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Kumiho Na-Ri 02

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Die Mienen der Männer hellten sich auf.

Doch sogleich runzelte Cha-He wieder seine Stirn.

„Aber wir haben nichts! Nichts zu Essen, keine Waffen und kein Geld!"

Mit einem grimmigen Lächeln zog De-Yong zunächst die erbeutete Arkebuse hervor, dann sein eigenes Schwert.

„Nun, Waffen habe ich für euch, wenn ihr euch mir anschließt. Damit bekommen wir alles Weitere von den Japanern!"

* * *

Yoshimoto verfluchte sein andauerndes Unglück. Gleich nach dem Frühstück hatte Taka ihm befohlen, auf sein Pferd zu steigen, und den wartenden Soldaten an der Brücke den Befehl zu überbringen, sofort Taka entgegenzureiten.

Und obendrein sollte er auch mit den Soldaten wieder zurückkehren. Dabei konnte er jetzt schon kaum noch sitzen. Außerdem war er unbewaffnet und musste ohne Begleitung reiten.

In seiner fremdländischen Kleidung war er sofort als Japaner zu erkennen. Er konnte wirklich nur beten, keinen koreanischen Soldaten in die Hände zu fallen.

Selbst die vielen Flüchtlinge, welche nun auf der Straße unterwegs waren, wären eine Gefahr für ihn. Er durfte keineswegs riskieren, eine Pause zu machen, sondern musste durchreiten. Bei Einbruch der Dunkelheit würde er sich irgendwo im Gebüsch verstecken, und auf das Tageslicht warten müssen, falls er es bis dahin nicht zur Brücke schaffte.

Und Taka hatte ihm eingeschärft, so schnell wie möglich zu reiten. Würde er später als in zwei Tagen mit der Eskorte zurück sein, würde es Yoshimoto den Kopf kosten.

Das zusammen war eigentlich schon Ansporn genug. Doch trotzdem ritt er gerade so schnell, dass er nicht in die Gefahr zu geraten drohte, vom Pferd zu fallen. Das blöde Tier hatte ihn immerhin schon einmal abgeworfen.

Im Laufe des Tages wurden seine Reitfähigkeiten jedoch immer besser, fand er. Und sein Hintern immer mehr wundgeritten.

Wieder einmal beugte er sich vor, um seinen schmerzenden Hintern zu entlasten. Abgelenkt von seinen Schmerzen begriff er zu spät, was er vor sich auf der Straße sah. Mit geweiteten Augen ritt er an dem gesuchten Mann vorbei, welcher nun in Begleitung zweier weiterer Männer auf der Straße in Richtung Süden unterwegs war. Und sie führten das gestohlene Pferd am Zügel.

Yoshimoto trat seinem Pferd in die Flanken und eilte im Galopp vorbei, bevor sie sich von ihrer Überraschung erholt hatten.

Weil sie selbst so laut unterwegs waren, nicht nur ihre Schritte, sondern auch das Klappern der Pferdehufe neben sich, hörten De-Yong und seine Männer den sich von hinten nähernden Reiter zu spät. Die ganze Zeit hatten sie immer nur aufmerksam nach vorne geschaut, um keiner japanischen Patrouille in die Arme zu laufen.

An die Japaner in ihrem Rücken hatten De-Yong keinen weiteren Gedanken verschwendet. Immerhin waren die ja mit einer Sänfte unterwegs und gewiss weit hinter ihnen.

Nun plötzlich war aber ein Japaner neben ihnen. Überrascht starrten sie sich an.

Durch aufsteigende Panik erholte sich der unbewaffnete Japaner zuerst von der Überraschung, und trieb sein Pferd zur Flucht nach vorne an.

De-Yong fluchte lauthals.

Er hatte sein Gepäck auf das Pferd geschnallt. Das nun abzunehmen hätte viel zu lange gedauert.

Sehr zur Verblüffung seiner Männer, spurtete er kurz entschlossen dem Flüchtenden hinterher.

Yoshimoto klammerte sich an das wild galoppierende Pferd fest, und betete, nicht abgeworfen zu werden. Sein schmerzender Hintern war in diesem Moment vergessen.

