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Magische Welten 02

Geschichte Info
Teil zwei aus der Serie "Magische Welten".
73.1k Wörter
4.69
19.6k
12
Geschichte hat keine Tags

Teil 2 der 4 teiligen Serie

Aktualisiert 06/11/2023
Erstellt 05/27/2022
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Kapitel 1 -- Eine völlig neue Welt

„Mama, bist du gerne Königin?", erkundigte ich mich.

„Eines Tages, mein Kind, wirst du die Königin dieses Landes sein und du wirst erkennen, dass auch das, wie alles im Leben, Vor- und Nachteile hat. Es gibt angenehme Aufgaben einer Königin, solche die man wirklich gerne macht, aber es gibt leider auch solche, auf die man lieber verzichten würde, die aber trotzdem erledigt werden müssen.

Es ist für mich immer eine Genugtuung, wenn ich sehe, dass ich vieles richtig mache und dass das Volk zufrieden ist. Du sollst als Königin nie vergessen, dass du für das Volk da bist und dafür Sorge tragen sollst, dass es ihm gut geht. Es geht nicht um dich, es geht um die Gemeinschaft und du musst dabei auch ab und an unliebsame Entscheidungen treffen. Wenn du überzeugt davon bist, dass etwas gut ist, dann tue es, egal ob das Volk deine Einschätzung teilt. Regieren ist manchmal sehr schön, kann aber auch eine Last sein, das will ich nicht abstreiten oder beschönigen", erklärte mir Mutter.

„Tante Luna macht immer einen so entspannten Eindruck, wenn sie hier ist. Du hingegen scheinst deine Aufgabe viel ernster zu nehmen."

„Wenn ich bei Tante Luna zu Besuch bin, dann bin ich auch entspannt, weil ich nicht an meine Aufgaben denken muss."

„Wann darf ich endlich einmal Tante Luna in ihrem Land besuchen? Ist es weit weg?"

„Du wirst sie schon in ein paar Wochen besuchen. Es ist langsam an der Zeit, dass ich dich auf deine Aufgabe vorbereite und du alles erfährst, was du wissen musst, um eines Tages eine gute Königin zu sein. Du bist die Erstgeborene und feierst heute deinen 16. Geburtstag. Aus diesem Grund möchte ich anfangen, dir einige Dinge zu erklären und dir näherzubringen. Du wirst heute und in nächster Zeit Dinge sehen und erfahren, die du bisher nicht für möglich gehalten hast. Die Welt ist so viel mehr und so viel schöner, als wir es uns je vorstellen können.

Du wirst mich fragen, warum ich es dir nicht schon viel früher gezeigt habe. Die Antwort ist einfach. Bisher habe ich versucht, die Last des Regierens von dir fernzuhalten. Du solltest eine unbeschwerte Kindheit erleben. Nun aber möchte ich dich langsam auf deine Aufgaben vorbereiten. Dir soll es nicht so ergehen, wie mir. Deshalb möchte ich dich früh genug darauf vorbereiten, Verantwortung zu übernehmen."

„Das klingt aber ernst. Was möchtest du mir zeigen? Wie ist es dir ergangen?"

„Langsam, langsam, meine Liebe, das wirst du alles noch erfahren. Komm mit!", sagte meine Mutter.

Sie nahm mich bei der Hand und führte mich in einen Gang im Schloss, der recht abgelegen lag und wo nur äußerst selten jemand hinkam. In diesem Teil des Schlosses soll es einmal gebrannt haben. Davon ist aber nichts mehr zu sehen.

Plötzlich blieb sie stehen und griff einer der kleinen Statuen in die Augen. Noch bevor ich fragen konnte, was das werden sollte, sprang auch schon eine Tür auf, die ich bisher nie bemerkt hatte. Ich staunte nicht schlecht, war aber auch ein wenig beunruhigt. Hinter der Tür herrschte völlige Dunkelheit und eine kühle Luft wehte aus dem Raum dahinter zu uns herüber. Irgendwie wirkte alles gespenstisch.

