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Kumiho Na-Ri 02

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Eine größere Erniedrigung als im Moment konnte er sich überhaupt nicht vorstellen. Zugleich musste er zugeben, dass er daran selbst Schuld gewesen war. Hätte er bloß seine Klappe gehalten!

Die Koreaner hatten ihm seine Fesseln abgenommen, mit Ausnahme des Strickes um seinen Hals. Doch das war nicht wirklich sehr viel besser. Denn nun wurde er gezwungen, auf allen vieren über den Boden zu kriechen und zu schnuppern, wie ein Hund.

Den halben Tag lang schon, zogen sie kreuz und quer durch den Wald, rund um den Kampfplatz und untersuchten alle Stellen, welche möglicherweise die Grabstelle der Dämonin sein könnte.

In Ermangelung eines trainierten Jagdhundes musste irgendwer anderes schnuppern, ob Spuren des widerlichen Geruches zu erkennen waren. Breit grinsend hatten die Soldaten ihm deutlich gemacht, weshalb sie ihn dafür am geeignetsten hielten.

Am ganzen Körper war er zerschrammt, und seine Hände bluteten. Außerdem war er müde.

„Wirklich, ich brauch eine Pause! Ich kann wirklich schon nichts mehr riechen!", bettelte er.

„Der Leutnant hat befohlen, den Körper zu finden, auszugraben, und nach Süden zur Flotte zu bringen. Das werden wir tun. Das bedeutet, dass wir sehr viele Tage Weg vor uns haben. Also keine Zeit zu verlieren. Such weiter! Versuch es mal hier drüben!"

Der Soldat mit dem Schwert deutet auf ein Gebüsch etwas rechts neben Yoshimoto.

Resignierend tat der wie befohlen. Gebückt kroch er drunter und schnupperte, ohne Hoffnung auf Erfolg, am Boden.

Was er dann jedoch roch, ließ ihn zugleich Freude als auch Ekel empfinden.

„Hier!"

„Sicher?" Der Soldat trat misstrauisch näher.

„Riecht selbst. Das ist der Geruch, ganz sicher!"

Cha-He trat näher, misstrauisch darauf achtend, dass der Gefangene keinen Unsinn machte. Vor dem Gebüsch hockte er sich hin, beugte sich vor und schnupperte. Ja, da stank etwas. Nicht sehr stark, aber wirklich sehr speziell.

„Bäh. Und so roch die?"

Yoshimoto nickte.

„Ich weiß aber nicht weshalb. Bei der ersten Begegnung war mir der Gestank nicht aufgefallen."

Cha-He nickte, in Gedanken abwesend.

„Der Leutnant hat uns erzählt, wie sie von einem Berggeist verflucht wurde. Deshalb der Geruch. Ich kann noch immer nicht fassen, dass alles wahr ist!"

„Ist es, ich kann es bestätigen! Sie ist wirklich unheimlich!"

„Wir sollten den verdammten Japsen umbringen und abhauen, meine Meinung!", mischte sich Ju-Won ein. „Umso mehr, als hier wirklich eine Dämonin begraben wurde. Was wird sie tun, wenn wir sie ausbuddeln?"

„Halt die Klappe, Ju-Won. Du hast das Geld, die Waffe und den Reis des Leutnants genommen. Wir sind ihm verpflichtet!"

Ju-Won spuckte aus.

„Nen Scheißdreck bin ich. Was soll ich mit diesem verdammten Prügel? Ich habe nicht einmal eine Ahnung, wie ich damit schießen soll!"

Langsam erhob sich Cha-He und richtete sich zu voller Größe auf. Er war ein wenig größer und stärker als der andere Soldat, außerdem mit De-Yongs Schwert bewaffnet, welchem sich seine Hand nun drohend näherte.

„Willst du also feige abhauen? Dann lass alles hier. Den Reis, die Waffe und das Geld. Dann darfst du meinetwegen ziehen!"

„So war das nicht gemeint!", ruderte Ju-Won zurück. „Aber überleg doch selbst mal: Wie sollen wir mit einer kopflosen Leiche und dem da", er deutete auf Yoshimoto, „an den Japanern vorbei kommen?"

