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Livias Lustblättchen

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Doch ich kannte mich gut genug, um zu wissen, dass mein Kopf sowieso keine Ruhe geben würde und diese Form der Ablenkung bei mir einfach nicht funktionierte. Ich war ein Mensch, der in unschönen Lagen einfach zu viele Hummeln im Hintern hatte, um die Sache auszuharren, anstatt mich meinem Tatendrang hinzugeben. Ich nahm die Dinge einfach gerne direkt in die Hand, dagegen kam ich einfach nicht an. Mal ganz davon abgesehen, dass mir bewusst war, dass Schokoeis mit Brownie-Stückchen mein Kernproblem auch nicht lösen würde, da es weder das nötige Gehirn noch die ebenfalls unerlässlichen Finger besaß, um mir einen grandiosen Artikel herbeizuzaubern. Also widerstand ich meinem ersten Impuls und überlegte krampfhaft, was ich stattdessen Produktives machen konnte.

Ich versuchte, genau darüber nachzudenken, was mich schon immer besonders inspiriert hatte und in welchen Situationen mir schon so manche gute Idee gekommen war, wenn ich erst nicht weiter gewusst hatte. Und dann fiel es mir ein: die Menschen. Es waren schon immer die Menschen, mit ihren Geschichten, Schicksalen, Macken und Vorzügen gewesen, die mich inspiriert und zu Höchstleistungen angetrieben hatten. Manchmal waren es gar nicht irgendwelche reißerischen Äußerungen und mehr als offensichtliche Gefühlsregungen gewesen, sondern dezente Gesten, die Mimik einer Person oder auch nur die kleinste Nuance eines Untertons in der Stimme desjenigen, mit dem ich mich unterhielt, die dafür gesorgt hatten, dass ich hellhörig geworden und die Fährte aufgenommen hatte. Ich hatte einfach dieses feinfühlige Gespür für Menschen und hatte mich in der Vergangenheit immer darauf verlassen können.

Diese Gabe verschwand nicht einfach über Nacht, sodass ich mich selbst motivierte, indem ich mir sagte, dass ich mich nur auf dieses Gefühl stützen und daran glauben musste, dass es auch diesmal wieder so sein würde. Allerdings nur, wenn ich mich nicht zu sehr unter Druck setzte, sondern einfach gut beobachten und den Dingen ihren Lauf lassen würde. Schon oft hatte es, um den Ansatz einer zündenden Idee zu bekommen, gereicht, wenn ich mich irgendwo in ein Café oder in eine belebte Bahnhofshalle gesetzt und einfach die mich umgebenden Leute beobachtet hatte. Man erfährt, wenn man aufmerksam ist und sich unauffällig gibt, nämlich viel mehr über andere, als man es zunächst vermuten würde.

Denn niemand ist so echt, authentisch und pur, wie jemand der sich absolut unbeobachtet fühlt und nicht bewusst darüber nachdenkt, was er gerade tut, wie er spricht oder welche Gefühlsregungen er gerade eventuell ausstrahlt. Ich hatte diese Momente schon immer geliebt, weil sie so intim waren, obwohl man die Menschen nicht näher kannte. Jedenfalls musste es gar nicht unbedingt tatsächlich etwas mit den dort befindlichen Personen zu tun haben, doch irgendetwas an ihnen hatte mich dann eventuell an etwas erinnert oder zumindest gedanklich in eine bestimmte Richtung gelenkt, die mir gute Anhaltspunkte für mein weiteres Denken und Vorgehen geliefert hatten. Nachdem ich diese Dinge genauer erörtert hatte, entschied ich mich dazu, den Abend und meinen Mut noch nicht an den Nagel zu hängen, sondern in ein hübsches Outfit zu schlüpfen, mich ein wenig zurecht zu machen und dann eine nette Bar aufzusuchen, wo ich mir den ein oder anderen Drink genehmigen und in aller Ruhe die Leute beobachten wollte.

