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Institut für Tiefenerziehung 02

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Sie sah sich um. Auch die anderen Mädchen waren offenbar fertig. Inis und Claudia zu ihrer Linken trugen die gleiche Kleidung wie sie selbst. Anastasia dagegen hatte einen frischen Strampler anbekommen, der rot und rosa gestreift war, ärmellos und über den Schultern mit Druckknöpfen verschlossen. Das Oberteil, das sie darunter trug, war weiß, aber aus einem ähnlichen Frottee wie die Strampelhose. Sie ließ sich gerade neue Laufsocken anziehen und dann von ihrer Wickelkommode herunterhelfen. Immerhin war ihre Kleidung offenbar einfacherer anzulegen als die der anderen Mädchen, denn sie wurde fast zeitgleich mit ihnen fertig.

* * *

Mariah griff Mia bei der Hand und führte sie zur Tür. Hier warteten sie kurz, bis sich alle gesammelt hatte, dann schloss Denise auf und nun gingen sie zu acht durch die Flure mit den fröhlichen Farben und kindlichen Bildern, die Mädchen an den Händen ihrer Erzieherinnen. Anders als am Vortag waren die Gänge diesmal nicht leer, als sie um die erste Ecke kamen, sah Mia in einigem Abstand eine ähnliche Gruppe gerade noch nach links abbiegen, und hinter sich meinte sie noch mehr Menschen zu hören. Sie selbst folgten dem Gang hinunter bis vor eine Doppeltür auf der linken Seite. Als sie hindurchtraten, schlug ihnen der Duft von Kaffee und frischem Gebäck entgegen. Sie standen vor der Essensausgabe, die Mia schon vom Vortag kannte.

Das Grüppchen vor ihnen hatte sich schon fast wieder aufgelöst. Nur noch zwei Frauen standen mit dem Rücken zu ihnen an der Ausgabe. Im Gegenlicht aus der hellen Küche konnte Mia nicht viel von ihnen ausmachen, aber die größere in kurzer Hose und T-Shirt musste wohl eine Erzieherin sein. Jedenfalls trug das Mädchen neben ihr wie Mia selbst eine Schuluniform und war demnach wohl ein Zögling aus einer der anderen Gruppen.

Aber auch der Küchenraum war heute nicht länger nur von Robotern bevölkert. Während im Hintergrund eine Frau in weißer Küchenkleidung eine große Maschine aus glänzendem Edelstahl bediente, stellte ein dicklicher Mann in der weißen, zweireihigen Jacke eines Kochs gerade Speisen und Getränke auf die Tabletts der beiden Gäste. Er unterhielt sich dabei mit lauter und fröhlicher Stimme mit ihnen, und nach seinem süddeutschen Akzent zu urteilen musste er aus der Umgebung stammen.

Er schient gerade fertig zu werden und verabschiedete die beiden Frauen vor ihm mit einem herzlichen »so, da lasst's euch schmecken!«

Nachdem die beiden mit ihren Tabletts die Theke verlassen hatten, fiel sein Blick auf die Neuankömmlinge. »Ah, die Bienlein san' auch aufg'standen! Na, dann kimmt mal her!«

Das ließen sich die ›Bienlein‹ offenbar nicht zweimal sagen und setzten sich in Bewegung. Nur Mia war schüchterner, und so nahm sie es den anderen nicht übel, dass sie an ihr vorüberzogen. Mariah und sie reihten sich also ganz hinten in der Schlange ein.

»So, und ihr beide wollt heute nur a bissl' Obst frühstücken? Wenn ihr davon mal satt werdet.« Plaudernd stellte der Koch Jana und Inis Schüsseln mit klein geschnittenen Früchten hin.

Er mochte vielleicht um die 55 Jahre alt sein, hatte noch volles, aber grau meliertes, lockiges Haar, das unter seinem Papierschiffchen hervorlugte, sowie ein rundliches Gesicht.

