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Livias Lustblättchen

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Zunächst hatte er mich einfach von oben bis unten gemustert und geschwiegen, was bei mir ein ziemlich unbehagliches Gefühl hervorgerufen hatte. Ich mochte es noch nie, wenn man mich grundlos zappeln ließ, da ich so ein Vorgehen schon immer für armselige, unnötige Machtspielchen gehalten habe. Dann hatte er mich ziemlich unverhofft und direkt auf mein sexuelles Verhältnis zu Marius angesprochen und mir mitgeteilt, dass er doch ziemlich erstaunt darüber wäre, dass ich mich generell auf so etwas ‚Lockeres' einlassen würde und dann auch noch mit jemandem von der Arbeit. Weiterhin hatte er ausgeführt, dass er mich eigentlich als korrekte, disziplinierte junge Frau eingeschätzt hatte, die eher an einer ernsthaften, authentischen, erwachsenen Beziehung interessiert war und schon mal gar nicht so unvernünftig wäre, berufliches mit privatem zu vermischen. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie unbehaglich mir zumute gewesen war und wie mir augenblicklich die Röte ins Gesicht geschossen war. Denn ich hatte mit vielem gerechnet, aber sicherlich nicht damit, auf eine solche Art und Weise von meinem Vorgesetzten mit meinem vermeintlichen flittchenhaften Verhalten konfrontiert zu werden, geschweige denn überhaupt von ihm auf mein Verhältnis zu Marius angesprochen zu werden.

Erst hatte ich ein wenig um Worte ringen müssen, hatte dann jedoch versucht, meine Fassung zurückzuerlangen und ihm möglichst sachlich zu erklären, dass ich schlichtweg nichts verwerfliches darin sah, Sex etwas ganz normales wäre, ich niemandem Schaden zufügte und sich dieser Aspekt keineswegs auf meine Arbeit auswirkte, sodass man mir keinerlei unprofessionellen Umgang vorwerfen konnte. Als ich mit meiner rechtfertigenden Ausführung fertig gewesen war, sollte es dann noch bizarrer und unangenehmer werden. Als wäre diese Situation nicht ohnehin schon skurril genug gewesen. Er hatte sich hinter seinem Schreibtisch plötzlich erhoben, war langsamen Schrittes um diesen herumgekommen und hatte sich dann ganz dicht vor mich gestellt, was definitiv der erste körperlich distanzlose Akt seinerseits gewesen war. Ich war automatisch ein wenig zurückgewichen, doch er war nachgerückt und strich dann in unverschämter Art und Weise mit seinen Händen über meine Taille, als er mit einem vielsagenden Ton von sich gegeben hatte:

„Na, wenn du solch eine offenherzige und lockere Einstellung an den Tag legst, hätte ich mich ja gar nicht so zurückhalten brauchen. Natürlich hatte ich schon von Anfang an ein Auge auf dich geworfen, so wie die meisten es aufgrund deiner mehr als offensichtlichen Vorzüge vermutlich tun. Da ich dich jedoch, scheinbar fälschlicherweise für ein eher zurückhaltendes, braves Ding gehalten habe, wollte ich mich langsam und vorsichtig heranpirschen und nicht direkt mit der Tür ins Haus fallen. Doch scheinbar war ich mit meinen eher vorsichtigen Vorstößen nicht deutlich genug gewesen, bin der kleinen Wildkatze in dir wohl nicht gerecht geworden. Aber keine Sorge, ich versichere dir, dass ich auch ganz anders kann, wenn du eher einen brauchst, der sich einfach nimmt, was er will, anstatt den höflichen Gentleman raushängen zu lassen."