„Fällt dir ein wenig spät ein, nicht wahr? Aber keine Angst, das bekommen wir hin. Ich habe mir auch schon was überlegt. Also, bleibst du, oder haust du ab? Doch überleg: Der Leutnant hat uns viel Beute versprochen. Du könntest reich werden!"

Ju-Won überlegte. Mittellos und als Verlierer nach Hause zurückkehre, oder reich und als Held? Nicht wirklich eine Frage. Aber zurückkehren wollte er auf jeden Fall.

„Ich bleibe! Aber ich möchte endlich wissen, was du planst."

Cha-He sah ihn durchdringend eine gefühlte Ewigkeit an. Dann entspannte er sich und nickte.

„Gut. Lass uns etwas dort hinüber gehen. Und du:", wandte er sich an Yoshimoto, „gräbst inzwischen die Leiche aus!"

Ich sollte wirklich lernen, meine Klappe zu halten, fluchte Yoshimoto in Gedanken.

* * *

De-Yong hatte der plötzliche Abbruch der Verbindung beunruhigt. Hatte er sie so schwer beleidigt? Dabei war das wirklich nicht seine Absicht gewesen. Eigentlich hatte er ihr nur sagen wollen, dass er sie mochte.

Immer wieder hatte er im Laufe des Nachmittags versucht, sie zu erreichen.

Seine scheinbaren Selbstgespräche mussten einen seltsamen Eindruck auf die gelegentlich anderen Reisenden auf der Straße machen, welche er mit sehr strammen Schritt überholte, denn die beeilten sich, ihm aus dem Weg zu gehen.

„Na, ganz toll! Hey, ich wollte dich nicht beleidigen!"

„Hallo, Na-Ri!"

„Bitte sprich mit mir!"

„Nicht böse sein, bitte!"

„Du bist wirklich ganz furchtbar, unnahbar, geheimnisvoll und beängstigend, und hast immer alles im Griff."

„Ich bewundere dich wirklich!"

„Du bist die Beste aller Kumihos, ganz sicher!"

Schließlich schrie er:

„VERDAMMT, NA-RI, DU HAST ES GESCHAFFT, DASS ICH MICH IN DICH VERLIEBT HABE!"

„Kannst du mir mal bitte verraten, weshalb mein Kopf gerade in Buttermilch versenkt wurde? Und schrei nicht so, ich kann dich auch hören, wenn du flüsterst.

- Moment, was hast du gerade gesagt?"

De-Yong stoppte, als sei er gegen eine Wand gelaufen.

„Ähm, ... Dein Kopf liegt in Buttermilch?"

„Lenk nicht ab. Was war eben dein letzter Satz?"

De-Yong hatte nicht die Absicht, seinen Gefühlsausbruch zu wiederholen.

Der Satz hatte ihn selbst zu sehr erschreckt.

„Ich lenk nicht ab, du selbst hast Buttermilch erwähnt! Wo warst du so plötzlich?"

Seine Strategie schien Erfolg zu haben, Na-Ri fragte nicht weiter nach.

„In meinem Kopf. Der Priester und der Samurai haben meinen Kopf in einem Topf voll Buttermilch versenkt. Warum zum Henker nochmal, ausgerechnet Buttermilch? Werden abgetrennte Köpfe normal nicht in Schnaps eingelegt, um sie zu konservieren?"

„Da kenne ich mich nicht aus. Allerdings, von Buttermilch habe ich auch noch nie gehört."

In De-Yong stieg ein Verdacht auf. Langsam setzte er sich wieder in Bewegung.

„Könnte es mit deinem, äh, strengen Geruch zusammenhängen?"

„Geruch?"

Plötzlich begriff sie, was sie wirklich in ihren Kopf zurückgeholt hatte. Es war die Rückkehr ihres Geruchssinnes! Sollte niemand Samshin einen Mangel an schrägen Humor nachsagen!

„Ja, dass die dich eingelegt haben, um den Geruch abzuwaschen?"