„Was ist das?", erkundigte ich mich.

Meine Mutter zog mich, ohne eine Antwort zu geben, durch die Tür und entzündete eine bereitliegende Fackel. Dann zog sie hinter uns die Tür ins Schloss und wir standen in einem mir unbekannten Raum. Meine Augen mussten sich erst an das spärliche Licht gewöhnen, welches die Fackel uns bot. Die Wände bestanden aus nacktem Felsen, so als wäre dieser Raum direkt in den Berg geschlagen worden. Wurde er vermutlich auch, wurde mir allmählich klar. Wo waren wir?

Erst nach einiger Zeit erblickte ich einen Tunnel, der, so wie es aussah, in den Berg hineinführte. Ich hätte nie gedacht, dass es in diesem Schloss einen Geheimgang geben würde, denn nur um einen solchen konnte es sich handeln.

„Mama, wo sind wir hier?", rief ich ein wenig besorgt. Mir war nicht ganz wohl zumute.

Die Dunkelheit wirkte auf mich einschüchternd. Ich war es nicht gewohnt, mich in solch finsteren und modrigen Höhlen aufzuhalten. Ich war ganz bestimmt nicht die verwöhnte Prinzessin, ich war mutig und für jedes Abenteuer zu haben. Aber dieser Raum lag völlig außerhalb meiner Vorstellungen und ich hätte nie erwartet, mich jemals in so etwas wiederzufinden.

„Du brauchst keine Angst zu haben, ich bin doch bei dir" versuchte meine Mutter mich zu beruhigen. „Du sollst nun alles erfahren und ich werde dir, wie ich schon gesagt habe, Dinge zeigen, von denen du bisher keine Ahnung hattest. Da du mir nicht glauben würdest, wenn ich es dir einfach nur erzählen würde, bringe ich dich dorthin. Wenn du es selbst siehst, muss du mir glauben und auch dann wirst du zunächst immer noch zweifeln.

Aber ich möchte dir auch mit auf den Weg geben, dass es alles schöne Welten sind, die ich dir zeige und ganz liebe Wesen, die wir treffen werden. Es sind wirklich gute Freunde, die zu mir gestanden sind, als ich sie am dringendsten gebraucht habe."

Sie machte eine Pause und legte beruhigend ihre Hand auf meinen Arm. Das hatte ich auch nötig, denn ich verstand kein Wort von dem, was sie sagte.

„Kurz vor meinem 18.Geburtstag gab es einen Angriff auf das Schloss. Feindliche Krieger überfielen uns und verschafften sich mit Waffengewalt Zutritt. Meine Eltern wurden bei den Kämpfen getötet. Mich hat ein Getreuer meines Vaters gerade noch rechtzeitig hinter diese Tür geschoben. Kaum, dass sie geschlossen war, wurde er getötet. Er ist für mich gestorben."

Meiner Mutter schossen Tränen in die Augen. Sie konnte sie zwar einigermaßen wegblinzeln, aber ich bemerkte sie trotz des schwachen Lichtes. Es beeindruckte mich, sie so zu sehen. Meine Mutter war eine Frohnatur und ich habe sie nur selten traurig oder gar weinen gesehen. Dass sie der Tod dieses Mannes immer noch so berührte, überraschte mich.

„Ich war damals eine dumme, verwöhnte Prinzessin. Zu der Zeit habe ich nicht wirklich verstanden, welches unglaubliche Opfer dieser Mann gebracht hat. Er hat nicht nur mich gerettet. Er hat die Welt vor großem Unheil bewahrt und dafür werde ich ihm auf ewig dankbar sein. Zu gerne würde ich ihm für alles danken und ihm sagen, dass ich und das Reich ganz tief in seiner Schuld stehen. Aber ich kann es leider nicht mehr."

Ich nahm meine Mutter in den Arm. Es war beeindruckend, sie so zu sehen. Als Mutter war sie immer herzlich und bemüht, alles Negative von uns Kindern fernzuhalten. Als Königin war sie die Unnahbare, die keine Gefühle zeigte. Da ich wusste, wie herzlich sie sein konnte, war mir schon als Kind klar, dass sie in ihrer Funktion als Königin nur zu verbergen suchte, was sie wirklich fühlte.