Damit war er endgültig zu weit gegangen und ich hatte seinen kleinen Monolog der Geilheit jäh unterbrochen, indem ich noch einmal deutlich einen großen Schritt zurückgetreten war und mich somit seinen übergriffigen Händen hatte entziehen können. Ich war schockiert, verletzt und angewidert zugleich gewesen. Sein mir besonders zugewandtes Verhalten hatte plötzlich eine ganz andere Note bekommen und alles fügte sich wie ein Puzzle zusammen, bei dem mir vorher noch die letzten Teile gefehlt hatten, um das Bild hätte komplettieren zu können. Als ich mich wieder ein wenig gefangen und meine Sprache wiedergefunden hatte, hatte ich ihm höflich, distanziert und gleichzeitig unmissverständlich klar gemacht, dass mein offener Umgang mit dem Thema Sex nicht gleichzeitig bedeutete, dass ich für jeden die Beine spreizte, geschweige denn vorhatte, mich zur Bürohure zu machen.

Ich hatte ausgeführt, dass die Sache mit Marius keineswegs geplant gewesen war und ich sehr wohl auch erst Vorbehalte hatte, die Chemie zwischen uns jedoch einfach gestimmt hatte und wir uns schlichtweg sexuell voneinander angezogen fühlten. Ich hatte ihm weiterhin erklärt, dass ich mich angesichts seiner Avancen mir gegenüber zwar geschmeichelt sah (auch wenn das nicht der Wahrheit entsprach), ich jedoch aus fehlendem Interesse höflich ablehnen müsse und niemals vorgehabt hatte, durch meine spezielle Verbindung zu meinem Arbeitskollegen, die falschen Signale auszusenden. Und genau damit hatte ich mir endgültig den ‚Todesstoß' versetzt. Sein Gesicht hatte augenblicklich einen kalten und beinahe ein wenig bedrohlichen Ausdruck angenommen, als er erneut auf mich zugetreten war, mich mit seinen Armen fest an sich gedrückt hatte und mir herausfordernd entgegengehaucht hatte:

„Oh, eine von der Sorte die, einen auf ‚schwer zu haben' macht und sehen will, wie viel Durchhalte- und Durchsetzungsvermögen man hat, weil sie eigentlich insgeheim tierisch darauf abfährt, mal gehörig gezähmt zu werden. Mhhhh das wird ja immer besser. So etwas reizt mich besonders an, denn ich jage für mein Leben gerne!" Als er dann auch noch Anstalten gemacht hatte, seine Hände von meiner Hüfte aus weiter abwärts wandern zu lassen, obwohl ich bereits mehrfach versucht hatte, ihn abzuwehren, was angesichts meiner körperlichen Unterlegenheit kläglich gescheitert war, hatte ich meinen Instinkten freien Lauf gelassen und lauthals, sodass es die halbe Redaktion hatte hören müssen, gebrüllt: „Lassen Sie mich auf der Stelle los!" Noch ehe er seine Griffel hatte von mir nehmen können, war plötzlich die Bürotür aufgeplatzt und Konstanze, die Empfangsdame, hatte mit fassungsloser Miene vor uns gestanden.

Erst als mein Chef erkannt hatte, wie ungünstig diese Szenerie hatte aussehen müssen, war er dazu im Stande gewesen, sein Hirn einzuschalten und endlich von mir abzulassen. Als wäre die Situation nicht mehr als offensichtlich gewesen, hatte er sich daraufhin wütend an die Empfangsdame gewandt, indem er sie angeranzt hatte, dass geschlossene Türen dafür da wären, um vorher anzuklopfen und wir uns mitten in einem vertraulichen Mitarbeitergespräch befunden hätten. Doch Konstanze, die eigentlich sonst eher ruhig und unscheinbar auftrat, hatte sich keineswegs einschüchtern lassen und mit ungewohnt autoritärer Stimme von sich gegeben: "Nachdem was ich hier gesehen und im Übrigen auch gehört habe, da ich schon einige Zeit vor Ihrem Büro gewartet habe, weil ich mir eigentlich eine Unterschrift für ein Bestellformular bei Ihnen abholen wollte, bin ich der festen Überzeugung, dass es sich hierbei keineswegs um eine Art von Mitarbeitergespräch gehandelt hat, welches im Sinne von Frau Reichhardt abgelaufen ist."

