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Kumiho Na-Ri 03

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„Warum wollte er mit dieser Kraft in sich nicht sterben?", wollte Taka wissen.

„Die Kraft des Dämons wird dafür sorgen, dass der Träger direkt in die niedrigste Stufe wiedergeboren wird, in der Sphäre der Dämonen, und dort niedrigster aller Diener der Kamis. Ein anderer Mensch muss sich opfern und die Kraft rechtzeitig übernehmen. Und die bis an sein Lebensende in sich beherbergen. Dann kann die erste Person weiterleben."

Alle schwiegen einen Moment und dachten nach, welche Konsequenzen das hatte.

Schließlich fragte Taka nach.

„Aber die Kraft des Dämons wäre trotzdem in voller Stärke in dieser Person, die sich geopfert hätte?"

„Ja, Miyahara San!", bestätigte Teiko, noch immer tief verbeugt.

Die Männer erschauderten. So übermächtig stark zu sein war verlockend, aber der Preis schien zu hoch. Wer würde den freiwillig zahlen?

Widerstände

Yoshimoto betrachtete seine aufgerissenen und blutenden Hände. Sie hatten zunächst eine ganze Nacht hindurch um ihr Leben gegen den Sturm gerudert, hatten den Leib des Dämons ins Meer geworfen und sich beinahe gegenseitig getötet. Und wofür, nur um jetzt auf dem Meer zu verdursten? Sein Mund war trocken und seine Lippen aufgesprungen. Ausgerechnet an das Einfachste hatten sie nicht gedacht: Ausreichend Trinkwasser mitzunehmen, bevor sie in See gestochen waren.

Den Sturm hatten sie überstanden, aber sie wussten nun nicht, wo sie waren. Gut, sie mussten nur nach Osten paddeln, irgendwann würden sie auf die Küste treffen. Aber wie weit würden sie rudern müssen? Der Sturm hätte sie bis kurz vor das chinesische Festland treiben können, in dem Fall bräuchten sie viele Tage zurück.

Ju-Won war in dieser Hinsicht ziemlich eindeutig gewesen. Sie würden rudern müssen, bis sie wieder auf Land stießen. Cha-He, obwohl an Land der unbestrittene Anführer ihrer kleinen Gruppe, hatte Ju-Won das Kommando auf diesem Boot übergeben und sich nun völlig untergeordnet. Eigentlich eher resigniert.

Yoshimoto dagegen war nun eher zuversichtlich. Der Leib des Dämons war fort, nun konnte es nur besser werden. Wenn nur seine Arme nicht so schmerzen und seine Hände so weh tun würden. Und der Durst nicht wäre.

„Land!", rief Ju-Won plötzlich mit heiserer Stimme.

Cha-He blickte müde auf. Noch immer hatte er starke Kopfschmerzen. Außerdem belastete ihn das Scheitern ihrer Mission zu sehr. Wie sollte er dem Leutnant damit unter die Augen treten?

Auch Yoshimoto blickte in die Richtung, in welche Ju-Won deutete. Tatsächlich erhob sich in der Ferne ein Schatten.

„Rudert, wir sind gerettet!", befahl Ju-Won.

Mehr automatisch und aus Pflichtbewusstsein, denn aus eigenem Antrieb befolgte Cha-He den Befehl. Yoshimoto dagegen bekam neue Kraft und legte sich ins Zeug. So nah wie die Küste schien, würden sie gewiss nicht lange brauchen. Und auch Ju-Won begann kräftig und voller Elan zu paddeln.

Den ganzen Nachmittag ruderten sie wie wild und langsam kamen sie dem Land näher.

Yoshimoto fiel zuerst auf, dass etwas nicht stimmte. Er runzelte die Stirn und schaute sich im Boot um. Dann riss er einen Fetzen Stoff von seiner Kleidung ab und warf sie ins Wasser, wo sie an ihnen vorbei trieb.

„Stimmt etwas nicht!", wollte Yoshimoto wissen, der das Ganze beobachtet hatte.

„Die Ebbe setzt ein", erklärte Ju-Won.

