommen würde, wenn er sich ein weiteres Mal streicheln würde? Würde es überhaupt, zu einer solchen Situation kommen, fragte sie sich weiter. Viel eher würde ihre Schwester wieder den Platz neben ihr in der Koje einnehmen. Und, was wäre wenn, ...? ließ sie die Frage im Raum stehen. Was wäre, wenn sie versuchen würde, es so einzurichten, dass er eine weitere Nacht neben ihr schlafen würde, setzte sie den -- ja, ungeheuerlichen Gedanken fort. Sie erkannte, dass sie insgeheim die Erlebnisse sich wiederholen lassen wollte. Was passierte hier gerade mit ihr? Sie hatte doch gar nichts getrunken, versuchte sie, zu ergründen. Sie floh vor der Zwang, eine Erklärung hierauf finden zu müssen und überzeugte sich, dass sie jetzt besser schlafen sollte.

Thomas war inzwischen in der Wirklichkeit angekommen und realisierte, dass seine Lust feuchte Spuren zur Folge hatte. Er blickte zu Seite und sah, dass Melanie sich auf die Seite gedreht hatte und weiterhin fest schlief. Er tastete nach der kleinen Tasche in seinem Schlafsack, in der er meistens ein Paket Papiertaschentücher aufbewahrte. Er fand sie und beseitigte die gröbsten Spuren. Er vermutete, dass er sein T-Shirt am nächsten Morgen als aller Erstes in den Wäschesack stecken musste, damit keine der Frauen die verräterischen Spuren sehen würde. Er drehte sich auf die Seite und dachte über das nach, was er soeben erlebt hatte. Wie kam Helena auf einmal in seine Phantasie? Er hatte sich doch komplett im Rahmen dieser Geschichte bewegt und Cindy hatte partout keine Ähnlichkeit mit Helena. -- Verrückt! Er gestand sich ein, dass der Höhepunkt einer der Schönsten war, die er bisher erlebt hatte. Er fragte sich, ob das an der Geschichte oder an Helenas plötzlicher Erscheinung gelegen hatte. Auf den tatsächlichen Grund würde er nicht kommen, vermutete er.

Tag 3 - Lowestoft

Melanie wachte am nächsten Morgen kurz vor neun als Erste auf. Sie schaute zu Thomas hinüber und sah, dass er noch schlief.

Wovon er wohl träumt, fragte sie sich in Erinnerung an die letzte Nacht. Sie beobachtete ihn eine Weile. Der entspannte Ausdruck auf seinem Gesicht gefiel ihr. Auf seinen Wangen und seinem Kinn waren kurze dunkle Bartstoppeln gewachsen. Sie überlegte, das sähe besser, aus als glatt rasiert.

Sie gestand sich ein, was dachte sie hier? Er interessiert sich für ihre Schwester und nicht für sie. Schade eigentlich.

Sie gab sich einen Ruck, öffnete leise ihren Schlafsack und zog sich eine Trainingshose über. Aus ihrer Tasche nahm sie ihren Kulturbeutel und ging leise aus der Kajüte.

Ganz wider ihre Gewohnheit schlief Helena. Melanie nahm die Reisekasse in Form eines Brustbeutels, öffnete möglichst geräuschlos das Luk und stieg an Deck. Sie blickte sich um und sah nur wenige Menschen an Bord der anderen Boote oder auf dem Kai. Es wehte weiterhin ein kräftiger Wind und dunkle Wolken jagten über den Himmel. Sie ging an Land und folgte den Schildern zur Hafenmeisterei. Doch dort stand sie vor verschlossener Tür. Sie fand dieselben Öffnungszeiten, die Thomas gestern Abend genannt hatte. Sie blickte sich nach jemand um, den sie hätte fragen können, doch niemand war zu sehen.

Da fiel ihr Blick durch ein Fenster und sah auf einer Uhr, dass es erst viertel nach acht war. In dem Moment erkannte sie ihren Fehler. Sie hatte vergessen, ihre Uhr eine Stunde zurückzustellen. Da die Anmeldung und vor allem das Duschen jetzt noch warten mussten, schaute sie sich in der Umgebung um und entdeckte in geringer Entfernung etwas, das wie eine Einkaufsmöglichkeit aussah. Sie ging zielstrebig darauf zu und betrat das Geschäft. Dort erwarb sie Brot und ein paar Äpfel und begab sich zurück auf die ‚Kassiopeia'.