Ich erlegte mir selbst auf, mir jedoch keinen Druck zu machen, sondern an den weiteren Abend mit der Einstellung heranzugehen, dass ich vielleicht eine zündende Idee bekommen und meine Kreativität neu belebt werden könnte. Wenn nicht, war das aber auch ok und ich hatte zumindest etwas anderes gesehen, als meine vier Wände und war bei einem leckeren Getränk mal auf andere Gedanken gekommen. Während ich, noch etwas mit meiner Motivation kämpfend, in der Badewanne lag und den kleinen Schaumkronen beim Schrumpfen zusah, fiel mir noch einmal die ganze Sache mit Marius ein. Sofort bemerkte ich wieder das leichte Kribbeln zwischen meinen Beinen, welches schon zuvor aufgekommen war, als ich gedanklich nochmal die Zeit mit ihm hatte Revue passieren lassen.

Noch bis zum heutigen Tage machten mich allein die Erinnerungen an die Erlebnisse mit ihm unheimlich scharf. Ich ärgerte mich darüber, dass ich mir mit meinen weitergehenden Gedanken hinsichtlich der damaligen Ereignisse nicht nur die wohltuende Wirkung des Bades kaputtgemacht, sondern ebenso meine Lust abrupt gekillt hatte. Doch jetzt, wo sie so langsam wieder aufflammte, hellte sich meine Stimmung schon wieder deutlich auf. Ich würde es natürlich nicht zwingend darauf anlegen, aber ich kam nicht umhin, eine leichte, freudige und aufregende Erwartungshaltung bei mir festzustellen, die mir leise und neckisch entgegenflüsterte:

„Wer weiß, was der Abend vielleicht auch auf anderer Ebene noch Nettes für dich bereit hält!" Ich musste augenblicklich über die schmutzige Stimme in meinem Kopf grinsen, stieg mit neuer Energie aus der Wanne und betrachtete einen Moment lang meinen glänzenden, nassen Körper vor dem Spiegel, während ich darüber fantasierte, wo und wie ich vielleicht schon bald wieder angefasst werden könnte. Zufrieden betrachtete ich meine steil emporragenden Nippel und empfand Erleichterung und Stolz darüber, dass bei all dem negativen Chaos, welches mein Ex-Chef in mein Leben gebracht hatte, sich eine, absolut essenzielle Facette meiner Persönlichkeit, glücklicherweise nicht geändert hatte: Ich war nach wie vor ein sehr sexueller Mensch und dahingehend absolut im Reinen mit mir selbst. Und das würde ich mir von nichts und niemandem jemals nehmen lassen.

Ich trocknete mich ab, ging in mein Schlafzimmer und überlegte, was ich anziehen könnte. In Anbetracht dessen, dass ich mich eigentlich nicht besonders toll fühlte, wollte ich mir zumindest etwas heraussuchen, in dem mein fraulicher Körper gut zur Geltung kam. Ich war zwar keine von diesen Frauen, die ein Problem damit hatten, ungeschminkt und in gemütlicher, lockersitzender Kleidung aus dem Haus zu gehen, doch manchmal war mir einfach danach, mich richtig nett zurechtzumachen und meine Vorzüge zu unterstreichen. Nicht, damit ich die Blicke anderer zwingend auf mich zog, sondern weil ich mir selbst dann gut gefiel und mich einfach wohl in meiner Haut fühlte. Ich hatte vor, eine etwas außerhalb gelegene Bar namens ‚Arctic Fox' aufzusuchen, da ich in Ruhe brainstormen und nach Möglichkeit nicht irgendwem in die Arme rennen wollte, den ich vielleicht kannte.