Daraufhin hatte mein Chef bissig geantwortet: „Ich weiß ja nicht, was Sie gehört oder gesehen haben wollen, aber ich rate Ihnen eindringlich dazu, Ihre scheinbar gestörte Wahrnehmung noch einmal zu überprüfen, wenn Ihnen Ihr Job lieb ist. Und in Anbetracht dessen, dass Frau Reichhardt mit Sicherheit ebenfalls an ihrer Weiterbeschäftigung bei uns gelegen ist, kann Sie Ihnen sicherlich bestätigen, dass alles in bester Ordnung ist. Das macht sich als aufstrebender Berufseinsteiger mit wahrem Talent nämlich alles andere als gut im Lebenslauf, wenn man nach ein paar Monaten schon wieder die Segel bei seinem Arbeitgeber streichen muss. Vor allem wenn es sich um eine Stelle handelt, für die viele andere Journalisten alles tun würden." Wir hatten ihn beide für einen Moment einfach nur fassungslos angestarrt. Dann hatte die Empfangsdame mich behutsam am Arm gepackt, mich mit aus dem Büro gelotst und erwidert:

„Kommen Sie, Frau Reichhardt. Das muss sich niemand von uns beiden bieten lassen und das wird auch seine Konsequenzen haben. Ich für meinen Teil lasse mir jedenfalls nicht mit der Kündigung drohen. Wenn es nicht dieser Arbeitgeber ist, dann eben ein anderer. Es geht immer irgendwie weiter, aber auf so etwas kann man getrost verzichten!" Konstanze war ein sehr mütterlicher Typ Frau gewesen, die sich nach dieser Aktion sehr um mich gekümmert hatte. Auch wenn ich das natürlich als sehr löblich empfunden hatte, wäre es nicht nötig gewesen, da ich nicht eingeschüchtert, verängstigt oder gar traumatisiert gewesen war, sondern einfach nur eine unbändige Wut im Bauch gehabt hatte und wollte, dass er zur Rechenschaft gezogen wurde. Wir hatten unsere Sachen geholt und die Empfangsdame hatte darauf bestanden, mich noch auf einen kleinen Snack in einem griechischen Imbiss einzuladen, um sicherzustellen, dass ich in Ordnung war.

Ich hatte erst abgelehnt, da ich einfach nur nach Hause in mein Bett wollte, wo ich in Ruhe vorgehabt hatte, meine Gedanken zu sammeln und meine nächsten Schritte zu planen. So etwas konnte ich schon immer am besten alleine, doch Konstanze hatte darauf bestanden, sodass ich mich schließlich geschlagen gegeben hatte. Wir waren dann gemeinsam in einem kleinen griechischen Restaurant eingekehrt. Dort angekommen hatte ich ihr noch einmal von vorne bis hinten erzählt, was passiert war und sie hatte mir dazu geraten, ihn für sein Verhalten nicht nur bei der obersten Chefetage zu melden, sondern auch bei der Polizei anzuzeigen, um sicherzugehen, dass er nicht ungestraft davonkam. Sie hatte mir im Rahmen dessen versichert, dass sie natürlich auch als Zeugin für mich aussagen würde, da er höchstwahrscheinlich alles abstreiten würde und sie die Einzige war, die die Geschehnisse bezeugen konnte.

Als wir uns verabschiedet hatten und ich noch mehrmals ausdrücklich bestätigt hatte, dass ich wohlauf war, war ich schließlich endlich zu Hause angelangt, hatte meine Klamotten in eine Ecke geschmissen und mich dann splitterfasernackt mit einem großen Glas Rotwein auf mein Ledersofa gelegt und das kühle Material auf meiner Haut genossen. Als ich ein wenig zur Ruhe gekommen war, hatte ich mich dazu entschlossen, erst einmal eine Krankmeldung einzureichen, meinem Arbeitgeber den Vorfall zu melden und dann eine Aussage bei der Polizei zu tätigen. Als die ersten beiden Dinge erledigt gewesen waren und mir seitens der Führungsebene der Redaktion versichert worden war, dass sie die Angelegenheit ausgesprochen ernst nehmen und ebenfalls Untersuchungen einleiten würden, hatte ich mich mit einem mulmigen Gefühl aufgrund dieser sonderbaren Situation, auf den Weg zur Polizeiwache gemacht. Dort hatte ich dann zwei Polizeibeamten die Erlebnisse geschildert, Anzeige erstattet und Konstanze als Zeugin genannt.