Sie ging unter Deck und fand die beiden anderen nach wie vor schlafend vor. Nichtsdestoweniger setzte sie einen Kessel mit Wasser auf und bereitete ein Frühstück vor.

Als Erste wachte Helena vom Geklapper des Geschirrs auf. Sie öffnete den Reißverschluss ihres Schlafsacks ein Stück, setzte sich auf und räkelte sich.

Melanie sah die Bewegung ihrer Schwester, setzte sich zu ihr auf die Koje und fragte sie: „Na, wie geht es dir heute, Schwesterherz?"

„Ich weiß nicht. Mir ist nicht mehr so übel wie gestern, aber mein Kopf ist immer noch nicht in Ordnung."

„Vielleicht hilft da ein Kaffee?"

„Nee, bitte nicht. Ich möchte nur ein Glas Wasser."

„Bringe ich dir sofort", sagte Melanie und holte es ihr.

„Danke!", sagte sie und trank einen Schluck.

„Möchtest du etwas essen? Ich habe frisches Brot bekommen."

„Auch das ist mir im Moment zu heikel. Haben wir Zwieback an Bord?"

„Bestimmt. Papa hat doch immer Notfallrationen dabei."

Melanie wollte schon aufstehen und ihn holen. Doch Helena hielt sie zurück: „Nicht jetzt, wenn wir zusammen frühstücken."

In diesem Moment lugte Thomas' Kopf hinter der vorderen Kajütentür hervor und sagte: „Guten Morgen ihr beiden. -- Geht es dir heute besser, Helena?"

„Ein wenig schon. Aber OK bin ich noch nicht."

„Oh, jeh. Das ist nicht schön!"

Melanie schaute ihn an und sie bemerkte, dass er ein anderes T-Shirt anhatte. Sie schmunzelte innerlich und fragte sich eigentlich nicht, woran das wohl liegen würde -- hatte da jemand gestern Abend nicht aufgepasst?

„Jetzt erzählt einmal, warum sind wir in Lowestoft und nicht in Harwich, wie wir geplant hatten?", fragte Helena.

„Komm, lass uns frühstücken", schlug Melanie vor, „dabei erzählen wir dir alles."

„Gute Idee", meinte er und zusammen deckten sie im Salon den Tisch.

Bei duftendem Kaffee und frischem Brot für Melanie und Thomas, Wasser und Zwieback für Melanie berichteten sie von dem Teil der Reise, den Helena nicht mehr mitbekommen hatte. Sie erläuterten ihre Beweggründe, weiter nördlich einen Hafen aufzusuchen und wie sie ohne Detailkarten eingelaufen waren.

„Das habt ihr Klasse gemacht! Alle Achtung und Hut ab!", lobte Helena die beiden.

„Es ist gar nicht so wild gewesen", meinte Thomas.

„Komm! Stell dein Licht nicht unter den Scheffel", widersprach Helena ihm. „Ihr habt beide nicht so viel Erfahrung im Yachtsegeln und dann so gut bei Dunkelheit in einen fremden Hafen kommen! Das ist eine tolle Leistung! Ich hätte es nicht besser machen können. -- Und dass ihr dabei auch an mich gedacht habt, dass ich möglichst wenig hin- und her rollen musste, ist echt lieb von euch."

„Das ist Thomas' Idee gewesen", sagte Melanie.

„Jeder hätte sich diese Gedanken gemacht. Ich hatte sie nur als Erster ausgesprochen", meinte er.

„Ich hatte mir diese Gedanken nicht gemacht -- nichts für ungut, liebe Schwester", widersprach Melanie.

„Lasst uns hier nicht diskutieren. Wir sind zusammen gut in England angekommen und in ein, spätestens zwei Tagen bin ich wieder völlig auf dem Damm", sagte Helena. „Was machen wir heute? Wie sieht das Wetter aus?"