Hoffentlich würden sie nicht hinter ihm her reiten.

Er riskierte einen Blick zurück, ob er schon verfolgt würde.

Durch das Auf und Ab war es nicht leicht, etwas zu erkennen.

Als er jedoch endlich begriff, was er hinter sich sah, klappte sein Unterkiefer herunter.

Der gesuchte Koreaner war hinter ihm her. Aber nicht etwa zu Pferd, sondern zu Fuß. Und der schaffte es, dass der Abstand nicht größer wurde!

Um es zu größerer Geschwindigkeit anzutreiben, trat Yoshimoto seinem Pferd erneut in die Flanken.

Zu spät sah er die Gruppe Flüchtlinge auf der Straße vor sich.

Es war eine Familie. Der Mann zog einen Handkarren mit ihren Habseligkeiten. Als sie den Reiter auf sich zu galoppieren sahen, sprangen alle zur Seite, den Karren schräg, mitten auf dem Weg stehen lassend.

Bei dem Versuch, sein Pferd um das Hindernis herum zu lenken, verlor Yoshimoto den Halt und stürzte im hohen Bogen vom Pferd.

Von seinem ungeschickten Reiter befreit, rannte das Tier ungehindert weiter, sprang über die Arme des Handkarren und verschwand alsbald in einer Staubwolke.

Yoshimoto dagegen hing unglücklich kopfüber in einem Dornengebüsch, welches seinen Sturz abgefangen hatte. Gebrochen hatte er sich nichts, allerdings blutete er aus vielen kleinen Schrammen und Stichen.

Doch dies war nun wirklich seine geringste Sorge. Denn der Koreaner hatte ihn nun erreicht.

Und dessen grimmiges Lächeln verhieß nichts Gutes.

Ju-Won hatte alle Hände voll zu tun, die aufgebrachte Familie wieder zu beruhigen und fortzuscheuchen, während De-Yong und Cha-He den Japaner aus dem Gebüsch schnitten, in welchen er festhing.

Erst als er drohend die Arkebuse aus dem Gepäck zog, verstummte ihr erbostes Gekeife, und sie zogen eilig mit ihrem Karren ab.

De-Yong nutzte das erbeutete Samuraischwert, während Cha-He De-Yongs Schwert nutzte, das Gebüsch zu zerschlagen.

Es dauerte nur wenige Augenblicke, bis der sichtlich verängstigte Japaner vor ihnen am Boden lag.

„Bitte tötet mich nicht! Ich bin nur ein einfacher Mann. Ein Reisender. Ein Händler. Ja, ein Händler!", versuchte dieser sich in ganz passablen Koreanisch herauszuwinden.

„Leutnant, gehört der zu der Gruppe, von der ihr uns erzählt habt?", fragte Cha-He grimmig, sein Schwert auf die Kehle des Mannes gerichtet.

De-Yong nickte, steckte sein Schwert wieder in die Scheide und hockte sich vor dem bettelnden Mann hin.

„Wer bist du?"

„Ein Händler, ein Niemand!", winselte der.

De-Yong gab dem Mann eine Ohrfeige.

Obwohl er nur mit begrenzter Kraft zugeschlagen hatte, schleuderte der Kopf des Geschlagenen herum.

„Ahhhh!"

„Also noch einmal: Wer bist du? Und lüge nicht, ich habe dich erkannt."

Yoshimoto griff sich an die Wange, welche bereits anfing anzuschwellen. Dann schluckte er.

„Mein Name ist Yoshimoto Kota aus Osaka. Ich bin Dolmetscher in der kaiserlichen Armee!"

De-Yong nickte befriedigt.

„Gut. Wer waren die Männer in deiner Begleitung?"

„Ich reite alleine!", versuchte Yoshimoto auszuweichen.

Eine weitere Ohrfeige traf seine andere Wange.

„Ahhh, schon gut, nicht mehr Schlagen! Das war Leutnant Miyahara mit seinen Männern!"