»Und wenn's nit reicht, dann holt ihr euch noch a Nachschlag!« fügte er noch hinzu. »So, und da hab' ich noch a großen Kaffee für die Jana, und das Fläschlein für das Madel!«

Die beiden verabschiedeten sich, und Claudia trat an die Theke, kurz vor Denise. »Guten Morgen, zwei Kaffee bitte!« begrüßte sie den Herrn.

»Guten Morgen, schon richtig gute Laune, gell? Aber das mit dem Kaffee kannst gleich mal vergessen, du bekimmst a Kakao!« Grinsend stellte er einen dampfenden Keramikbecher und einen Trinklernbecher aus Kunststoff auf zwei bereitliegende Tabletts. »Immerhin gibt's für euch was G'scheites zum Frühstück«, meinte er, während er Teller mit Brötchen, Aufschnitt und Rührei folgen ließ.

Als Nächstes kamen Anastasia und Angela an die Reihe. Der Mann lächelte breit und begann ein wenig sanfter als zuvor: »Na, Schäflein, hast gut g'schlafen?«

Anastasias Antwort war so leise, dass Mia sie nicht verstand, aber offenbar hatte sie die Frage bejaht.

»Na, das freut mich! Und das große Schäflein hoffentlich auch!« Damit war wohl Angela gemeint, die jedenfalls ähnlich leise wie ihr Schützling antwortete.

Der Koch hatte unterdessen zwei Schüsseln auf die Tabletts gestellt und erklärte: »Für dich hab' ich heute Früchte durch den Quark g'dreht, das lässt sich gut löffeln. Und a bissl' Sahne hab' ich auch reing'tan, sollst ja nit noch magerer werden. Und für die Große, da gibt's das gleiche, aber nit püriert.«

Er stellte noch Getränke dazu, ein großes Glas Tee für Angela und ein Nuckelfläschchen, in dem sich offenbar ebenfalls Tee befand, für Anastasia. »Ist noch a bissl' heiß, also Obacht, aber du gibst ihr das eh erst nach dem Essen, gell?«

Das galt Angela, die es nickend bestätigte.

»Na, dann kimmt mal gut in den Tag.« Damit wandte er sich Mia und Mariah zu.

»Ah, da isses ja, Mariahs Madel! Schaust fesch aus, bist denn gut ang'kommen?«

»Ja... danke«, gab Mia unsicher zurück.

»Na, da bist ja fast so schüchtern wie das Schäflein«, kommentierte der Fremde ihre Antwort. »Sollst denn etwa auch a Breilein haben?«

Nun mischte sich Mariah ein: »Danke, damit kann Mia nichts anfangen. Magst du uns einfach ein paar Brötchen mit Belag geben? Und für mich einen Kaffee und für Mia einen Kakao?« Sie sah bei den letzten Worten zu ihrem Schützling herüber, die ihr dankbar zunickte.

»Ist schon recht«, gab der Koch zurück, während er die Brötchen hervorholte. »Bist also die Mia, ja? Ich bin der Günther. Was magst denn drauf haben?«

»Marmelade vielleicht?« fragte Mia.

»Klar, und Nusscreme pack' ich dir auch dazu. Für die Mariah Käse und Wurst, die kenn' ich ja schon. Und heute ist dein erster Schultag hier, ja?«

Mia nickte.

»Wie lang bleibst denn bei uns?«

Sie musste schlucken. »Zwei Jahre, wie es aussieht«, gab sie zurück.

»Oha, da musst ja ordentlich was ausgefressen haben, gell?«

Bevor Mia antworten oder Mariah eingreifen konnte, mischte sich die Frau ein, die mit Günther zusammen in der Küche stand. »Nun reicht es aber, Günther, merkst nit, dass sie ihre Ruh' haben will?« Sie sprach in demselben Akzent wie er.

»Ist ja recht, war ja nit bös' gemeint«, gab er zurück. »Dann frühstückt mal, wir haben ja noch Zeit, uns zu unterhalten.«

Heilfroh verabschiedete sich Mia und folgte Mariah von der Essensausgabe zum Speisezimmer ihrer Gruppe.