„Kann das klappen?"

„Ich habe keine Ahnung. Aber das ist das, was mir gerade dazu einfällt. Das, oder sie wollen deine dämonischen Kräfte dadurch binden."

„Hm. Nun gut. Also, wie ist jetzt dein Plan? Ich habe nur mitbekommen, was du zu den anderen gesagt hast. Was du vorhast, hast du nicht gesagt!"

„Ich werde mich in meiner Verkleidung als Kräuterhändler in die Nähe deines Kopfes bringen. Dann muss ich sehen, wie ich ihn stehlen kann. Ich weiß ja nicht, was sie damit vorhaben."

„Und du meinst, du kommst an mich so einfach heran?"

„Einfach wird es ganz sicher nicht."

„De-Yong, ich sag es nicht gerne, aber die Zeit drängt!"

„Was meinst du?"

„Wenn mein Kopf nicht bald mit meinem Körper wieder verbunden wird, wird mein Körper sich auflösen!"

„Du bist doch unsterblich?"

„Mein menschlicher Körper ist, ah, wie soll ich es erklären, ein Gefäß. Er umhüllt meine Kraft, die ihn dafür immer erhält und Schäden repariert. Deshalb lebt mein Kopf auch noch, weil dort meine, ihr nennt es Seele, sitzt. Wenn mir ein Arm oder Bein abgeschlagen würde, und nicht innerhalb kürzester Zeit wieder angesetzt würde, würden die einfach nur noch Fleisch sein, und mein Körper neue Körperteile wachsen lassen. Das gilt nun auch für meinen Körper, weil die Perle nicht mehr in ihm ist. Wo sich die befindet, weißt du ja."

„Was willst du damit sagen? Dass dein Körper also jetzt ganz normal zerfällt, wie eine ganz gewöhnliche Leiche? Und was dann?"

„Sobald ein Punkt erreicht ist, indem der letzte Rest meiner Kraft ihn verlassen hat, bildet sich um meine Perle ein neuer Körper. Und das würde im derzeitigen Fall bedeuten, in dir!"

Erschüttert blieb De-Yong stehen.

„Wann wolltest du mir das sagen? Noch so eine Kleinigkeit, die zu erfahren, sicher vorher hilfreich gewesen wäre! Wie viel Zeit bleibt uns?"

„Nicht viel. Einige Tage, keinen halben Mond. Danach ist der Prozess nicht mehr zu stoppen. Und beim nächsten Mondwechsel wird mein neuer Körper in dir entstehen. De-Yong, das würdest du keinesfalls überleben! Und ich würde es auch wirklich bedauern, irgendwie mag ich dich inzwischen!"

Der laute Fluch, den De-Yong in diesem Moment schrie, veranlasste eine Flüchtlingsfamilie mit Karren, vor ihm auf dem Weg, sich umzudrehen. Dann, als sie ihn erkannt hatten, rannten sie plötzlich sehr schnell weiter.

* * *

Seit zwei Tagen saßen sie nun schon in dieser Drecksstadt fest. Es gab hier nichts. Kaum was zu Essen, keine Frauen, und auch kaum Alkohol.

Takas Laune war am Tiefpunkt.

Und noch immer hatte er keine gute Lösung für das Problem mit dem Priester gefunden.

Immerhin musste anerkennen, dass die Idee mit der Buttermilch ein Erfolg gewesen war. Der Gestank war verschwunden. Allerdings hatte die Buttermilch eine wirklich unverschämt hohe Summe Silber gekostet.

Und natürlich hatte Taka bezahlen müssen.

Das Haus, in welchen sie nun untergekommen waren, war auch nicht wirklich standesgemäß. Immerhin hatte es ein heiles Dach, denn es hatte angefangen zu regnen.

Schritte näherten sich. Seine Leibwache.

„Miyahara San?"

„Was ist?"

„Die anderen Männer sind eingetroffen!"

Wie von einer Wespe gestochen sprang Taka auf.

„Das sind gute Nachrichten! Ich werde sie gleich begrüßen!"