Sie hatten sorgfältig alles aufgenommen, ebenfalls sichergestellt, dass es mir gut ging und mir dann mitgeteilt, dass sie die Ermittlungen aufnehmen und im Zuge dessen auch meine Arbeitskollegin vorgeladen werden würde, damit diese ebenfalls ihre Aussage tätigen konnte. Behutsam wurde mir jedoch auch dort bereits mitgeteilt, dass solche Angelegenheiten, ohne weitere Beweise oftmals schwer aufzuklären sind und leider nicht unbedingt mit dem gewünschten Erfolg für den Geschädigten einhergehen. Eine Mischung aus Unwohlsein und Erleichterung hatte sich in mir breit gemacht, als ich daraufhin den Heimweg angetreten hatte. Da hatte sich dann das erste Mal ein komisches Bauchgefühl bei mir angebahnt.

Ein leises, gemeines Gefühl, welches mir sagte, dass die ganze Sache nicht so ‚einfach' von statten gehen würde, wie man es in Anbetracht der ohnehin schon beschissenen Situation gerne hätte. Irgendetwas an der Art, wie mein Chef sich plötzlich verändert hatte und die Tatsache, dass ich vorher niemals damit gerechnet hatte, wie dieser Mensch scheinbar in Wirklichkeit tickte, hatte bei mir ausgelöst, dass ich mir auf einmal mehr als sicher war, dass er diesen Zwischenfall nicht nur abstreiten, sondern auch alles daran setzen würde, um zu verhindern, dass zu viel von dem Passierten tatsächlich herauskommen konnte. Ich hatte gewusst, dass er irgendwie eine Möglichkeit finden würde, mich als Lügnerin hinzustellen. Denn was hatte er mir während unserer unangenehmen Unterredung bereits mitgeteilt? Richtig- er hatte klar und deutlich gesagt, dass er ein leidenschaftlicher Jäger wäre. Und genau in diesem Moment hatte ich gewusst, dass er so lange auf die Pirsch gehen würde, bis der gewünschte Erfolg garantiert wäre.

Es hatte natürlich nicht lange gedauert, bis auch andere von der Geschichte Wind bekommen hatten, sodass ein regelrechter Sturm der Empörung losgetreten worden war. Viele meiner Kollegen hatten sich nach meinem Wohlergehen erkundigt und Marius war sogar persönlich bei mir aufgetaucht, um nach dem Rechten zu sehen. Dieser hatte mir dann auch mitgeteilt, dass die Geschäftsführung meinen Chefredakteur bis auf Weiteres beurlaubt hatte, um die weiteren Entwicklungen in dieser Sache abzuwarten. Als einige Tage ins Land gegangen waren, sollte ich dann die bittere Pille der Enttäuschung schlucken müssen und die Bestätigung für mein ungutes Bauchgefühl bekommen.

Die Polizei hatte sich bei mir gemeldet und mir mitgeteilt, dass sie, entgegen ihrem eigenen Gefühl, die Ermittlungen leider würden einstellen müssen, da es an den Beweisen fehlte und meine Aussage allein nicht ausreichen würde. Sie hatten mir erklärt, dass Konstanze zwar vorgeladen worden war, sie jedoch keine wirklich brauchbare Aussage getätigt hatte. Trotz dessen, dass die Polizei ihr nicht wirklich Glauben geschenkt hatte und meine Kollegin mehrfach darauf hingewiesen worden war, dass sie sich strafbar machen würde, sollte sie nicht die Wahrheit sagen oder wichtige Informationen vorenthalten, hatte sie dennoch immer wieder monoton behauptet, dass sie sich leider an nichts erinnern und dementsprechend nicht weiterhelfen konnte. Somit hatte sein Wort gegen meines gestanden und das reichte nunmal nicht aus. Im Zweifel für den Angeklagten.

