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Magische Welten 02

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„Du bist deiner Mutter sehr ähnlich."

„Und die hatte Spaß an der Ausbildung?"

„Ich glaube schon. Natürlich hat sie auch der Ehrgeiz getrieben, Orissos vom Thron zu stoßen, der einst ihren Eltern gehört hatte. Aber ich denke, sie hatte dabei auch Spaß."

„Warum mache ich mir dann Sorgen?"

„Weil du noch nicht weißt, was alles auf dich zukommt. Das ist doch normal, dass dich das verunsichert."

„Du meinst, ich sollte es locker nehmen und einfach nur schauen, auf was ich zugehe?"

„Es kommt doch sowieso, wie es kommt."

„Du bist ein weiser Mann."

„Ich werde immer für dich da sein, wann immer du Hilfe brauchst."

„Danke!"

Ich drehte mich zu ihm um und umarmte den alten Mann etwas steif. Er war mir sympathisch, das musste ich mir ehrlich eingestehen, aber andererseits war er mir doch auch noch immer etwas fremd. So lange kannten wir uns nun auch wieder nicht.

„Das wird schon noch. Ich finde dich auch sympathisch", grinste er.

Nun musste auch ich lachen. An das würde ich mich wohl nie gewöhnen, dass er in meinen Gedanken wühlen konnte. Aber andererseits war es auch cool. So waren Missverständnisse von vorneherein ausgeschlossen. Er zumindest wusste, was ich sagen wollte, auch wenn ich mich mal falsch ausdrücken sollte, und er wusste auf Anhieb, ob ich ihn richtig verstanden hatte.

„Ich gehe dann schlafen. Ich denke, morgen wird ein anstrengender Tag für mich."

Kapitel 4 -- Das Training beginnt

„Etwas beweglicher! Mein Gott, bist du steif. Du musst mehr in die Knie gehen, versuch flexibel zu bleiben, achte auf deinen Stand, wie hältst du das Schwert, das wird doch nie etwas", rief Keribim.

Ich bekam langsam Kopfschmerzen. Auf alles sollte ich achten und das auch noch gleichzeitig. Langsam hatte ich die Nase gestrichen voll davon, dass mich der Bursche immer nur kritisierte. Nie hatte er ein lobendes Wort für mich.

„Wie willst du so in einem Kampf bestehen?", brummte er.

„Will ich überhaupt einen Kampf?", knurrte ich zurück. „Nein, will ich nicht. Also lass mich gefälligst in Ruhe."

Ich warf mein Schwert ins Gras und setzte mich demonstrativ daneben. Ich hatte die Schnauze voll und war nur noch genervt. Mein Trainingspartner jedoch lachte nur laut auf.

„Sei nicht frustriert. Du schlägst dich doch ganz gut. Das will ich gar nicht abstreiten. Aber ich kann dich nicht ständig loben. Dann strengst du dich nie wieder an, wie es sich gehört."

„Zwischen immer loben und nie liegen Welten. Alle paar Stunden nur ein positives Wort, würde mir schon genügen", grinste nun auch ich.

Keribim setzte sich neben mich und lächelte mir aufmunternd zu. Er hatte mich unter seine Fittiche genommen und nur noch ab und zu kam Gerivin dazu, um die Fortschritte zu überprüfen und mir ein paar von seinen Tricks zu zeigen. Doch die meiste Zeit verbrachte ich mit Keribim.

„Dafür, dass du erst seit zwei Wochen hier bist, hast du schon sehr viel gelernt. Beim Bogenschießen macht dir keiner etwas vor und im Schwertkampf bist du auch schon gut für ein Mädchen."

„Was soll das denn schon wieder heißen, für ein Mädchen?", knurrte ich.

„Man merkt eben, dass dir noch etwas die Kraft fehlt. Aber in Wendigkeit, Reaktion und Variation im Kampf, kann ich kaum noch mit dir mithalten. Keine Ahnung, wie das wird, wenn du deinen Drachen findest und dich mit ihm verbindest. Dann bist du gar nicht mehr zu halten."

„Wie funktioniert das eigentlich, wenn man sich mit seinem Drachen verbindet?", fragte ich nach.