Die Örtlichkeit war eine meiner liebsten in der Stadt, weil mir die an eine Winterlandschaft angelehnte und liebevoll ausgewählte Einrichtung in edlen weiß und hellblau Tönen so gut gefiel und es zudem verhältnismäßig stilvoll dort zuging. Auch wenn ich mit Sicherheit nicht versnobt und schon gar kein Angsthase war, so fühlte ich mich als Frau, vor allem wenn ich allein unterwegs war, einfach etwas wohler in solch einem Ambiente, als in der typischen Eckkneipe, in der es nunmal gerne Usus war, dass sich dort übermütige junge Männer bis zur Besinnungslosigkeit mit billigem Fusel betranken, irgendwann herumpöbelten und entweder eine Schlägerei von der Polizei aufgelöst werden musste, oder es grundsätzlich mindestens einen Auserkorenen gab, der mitsamt seines vollgekotzten T-Shirts von seinen jubelnden Kumpanen in das nächstbeste Gefährt irgendeines armen, überforderten Taxifahrers gestopft wurde, ehe die zurückgelassene Sippschaft dann die Abfahrt noch musikalisch untermalte, indem grölend und lallend Bon Jovi's ‚It's my life' oder der textlich anspruchsvolle Hit ‚I like to move it' zum Besten gegeben wurden.

Ich kramte in meiner Unterwäscheschublade herum und entschied mich für ein weinrotes Set aus zarter Spitze, welches aus einem hauchdünnen G-String und einem dazu passenden Balconette-BH bestand, das an den ‚interessanten' Stellen nur kleine rankenumwobene Blumenstickereien auswies, ansonsten allerdings durch den transparenten Netzstoff einen freien Blick auf das Darunterliegende bot. Ich legte die Wäsche an, warf einen prüfenden Blick in meinen Ganzkörperspiegel, der mich zufriedenstellte und nahm mir dann meinen Kleiderschrank vor, um eine Reihe verschiedener Kleider anzuprobieren. Die Wahl fiel auf ein schwarzes, enganliegendes Wollkleid mit einem tiefen V-Ausschnitt, welcher tief blicken ließ. Der Rock des Kleides endete ein gutes Stück über den Knien, sodass es eher einem Minikleid gleichkam. Um mein gut gefülltes Dekolleté noch etwas besser in Szene zu setzen, legte ich eine goldene Kette mit einem dicken, runden, roten Edelstein als Anhänger an, die ich von meiner Großmutter geerbt hatte.

Die Tatsache, dass die Farbe des Steins perfekt zu meiner reizvollen Unterwäsche passte, erregte mich, weil es wie ein schmutziges, subtiles Geheimnis mit mir selbst war. Da es draußen bitterkalt war, wollte ich davon absehen, mit komplett nackten Beinen rauszugehen. Also entschied ich mich dazu, ebenfalls schwarze Kniestrümpfe zu tragen, sodass zwischen dem Ende des Kleides und dem Beginn der Strümpfe trotzdem noch, etwa eine Handlänge breit, meine nackten Schenkel zum Vorschein kamen. Meine Schuhwahl fiel auf High-Heels -auch in schwarz-, die allerdings in ausgeklügelter Weise den farblichen Akzent der Halskette aufgriffen, da die Sohle und die Seitennähte gleichermaßen golden waren und somit das Gesamtoutfit nicht zu düster erschienen ließen.

Nachdem ich mich angezogen hatte, ging ich noch einmal zurück ins Bad, um mich dezent zu schminken und meine Haare zurechtzumachen. Großen Aufwand betrieb ich dabei jedoch nicht, da ich meine dunkelblonde, von Natur aus leicht gewellte, Mähne meistens nur leicht föhnen brauchte, sodass bereits eine recht ansehnliche Frisur daraus wurde. Zufrieden warf ich noch einen letzten Blick in den Spiegel, ehe ich meine Handtasche auf Handy, Portemonnaie und Schlüssel überprüfte und dann das Haus verließ, um den nächsten Bus zu erwischen. Eine halbe Stunde später betrat ich das ‚Arctic Fox' und konnte aufgrund der Fülle von Menschen, von Glück reden, dass ich auf der Hinfahrt die Eingebung hatte, lieber schnell dort anzurufen, um zu erfragen, ob überhaupt noch ein Platz frei war. Für gewöhnlich war es nämlich besser, vor allem am Wochenende, vorher zu reservieren. Mir wurde ein Zweiertisch in einer der hinteren Ecken zugewiesen und ich nahm, an meinem Tisch angekommen, augenblicklich die gemütlich-stilvolle Atmosphäre in mich auf.