Hier hatte das Frühstück bereits begonnen. Im Licht der Morgensonne, das durch die Glasfront zur Linken hereinfiel, saß Claudia in ihrem grasgrünen Hochstuhl. Anstelle ihres Blazers trug sie nun offenbar ein Oberteil in demselben kräftigen Farbton. Neben ihr, am Kopfende des Tischs, hatte Denise auf einem gewöhnlichen Stuhl Platz genommen, den sie offenbar von der hinteren Sitzgruppe hierhergeholt hatte. Beide ließen sich ihre Brötchen schmecken.

Neben Claudia wurde Inis gerade von Jana in ihrem Hochstuhl festgeschnallt. Auch sie hatte das Oberteil ihrer Schuluniform offenbar gegen ein schlichtes und langärmeliges Kleidungsstück in dem Himmelblau vertauscht, das ihr als Leitfarbe diente. Den anderen beiden Mädchen gegenüber saß Anastasia mit dem Rücken in Richtung der Neuankömmlinge. Angela stellte gerade Anastasias Schüssel auf die kleine Tischfläche des Hochstuhls. Ihr eigenes Geschirr stand auf der Platte des großen Esstischs, und sie hatte sich so aufgestellt, dass sie bequem essen und sich gleichzeitig um ihre Kleine kümmern konnte.

»So, ich ziehe dir auch mal den Blazer aus, damit der nicht schmutzig wird«, sagte Mariah zu Mia, als sie zum Tisch gegangen und dort ihre Tabletts abgestellt hatten. Sie half ihr aus dem Jäckchen, brachte es zu einen Haken neben der Tür, wo schon die anderen beiden Oberteile hingen, und holte aus dem Küchenschrank ein lavendelfarbenes Bündel. Als sie es entfaltete, erkannte Mia, dass es sich um ein ähnliches, sonderbar geformtes Hemd handelte, wie Jana und Claudia es trugen. Es schien aus einem dicken Frottee zu bestehen, wie ein Handtuch oder vielleicht ein Waschlappen, und war lediglich mit der kleinen Biene ihrer Gruppe verziert. Es war das erste Kleidungsstück seit ihrer Ankunft, das Mia richtiggehend hässlich fand.

Mariah hielt es ihr nun vor die Schultern und sah sie auffordernd an. Um was auch immer es sich bei dieser Scheußlichkeit handelte, offenbar wurde es von vorne angezogen und dann vermutlich mit den Bändchen, die davon herabbaumelten, hinter dem Rücken geschlossen.

»Muss das sein?« fragte Mia vorsichtig.

Mariah lächelte. »Du trägst doch eine weiße Bluse, und die möchtest du doch nicht einferkeln, oder?« Zumindest für den Moment senkte sie aber dieses seltsame Lätzchen mit Ärmeln wieder.

»Aber ich schmier mich doch gar nicht ein«, gab Mia zurück. Nach kurzem Nachdenken fügte sie etwas leiser hinzu: »Kannst du mir nicht einfach noch einmal ein Lätzchen wie gestern ummachen. Ich pass' auch ganz doll auf, dass meine Ärmel sauber bleiben, versprochen!«

Mariah lächelte sie mitleidig an. »Ich weiß doch, dass du dich beherrschen kannst. Aber genau das sollst du jetzt ja gar nicht... die Idee ist, dass du dich fallenlässt, und das heißt auch, dass du dich vollschmieren darfst.« Sie schien kurz zu überlegen. »Aber weißt du was? Ich finde das Ding auch nicht gerade hübsch. Also, was hältst du davon: Wir ziehen es dir heute Morgen einmal an, und bis morgen früh suchen wir uns ein anderes Teil aus, das hübscher ist. Und du darfst auch mitreden, welche Farbe es haben soll und so. Nur seinen Zweck muss es erfüllen, da kommen wir nicht dran vorbei.«

Mia nickte, wenn auch nicht sonderlich begeistert. Sie fand das Oberteil immer noch grässlich, aber einmal würde sie es schon ertragen können. Außerdem hatte Mariah ihr gegenüber bisher immer Wort gehalten. Also hob sie die Arme und ließ sich den schweren Stoff überstreifen. An den Ärmelenden waren Gummizüge eingearbeitet, hier saß es recht eng und deckte die weiße Bluse vollständig ab. Nachdem Mariah ihr hinter dem Rücken Schleifen in die Bänder gebunden hatte, folgte Mia ihr zum Hochstuhl und sah ihr dann dabei zu, wie sie die Tischplatte abnahm.