Keribim schaute mich überrascht an. Er schien kurz zu überlegen. Dann setzte er sich etwas gerader hin.

„Du hast den Drachen deiner Mutter gesehen?"

„Horus, ja, warum?"

„Er und deine Mutter sind Seelenverwandte. Hat sie dir das nicht erklärt?"

„Sie hat mal davon gesprochen, aber ich habe nicht ganz verstanden, was sie damit gemeint hat", gab ich ehrlich zu.

„Deine Mutter und Horus sind wie füreinander bestimmt. Sie fühlen, was der andere fühlt, sie können miteinander über Gedanken kommunizieren, sie lieben sich und können ohne den anderen nicht existieren. Das zwischen einem Drachen und seinem Reiter ist eine unglaublich enge Bindung, die nie mehr zerrissen werden kann, wenn sie einmal geschlossen wurde."

„Wie kommt man zu seinem Drachen?"

„So genau weiß ich das nicht. Da musst du Mama fragen. Die ist ja auch Drachenreiterin und kann es dir sicher erklären."

„Können wir für heute Schluss machen?", quengelte ich. „Ich bin müde."

Ich war nicht wirklich müde. Ich hätte noch locker eine Stunde dranhängen können, aber das mit dem Drachen interessierte mich plötzlich brennend. Zum Glück hatte offenbar auch Keribim keine Lust mehr, das Training fortzusetzen, und so machten wir uns auf den Heimweg.

„Du hast es heute aber eilig", meinte er.

Ich aber ging nicht weiter auf seine Bemerkung ein. Ich rannte fast schon zum Haus und verschwand umgehend in der Küche, wo ich auf Sofie traf, wie ich gehofft hatte.

„Tante Sofie, darf ich dich etwas fragen?"

„Nur zu, was interessiert dich?"

„Wie findet man seinen Drachen?"

Sofie lächelte mich an. Sie mochte es, wenn ich sie Tante nannte. Sie war zwar nur eine gute Freundin meiner Mutter und nicht mit mir verwandt, aber für mich war sie in den letzten zwei Wochen immer da gewesen. Sie war nicht meine leibliche Tante, aber das störte mich nicht.

„Komm, setzen wir uns einen Moment, dann erzähle ich dir alles, was du wissen willst", meinte sie. Sie bot mir Platz am Tisch in der Küche an und setzte sich mir gegenüber auf einen Stuhl. „Das mit den Drachen ist so, dass die Drachenreiter in den ersten Wochen ihrer Ausbildung in der Drachenschule, den Drachenhort besuchen. Dort liegen die Dracheneier in den Nestern. Sie werden von den Müttern streng bewacht und es ist nicht ratsam, sich ihnen zu weit zu nähern. Wie alle Mütter, verteidigen auch Drachen ihren Nachwuchs mit ihrem Leben."

„Müssen die Schüler zu den Eiern?"

„Das ist etwas komplizierter. Die Schüler wandern in sicherer Entfernung an den Nestern vorbei. Sie müssen dabei die Drachenmütter und ihre Eier grüßen. Wenn der richtige Schüler oder die richtige Schülerin vorbeigehen und grüßen, spürt das Drachenbaby im Ei die Verbindung und gibt Laute von sich. Diese hört die Mutter mit ihrem feinen Gehör und nickt dem Jugendlichen zu, der vom Baby ausgesucht wurde. Dieser darf dann zur Mutter und zum Ei. Von diesem Tag an sollte man so viel Zeit wie möglich mit seinem Ei verbringen."

„Und der Mutter?", frage ich mit etwas Angst in der Stimme. „Lassen die den Burschen oder das Mädchen einfach so zum Ei?"

„Die Drachenmütter sind froh, wenn ihre Kinder den richtigen Reiter gefunden haben. Sie tun dem ganz sicher nichts. Sonst würden sie ja ihr Junges unglücklich machen."

„Und wie lange musstest du auf das Ei aufpassen?"

„Bei mir war es nicht einmal eine Woche, dann ist mein Drache geschlüpft. Ich hatte dabei sogar das ganz große Glück, anwesend zu sein, als das Drachenmädchen geschlüpft ist. Mein Gott, war sie niedlich."