Es war wieder einmal wunderschön dekoriert und mein zurückgelegener Platz hätte nicht besser sein können, da er zum einen die von mir so gewünschte Privatsphäre bot, anstatt mittendrin zu sein und ich zum anderen etwas erhöht auf einer Art Podest saß, von wo aus man einen perfekten Überblick über die gesamte Bar und die anderen Tische hatte, an denen sich die verschiedensten Leute tummelten und in angeregte Gespräche vertieft waren. Ich bestellte bei der freundlichen Kellnerin, auf deren Namensschild ‚Paula' geschrieben stand, einen Martini, packte mein Notizheft aus und begann damit, meinen Blick durch den Raum schweifen zu lassen und die Menschen ein wenig zu begutachten. An einem Tisch fand offenbar ein Date statt. Beide waren recht nett herausgeputzt, hatten nur Augen füreinander, waren in ihrer Gestik und Mimik allerdings noch nicht total locker und vertraut, sondern wirkten eher leicht nervös und schüchtern.

Ich verharrte eine Weile bei ihnen, weil ich die subtilen Funken, die zwischen ihnen sprühten, bis zu mir herüber spüren konnte und ich mich an diesem schönen Gefühl erfreute. Ich fragte mich, wie der Abend der beiden wohl verlaufen, ob sie sich wiedersehen oder ob sie sogar am Ende mit ihm nach Hause gehen würde. Dann fiel mein Blick auf einen größeren Tisch, an dem eine Gruppe von sehr unterschiedlichen Charakteren vorzufinden war. Es stand eine Torte mit Kerzen auf dem Tisch, es gab Konfetti, Luftschlangen und eine junge Frau trug eine bunte Krone aus Pappe. Es schien sich also um eine Geburtstagsfeier zu halten. Die Stimmung wirkte sehr ausgelassen, immer wieder wurde herzhaft gelacht und angestoßen.

Nur ein junger Mann wirkte, anders als der Rest, nicht so sehr in Feierlaune. Er machte zwar notdürftig mit, gab sich allerdings deutlich reservierter. Seine Gesichtszüge wirkten eher nachdenklich und in seinen Augen lag ein beinahe etwas trauriger Ausdruck. Da er somit irgendwie überhaupt nicht ins Bild passte, stach er, zumindest für mich, ziemlich aus der Masse heraus. Ein weiterer, vielleicht sogar noch viel gewichtigere Grund, weshalb ich meine Augen nicht von ihm und dem Rest der Gruppe lösen konnte, bestand darin, dass es mir schier unbegreiflich war, dass niemand von seinen Freunden zu merken schien, dass mit ihm etwas nicht stimmte. Entweder sie wussten es und ignorierten es schlichtweg, um sich die Stimmung nicht vermiesen zu lassen und ungestört den Geburtstag feiern zu können oder sie waren wirklich absolut blind und so mit sich selbst und dem Geburtstagsgast beschäftigt, dass sie tatsächlich nicht bemerkten, dass einer unter ihnen war, der offensichtlich nicht gerade in Partylaune war.

Meine Neugierde war extrem geweckt. Nur zu gerne hätte ich abgewartet, bis sich der junge Mann vielleicht mal von seinen Freunden etwas absondern würde, um an der Bar etwas zu bestellen oder auf die Toilette zu gehen, um ihm dann hinterherzugehen und zu versuchen, ihn unauffällig und vermeintlich beiläufig in ein Gespräch zu verwickeln, um gegebenenfalls mehr über ihn und den Grund für seine Stimmung zu erfahren. Da war er wieder, dieser Drang, einem persönlichen Gefühl nachzugehen und mit den Menschen in Kontakt zu treten. Doch dafür hatte ich diesmal leider keine Zeit. Ich riss mich zusammen und erinnerte mich selbst daran, dass ich hier war, um runterzukommen und in Ruhe, ohne Druck zu brainstormen, damit ich hoffentlich bald einen Anhaltspunkt für einen Artikel bekommen würde. Und zwar für einen richtig guten.