Yoshimoto musste als Inselbewohner nicht erklärt werden, was das bedeutete, nur Cha-He begriff nicht gleich.

„Warum hört ihr auf, zu rudern?", fragte er.

Wütend warf Ju-Won sein Paddel ins Boot.

„Weil wir es gegen die Strömung nicht schaffen werden!", erklärte er zornig.

„Aber das Ufer ist doch schon da vorne!", widersprach Cha-He. „Nur noch ein kleines Stück!"

„Nein, Ju-Won hat recht", bestätigte Yoshimoto. „Gegen die Strömung können wir nicht anrudern."

Cha-He schien verwirrt.

„Und was jetzt?"

Yoshimoto legte sein Paddel zur Seite, glitt von der Ruderbank und lehnte sich zurück gegen die Bordwand.

„Jetzt schlafen wir."

Cha-He blickte zu Ju-Won, doch der nickte nur.

„Männer, wir werden verdursten, wenn wir noch einen Tag auf See verbringen müssen!"

Cha-Hes Lebenswille war in Anbetracht der scheinbar greifbaren Rettung wiedererwacht, und er weigerte sich, nun erneut zu resignieren.

„Wenn wir ein Segel hätten, könnten wir vielleicht gegen die Strömung ankommen", erklärte Ju-Won geduldig. „Aber nicht mit Rudern. Schau dich doch mal um: Die Küste ist schon ein ganzes Stück weiter weg als eben. Und nicht lange, dann wird sie wieder außer Sicht sein."

Tatsächlich entfernten sie sich rasch von der rettenden Küste.

„Nein!", rief Cha-He und begann wie wild zu paddeln. „Nicht aufgeben!"

„Cha-He, schon deine Kräfte!", befahl Ju-Won ruhig. „Bei der nächsten Flut versuchen wir es erneut. Wir werden morgen früh die Küste erreichen. Jetzt ist es aussichtslos."

Mit Verzweiflung in seinem Blick erkannte Cha-He, dass Ju-Won recht hatte. Sie wurden immer schneller abgetrieben. Müde sank auch er von der Ruderbank und legte das Paddel aus seinen Händen. Schließlich legte sich auch Ju-Won hin. Es dauerte wirklich nicht lange, bis die Küste wieder komplett außer Sicht war. Als es Nacht wurde, waren sie wieder weit auf der offenen See.

* * *

Nachdem sie sich entschieden hatten, nach Süden zu reisen, brachen Yun und De-Yong nach Osten auf, um der entgegenkommenden Armee auszuweichen. De-Yong kannte sich in diesem Teil des Landes einigermaßen aus, so fanden sie eine ruhige Nebenstraße, auf der sie zunächst schnell vorankamen.

Die japanischen Truppen wurden von berittenen Patrouillen flankiert, welche auch Nebenwege kontrollierten, um mögliche feindliche Truppe rechtzeitig zu bemerken. Es war das Pech einer dieser Patrouillen, auf Yun und De-Yong zu stoßen.

Yun hatte kein Federlesen gemacht, sondern war direkt zwischen die drei Samurai gerannt, hatte ihre Flammengestalt genutzt, um Panik zu schüren, und die Männer innerhalb weniger Augenblicke getötet. Das einzige Problem danach war, das Yun nun wieder nackt war, weil ihre Kleidung solche Verwandlungen nicht überstand. Obwohl sie grundsätzlich ohne Kleidung auskam, auch im tiefsten Winter würde sie nackt nicht erfrieren, bevorzugte Yun Kleidung. Zu lange schon lebte sie mit Menschen zusammen. Eine nackte Frau würde zudem mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen, was zu vermeiden war. Sie waren schließlich auch auf Nebenwegen nicht alleine unterwegs. Immer wieder kamen sie an Flüchtlingen vorbei, welche sich irgendwo in Sicherheit bringen wollten.