„Der Wind hat nicht nachgelassen und es ist ziemlich trüb draußen", berichtete Melanie. „Es ist möglich, dass es heute noch regnen wird."

„Auf Grund des Wetters und da ich noch nicht wieder fit bin, schlage ich vor, dass wir noch wenigstens einen Tag hier liegen bleiben, wenn der Hafenmeister uns lässt. Was meint ihr?", fragte Helena.

Die beiden anderen stimmten dem Vorschlag zu. Sie räumten den Tisch ab und klarten die Pantry auf. Anschließend gingen sie zusammen zum Hafenmeister, um ihr Boot anzumelden. Es gab von seiner Seite keine Einwände, dass sie länger bleiben würden. Sie bezahlten die Liegegebühr und erhielten die Pin für die Duschen. Melanie wollte sofort duschen gehen und verabschiedete sich von den beiden.

Helena und Thomas schlenderten ein wenig durch den Hafen, bis sie meinte, dass ihr kalt wäre, und sie kehrten zum Boot zurück. Während Helena unter Deck ging, um sich einen Pullover überzuziehen, überprüfte Thomas die Festmacher.

Helena kam zurück an Deck und ging zu ihm und fragte: „Und, alles in Ordnung?"

„Ich glaube schon. Bitte wirf trotzdem einen Blick darauf, ob wir gestern Abend alles richtig vertäut haben."

Nach kurzer Überprüfung beruhigte sie ihn: „Alles in Ordnung. -- Aber die Segel könnten wir ein wenig schöner verstauen."

„Ja", gab er zu, „das war uns gestern Abend nicht so wichtig. Wir wollten einfach heile ankommen."

„Ich mache euch überhaupt keinen Vorwurf. Ich hätte es in eurer Lage nicht anders gemacht", antwortete sie ihm aufmunternd.

„Gut", lächelte er zurück und dachte sich, dass sie wirklich süß wäre. Sie hatte ein so hübsches Gesicht und wie der Wind ihre Haare verwirbelt ... Er stellte es sich aufregend vor, sie näher kennen zu lernen. Aber wie sollte er das nur anstellen?

„Komm!", forderte sie ihn auf. „Lass uns die Gummibänder lösen und dann legen wir die Fock noch einmal ordentlich zusammen."

So verfuhren sie mit dem Vor- und dem Großsegel.

„Du hast recht", sagte er, „es sieht ordentlicher, ja viel seemännischer aus."

„Und es hat den Vorteil, dass sich mögliches Regenwasser nicht in den Falten sammelt."

Kurz nachdem sie unter Deck gegangen waren, kam Melanie vom Duschen zurück. Sie klarten zusammen das Boot auf und Helena schrieb das Logbuch für den vergangenen Tag anhand von Hinweisen der beiden anderen. Im Anschluss versammelten sie sich im Salon und beratschlagten den Plan für den restlichen Tag. Sie einigten sich darauf, dass sie mittags nur eine Kleinigkeit kalt essen und erst am Abend etwas Warmes kochen würden. Sie hofften, dass es Helena später so weit ginge, würde, dass sie eine leichte Mahlzeit zu sich nehmen könnte.

In der Zwischenzeit hatte es leicht angefangen, zu regnen, so dass sie ihren geplanten Spaziergang durch das Städtchen auf später verschoben. Bis dahin suchte jeder sich jeweils eine gemütliche Ecke auf dem Boot, um zu lesen. Helena hatte einen Roman in gedruckter Form dabei.

Melanie las in ihrem E-Book-Reader. Bei einem Blick zu Thomas hinüber fiel ihr auf, dass sie den Gleichen besaß, wie er. Daraufhin dachte sie sich einen Plan aus, wie sie erfahren konnte, ob sein nächtliches ‚Spiel' auf ein Buch zurückzuführen wäre. Ein Lächeln zeichnete sich auf ihren Lippen ab.