„Von diesem Moment an war ich allein, allein auf mich gestellt. Ich hatte absolut keine Ahnung, wohin ich mich wenden sollte. Wie auch? Bis zu diesem Zeitpunkt war ich doch nur Prinzessin und hatte keine Ahnung von der wirklichen Welt.

Wir haben heute eine Fackel und auch, wenn sie nur ein sehr spärliches Licht spendet, so ist es doch viel, viel mehr, als ich damals hatte. Ich war allein hier drinnen in der vollkommenen Dunkelheit. Ich hatte große Angst und habe mich gefürchtet, vor der Dunkelheit, vor der Zukunft, vor dem Leben und vor allem vor den Kriegern meines Gegners, die vor der Tür standen und nach mir suchten, um mich zu töten.

Nichts war mehr so, wie es noch wenige Sekunden zuvor gewesen war. Meine heile Welt war in sich zusammengebrochen und um mich herum herrschte nur noch Dunkelheit. Aber ich wollte nicht aufgeben, ich habe mich weitergekämpft und mich bis zum Ausgang vorgetastet."

Bei den letzten Worten setzte sie sich in Bewegung und ich folgte ihr notgedrungen. Sie hielt die Fackel in der Hand und ich wollte nicht im Dunkeln zurückbleiben. Wir gingen durch einen langen Tunnel. Immer wieder hörte ich das Fiepen von Mäusen, das Tropfen von Wasser und musste aufpassen, mir nicht den Kopf oder die Schulter an den Felsen zu stoßen. Keine Ahnung, wie es meine Mutter damals geschafft hat, im Dunkeln heil ans Ende dieses Ganges zu gelangen.

Als ich in der Ferne ein Licht sehen konnte, war ich heilfroh, dass der Ausgang in Reichweite kam. Zu wissen, irgendwo mitten in einem Tunnel zu sein, bereitete mir ein ungutes Gefühl. Dabei hatten wir zumindest eine Fackel. Wie schrecklich muss es erst für meine Mutter gewesen sein.

Am Ausgang angelangt, stieg meine Mutter beherzt durch die Öffnung ins Freie. Ich dagegen folgte ihr nur zaghaft. Ich blickte mich vorsichtig nach allen Seiten um, weil ich sehen wollte, wo wir gelandet waren. Allerdings verstand ich das trotz Herumschauen nicht.

„Wo sind wir hier überhaupt?", erkundigte ich mich.

„Wir sind hinter dem Schloss. Wir sind nicht weit entfernt, befinden uns aber in einer völlig anderen Welt. Sie ist von unserer durch einen unüberwindlichen Graben getrennt. Nur der König und die Königin wissen, dass es diese Welt gibt und wie man hierherkommt. Ein magisches Schild verhindert, dass andere zufällig diesen Gang und damit auch dieses Gebiet finden."

„Aber ich bin weder Königin noch König."

„Du bist die Thronfolgerin und ich als Königin bin der Meinung, dass es jetzt an der Zeit ist, dass auch du mit dieser Welt bekanntgemacht wirst. Schließlich wirst du in einigen Jahren auch über das Schattenreich herrschen und damit auch Verbindung zu diesem magischen Land halten müssen.

Vergiss auch nicht, dass du etwas Besonderes bist. Du bist Prinzessin Siena Siryn, in dir werden mit dem 18.Lebensjahr magische Kräfte erwachen und du wirst Elemente beherrschen. Wie viele das sein werden, kann ich dir heute noch nicht sagen. Das wird sich erst zeigen, wenn es so weit ist."

„Elemente beherrschen? Was redest du da? So etwas gibt es doch nur im Märchen."