Kurzerhand entkleidete Yun den getöteten Samuraioffizier und zog sich dessen Untergewänder an. Für seine Rüstung hatte sie keine Verwendung. Dann zwang sie De-Yong, frisches Blut zu trinken, um die Kraft der Perle in ihm wieder aufzufüllen. Sie selbst bediente sich völlig selbstverständlich dieser zugelaufenen Kraftquelle. Ausgestattet mit Ausrüstung, und Vorräten der Toten konnten sie ihren Weg fortsetzen. De-Yong hatte sich wieder das Katana des Offiziers eingesteckt, um bei der nächsten Patrouille auch kämpfen zu können. Mit Heimlichkeit würden sie sowieso kaum weiter kommen. Doch auch er verzichtete auf die Rüstung. Zum einen wollte er nicht als Japaner verkleidet herumlaufen, zum anderen bot sie gegen Schusswaffen kaum ausreichenden Schutz. Nur gegen Schwerter war sie nützlich, doch sie behinderten gleichzeitig zu sehr. Mit seiner gegenwärtigen Stärke und Schnelligkeit war er ohne Rüstung besser dran.

Sie liefen einen halben Tag ohne weitere Vorkommnisse, als sie bei Anbruch der Dämmerung auf ein unerwartetes Hindernis stießen.

Ein Mann mit Armbrust stand mitten auf dem Weg und auf Koreanisch wurde „Halt!" Aus dem Wald rechts von ihnen gerufen. Auch links waren im Gebüsch Schemen zu erkennen, die zeigten, dass sie umzingelt waren.

„Ich dachte, du könntest Hinterhalte wittern?" Zischte De-Yong, Yun an.

„Nicht wenn der Wind von hinten kommt, du Schwachkopf!", zischte sie zurück.

„Klappe!", rief die Stimme aus dem Wald. Hinter einem Gebüsch erhob sich der Mann, der eben gerufen hatte, ebenfalls mit einer gespannten Armbrust bewaffnet.

„Wer seid ihr und wo wollt ihr hin?"

„Wir sind Koreaner wie ihr, und wo wir hinwollen geht euch gar nichts an!", antwortete De-Yong erbost.

„Dies ist unser Gebiet, und wer hier durch will, muss sich erklären und Wegzoll zahlen!"

„Lasst uns einfach durch, wenn ihr nicht sterben wollt!", antwortete nun Yun, mit gefährlich ruhiger Stimme.

„Oho", lachte der vermutliche Anführer. „Jetzt müssen wir aber wirklich Angst haben, Männer! Ein alter Mann und ein kleines Mädchen drohen uns!"

Von ringsumher erklang Lachen. Nach und nach traten die anderen Männer aus dem Gebüsch. Rasch verschaffte sich De-Yong einen Überblick. Es waren acht, außer den beiden Armbrüsten allerdings eher kläglich bewaffnet.

„Aber natürlich interessieren wir uns nicht wirklich dafür, wo ihr hinwollt, sondern woher eure Sachen stammen. Vor allem das Schwert und die japanischen Klamotten der Kleinen!"

De-Yong zuckte gleichgültig mit den Schultern.

„Einer japanischen Patrouille abgenommen, einige Wegstunden zurück."

„Ach, einfach so?", fragte der Anführer verblüfft. Nun, da er näher herangekommen war, konnte De-Yong ihn im Dämmerlicht besser erkennen. Er mochte bestenfalls Anfang 20 sein. Auch die Anderen waren eher Jugendliche, denn Erwachsene.

Neben sich spürte De-Yong, wie Yun sich bereitmachte, die Männer anzugreifen.

„Nicht, das sind nur Kinder, Yun!", zischte De-Yong.

„Was meintest du?", fragte der Anführer mit schräg gestelltem Kopf. „Wir, Kinder?"

„Natürlich seid ihr Kinder. Ich bin Leutnant Na De-Yong von der königlichen Armee, auf der Flucht vor den Japanern und auf dem Weg zu meiner Einheit. Und ihr haltet uns unnötig auf. Wenn ihr uns den Weg nicht freigebt, werden wir leider gegen euch kämpfen müssen." Um seine Worte zu untermalen, legte er ganz ruhig seine Hand auf den Schwertgriff.

Unsicher blickten die Räuber sich an.