„Und wer saß in der Sänfte?", wollte De-Yong noch wissen.

„Der Priester Ichimaru!"

Ein Priester? De-Yong war verblüfft. Priester reisten nicht in Sänften.

„Du lügst!"

Drohend hob er wieder seine Hand.

„Nein, wenn ich es euch doch sage: Kazuki Ichimaru. Priester und Dämonenjäger!"

De-Yong ließ seine Hand wieder sinken und sah den Japaner finster an.

„Ein Dämonenjäger? Weshalb?"

Yoshimoto schluckte trocken.

„Wegen des Kumiho!"

Insgeheim sahen sich Cha-He und Ju-Wu an. Bisher hatten sie immer noch ein wenig an der unheimlichen Geschichte des Leutnants gezweifelt. Sie jetzt von einem Japaner bestätigt zu bekommen, sorgte für erneute Gänsehaut.

„Ihr habt sie gejagt? Der ganze Trupp wegen ihr?", fragte De-Yong.

Yoshimoto nickte.

„Weshalb? Woher wusstet ihr von Na-Ri?"

Yoshimoto schwieg verlegen.

„Du warst der Sechste, nicht wahr?", fragte De-Yong mit ruhiger Stimme. „Die Samurai im Wald: Als Na-Ri sie angriff, warst du irgendwo im Wald, nicht wahr?"

Yoshimoto nickte.

„Hai!"

„Und du hattest alles gesehen und gehört. Auch wie sich Na-Ri vorgestellt hatte!"

„Hai!"

„Und mein Name, woher kennt ihr den?"

Yoshimoto war unsicher, ob er nicht schon zu viel verraten hatte. Andererseits, was konnte es schaden, auch das noch zu sagen?

„Ihr hattet euren Namen laut im Dorf genannt, als ihr die Patrouille getötet habt!"

De-Yong stand langsam auf. Er hätte sich ohrfeigen können, für seine eigene Dummheit, keinen falschen Namen benutzt zu haben.

Grimmig zog er sein Schwert.

„Du bist Na-Ri entkommen, doch mir nicht. Zumindest sollst du sie noch im Tod begleiten! Beug dich vor!"

Zitternd folgte Yoshimoto dem Befehl. Wenigstens würde er ehrenvoll sterben.

Der Hilferuf

Dunkelheit.

Na-Ris Augen waren blind. Ihr Geruchssinn ebenfalls, doch ihr Gehör funktionierte noch. Auch die Nerven funktionierten. Sie hatte unglaubliche Schmerzen im Hals. Hinzu kam das andauernder Gefühl des Erstickens. Doch sie konnte nicht sterben. Nicht so.

Zog sie sich in die Geisterwelt zurück, hörte der Schmerz auf. Doch da waren die Eindrücke völlig anders. Sie konnte dort nicht mit Augen sehen. Dort konnte man Farben schmecken, Töne riechen und Bilder fühlen. Jeder menschliche Sinn wurde durch alle anderen erweitert. Es war etwas, was nicht in menschlicher Sprache erklärt werden konnte. Die Geisterwelt war ihr eigentliches Element, der Ort ihrer Herkunft, und zugleich die Hölle.

Eine sehr intensive Hölle.

Götter fühlten sich hier wohl, denn sie waren dafür geschaffen. Doch Dämonen waren sehr viel geringer als Götter. Für sie war diese Welt wie ein Strudel aus Eindrücken und Gefühlen. Nichts war hier stetig, nichts greifbar, außer anderen Geistern.

Ein Grund, weshalb Dämonen hier Kontakt sowohl suchten, als auch fürchteten, war: Es gab nur völlige Einsamkeit oder intensiven Kontaktschmerz mit anderen Geistwesen. Nichts dazwischen.

Götter konnten sich hier wohlfühlen, Dämonen konnten hier nur existieren.

Und sie taten es auf vielerlei weise. Aber jeder Dämon hatte den Wunsch, zumindest teilweise in die Sphäre der Menschen zu gelangen. Dort war vieles einfacher, weniger intensiv, zugleich auch sehr viel angenehmer, außer, wenn man in einem zerstückelten Körper steckte.