„Wie groß war sie beim Schlüpfen?"

Ich hatte ihren Drachen, Eloise hieß sie, gesehen. Sie war blau in vielen verschiedenen Schattierungen, ein wirklich schöner Drache. Horus war etwa doppelt so groß und mächtig, aber Eloise war von einem unglaublich schönen Blau. Optisch konnte Horus mit seinen Grauschattierungen und dem Schwarz nicht mit ihr mithalten.

„Dann muss ich noch warten bis ich bei Tante Luna bin", sagte ich etwas enttäuscht.

„Bei dir könnte es etwas anders laufen. Ich bin mir sogar sicher."

„Wie anders laufen?"

„Du bist die Prinzessin des Schattenlandes, so wie es damals deine Mutter war. Als angehende Königin hatte sie eine besondere Stellung und ihr Drache war schon lange vor ihrem Zusammentreffen geschlüpft. Horus hat sie hier gefunden. Auf der Wiese vor unserem Haus sind sich die beiden zum ersten Mal begegnet."

„Da muss meine Mutter ganz schön erschrocken sein?"

„Sie hatte zuvor von Horus geträumt. Aber ja, es war doch eine große, wenn auch schöne Überraschung für sie."

„Glaubst du, mein Drache findet mich auch? Was werde ich für einen Drachen haben? Werde ich je eine Drachenreiterin sein?"

„Möchtest du eine werden?"

„Ja, das möchte ich. Seit ich mit Mutter auf Horus geflogen bin, träume ich davon. Es war unglaublich."

„Ja, es ist unglaublich. Auch für mich ist es jedes Mal aufs Neue faszinierend."

„Du wolltest mir auch die magischen Wesen zeigen."

„Das werde ich auch", meinte sie nachdenklich. „Ich denke, wir besuchen heute Horx."

„Wer ist Horx?"

„Das ist der mächtigste Magier und der Wächter der toten Könige und Königinnen."

„Ein Magier?"

„Ja genau, ein Magier, wie du ihn dir vermutlich vorstellst, wenn du Kinderbücher gelesen hast."

„Mit Sternenmütze und so?"

„Ja, mit Sternenmütze und so", lachte Sofie. „Aber jetzt lass uns das Abendessen zubereiten. Je schneller wir damit fertig sind, umso früher kommen wir zu Horx."

Nur zu gern ließ ich mir das sagen. Ich half Tante Sofie an diesem Abend noch lieber das Abendessen zu kochen, denn ich war schon sehr gespannt auf Horx. Ich hatte noch nie in meinem Leben einen Magier gesehen.

Als das Essen um war, erhob sich Tante Sofie und ich folgte ihr. Gordin blickte neugierig zu uns herüber. Er hatte es sich bereits im alten Sessel vor dem Kamin gemütlich gemacht.

„Du willst mit Horx beginnen?", erkundigte er sich.

Woher wusste er, dass wir zu Horx gehen wollten? Weder Sofie noch ich hatten ein Wort darüber verloren. Doch da fiel es mir wieder ein. Er konnte schließlich Gedanken lesen.

„Ein wenig Praxisunterricht in Sachen magische Wesen", antwortete Sofie.

„Und da beginnst du ausgerechnet mit dem alten Zwerg", grinste Gordin.

„Er ist inzwischen viel umgänglicher und ich glaube, ein Magier ist noch etwas, das Siena sich vorstellen kann."

„Was gibt es denn sonst noch für Wesen?", wollte ich wissen.

„Da hätte ich eine ganze Menge im Angebot", grinste Sofie. „Vampire, Trolle, Werwölfe, um nur die wichtigsten aufzuzählen."

„Vampire? Trolle? Werwölfe?", starrte ich sie entgeistert an.

„Dazu noch Feen und Elfen, aber es gibt auch noch Zwerge, Greife und Orks, aber die leben zum Glück weit weg, noch ein ganzes Stück hinter dem Drachenland."

„Mein Gott, in welcher Welt lebt ihr?"

„Du lebst auch in dieser Welt", kicherte Sofie. „Du wirst eines Tages sogar die Hüterin dieser magischen Welt. Und jetzt komm!"