Denn wenn ich meine Karriere nicht aufs Spiel setzen wollte, musste ich mich jetzt absolut zurück kämpfen und meinen Wert mehr denn je unter Beweis stellen. Mein Chefradakteur würde natürlich niemals zufrieden sein, selbst wenn ich ein Interview mit Queen Elizabeth rausbringen würde, in welchem sie zugibt, dass es unter dem Buckingham Palace eine Art geheimen Kerker gibt, in dem sie sich zum Vergnügen ein paar Toyboys als Sexsklaven hält. Ich zwang mich dazu, meinen Blick wieder einzufangen, schlug mein Notizheft auf und kritzelte ein paar flüchtige Ideen hinein, die ich allerdings schnell wieder verwarf und frustriert durchstrich. Ich wollte einen großen Schluck von meinem Martini nehmen, den Paula mir in der Zwischenzeit gebracht hatte, musste dann jedoch feststellen, dass ich nur noch an einer Pfütze nuckeln konnte, und ich während meiner Beobachtungen scheinbar so vertieft gewesen war, dass ich gedankenlos bereits das meiste ausgetrunken hatte.

Ich warf, um mir nicht selbst direkt eintönig vorzukommen, alibimäßig einen Blick in die Karte, ehe ich diese dann kurzerhand wieder zuklappte, um mir doch wieder das gleiche Getränk zu bestellen. Ich hielt Ausschau nach der Kellnerin, konnte sie in dem Gewusel von Leuten jedoch nicht ausfindig machen. Also blieb mir nichts anderes übrig, als abzuwarten und mich erneut meinen bislang nichtssagenden Kritzeleien zu widmen. Da mir einfach keine gute Idee kommen wollte, so sehr ich mich auch bemühte, beschloss ich, mein Heft erstmal wieder an Seite zu legen und noch ein bisschen die Menschen zu beobachten. Ich war einfach zu blockiert und insgeheim wusste ich, dass sich das im Laufe des Abends vermutlich auch nicht mehr so schnell ändern würde. Obwohl ich viel Druck verspürte und mich über mich selbst ärgerte, versuchte ich mich gleichzeitig zur Nachsichtigkeit mit mir selbst zu ermahnen und meine Ideenlosigkeit damit zu begründen, dass die unschöne Ansprache meines Vorgesetzten nunmal gerade erst ein paar wenige Stunden her war. Die meisten hätten das vermutlich erstmal verdauen und eine Nacht drüber schlafen müssen, um neuen Mut zu fassen und die Batterie wieder aufzuladen.

Ich ließ also meinen Blick erneut schweifen und fühlte mich mit einem Mal irgendwie beobachtet. Ich scannte nacheinander jeden Tisch in dem Raum, um herauszufinden, ob mein Gefühl begründet war, bis ich schließlich fündig wurde. Ziemlich genau gegenüber von mir saß in der anderen Ecke der Bar ein Mann an einem Tisch, der ebenfalls allein zu sein schien, und mich interessiert, beinahe verträumt anblickte. Als sich unsere Blicke trafen und er realisierte, dass er mit seiner Beobachtung aufgefallen war, wirkte er für einen kurzen Moment ein wenig erschrocken, fing sich aber recht schnell wieder und strahlte mich mit einem breiten, warmen Lächeln an. Ich konnte gar nicht anders, als zurück zu lächeln, woraufhin er sich unheimlich zu freuen schien.