Er hatte es also tatsächlich geschafft, Konstanze doch noch davon zu überzeugen, ihre Sichtung und das Gehörte für sich zu behalten. Ich hatte natürlich zunächst nicht gewusst, wie er das angestellt hatte, doch ich war mir sicher gewesen, dass er etwas tiefgreifenderes, als das Behalten ihrer Arbeitsstelle, gefunden hatte, um sie unter Druck zu setzen. Da ich mir vorstellen konnte, wie schlecht es ihr vermutlich eh schon damit gehen musste, hatte ich trotz meiner Wut davon abgesehen, sie zu kontaktieren und nach den genauen Beweggründen zu fragen. Dennoch war ich bitter enttäuscht gewesen. Nicht mal in erster Linie wegen mir selbst. Denn ich war eine recht starke Person, die sich zur Wehr setzen konnte und sich selbst in Extremsituationen selten unterkriegen ließ.

Ich hatte gewusst, dass ich auch ohne eine Verurteilung klarkommen und wieder zur Normalität zurückfinden würde. Doch ich hatte ein Zeichen setzen und andere, die ihm vielleicht schlimmer ausgeliefert gewesen wären, mit meinem Gang zur Polizei, schützen wollen. Denn ich war der festen Überzeugung gewesen, dass das nicht das erste Mal gewesen war, dass er gewisse Grenzen überschritten hatte und es bei Gelegenheit auch wieder tun würde. Als ich dann auch noch einen Anruf von der Geschäftsführung erhalten hatte, die mir mitgeteilt hatten, dass sie meine schwierige Lage zwar verstehen konnten, es jedoch aufgrund des eingestellten Ermittlungsverfahrens, keinen Anlass dafür gab, meinem Chef zu kündigen und er lediglich an einem anderen Standort eingesetzt werden würde, hatte ich mich Gefühlt, als hätte man mir noch eine zweite Faust mitten ins Gesicht geschmettert.

Er sollte scheinbar wirklich auf allen Ebenen davonkommen. Mein Frust und meine Ungläubigkeit darüber, wie so etwas einfach unter den Teppich gekehrt werden konnte, hatten dazu geführt, dass ich mich zumindest dafür entschlossen hatte, für mich persönlich ein Zeichen zu setzen, indem ich meine Kündigung einreichte. Denn das war in dieser Situation traurigerweise das Einzige gewesen, worauf ich noch Einfluss gehabt hatte. Als der Tag gekommen war, an dem ich mein Büro hatte ausräumen sollen, war ich anschließend in der Tiefgarage, vollgepackt mit meinen Kartons, auf dem Weg zum Auto in niemand geringeren hineingerannt als in meinen Ex-Chef höchstpersönlich.

Dieser hatte sich von unserer plötzlichen, ungeplanten Begegnung keineswegs beirren lassen, sondern hatte einfach so getan, als ob wir uns gestern noch ganz normal im Büro gesehen hätten und dieses ganze Debakel nicht geschehen wäre. Er hatte mit gespielter Trauermiene auf meine gepackten Sachen geblickt und gesagt, dass es ein Jammer wäre, dass ein so vielversprechendes Talent wie ich, so schnell wieder in der Versenkung verschwinden würde. Dann hatte er mich angestrahlt und sich sogar noch freudig bei mir dafür bedankt, dass ich ihm dazu verholfen hatte, dass er nun arbeitstechnisch einen netten Tapetenwechsel bekommen würde, der ohnehin schon lange überfällig gewesen wäre und dass das Gebäude an dem anderen Redaktionsstandort sogar viel schöner und moderner wäre, sodass er sogar eine Klimaanlage in seinem Büro haben würde.