Sobald Na-Ri in der Überwelt war, sah sie drei Leuchtpunkte, so man das überhaupt so benennen konnte: Ihren Kopf, ihren Körper und ihre Perle.

In jeden konnte sie ihr Bewusstsein einfließen lassen, und dann begrenzt die Umgebung wahrnehmen.

Sowohl um ihren Kopf, als auch ihren Körper herrschten Schwärze. Doch um ihre Perle herum war Leben. Sie klinkte sich in De-Yong ein, konnte sehen, was er sah und hören, was er hörte.

Und wurde sehr wütend.

* * *

Innerlich war Taka nervös, zeigte es jedoch nicht. Gewohnt souverän gab er seine Befehle.

Der verletzte Samurai marschierte hinter der Sänfte, die beiden anderen bildeten die Vorhut. Der Berittene etwa 30 Schritt vor ihnen, damit er sie rechtzeitig warnen konnte.

Taka ritt neben der Sänfte, ständig misstrauisch in den Wald links und rechts blickend, ob sie nicht vielleicht in einen Hinterhalt ritten.

Auch Ichimaru hatte die Arkebuse wieder geladen und griffbereit. Wenn auch diesmal nur mit einer normalen Kugel. Mit einem weiteren Kumiho war kaum zu rechnen.

Na-Ris Körper hatten sie zwei Schritt unter der Erde begraben, von Jade-Amuletten in alle vier Himmelsrichtungen umgeben, und einem weiteren auf ihrer Brust. Dieser Körper würde sich selbst nicht wieder ausgraben.

Abschließend hatten sie das Grab getarnt, damit auch niemand anderes es fand, und in Hoffnung auf Schätze, den Leichnam wieder ausbuddeln würde.

Allerdings könnte es noch immer der Gestank verraten, sollte jemand gezielt danach suchen.

Doch gab es wohl nur Einen, der das tun würde: Na De-Yong.

In Gedanken ging Taka durch, was er tun musste, um auch diesen Offizier fangen zu können. Ihn konnten sie nicht mit dem magischen Amulett aufspüren.

Der Mann war zwar nur ein einfacher Mensch, aber er wusste um die Kumiho, war ein überragender Schwertkämpfer und zudem wohl auch koreanischer Offizier. Taka würde nicht noch einmal den Fehler machen, diesen Mann zu unterschätzen.

Und genau aus diesem Grund zogen sie nach Norden, nicht nach Süden. Seine Männer, sollte es Yoshimoto tatsächlich gelingen, sie zu erreichen, würden ihn nun zwar vergeblich hier auf der Straße suchen, aber auch der Koreaner würde sie nun nicht mehr finden, sollte er mit Verstärkung zurückkehren.

Die Gefahr, welche ihnen jetzt drohte war, dass sie auf weitere koreanische Soldaten trafen.

Doch bisher hatten sie nur Flüchtlinge eingeholt. Wenn Diese die Samurai erkannten, flüchteten sie in den Wald, oder drückten sich, wenn es keine Fluchtmöglichkeit gab, geduckt an den Wegesrand.

Wenn Takas Karte einigermaßen genau war, würden sie am übernächsten Tag Panyio erreichen. Von dort aus konnten sie die Hauptstraße zur Hauptstadt nehmen. Inzwischen müsste auch die Vorhut der Armee in Richtung Panyio ziehen. In jedem Fall würden entweder seine Soldaten ihn in zwei oder drei Tagen eingeholt haben, oder sie würden auf die Vorhut der japanischen Armee treffen. In jeden Fall wären sie vor einem Angriff sicher.

Doch es gab Weiteres zu bedenken. Sollte Taka dann sofort den Kopf des Kumihos seinem Daimyo, General Konishi Yukinaga überbringen, oder mit der Verstärkung sich erneut auf die Jagd nach dem Koreaner begeben?

Der Hauptzweck seiner Mission war erfüllt, und der General sicherlich zufrieden. Ein entkommener, einzelner Soldat, auch wenn er mehrere Samurai getötet hatte, war ärgerlich, aber völlig unwichtig.