* * *

Es war fast Abend als Yun das Tal bei Panyio erreichte. Zuletzt war sie vor einigen Jahrzehnten hier gewesen. Sie hatte die Stadt und vor allem den Berg gemieden.

Cham war nachtragend. Allerdings dürfte er es mit Na-Ri nun übertrieben haben. Aber da würde sie sich vorerst nicht einmischen. Deren Kleinkrieg ging sie nichts an.

Die Reise war schwieriger gewesen, als sie erwartet hatte.

Natürlich hatte sie von dem Krieg in der Kommunikation mit ihrer Schwester erfahren, aber nicht bedacht, dass nun so viele Menschen nach Norden flüchten würden.

Auf der Straße, wo man normal lange Zeit alleine unterwegs sein konnte, strömten ihr die Menschen geradezu entgegen. Sehr viele schwer beladen, mit Handkarren oder auch Pferdewagen. Es war ein heilloses Chaos. Sie kam daher deutlich langsamer voran als geplant. Natürlich half es, dass für sie keine Notwendigkeit bestand, nachts zu rasten. Sie konnte im Dunkeln genauso gut sehen wie im Hellen. Wenn auch völlig anders. Und schlafen musste sie auch nicht.

Das war, im Laufe der letzten Jahrhunderte, schon für einige Menschen die letzte Überraschung ihres Lebens gewesen, wenn sie Yun im Schlaf zu ermorden versuchten.

Ruhen musste sie nur, wenn ihr Körper schwer verletzt wurde. Und um zu essen.

Aber die Flüchtlinge waren auch ein Glück gewesen. Nicht wenige kamen aus der Hauptstadt. Eine ganze Abteilung Soldaten schützten eine Karawane mit prunkvollen Wagen. Zweifellos vom königlichen Hof. Yun wich denen weiträumig aus. Bei solchen Abteilungen waren nicht selten Mönche oder Priester dabei. Sie würden ihre Verkleidung sofort durchschauen. Und auf Fragen konnte sie gerne verzichten.

Aber im Gefolge zog ein weiterer Tross, der zwar von Soldaten, garantiert jedoch nicht von Mönchen und Priestern beschützt wurde. Es waren die Freudenmädchen, Gisaeng wie Yun. Und die hatten alles dabei, was sie gerade benötigte.

Es kostete nur sehr wenig Silber und benötigte ein wenig ihrer Überredungskunst, bis eines der Mädchen gewillt war, Yun ihre Kleidung und Papiere zu überlassen.

Das war einfacher gewesen als erhofft. Sie musste nicht erst mühsam einen Beamten finden und bestechen. Was im Moment allerdings auch sehr schwer war, weil die Verwaltung nahezu zusammengebrochen war. Es waren nicht Höflinge in den Prunkwagen gewesen, sondern der König mit seiner Familie persönlich.

Der Krieg war verloren, doch das ging Yun nichts an. Kriege gab es immer wieder. Menschliche Kriege vertrieben die Langeweile und sorgten dafür, dass man leicht an Blut kam.

Für Yuns Geschmack zu leicht. Wo blieb da der Reiz der Jagd?

Apropos Jagd. Sie hatte wieder Hunger, da sie ihre Kraft sehr verausgabt, und das letzte Mal nicht vernünftig gegessen hatte.

Sie überlegte kurz, ob sie irgendwelchen Samurai die Kehle aufreißen sollte. Hier patrouillierten einige herum. Doch ganz in der Nähe nahm sie einen interessanten Geruch war.

So leise wie möglich pirschte sie heran und beobachtete den jungen Mann, der einsam versuchte sich an einem kleinen Feuer zu wärmen, welches mehr Qualm als Wärme abgab. Der sah wirklich appetitlich aus, wenn leider auch nicht vermögend.

Aber trotzdem würde er ihren Kuss erhalten. Zumindest würde er die Kälte und Nässe vergessen.

Schnell wechselte sie die Kleidung. Aus Mönch wurde flüchtige Gisaeng.