Bis nach dem kleinen Mittagessen hatte das Wetter so weit aufgeklart, dass sie trockenen Fußes einen kleinen Spaziergang unternehmen konnten. Sie erfuhren dabei, dass sich die Menge der Sehenswürdigkeiten in Grenzen hielt. Die Stadt hatte einen kleinen Vergnügungspark. Da keiner von ihnen Interesse an Fahrgeschäften hatten, übergingen sie dieses Angebot. Als weiterer Höhepunkt wurde der öffentlich zugängliche Familiensitz Somerleyton Hall genannt. Ein Besuch kam für sie an diesem Tag nicht mehr in Frage, da die Wanderung dorthin wenigstens zwei Stunden dauern würde. Stattdessen besorgten sie Lebensmittel für die nächsten Tage und kehrten am späten Nachmittag auf das Boot zurück.

Thomas erklärte sich bereit, an diesem Abend zu kochen und die Geschwister setzten sich in den Salon und unterhielten sich.

Wenig später deckte er den Tisch und servierte gedünstetes Gemüse, leicht fernöstlichen gewürzt mit Reis.

„Das sieht richtig gut aus. -- Wer hat hier gesagt, dass er nicht gut kochen könnte?", fragte Melanie.

„Das ist doch nicht Besonderes. Sowas kann doch jeder", meinte Thomas.

„Ich kenne viele meine Kommilitonen und Kommilitoninnen", sagte Melanie, „die hätte ein solches Gericht ohne ein Kochvideo oder ein Kochbuch zu Schweißausbrüchen getrieben, oder wie ist das bei euch, Helena?"

„Es ist unterschiedlich. Ich kenn welche, die treffen sich regelmäßig zum gemeinsamen Kochen und da kommen tolle Sachen bei raus. Aber andere ernähren sich von Döner, Hamburgern und Ähnlichem. Aber das hier", sagte sie und probierte ihren ersten Bissen, „gehört auf jeden Fall in die Kategorie ‚bitte auf dieser Reise ein zweites Mal kochen'."

„Finde ich auch", stimmte Melanie zu.

„OK, mache ich gerne für die Damen", sagte er scherzhaft.

„Oh, hört, hört. Jetzt sind wir schon zwei Damen", lachte Helena.

„Genau!", stimmte ihre Schwester in das Gelächter ein.

„Das wird ja eine lustige Fahrt werden, wenn ihr schon so albern seid und dabei noch gar nichts getrunken habt."

„Warte mal ab, wenn wir was getrunken haben", warf Melanie prustend ein.

„Apropos Trinken, soll ich eine Flasche Wein öffnen?", fragte er.

„Für mich auf jeden Fall nicht. Vielleicht trinke ich morgen ein Glas", lehnte Helena ab.

„Für mich jetzt nicht, gegebenenfalls später. Du kannst aber ruhig, wenn du willst."

„Nein, muss nicht sein."

Nach einer Weile fragte Melanie Thomas: „Was liest du eigentlich im Moment?"

Sie tat so, als sei dies eine normale Frage und beobachtete genau seine Reaktion.

Ihn traf die Frage völlig überraschend. Er dachte für einen Sekundenbruchteil an die Geschichte, die er gestern gelesen hatte und aus der sich diese lustvolle Phantasie entwickelt hatte. Er fing sich und antwortete: „Einen Roman von Andrea Camillieri."

Ihr war das winzige Zucken seiner Augen nicht entgangen und sie dachte sich, hatte es doch etwas mit dem zu tun, was er da las.

Helena fragte: „Den Autor kenne ich nicht. Worum geht es in dem Buch?"

„Es ist ein sizilianischer Autor, der die Figur des Commissario Montalbanos ersonnen hat. Sie spielen fast ausschließlich in den erfundenen Städten Montelusa und Vigata. Es geht unter anderem um die Verbrechen zwischen zwei verfeindeten Mafia-Familien."

„Und was ist das Besondere an den Fehden zwischen den beiden Clans?", fragte Helena.

„Es geht nicht um die Fehden im Allgemeinen. Diese kommen in manchen Büchern als Randnotiz vor. Es geht vor allem um die Abgründe, die sich in den menschlichen Beziehungen abspielen. Das Tolle ist das Lokalkolorit und die wiederkehrenden Figuren, die er einbaut. Und nicht zu vergessen, seine Liebe für gutes Essen."

„Das klingt spannend. Vielleicht kannst du mir später mehr davon erzählen?", fragte Helena.