Aber Taka konnte immer noch nicht verwinden, dass dieser Mann vier seiner besten Männer getötet hatte.

Seine Gedanken wurden unliebsam unterbrochen. Der Wind hatte gedreht, und der Gestank des Kopfes ließ es ihn ratsam erscheinen, wieder auf die andere Seite der Sänfte zu wechseln.

Selbst aus der Kiste heraus stank der Kopf so erbärmlich, dass der Priester sich strikt geweigert hatte, die Kiste in seiner Sänfte zu verstauen. Nun war sie oben auf dem Dach festgebunden, sehr zum Missfallen der Träger.

Es war ein wirklich grässlicher Dämon, der selbst besiegt noch Ärger machte. Taka entschied, dass er zunächst den Kopf abliefern würde. Der Flüchtige konnte noch ein wenig warten. Umso spannender wäre die Jagd.

Und umso angenehmer!

* * *

Yoshimoto schloss seine Augen und sprach ein letztes Gebet. Nun würde er doch kein Mönch werden. Ein plötzlicher Gedanke sorgte jedoch gleich darauf dafür, dass er seine Augen wieder aufriss.

„Halt, tötet mich nicht! Die Dämonin lebt noch!", schrie er verzweifelt.

De-Yongs Schwert stoppte kaum einen Finger breit über Yoshimotos Nacken. Eine abgeschnittene Haarlocke fiel herunter.

„Was meinst du damit: Sie lebt noch? Ich habe selbst gesehen, wie ihr der Kopf abgeschlagen wurde."

Rechtzeitig erinnerte sich Yoshimoto daran, dass ein Schwert über seinem Nacken schwebte, und er nicht nicken durfte.

„Das ist richtig. Aber sie ist trotzdem nicht tot. Das habe ich den Priester sagen hören. Er meinte, dass die Dämonin jederzeit wieder auferstehen würde, sobald man Kopf und Körper wieder aneinanderlegte. Und nur sein Bannzauber würde verhindern, dass ihr Körper den Kopf suchen würde."

De-Yong kamen wieder Na-Ris Worte in den Sinn: „Mich würde das Abtrennen meines Kopfes nicht umbringen!"

Zögernd nahm er das Schwert hoch.

„Sieh mir in die Augen und berichte! Wenn du die Wahrheit sagst, schenke ich dir dein Leben und du darfst gehen!"

Yoshimoto erhob seinen Oberkörper und blickte den Koreaner an. Konnte er ihm glauben? Aber welche Wahl blieb ihm?

Er entschied, wahrheitsgemäß alles zu erzählen, was er vernommen und gesehen hatte. Was konnte das schaden?

* * *

De-Yong rannte so schnell wie noch nie in seinem ganzen Leben. Mit Ausnahme der Verfolgung, des zu Pferd flüchtenden Japaners am Vormittag, vielleicht.

Direkt nachdem der Dolmetscher berichtet hatte, begriff De-Yong, was das bedeutete.

Nicht nur das Na-Ri noch immer lebte, nein, sondern auch, dass er als einziger in der Lage war, sie zu retten!

Er durfte keine Zeit mehr verlieren!

Es waren nur noch drei kampffähige Samurai, welche nun Na-Ris Kopf hüteten. Einen Kampf, den er sich nach seiner letzten Erfahrung durchaus zutraute, zu gewinnen.

Vor allem, da sie damit bestimmt am allerwenigsten rechneten, dass er sie alleine angriff.

Seine Männer ließ er, zusammen mit dem Pferd und der Ausrüstung nachkommen. Sie hätten ihn jetzt nur behindert. Auch den gefangenen Koreaner hatten sie bei sich.

Zwar hatte De-Yong ihm versprochen, ihn laufen zu lassen, doch nur unter der Bedingung, dass er die Wahrheit sagen würde. Doch das musste er nun erst mal überprüfen.

Wenn Na-Ri befreit war, war der Dolmetscher unwichtig. Sollte er seiner Wege dann ruhig ziehen. Bis dahin jedoch, konnte er möglicherweise noch wichtige Informationen preisgeben.