Mit einem Lächeln und ganz ein verängstigtes, verirrtes und hilfsbedürftiges Mädchen spielend, trat sie zu dem Mann.

Nicht viel Blut, nur ein wenig. Und viel Lust.

* * *

Theater

Yun war zärtlich geblieben. Sie hatte ihm nicht ihr feuriges Mal aufgedrückt, allerdings doch ein wenig Blut genommen. Nicht viel, nur bescheiden gekostet. Er würde es nicht einer Kumiho anlasten, sondern bestenfalls Leidenschaft. Die Nacht war er nicht zum Schlafen gekommen. Allerdings war ihm auch nicht mehr kalt gewesen.

Sie hatte ihn tatsächlich zum Mann gemacht. Der erste Samen, welchen ein Mann in eine Frau ergoss, war etwas ganz Besonderes, auch für Yun. Das war sogar wertvoller als sein Blut. Und obwohl er nur von geringem Stand war, würde er möglicherweise irgendwann nützlich werden. Sie hatte ein Band geschaffen, an dem sie irgendwann mal ziehen konnte. Nun sollte er erst einmal verschwinden.

„Verschwinde, ich habe Pferde gehört! Bestimmt Samurai!", flüsterte sie dem noch halb schlafenden zu. Er war rechtschaffen erschöpft.

Nichts zu machen, er wurde nicht munter. Etwas verärgert boxte sie ihn gegen die Schulter.

„Aua, was ist?"

„Still, Samurai! Wir müssen verschwinden!"

„Oh, klar!"

Als hätte sie ihn mit einem Eimer voll eiskaltem Wassers geweckt, zog er sich blitzschnell an. Er war noch viel zu verwirrt um zu fragen, woher sie wusste, dass sich Samurai näherten. Als er seine Sachen eingesammelt hatte, reichte er seiner Geliebten die Hand.

„Komm, ich nehm dich mit in den Norden!"

Er war wirklich süß.

„Ja, lass uns fliehen!"

Sie brachen auf und schlichen durchs Unterholz. Yun hatte es gut abgeschätzt, die Samurai waren dicht bei ihnen.

Ihr Kleid verfing sich in einem Gebüsch.

„Warte, ich hänge fest!", rief sie deutlich lauter als notwendig.

Fluchend drehte sich ihr Liebhaber um.

„Schaffst du es alleine?"

„HALT! Stehenbleiben!", erklang es in schlechtem Koreanisch. Die Samurai hatten sie entdeckt.

„Oh, sie haben uns erwischt! Flieh, mein Liebling!"

Er zögerte doch tatsächlich, dieser Narr. Die Samurai würden ihn ohne zu zögern umbringen. Er hatte eine Naginata, eine Lanze mit Klinge dabei, damit war er ein bewaffneter Feind.

„Und du?", wollte er wissen.

„Ich komm zurecht! Wir sehen uns später, nun lauf endlich!"

In diesem Moment siegte sein Verstand über seinen Pinsel, und er rannte um sein Leben.

„Halt, halt!", rief der Samurai wieder.

Yun hatte aufgehört so zu tun, als hinge sie fest und sich in die andere Richtung zur Flucht gewandt. Damit war sie den Samurai näher gekommen. Und nun war sie entdeckt worden. Zeit für ihre Vorstellung!

* * *

De-Yong hatte nicht damit gerechnet, dass es so schwer würde, in die Stadt zu gelangen. Doch schon in einiger Entfernung traf er auf die erste Patrouille der Samurai. Sie leiteten alle Flüchtlinge nach Norden um. Wer in die Stadt hinein wollte, brauchte einen sehr guten Grund oder Waren, welche benötigt wurden.

Kräuter gehörten glücklicherweise dazu.

De-Yong war froh, dass er das erbeutete Schwert und die japanischen Dokumente seinen Männern mitgegeben hatte. Spätestens am Stadttor hätten sie die Sachen gefunden, denn er wurde einigermaßen gründlich durchsucht.

Doch nun war er in der Stadt, konnte sich auf die Suche begeben.

„Na-Ri, kannst du mir sagen, wo ich dich finde?"