„Dame Ahri?", erklang plötzlich von weiter hinten eine Stimme. Ein weiterer Mann war herangetreten, er trug eine Klingenlanze. Dies war tatsächlich eine ernst zu nehmende Waffe, wenn jemand damit umzugehen wusste.

Yun blickte sich erstaunt um. Sie erkannte den Jüngling, den sie erst vor einigen Tagen zum Mann gemacht hatte.

„Shu?", rief sie, sich seinen Namen erinnernd.

„Dame Ahri, ich bin froh, euch wohlauf zu sehen! Kommandant, ich kenne diese Frau. Sie ist diejenige, von welcher ich euch berichtet habe!"

Verblüfft blickte der Anführer zwischen Yun und Shu hin und her.

„Ihr seid von Japanern gefangen genommen worden?", fragte er schließlich.

„Ja, das war ich. Und ich wurde nach Panyio gebracht. Aber als in der Stadt ein Feuer ausbrach, konnte ich zusammen mit De-Yong entkommen."

Shu war näher herangetreten.

„Dame Ahri, ich hatte so gehofft, euch wiederzusehen!"

Yun musste sich eingestehen, dass der Junge nun durchaus gelegen kam. Sie gab ihn ein verführerisches Lächeln.

„Ich bin auch froh, dich wieder zu sehen! Aber sag, wer sind deine Freunde?"

Der Anführer räusperte sich.

„Ich bin Hauptmann Choe Mok von den Bergrebellen!"

„Soso, ein Hauptmann", erwiderte De-Yong leicht säuerlich. „Auf welche Offiziersschule seid ihr gegangen, Hauptmann Choe?"

Der Angesprochene senkte endlich seine Armbrust und kratze sich dann verlegen lächelnd am Hinterkopf.

„Ehrlich gestanden auf keine. Ihr seid wirklich Leutnant?"

„Ja, das bin ich. Und es ist ein Verbrechen einen Offiziersrang vorzutäuschen!"

„Aber der Anführer einer Einheit ist doch ein Hauptmann?", versuchte sich Mok zu verteidigen.

„Ein Anführer einer Einheit ist ein Kommandant, unabhängig von seinem regulären Offiziersrang." Erklärte De-Yong. „Aber er muss autorisiert sein. Wer hat euch autorisiert?"

„Die Japaner haben unser Dorf zerstört, unsere Ernte gestohlen und Frauen entführt. Wir brauchen keine Ermächtigung, um gegen sie zu kämpfen!", warf ein Anderer aufgebracht ein.

„Der König hat zu den Waffen gerufen. Warum seid ihr dem Ruf nicht gefolgt und habt euch zur Armee gemeldet?", fragte De-Yong.

„Wir wollten ja, aber wir kamen einen Tag zu spät zum Sammelplatz. Und später kamen uns dann schon die Überlebenden der Schlacht entgegen und erzählten, dass wir besiegt wurden."

„Und deshalb raubt ihr nun Flüchtlinge aus?", fragte De-Yong scharf.

„Wir rauben niemanden aus. Wir erheben Wegezoll!", protestierte Mok.

„Für einen Weg, den ihr weder gebaut habt, noch besitzt. Das nennt sich Raub! Alleine dafür habt ihr dem Gesetz nach den Tod verdient!"

„Wir sind Soldaten, uns steht Versorgung zu!" Erwiderte Mok entrüstet.

De-Yong sprang los. Mit einem Satz war er beim selbst ernannten Hauptmann, riss ihn die Armbrust aus der Hand und im nächsten Moment auch schon zu Boden. Dann zog er sein Schwert und richtete es auf die Kehle Moks.

„Nein, ihr seid keine Soldaten. Ihr seid Kinder ohne Ausbildung und Erfahrung, die Soldaten spielen, aber nur Räuber sind!", erklärte De-Yong mit ruhiger Stimme.

Die anderen hatten sich nicht einmal gerührt, so verblüfft waren sie von De-Yongs Schnelligkeit.