Mia nahm auf dem Sitzpolster Platz und war fast dankbar, als Mariah den Schrittriemen zwischen ihren Beinen hochzog und das kleine Tischchen wieder an seinen Platz brachte. Immerhin verdeckte es nun einen Teil dieses doofen Hemdes. Während ihre Erzieherin ihr den Frühstücksteller und den Trinklernbecher mit Kakao hinstellte, sah sie verstohlen nach links zu Anastasia. Mit einer gewissen Genugtuung stellte sie fest, dass auch diese ein Ärmellätzchen angelegt bekommen hatte, erwartungsgemäß in orange.

»So, dann iss mal schön, und schmoll nicht, ja?« Mariah lächelte sie an und streichelte ihr über die Wange, und Mia konnte das Lächeln erwidern. »Guten Appetit!«

Sie wollte tatsächlich nicht schmollen, immerhin hatte Mariah ihr ja versprochen, dass sie morgen ein anderes Lätzchen bekäme. Also griff sie nach dem Brötchen, nur um feststellen zu müssen, dass sie es ohne Messer schlecht schmieren konnte. Etwas hilflos sah sie ihrer Erzieherin nach, die zur anderen Sitzgruppe gegangen war, um sich von dort den zweiten Stuhl zu holen. Als sie zurückkam, fiel ihr Blick erst auf Mias Gesicht, dann auf ihren Teller, und dann entfuhr ihr ein unterdücktes Lachen.

»Sorry, ich mach' das!« versicherte sie und beeilte sich, ihrem Mädchen die Brötchen zu schmieren.

Kurze Zeit später nahm Mariah an die rechte Stirnseite des Tisches Platz, und sie und Mia konnten endlich ihr Frühstück beginnen. Mia sah dabei wieder verstohlen zu Inis hinüber. Die Art, wie sie sich von Jana mit kleingeschnittenem Obst füttern ließ, hatte etwas Faszinierendes. Es war nichts Kindliches daran, die Bewegungen wirkten grazil und wie eine Übung in Disziplin. Dazu trug auch die gerade Haltung bei, in der Inis in ihrem Sitz fixiert saß, ebenso wie der konzentrierte, aber nicht angespannte Ausdruck auf ihrem Gesicht unterhalb der verbundenen Augen.

Wenn Mia gelegentlich nach links schaute, konnte der Gegensatz kaum größer sein. Anastasia war nicht gefesselt, sie hatte die Arme direkt vor ihrer Brust auf ihr kleines Tischchen gelegt. Gleichmäßig und wie unterbewusst sperrte sie jedes Mal ihren zierlichen Mund auf, wenn Angela ihr den Löffel mit Früchtequark hinhielt, schloss die Lippen und wartete, bis ihre Erzieherin den abgelutschten Löffel wieder herauszog. Ein zufriedener Ausdruck lag auf ihren Zügen, und alles in allem wirkte sie ebenso naiv wie unschuldig.

Claudia dagegen hatte ganz normal gegessen, Wurst, Käse und sogar Rührei hatte sie sich auch ohne Hilfe auf ihre Brötchenhälften legen können. Weder Mia noch sonst jemand im Raum dachte übrigens darüber nach, dass diese Produkte letztlich aus einer Genfabrik kamen, weil das für sie alle selbstverständlich war. Fleisch, das direkt in einer Nährlösung wuchs, war im Jahr 2150 nicht nur billiger und hochwertiger als sein natürliches Vorbild. In einer Welt, in der viele bereits das Halten von Haustieren aus moralischen Gründen ablehnten, war die Haltung oder gar Schlachtung von Nutztieren ein geradezu absurder Gedanke.