„Nein, leider nicht. Ich kann ja nichts sehen, wenn ich in meinen Kopf bin. Und ehrlich gesagt möchte ich dorthin im Moment auch nicht. Es schmerzt!"

„Oh, verzeih, natürlich. Der Schnitt muss höllisch wehtun."

„Nicht der Schnitt. Die Wunde ist längst verheilt. Nein, die Atemnot! Ich versuche verzweifelt Luft zu holen, kann es aber nicht. Ein furchtbares Gefühl. Natürlich bringt es mich nicht um, aber es ist trotzdem schrecklich!"

De-Yong wollte es sich nicht einmal ausmalen.

„Wenn dieser Zustand anhielte, würdest du in alle Ewigkeit so leiden müssen?"

Schweigen.

„Na-Ri, verzeih, das war zu persönlich. Entschuldigung!"

„Nein, schon gut. Ich will ehrlich zu dir sein. Meine Kraft, welche mich an diesen Körper bindet und in dieser Sphäre hält, wird ständig schwächer. Ich kann ja keine neue Kraft schöpfen. Irgendwann würde ich in meine Sphäre zurückfallen und müsste einen neuen Weg finden, hier her zurückzukommen."

„Du stirbst also?"

„So könnte man es nennen. Aber im Gegensatz zu eurem Sterben, behalte ich alle Erinnerungen und Gefühle. Wenn ich zurückkehre, bin ich kein hilfloser Säugling ohne Erinnerung."

„Und wie, und vor allem, warum kehrst du zurück?"

„De-Yong, ich schätze, was du für mich bereit bist zu tun, aber ich habe dir schon viel zu viel verraten. Nur so viel: Leicht ist es nicht, aber wir mögen eure Sphäre mehr als unsere. Die Götter haben mit Unserer experimentiert, bis sie Eure erschaffen haben. Auch eure Sphäre ist nicht perfekt, aber viele Male besser als unsere. Und es gibt eine weitere Sphäre, die noch besser ist. Dorthin kann ich nicht gelangen. Die ist alleine euch Sterblichen vorbehalten."

„Was meinst du?", fragte De-Yong verwirrt.

„Es wird Himmel genannt, die Sphäre der Götter!"

„Davon ist mir nichts bekannt, dass wir dorthin gelangen können!"

„Nein, das schaffen auch nur diejenigen, welche sich durch das Rad der Wiedergeburt gequält und ständig verbessert haben. Bevor sie die letzte Stufe, das Mu erreichen, kommt die letzte Prüfung in eurem Himmel!"

De-Yong war erschüttert über diese Offenbarung.

„Was meinst du mit letzter Prüfung?"

„Mehr weiß ich auch nicht. Ich kann nicht dorthin gelangen. Und wer die Prüfung nicht bestanden hat, kann sich daran auch nicht erinnern. Er stürzt zurück in das Rad der Wiedergeburt."

„Woher weißt du das dann alles?"

„Auch Götter verplappern sich gelegentlich mal."

„Du bedauerst es, nicht wahr?"

„Ich versteh nicht, was du meinst!"

„Du bedauerst es, kein Mensch zu sein und dorthin gelangen zu können. Ist es so?"

„Ein Mensch zu werden, würde auch bedeuten, sterblich zu sein."

„Das beantwortet meine Frage nicht!"

„Ich mag mein Leben, aber ich bin auch neugierig, wie es weiter geht. Neugier ist der Grund, warum ich mich mit dir verbunden habe, De-Yong, obwohl ich mir der Gefahren bewusst war."

„Also wünschst du es dir, hast aber gleichzeitig davor Angst, sterblich zu sein!"

„Ja. Seltsam, nicht wahr?"

Seltsam war vieles. Dämonen ganz besonders. Aber in diesem Fall erschreckend menschlich, sich etwas zu wünschen, und gleichzeitig davor Angst zu haben.

„Ich würde eher sagen: Menschlich! Wenn du nicht unser Blut trinken müsstest, könnte man mit euch Dämonen gut auskommen!"

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