In den darauffolgenden zwanzig Minuten intensivierten wir unseren nonverbalen Dialog und ich musste mir eingestehen, dass ich seine unaufdringliche, zurückhaltende Art mit mir zu flirten als sehr angenehm empfand. Er kam auf den ersten Blick nicht unbedingt wie der Typ Mann rüber, nach dem sich alle Frauenköpfe sofort umdrehten, weil er so offensichtlich gutaussehend war. Doch er hatte irgendetwas an sich, was mich in positiver Weise reizte und definitiv ansprach. Seine Form der Attraktivität war genauso subtil wie die Art, auf die er sein Interesse an mir bekundete und das machte ihn umso interessanter für mich. Ich amüsierte mich, obwohl ich noch kein einziges Wort mit ihm ausgetauscht hatte, prächtig und war schon drauf und dran gewesen, die Initiative zu ergreifen und den Weg zu seinem Tisch anzutreten, als plötzlich die beinahe schon verlorengeglaubte Paula direkt neben mir auftauchte und mir plötzlich einen Daiquiri (im Übrigen ebenfalls eines meiner liebsten alkoholischen Getränke) vor die Nase setzte.

Etwas irritiert angesichts dieses Zufalls und der Tatsache, dass ich aufgrund ihrer Abwesenheit noch gar nichts hatte bestellen können, sagte ich: „Oh vielen Dank, aber ich glaube Sie sind am falschen Tisch. Ich hatte noch gar nichts neues bestellt." Sie grinste mich schelmisch an, beugte sich zu mir herunter, senkte die Stimme und erwiderte: „Ich denke ich bin genau am richtigen Tisch. Sie hatten zwar keine Bestellung aufgegeben, allerdings hat ein ausgesprochen netter Herr den Drink bei mir geordert und mich darum gebeten, Ihnen das Getränk auf seine Kosten zukommen zu lassen." Ich war kurz überrascht, zumal mich nach wie vor (vor allem, weil ich nicht unbedingt an Schicksal glaubte) die absolut perfekte Getränkeauswahl etwas stutzig machte, bedankte mich dann aber und nahm einen Schluck.

Während die Kellnerin noch dabei war, mein leeres Martiniglas entgegenzunehmen, suchte ich den Blickkontakt zu meinem flüchtigen Flirtpartner, da ich irgendwie automatisch davon ausgegangen war, dass er der Veranlasser dieser netten Geste war, prostete ihm zu und formte mit meinem Mund ein herzliches ‚Dankeschön'. Doch zu meiner Verwunderung fiel seine Reaktion ganz anders aus, als erwartet. Er guckte irgendwie irritiert und hob nur zögerlich sein Glas, um mir ebenfalls entgegenzuprosten, ohne aber auf meine Dankesgeste zu reagieren und wandte dann den Blick wieder von mir ab und sah sich unauffällig im Raum um. Ich stellte daraufhin mein Getränk abrupt ab und wäre am liebsten vor Scham im Boden versunken. Offensichtlich ging der Drink nicht auf seine Kappe und ich kam mir total affig, und beinahe anmaßend vor, weil ich einfach so, ohne genauer darüber nachzudenken, die Annahme getätigt hatte, dass er derjenige gewesen sein musste, der mir den Daiquiri spendiert hatte.

Ich ärgerte mich schon wieder über mich selbst und fragte mich, wo mir eigentlich der Kopf stand. Es war nämlich, allein beruflich bedingt, sonst gar nicht meine Art, so schnelle, voreilige Schlüsse zu ziehen. Normalerweise schaltete ich meinen eigentlich recht scharfen Verstand ein, tastete mich vorsichtig vor und prüfte eine Vermutung erst ein paar Mal gründlich gegen, bevor ich zu einem finalen Urteil kam. Das konnte, anders als in dieser Situation, welche einfach nur peinlich war, nämlich durchaus gravierende Folgen haben. Ich schüttelte diesen Gedanken jedoch erstmal wieder ab und sah mich ebenfalls suchend in der Bar um, in der Hoffnung, herausfinden zu können, auf wen das Getränk tatsächlich ging

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