Meine Mutter lächelte voller Verständnis. Was sie mir gerade gesagt hatte, war so unglaublich, dass es unmöglich wahr sein konnte. Wollte sie mich zum Narren halten, war das alles ein Scherz zum Geburtstag? Zutrauen würde ich ihr so etwas. Doch glauben konnte ich ihr eine solche Geschichte auf keinen Fall. Ich war ja kein naives Kind mehr. Wie soll jemand magische Kräfte besitzen? Absurd, einfach absurd!

Ich schaute sie vermutlich so an, als würde ich an ihrem Verstand zweifeln. Doch statt mir eine Antwort zu geben, streckte sie ganz langsam die Hand flach nach vorne und plötzlich loderte in ihrer Handfläche eine kleine Flamme. Wo kam die denn so plötzlich her und warum verbrannte sich meine Mutter daran nicht? Ich traute meinen Augen nicht.

Doch bevor ich etwas sagen konnte, war die Flamme auch schon wieder verschwunden. Stattdessen erschien an der Stelle des Feuers ein ganz kleiner, unglaublich süßer Wirbelwind. Mit einer Handbewegung gab meine Mutter diesem einen sanften Schubs in meine Richtung. Er kam auf mich zu, wirbelte sanft um meinen Kopf und brachte meine Frisur gehörig durcheinander.

„Mamaaaaaaa! Was machst du da?", wollte ich erbost wissen. Sie wusste doch ganz genau, wie wichtig mir eine perfekt sitzende Frisur war.

„Ich zeige dir, dass es kein Märchen ist, wenn jemand die Elemente beherrscht", grinste sie schelmisch. Sie hatte eine kindliche Freude daran, mich zu ärgern. War das meine Mutter?

„Du hast die Elemente Feuer und Luft?"

„Ich besitze die Fähigkeit, alle vier Elemente zu führen und zu leiten."

„Könnte cool sein, wenn das stimmt. Warum hast du mir das noch nie gezeigt?"

„Ich tue es doch gerade", lächelte sie milde.

„Warum erst jetzt?"

„Das ist eine gute Frage. Ich denke, du bist nun alt genug, um nicht zu erschrecken, wenn du das alles siehst, was ich dir heute zeigen werde. Irgendwann musst du es sowieso erfahren. Doch behalte das alles für dich. Für normale Menschen wäre es zu verwirrend. Sie würden es nicht verstehen. Womöglich würde es zu Neid und Missgunst führen."

„Warum sollten die Menschen wegen etwas Luft und einem kleinen Feuerchen erschrecken und neidisch werden?"

Meine Mutter musste laut auflachen und erntete dafür einen bösen Blick von mir. Wie konnte sie mich auslachen?

„Verzeih mir, das war nicht so gemeint", kicherte sie. „Was ich dir gezeigt habe, war nur eine kleine, harmlose Demonstration meines Könnens. Ich bin in der Lage einen Wirbelsturm zu entfachen, der Bäume entwurzelt, ich könnte auf einem Luftkissen fliegen und noch viele andere Dinge mehr. Außerdem gibt es auch noch ganz andere Dinge, die ich dir zeigen möchte."

„Welche anderen Dinge?"

„Horus, wo bist du?", rief meine Mutter.

„Hä? Wer ist denn Horus?"

„Horus ist mein Drache. Der Name hat auch eine tiefere Bedeutung, eine sehr schöne sogar. Er bedeutet, einer Königin würdig."

Bei diesen Worten deutet sie auf etwas hinter meinem Rücken. Wollte sie mich diesmal auf den Arm nehmen, weil ich wegen der Elemente so reagiert hatte? Ein Drache, das wurde ja immer unglaubwürdiger.

„Ein Drache, ja sowieso", meinte ich leicht genervt. „Womöglich hat er Hörner und aus seiner Nase kommen Dampfwolken und wenn er verärgert ist, auch Feuer."

„Wenn er geärgert wird, kann er ungemütlich werden."

„Ja, ja, nimm jemand anderen auf den Arm."

„Wenn ich es dir sage."

„Und dieser Horus steht jetzt direkt hinter mir? Dein Ernst?"

„Glaub es oder nicht. Mir egal", konterte Mutter.