Sie nahm mich bei der Hand, zog mich aus dem Haus und hinein in den Wald. Ich folgte ihr, ohne lange nachzudenken. Wir erreichten drei Tannen und ich hörte eine wunderschöne Musik. Ich staunte nicht schlecht, denn hier im Wald hätte ich nie erwartet, Musik zu hören. Als ich neugierig hinter den Bäumen hervorlugte, sah ich das Licht und folgte ihm.

„Kommst du ab jetzt allein zurecht?", wollte Sofie wissen.

„Ich soll allein gehen?"

„Der Magier ist nicht gefährlich. Er ist zwar etwas eigen, aber im Grunde seines Herzens ein guter Mann", beruhigte sie mich. „Außerdem könnte es bei ihm länger dauern."

„Na gut. aber bei den Vampiren bist du dabei?"

„Ja, dann schon", lächelte sie.

„Gut, dann gehe ich einfach in die Höhle dort drüben hinein?"

„Ja, dann triffst du auf Horx. Du erkennst ihn sofort."

Mit einem etwas mulmigen Gefühl in der Magengrube ging ich auf die unnatürlich hell erleuchtete Höhle zu und schlich vorsichtig Schritt für Schritt hinein. Ich kam in eine große Halle, in der unglaublich intensive Farben von den Wänden gespiegelt wurden. Es war ein faszinierendes Bild.

„So hat deine Mutter auch gestaunt?"

Eine kratzige Stimme riss mich aus meinen Gedanken. Ich schaute mich unsicher um und entdeckte einen komischen Kauz. Er hatte eine lange und steife Zipfelmütze mit dem Sternenhimmel drauf, einen langen, weißen Bart und besonders komisch waren die Schuhe.

„Nicht schon wieder?"

„Was denn?", fragte ich verunsichert.

„Genau, wie deine Mutter. Sie hat auch gedacht, ich sei ein komischer Kauz."

„Kannst du etwa auch Gedanken lesen?"

„Kann ich."

Oh Mann, noch so einer. Gibt es in dieser magischen Welt alles nur alte Männer, die einem im Kopf herumgeistern? Dieser Gedanke kam mir unweigerlich in den Sinn.

„Das mit den alten Männern nimmst du zurück", protestierte er. „Ich bin doch erst 912 Jahre alt."

„912 Jahre alt und da willst du nicht alt sein?", staunte ich nicht schlecht.

„Du hast ja keine Ahnung vom Alter."

„Woher willst du eigentlich wissen, wer meine Mutter ist?"

„Königin Aurora gleicht dir. Nicht unbedingt äußerlich, aber der Charakter. Das freche Wesen und das reine Herz sind unverwechselbar."

„Das reine Herz?", fragte ich überrascht.

„Deine Mutter war die erste mit einem reinen Herzen, welche diese Höhle betreten hat. Nur deshalb konnte ich die Verbindung zu ihren Eltern herstellen, die wenig vorher gestorben waren."

„Du hast ihr ermöglicht, mit meinen Großeltern zu sprechen?"

„Ja, das konnte ich und ich bin heute noch froh, dass ich es geschafft habe."

„Könnte ich sie auch sehen? Nur für einen klitzekleinen Moment. Bitteeeee!"

„Sie sind schon lange nicht mehr in der Zwischenwelt", meinte er nachdenklich. „Aber wir könnten es schaffen, wenn wir zur Grotte reisen."

„Zu welcher Grotte?"

„Dort, wo alle Könige und Königinnen beigesetzt wurden."

„Na dann los! Worauf wartest du noch? Pack ein paar Sachen zusammen, wir brechen gleich auf", forderte ich.

„Ungeduldig und immer unter Hochspannung, wie deine Mutter."

„Wir sollten eben keine Zeit verlieren", meinte ich entschuldigend und zuckte mit den Schultern.

Er aber lachte nur. Fast hätte ich ihm die passende Antwort gegeben. So etwas Unerhörtes, er lachte mich aus!

„Komm, wir brauchen keine Sachen packen", meinte er vergnügt.

„Nicht?"

„Komm her!"