Falls das noch notwendig würde.

Hoffentlich nicht!

In Gedanken überschlug De-Yong die zurückgelegte Wegstrecke, vom Schauplatz des Kampfes, und wie lange ein Trupp mit Sänfte wohl benötigen würde, um zurück zum Fluss zu gelangen.

Bei De-Yongs augenblicklichen Tempo durfte es nicht lange dauern, bis er auf sie stoßen würde.

In seiner Vorstellung würde er einfach mit gezogenem Schwert durch sie durchrennen, sie in ihrer Überraschung niederkämpfen, und Na-Ris Kopf zurückerobern.

Aber er begegnete ihnen nicht.

Die Samurai waren verschwunden!

Als die Dunkelheit hereinbrach, musste De-Yong aufgeben.

Obwohl die Kraft der Dämonin in ihm brannte, war sein Körper am Ende. Erschöpft und hungrig suchte er sich einen Lagerplatz. Nun bereute er es, nicht wenigstens etwas zu Essen mitgenommen zu haben.

Frustriert, vor Erschöpfung und Kälte zitternd, erwartete er den nächsten Tag. Und auch seine Männer. Ohne etwas zu essen, konnte er keinen Schritt weiter.

Doch in den Schlaf konnte er auch nicht finden. Ständig drehten sich seine Gedanken um die Frage: Wohin waren die Japaner verschwunden?

Plötzlich kam ihm ein schrecklicher Verdacht.

Was, wenn sie sich im Wald versteckt hatten? Sie hatten ja den Dolmetscher nach Verstärkung ausgesandt. Wäre er anstelle des Samurai, hätte er genauso gehandelt: Verstärkung anfordern und vor den Feind verborgen halten.

Ungeachtet, dass sie bestimmt nicht mit ihm rechneten, waren sie mitten im feindlichen Gebiet. Sie mussten jederzeit damit rechen, auf koreanische Verbände zu stoßen. Drei Samurai waren keine Gegner für eine ganze Truppe. 40 oder 50 Samurai dagegen schon.

Er hatte gesehen, wozu sie fähig waren.

50 Samurai wären in der Lage, es mit 200, gut ausgebildeten, koreanischen Soldaten aufzunehmen, und zu gewinnen. Aber die meisten koreanischen Soldaten waren nicht gut ausgebildet. Sie waren Bauern, Fischer oder Händler, zum Kriegsdienst zwangsverpflichtet und schlecht ausgerüstet.

50 Samurai würden 500 von ihnen in die Flucht treiben.

Mühsam rappelte De-Yong sich auf.

Er hatte keine Wahl. Er musste den Weg zurück zu seinen Männern gehen, und darauf hoffen, dass sie die Samurai nicht schon passiert hatten. Sonst wären seine Männer sicher verloren. Sie wären nicht in Lage, gegen drei Samurai zu gewinnen.

Wenn er nur nicht so erschöpft wäre.

* * *

Am nächsten Tag passierte Taka mit seinem Trupp einige kleinere Dörfer.

Wohlweislich vermied er es, sie zu betreten, sondern umging sie großzügig.

Selbst wenn sie nicht verteidigt würden, sich auch keine feindlichen Soldaten dort befanden, mochten doch vielleicht einige Einwohner in Versuchung gelangen, sie mit Pfeilen zu beschießen.

Unbemerkt blieben sie jedoch nicht.

Taka hätte es vorgezogen, einen anderen Weg zu nehmen, der etwas abseits, und fern von Ansiedlungen verlaufen würde, doch er kannte das Land und diese Gegend nicht. So war er gezwungen, auf dem breiten Hauptweg zu reisen, wollte er sich nicht verirren.

Als es Abend wurde, suchten sie sich einen versteckten Lagerplatz abseits des Weges.

Taka hasste es, sich verstecken zu müssen.

Der Koreaner würde dafür bezahlen!

* * *

Na-Ri blieb nichts anderes übrig, sie musste Hilfe rufen.