Mit einer Handbewegung, mit der ich zum Ausdruck bringen wollte, dass es sowieso umsonst sein würde, drehte ich mich um. Was sollte es schon zu sehen geben? Ganz bestimmt keinen Drachen. Lächer ... lich!

Was ist das denn? Was ich sah, ließ mich leise aufschreien. Mein Herz setzte gleich mehrere Schläge aus und es rutschte mir geradewegs in die Hose. Ich stand nur wenige Meter von einem riesigen Kopf entfernt. Er war gewaltig und dahinter musste ein noch viel größerer Körper sein. Zumindest sah es so aus.

Ich sprang zu Tode erschrocken zwei Schritte zurück und prallte dabei gegen meine Mutter. Das konnte unmöglich wahr sein! Der Kopf sah doch tatsächlich so aus, wie die Drachenköpfe in den Zeichnungen in meinen alten Büchern immer abgebildet wurden. Ich hatte dies immer für Märchen gehalten, um unartigen Kindern einen Schrecken einzujagen. Aber so etwas konnte es doch nicht in Wirklichkeit geben.

Ich schluckte nervös und brachte mich erst einmal hinter meiner Mutter in Sicherheit. Doch etwas neugierig, lugte ich äußerst vorsichtig über ihre Schulter. Das war echt ein Drache und das Vieh lachte auch noch. Zumindest sah es so aus, als würde es sich lustig machen. Sicher über mich! Von meinem Platz hinter meiner Mutter aus, beobachtete ich ängstlich den Drachen.

„Was ... oder wer ... ist das denn ... für ein Vieh?", brachte ich schließlich hervor. Es war noch kein zusammenhängender Satz und man konnte mir sicher die Angst deutlich anmerken. Ich war aber froh, zumindest ein paar Worte herauszubringen.

„Darf ich vorstellen, das ist Horus", antwortete Mutter sichtlich amüsiert. „Mein Drache."

„Dein Drache?", erkundigte ich mich skeptisch. „Ja genau, weil jeder seinen Drachen hat."

„Nein, natürlich hat nicht jeder einen Drachen. Ich aber schon, ich bin schließlich eine Drachenreiterin und du, mein Fräulein, bist es sicher auch. Du musst deinen Drachen allerdings erst finden, oder besser gesagt er muss dich finden."

„Ich werde einen Drachen haben?", wollte ich ungläubig wissen. „So ein wildes Tier?"

„Keine Angst, Horus ist ganz bestimmt kein wildes Tier und er wird dir ganz sicher kein Haar krümmen. Er ist so lieb, wie er groß ist."

„Lieb? Ein Drache? Dein Ernst?"

„Er sagt übrigens, du sollst ihn nicht Vieh nennen."

„Weil er mit dir spricht, na klar!"

„Wir kommunizieren über Gedanken. Das ist zwischen einem Drachen und seinem Reiter immer so."

Mutter ging freundlich lächelnd auf den Drachen zu und krault ihm liebevoll die Nüstern. Ich konnte nicht glauben, dass sie sich so ganz ohne jede Furcht diesem Monster näherte und es sogar berührte, liebevoll auch noch. Doch Horus schaute sie voller Vertrauen an und pustet ein paar süße, kleine Dampfwölkchen aus seinen Nasenlöchern. Es sah fast schon niedlich aus. Selbst ich konnte deutlich erkennen, dass zwischen den beiden eine ganz besondere Verbindung bestand.

„Du greifst dieses Vieh an?", wollte ich empört wissen. Verbindung hin, Verbindung her, es war ein Drache, ein gewaltiger sogar auch noch. „Hast du denn keine Angst?"

„Angst vor Horus?", lachte sie auf. „Er begleitet mich seit vielen Jahren und ist mein Seelenverwandter. Er würde uns nie etwas antun. Lieber würde er sterben, um uns zu beschützen. Außerdem sollst du nicht so abfällig über ihn sprechen. Er ist kein Vieh!"