* * *

Claudia hatte als erste aufgegessen und musste sich dann, etwas missmutig, noch gedulden, bis auch ihre Aufpasserin ihr Frühstück beendet hatte. Anschließend wurde sie aus ihrem Hochstuhl geholt und aus dem Raum geführt. Dabei vergaß Denise nicht, den Blazer mitzunehmen, befreite Claudia aber auch noch nicht von ihrem hässlichen Lätzchen. Kurze Zeit später waren auch Mia und Mariah soweit. Die anderen beiden Pärchen hatten zwar vor ihnen angefangen, waren aber noch nicht ganz fertig, auch weil Jana und Angela gleichzeitig ihre Mädchen füttern und selbst etwas essen mussten. So verließ Mia vor ihnen an Mariahs Hand den Raum und wurde zurück in das Zimmer ihrer Gruppe geführt, wo sie sich neben Claudia an ihrem Waschbecken die Zähne putzen durfte.

Nachdem Mia sich den Mund ausgespült hatte, sah sie zu ihrer Zimmergenossin herüber. »Wo bleiben eigentlich die anderen beiden?« wunderte sie sich.

»Inis und Anastasia? Die kommen später, die werden doch noch gestillt!« gab Claudia zurück, nahm einen Schluck Wasser und begann zu gurgeln.

Mia starrte sie ungläubig an. Was bitte hatte Claudia mit dem Wort ›gestillt‹ gemeint? Vor ihrem inneren Auge erschien Inis mit jenem andächtig-versunkenen Ausdruck, der vorhin auf ihren Zügen gelegen hatte, wie sie an einer großen Brust saugte.

Claudia spuckte das Wasser aus. »So, ich bin fertig, komm, wir gehen rüber!«

Mia folgte ihr, konnte sich jedoch nicht von dem Bild losreißen, das in ihrem Kopf entstanden war. Sie sah Jana mit ihrer strahlend weißen, jetzt weit aufgeknöpften Bluse vor sich, den Blick auf ihre Oberweite halb von Inis' Kopf und Rücken verdeckt, die eng an ihre Erzieherin geschmiegt in deren Arm lag. So skurril die Vorstellung war, es lag etwas sehr Inniges über ihr, unschuldig und intim zugleich, das Mia faszinierte.

Auch als sie wieder in den Gruppenraum traten, konnte sie den Gedanken noch nicht ganz abschütteln. Ihre beiden Aufpasserinnen unterhielten sich vor Claudias Bett und schienen auf sie gewartet zu haben, aber Mariah hatte offenbar die Zeit genutzt, um sich umzuziehen. Statt des weit geschnittenen Pyjamas von heute Morgen trug sie nun wieder die eng anliegende Jeans und das körperbetonte Tanktop vom Vortag. Mias Blick wanderte unwillkürlich auf das Oberteil, und gegen ihren eigenen Willen stellte sie sich den Anblick der Brüste vor, die sich deutlich unter dem Stoff abzeichneten.

Fast wäre sie zusammengezuckt, als ihre Erzieherin auf sie zukam und sie ansprach.

»Na, schön geputzt?« fragte diese grinsend und fuhr fort, ohne eine Antwort abzuwarten: »Dreh dich mal um, dann nehm' ich dir das Lätzchen ab. Und wenn du magst, suchen wir dir gleich ein neues aus.« Sie unterstrich die Worte, indem sie den Finger nach unten richtete und eine kreisende Bewegung damit vollführte.

Mia wandte sich gehorsam ab und spürte, wie Mariah ihr die Bänder hinter dem Rücken löste und das Oberteil von ihren Schultern und Armen streifte. Ihr Blick fiel dabei auf eine Kleiderstange auf Rollen, die jetzt vor dem Fenster stand und an der eine große Zahl Kleidungsstücke hing. Mariah war ganz dicht hinter sie getreten, und so nahm sie erneut den zarten, aber sonderbar angenehmen Duft dieser Frau wahr, die ihr nun einmal mehr in den Blazer half.

»Komm!« Mariah forderte sie mit einem ganz leichten Klaps auf ihren gepolsterten Hintern auf, ihr zum Kleiderständer zu folgen.