Nun hob auch der andere Junge seine Armbrust, unsicher auf De-Yong zielend. Dabei achtete er nicht auf Yun, welche ihrerseits angriff. Auch sie sprang vorwärts, wenn auch ungleich weiter und höher. Sie machte gleich einen Salto über den Jungen, landete hinter ihm, trat ihm in die Kniekehlen, dass er mit einem Schmerzensschrei zu Boden sank, während sie ihm gleichzeitig die Armbrust von hinten aus den Händen nahm.

„Mein Begleiter hat recht", erklärte sie mit ernstem Gesicht. „Ihr könnt es ja nicht einmal mit uns harmlosen Wanderern aufnehmen. Was macht ihr, wenn ihr auf kampferfahrene Samurai trefft? Die haben euch genauso schnell die Köpfe abgeschlagen, wie wir euch eben entwaffnet! Also Leutnant Na, wie wollt ihr mit diesen Räubern umgehen? Wollt ihr sie gleich hier und jetzt richten?"

Entsetzt sahen sich die Jungs an.

De-Yong schien zu überlegen.

„In Ordnung", meinte er schließlich. „Ihr werdet mit folgen. Dann werdet ihr begnadigt! Was meint ihr?"

Unsicher blickten sie zu Mok.

Der schluckt und nickte dann vorsichtig, damit er sich nicht am Schwert verletzte.

„Ja, wir werden gehorchen, Leutnant De-Yong!"

De-Yong nahm sein Schwert von der Kehle des Jungen und schob es zurück in die Scheide.

„Gut, und nun führt uns zu eurem Lager."

Jäger oder Beute

Yoshimoto wurde vom Klappern der Ruder geweckt. Cha-He und Ju-Won hatten sie bereits ergriffen und fingen erneut an zu paddeln. Müde stemmte er sich auf die Ruderbank, beugte sich über Bord und schöpfte mit der hohlen Hand etwas Wasser, um sich das trockene Gesicht zu erfrischen. Dass es ein Fehler war, merkte er sofort, als das Salzwasser an seinen rissigen und schwieligen Händen anfing zu brennen. Trotzdem schöpfte er die Handvoll Wasser auf und rieb sich das kühle Nass übers Gesicht. Im schwachen Mondlicht konnte er über das glitzernde Meer schauen.

„Ah, du bist endlich wach", stellte Ju-Won mit heiserer Stimme fest. „Wir hatten es schon aufgegeben dich zu rufen. Wenn du nicht so geschnarcht hättest, hätten wir dich für tot gehalten."

„Ich hatte schon immer einen festen Schlaf", entschuldigte sich Yoshimoto.

„Ja, das hatten wir schon die letzten Tage bemerkt, aber eben warst du wirklich nicht wach zu bekommen", meinte Cha-He. „Aber nun gut, jetzt kannst du ja mit rudern."

Yoshimoto nickte und begann im Gleichtakt mit den beiden Anderen sein Paddel einzutauchen und nach hinten zu schieben. Obwohl er geschlafen hatte, war er durch den Durst und die Strapazen, der letzten zwei Tage und Nächte, längst nicht mehr so fit wie noch am Mittag. Mit schmerzenden Armen hob er das Paddel aus dem Wasser, tauchte es ein, zog nach hinten.

Um sich abzulenken, sah er sich wieder um. Plötzlich stutzte er.

„Ist das da rechts hinter uns nicht Land? Steuern wir in die falsche Richtung?"

„Ja, das ist Land",antwortete Ju-Won. „Aber nicht das Festland. Es ist eine der Inseln."

„Warum rudern wir nicht dorthin?", fragte Yoshimoto verwundert.

„Weil wir sie nicht erreichen können. Dazu hätten wir eher in diese Richtung paddeln müssen. Die Strömung hat uns vorbeigezogen."

Es dauerte einige Momente, bis Yoshimoto begriff, was das bedeutete.

„Aber wir geraten ja nach Norden!"

„Ja", antwortete Ju-Won. „Und wir können ohne großes Segel nichts dagegen tun. Aber mit etwas Glück können wir eine Tagesreise nördlich der Hauptstadt anlanden."