Wie zur Bestätigung dieser Worte blickte mich der Drache böse an. Ich hatte tatsächlich den Eindruck, als schaue er beleidigt. Konnte es so etwas wirklich geben?

Ich zögerte eine Zeit lang. Aber das grenzenlose Vertrauen, das meine Mutter diesem Drachen entgegenbrachte, musste gerechtfertigt sein. So gut kannte ich sie. Meine Mutter tat nie etwas Unüberlegtes. Deshalb schöpfte allmählich auch ich Vertrauen, zwar nicht in den Drachen, so doch in das Urteilsvermögen meiner Mutter.

Vorsichtig ging ich auf den Drachenkopf zu. Nur äußerst zurückhaltend näherte ich mich ihm, zögerte und legte schließlich eine Hand ganz langsam und vorsichtig auf seine Nüstern. Irgendwie hatte die Neugier doch gesiegt. Wer hat denn schon die Gelegenheit, einen Drachen zu sehen und ihn zu berühren.

Die Nüstern fühlten sich warm und weich an, ganz anders als ich mir das vorgestellt hätte. Kleine, diesmal schwarze Wölkchen, stiegen aus seinen Nasenlöchern auf.

„Er tut uns nichts?", wollte ich skeptisch wissen. „Bist du dir da sicher?"

„Natürlich bin ich mir sicher. Wir werden sogar auf ihm fliegen", antwortete meine Mutter lachend. Sie machte sich über meine Angst auch noch lustig und hatte deutlich Spaß daran, dass ich mich nicht gleich einem Drachen an den Hals warf. Doch ich konnte mich darüber nicht so richtig ärgern, mich beschäftigte viel mehr das, was sie gesagt hatte. Fliegen? Wie sollte das denn bitte funktionieren.

„Fliegen? Hast du sie noch alle? Auf einem Drachen!"

„Komm, sei kein Angsthase."

„Angsthase? Ich? Nur weil ich mir Sorgen mache, wenn du auf einem Drachen fliegen willst?"

Mutter erwiderte daraufhin nichts, ging auf Horus linkes Vorderbein zu, stieg drauf und zog mich einfach hinter sich her. Ich wollte mich dem zunächst widersetzen, aber der Ausdruck, den meine Mutter im Gesicht hatte, ließ keine Widerrede zu. Also folgte ich ihr und als wir beide auf dem Vorderbein standen, hob der Drache es an und wir gingen beinahe eben zu seinem Nacken. Ich war fürchterlich angespannt. Ich ging auf einem Drachen spazieren! Heimlich versuchte ich mich zu kneifen. Es tat weh und ich erwachte auch nicht aus einem Traum. Es war also alles wahr. Kaum zu glauben! Ich musste allerdings auch zugeben, dass ich trotz allem doch ein wenig froh war, dass es kein Traum war. Irgendwie war das, was mir gerade passierte, alles unglaublich faszinierend.

„Setz dich vor mich zwischen zwei seiner Stacheln."

„Bist du dir sicher, dass du weißt, was du da tust?", wollte ich noch einmal wissen. Mir war mehr als mulmig zumute.

„Glaube mir, ich bin schon unzählige Male auf Horus geflogen. Ich weiß, was ich mache. Keine Sorge!"

Meine Mutter lachte nur, wartete ab, bis ich saß und setzte sich dann selbst hin. Im selben Augenblick stand der riesige Drache auf, es wackelte fürchterlich und ich krallte mich fast panisch am Stachel vor mir fest. Dann stieß er sich auch noch vom Boden ab. Er breitete die Flügel aus und schlug kräftig damit. Sofort erhob er sich in den Himmel und durchstieß die Wolkendecke. Ich schloss ängstlich die Augen. Das konnte doch nie im Leben gutgehen. Aber es passierte nichts. Wir flogen - das schon - aber eher ruhig und nur der Wind wehte uns etwas kühl um die Ohren. Erst mit der Zeit öffnete ich die Augen und blickte zunächst vorsichtig und ängstlich, bald aber neugierig und fasziniert hinunter auf die Erde.