Ich war absolut fassungslos gewesen, hatte innerlich vor Wut gekocht und eigentlich vorgehabt, ihn einfach zu ignorieren und ohne irgendeine Reaktion meinerseits stehen zu lassen. Doch es hatte mich zu sehr in den Fingern gejuckt, sodass ich meine Kartons auf den Boden geschmissen und ihn herablassend einen Moment begutachtet hatte, um dann die eine Frage zu stellen, die mir seit Wochen auf der Seele gebrannt hatte: „Ich spare es mir, bei einer Person wie Ihnen, nach irgendetwas an Ihnen zu suchen, was darauf hinweisen könnte, dass sie ein Gewissen oder gar irgendeine Form von Moral besitzen, weshalb ich auf Ihre Aussagen erst gar nicht eingehen werde, denn ich stecke nicht in Ihrer Haut und muss diese Person, die Sie sind, täglich im Spiegel angucken und damit zurechtkommen. Ich denke das ist Strafe genug. Doch eine Sache will ich, der berufsbedingten Neugier halber, noch wissen: Wie haben Sie das angestellt?"

Daraufhin hatte er sich seine Sonnenbrille zurechtgerückt, mich in überheblicher Weise angelächelt und erwidert: „Ach Kleines, glauben Sie mir- wenn Sie gewusst hätten, was gut für sie wäre, anstatt sich so anzustellen, hätten Sie so einiges von mir lernen und es ganz weit bringen können. Oder wenn ich Ihnen als Person schon nicht zusage, hätten Sie sich zumindest an ihre vermeintliche Retterin in der Not halten sollen und sich von ihr bessere Tipps abholen sollen, als den klugen Ratschlag, den Weg zur Polizei anzutreten. Denn die gute, alte Konstanze weiß, im Gegensatz zu Ihnen, wann es opportun ist, zu kooperieren."

Dann hatte er sich umgedreht, war in sein Auto gestiegen und hatte mir beim Wegfahren noch einmal frech zugewunken, während ich ihm nur mit offenstehendem Mund und noch mehr Fragen als zuvor, hatte hinterherblicken können. Doch zumindest ein paar Wochen später sollte ich eine gewisse Genugtuung erhalten. Es hatten sich drei weitere Frauen gemeldet, die ähnliche Erfahrungen mit meinem damaligen Chef gemacht hatten und nun den Mut gefasst hatten, damit an die Öffentlichkeit zu gehen. Dies hatte zur Folge gehabt, dass erneut ein ziemlicher Medienrummel ausgebrochen war und sich die Redaktion dann doch dazu gezwungen gesehen hatte, ihn nicht weiter zu beschäftigen, da er und sein Ruf derartig schädigend gewesen waren, dass er auch für einen anderen Standort nicht mehr tragbar gewesen war. Meine Jobchancen hatten sich hingegen ironischerweise deutlich gebessert. Ich hatte viele Anfragen von anderen journalistischen Arbeitgebern erhalten, die durch die ganze Geschichte auf mich aufmerksam geworden waren und sich im Rahmen dessen genauer mit mir und meinen bisherigen Arbeiten befasst hatten. So auch mein jetziger Arbeitgeber.

Während ich noch einige Zeit in der Wanne lag und über all diese Geschehnisse und die absolut realitätsferne Darstellung der Ereignisse seitens meines jetzigen Chefredakteurs nachdachte, bemerkte ich, wie meine ursprünglich bessere Stimmung aufgrund des Zurückerinnerns an die glorreichen sexuellen Zeiten mit Marius, schon wieder gewichen war und auch die sonst so entspannende Wirkung des warmen, duftenden Wassers nicht mehr den gewünschten Effekt hatte. Ich ärgerte mich darüber, dass ich mich mit meinen negativen Gedanken schon wieder selbst torpediert hatte und fasste den Entschluss, dass damit nun Schluss sein sollte und ich mich zusammenreißen würde. Ich warf einen Blick auf die Badezimmeruhr, die mir 20:30 Uhr anzeigte. Die Versuchung war groß, mich in Jogginghose und einem kuscheligen Pullover in Übergröße mit einer Ladung Ben&Jerrys Eiscreme vor den Fernseher zu hauen, mich von irgendeinem Film berieseln zu lassen und meinen Frust wegzulöffeln, bis mir irgendwann hoffentlich einfach die Augen zufallen würden.