„Das ist aber keine gute Idee", meldete sich Cha-He zu Wort. „Dort kenne ich mich ein wenig aus. Ich habe Verwandte dort in einem Küstendorf. Und dort ist die Brandung enorm. Dort kann kein Fischer aufs Meer, er würde nie zurückkehren."

„Uns bleibt keine Wahl, wir müssen das versuchen. Noch einen Tag ohne Wasser und wir sind verdurstet!", meinte Ju-Won.

„Dann also das", stimmte Cha-He zu.

Yoshimoto hatte nichts zu entscheiden, aber wäre es nach ihm gegangen, wäre er auch mit einer Insel zufrieden gewesen. Hauptsache Land und Frischwasser. Nahrung hatten sie ja noch. Trotzdem ruderte er verbissen mit den Anderen.

Schweigend strengten sie sich an. Im schwachen Mondlicht kam endlich die Brandung der Küste in Sicht. Und sie konnten das Donnern der Wellen auf die Felsen hören.

„Das schaffen wir nicht, wir müssen versuchen weiter zu rudern, irgendwo eine geschützte Stelle finden!", rief Cha-He.

Ju-Won richtete sich einen Moment auf, um besser sehen zu können.

„Du hast recht. Also weiter nach Norden, irgendwo muss eine geschützte Stelle sein, wo wir anlanden können."

Verbissen gaben sie alles, um nicht von der Strömung gegen die Klippen geworfen zu werden. Endlich erkannte Ju-Won eine Stelle, wo die Brandung niedriger schien und sich eine Lücke in der Felsenküste auftat.

„Da! Dort müssen wir rein!", rief er gegen das Donnern der Brandung an.

Mit ihren letzten Kräften ruderten sie darauf zu. Nur noch wenige Hundert Schritt trennten sie von der rettenden Bucht. Doch Yoshimoto bemerkte es zuerst.

„Wir kommen nicht näher!", rief er verzweifelt.

„Paddel schneller!", rief Ju-Won. „Wir müssen!"

Doch ihre Kräfte reichten nicht mehr. Sie hatten das Wettrennen gegen die Gezeiten erneut verloren. Wieder hatte die Ebbe eingesetzt und trug sie hinaus auf das offene Meer.

Resigniert stellten sie nacheinander das Rudern ein und blickten auf die rasch entschwindende Küste, während darüber die Sonne aufging. Wie zum Hohn versprach es ein schöner Tag zu werden.

Erneut sanken sie erschöpft von den Ruderbänken und lehnten sich gegen die Bordwände des Bootes.

„Das war's Leute. Heute Mittag versuchen wir es wieder", meinte Ju-Won, ohne wirkliche Überzeugung.

Niemand antwortete.

Yoshimoto dachte erneut darüber nach, wie verrückt das Ganze war. Er war als einziger einem blutrünstigen Dämon entkommen, war der Enthauptung durch einen koreanischen Offizier entkommen, hatte die beiden Soldaten überzeugen können, ihn nicht umzubringen, um nun hier auf dem Meer elend zu verdursten. Dabei war er inzwischen sicher gewesen, dass die Götter sein Angebot Mönch zu werden inzwischen angenommen hatten.

Langsam stieg die Sonne höher. Als die Gezeiten zum Mittag wieder wechselten, waren sie so weit außerhalb der Sichtweite des Landes wie am Tag zuvor. Doch sie besaßen nicht mehr die Kraft, schnell zu rudern. Müde tauchte sie die Paddel ein und zogen sie kraftlos durch die Wellen. Kaum kamen sie vorran. Und die Sonne brannte erbarmungslos. Nach kurzer zeit wurden ihre Bewegungen fahriger. Schließlich rutschte Yoshimoto sein Paddel aus der Hand und versank in den Wellen.

Unfähig sofort zu begreifen, starrte er hinterher. Auch die beiden Anderen reagierten nur mit seltsam ausdruckslosen Gesichtern. Schließlich stellten auch sie das Paddeln ein und legten sich wieder ins Boot. Nur Yoshimoto blieb verzweifelt auf der Ruderbank sitzen.

Er blickte über das Meer, was nun seine Grabstelle werden würde.