Mia trat an das etwa zwei Meter lange Gestell auf Rollen heran und beäugte die Auswahl. Hier hingen einige Dutzend Stücke ordentlich auf Bügeln. Sie waren aus unterschiedlichen Materialien gefertigt und kamen in verschiedenen Schnitten, Farben und Mustern daher, aber es schien sich durchgängig um Ärmellätzchen zu handeln. Dass sie eines davon tragen würde, stand also nicht zur Debatte, aber das hatte Mariah ja schon im Speisezimmer klargestellt. Immerhin durfte sie sich eines aussuchen, das vielleicht weniger schlimm aussah.

Als Erstes schob sie einige einfarbige Exemplare beiseite, die aus demselben Stoff wie jenes gemacht waren, aus dem sie gerade erst befreit worden war. Mariah hatte unterdessen auf Mias Bett Platz genommen und sah ihr von da aus zu.

Als Nächstes kam eine große Anzahl bunterer Lätzchen mit aufgedruckten Motiven und farblich abgesetzten Ärmeln. Auch bei ihnen bestand die äußere Lage aus Frottee, aber es handelte sich um eine viel dünnere und leichtere Qualität. Das Material erinnerte Mia an ihren Schlafanzug von letzter Nacht. Es war aber mit einer weichen und griffigen Kunststofffolie hinterfüttert, wie Mia feststellte, als sie das Erste mitsamt seinem Bügel von der Stange nahm. Sie hielt es hoch und besah es von allen Seiten. Es konnte im Nacken mit einem Klettverschluss gesichert werden und bestand aus einem zartrosafarbenen Vorderteil mit roten Ärmeln, die in dünnen Gummizügen endeten. Auf dem eigentlichen Lätzchen war es mit Schafen im Bilderbuchstil bestreut, die schlafend, grasend oder springend dargestellt waren.

»An Anastasia würde das vielleicht wirklich niedlich wirken«, ging es ihr durch den Kopf. Wie sie darauf kam, wusste sie selbst nicht recht; aber immerhin hatte der Koch vorhin Anastasia als sein ›Schäflein‹ bezeichnet, vielleicht war die Assoziation so zustande gekommen. Mia guckte vorsichtig zur Mariah, die sie beobachtet hatte.

Als ihr Blick auf das Lätzchen fiel, huschte kurz ein warmes Lächeln über ihr Gesicht, aber sie kommentierte es nicht. Stattdessen machte sie nach einem Moment eine auffordernde Geste mit beiden Händen in Richtung der Kleiderstange. Mia verstand und drehte sich wieder um, um sich auch den Rest der seltsamen Kollektion anzusehen. Unterdessen war Claudia zu ihnen gestoßen und schaute Mia aus einigem Abstand zu. Sie trug nun wieder ihren Blazer über der weißen Bluse.

Mia arbeitete sich weiter durch die Auswahl. Die übergroßen Kinderlätzchen waren in praktisch allen erdenklichen Farben verfügbar und mit Motiven verziert, die alle naiv, niedlich oder zumindest sehr verspielt wirkten.

»Oh Gott, das ist großartig, das musst du nehmen!« platzte es aus Claudia hervor, als Mia gerade ein weißes Stück mit grünen Comicfröschen und ebensolche Ärmeln hochhielt.

Mia sah sie überrascht an, als Mariah das Wort ergriff. »Das ist lieb, Claudia, aber ich befürchte, Mia sucht etwas anderes, das nicht so kindlich wirkt. Und«, sie drehte sich zu Mia um, »sie soll sich ja eines aussuchen, das ihr auch gefällt.«

Claudia schien gerade noch etwas sagen zu wollen, als sich Denise einmischte. »Sag mal, musst du nicht los?« Sie zeigte auf ihre Armbanduhr, während sie ihr Mädchen ansah.

»Oh Mist, hab' die Zeit ganz vergessen«, entfuhr es dieser. »Tschüss Mia, hab einen schönen ersten Schultag! Tschüss Mariah!«