„Mache ich gerne!", freute sich Thomas.

Melanie und seine Blicke trafen sich kurz und sie nickte im aufmunternd zu.

Sie aßen fertig und Melanie machte den Vorschlag: „Warum geht ihr nicht einen kleinen Spaziergang machen, während ich den Abwasch mache? Dir tut ein bisschen frische Luft bestimmt gut, Schwesterherz."

„Sollen wir nicht doch beim Aufräumen helfen?", fragte Thomas.

Melanie zog die Augenbrauen hoch und nickte ihm bedeutungsvoll zu. Er verstand, was sie bezweckte und nickte ihr lächeln zu.

„Quatsch!", sagte Melanie, „das bisschen Geschirr habe ich in Nullkommanichts abgespült."

„OK. Hast du Lust?", fragte er Helena.

„Ja klar. Ich hole mir nur meine warme Jacke."

Melanie warf ihm einen, ‚Na, geht doch'-Blick zu.

Als beide an Land standen, schauten sich beide um und Thomas fragte: „Wohin?"

„Nach Süden, am Strand entlang? Im Norden sah es auf der Karte nicht so schön aus."

„In Ordnung."

Sie lenkten ihre Schritte am Ufer entlang und Thomas war verzweifelt darüber nach, wie er das Gespräch beginnen konnte. Wieder einmal stand er vor der Situation, dass er mit einer Frau alleine war, die ihn interessierte, und er nicht wusste, wie er in das Gespräch einsteigen sollte. Er hatte Angst, sich dumm anzustellen oder etwas Peinliches zu sagen.

Helena ging neben ihm her und fragte sich, warum er so schweigsam war. Sie blickte seitlich zu ihm und er schaute angestrengt vorwärts.

War es ihm unangenehm, mit ihr alleine hier zu laufen, fragte sie sich? War er nur mitgekommen, weil Melanie das vorgeschlagen hatte und er nicht unhöflich wirken wollte?

Sie warf einen zweiten Blick zu ihm und bekam den Eindruck, dass er über etwas nachdachte.

Melanie schaute, wann die zwei außer Sicht waren, und unterbrach ihre Arbeit. Sie ging zu Thomas' Platz und nahm seinen E-Book-Reader, schaltete ihn ein und war erleichtert, dass er nicht mit einer PIN gesichert war.

Es wurde der Standardbildschirm angezeigt und nicht das zuletzt gelesene Buch. Sie suchte die Liste der Bücher und blätterte sie durch. Neben dem von ihm erwähnten Roman fand sie eine Reihe technischer Aufsätze. Sie vermutete Sachen aus seinem Studium.

Sie blätterte weiter und fand schließlich, was sie gesucht hatte. Es waren tatsächlich Titel, die vermuten ließen, dass es sich um erotische Literatur handeln würde. Neben den einzelnen Einträgen wurde der Lesefortschritt angezeigt. Eine Geschichte mit dem Wort Kamasutra im Titel stand bei 68 Prozent. Sie wählte das Buch aus und staunte über das, was sie las. Sie blätterte ein wenig vor und zurück und fand die Erklärung für sein nächtliches Spiel. Die Beschreibung hielt nicht hinter dem Berg, worum es ging. Sie schlug wieder die zuerst angezeigte Seite auf, um ihr Tun zu verheimlichen, schloss das Buch und ging zurück zum Startbildschirm. Sie legte den Reader an seinen Platz zurück und setzte ihre Arbeit fort.

Jetzt überlegte sie, was sie mit der gewonnenen Information anfangen konnte. Sie hatte auf jeden Fall etwas über ihn gelernt, dachte sie sich, die stillen Wasser waren manchmal sehr tief. Sie fragte sich, ob das ihre Sichtweise über ihn verändern würde? Nur wenig! Wenn sie es sich recht überlegte, fand sie es gar nicht so schlecht. Er hätte sich auch einen Porno auf sein Handy kopieren und sich das dann anschauen können. Lesen hatte etwas mit Kopfkino und sich in die beschriebene Situation hinein zu versetzen zu tun. Offensichtlich regte ihn die Phantasie sehr an.

1...34567...9