Ich ging auf ihn zu, er nahm mich, ohne zu warten, bei der Hand und murmelte einige Sätze, die ich nicht verstand. Noch bevor ich fragen konnte, was er da für eine Sprache verwendete, verschwamm alles um uns herum. Ich kam mir vor, wie in einem Wirbelwind gefangen, es gab ein fürchterliches Durcheinander und als ich endlich wieder klar sehen konnte, befand ich mich in einer Höhle. Sie war feucht und an den Wänden brannten Fackeln.

Vorsichtig blickte ich mich um. Von der Haupthöhle gingen immer wieder Nischen ab. Darin stand meist ein Sarkophag, manchmal auch zwei. Am Eingang konnte ich jeweils ein Schild erkennen, auf dem Namen vermerkt waren. Trotz meiner Neugier bewegte ich mich langsam und ging mit leicht gebeugtem Haupt. Ohne es zu wollen, zollte ich den Toten die Ehre, die ich spürte, ihnen schuldig zu sein.

Als ich einen Moment zu Horx hinüberblickte wurde mir bewusst, dass er mich mit Wohlwollen musterte.

„Ich sehe es gerne, wenn die Jugend noch weiß, wie sie sich zu benehmen hat", meinte er.

„Diese Menschen haben sich für ihr Volk aufgeopfert. Wenn ich sehe, wie sehr sich meine Mutter um das Reich kümmert und immer bemüht ist, nur das Beste zu geben, dann nehme ich an, dass auch alle anderen, sich genauso eingesetzt haben."

„Nicht alle, aber viele", meinte Horx.

„Wo sind meine Großeltern?", wollte ich wissen.

Horx ging weiter in die Höhle hinein und ich folgte ihm. Wir kamen zu einer Nische, in der zwei Steinsärge nebeneinander und doch irgendwie vereint dastanden. Ich ging auf die Sarkophage zu.

„König Hiobus und Königin Nurien", las ich laut vor.

Hier also lagen meine Großeltern begraben. In der Kapelle des Schlosses gab es an einer Wand zahlreiche Tafeln mit den Namen der Könige und Königinnen und eine davon war auch meinen Großeltern gewidmet. Mir war aber schon als Kind klar gewesen, dass sie nicht dort begraben sein würden.

„Wo sind wir hier?", fragte ich.

„Wir befinden uns in einer Höhle, die nur über einen See im Drachenland betreten werden kann, außer man besitzt magische Kräfte oder die Gabe deiner Mutter."

„Sie war auch schon hier?", erkundigte ich mich. „Natürlich war sie auch schon hier", gab ich mir selbst die Antwort.

„Sie hat nach Jahrhunderten, in denen niemand wusste, wo das Grab der Königinnen und Könige zu finden sei, diesen Ort wiederentdeckt. Deine Mutter war und ist eine unglaubliche Frau."

„Das sagen mir alle, denen ich in den letzten Tagen begegnet bin."

„Dann solltest du es langsam glauben."

„Das tue ich."

Eine Zeit lang standen wir vor dem Grab meiner Großeltern und schwiegen. Ich hing meinen Gedanken nach. Wie sollte ich in die Fußstapfen einer Frau treten, die alle nur als Heldin sahen. Da konnte ich doch nur verlieren.

„Du wirst eine genauso großartige Königin. Da bin ich mir sicher", riss mich Horx aus meinen düsteren Gedanken.

„Woher ...? Ach du alter Hirngrabscher", neckte ich ihn. Ich musste aber selbst lachen und so verstand auch Horx, dass ich es nicht so ernst meinte.

„Du wolltest deine Großeltern treffen?"

„Wenn das geht, gerne."

„Stell dich vor die Sarkophage", wies er mich an.

Ich tat es und bemerkte, dass er in den Hintergrund trat. Plötzlich flimmerte etwas vor mir und zwei Gestalten kristallisierten sich, wie aus dem Nichts.

„Hallo Siena", sagte die Frau. „Schön, dich zu sehen."

„Ihr seid meine Großeltern?", erkundigte ich mich ungläubig.

„Wir sind Auroras Eltern und es freut uns, dass du uns besuchst. Es ist schön, dich kennenzulernen", meinte der Mann.

Ich wusste einfach nicht was sagen. Wir blickten uns lange Zeit nur in die Augen. Aber wir mussten auch nicht sprechen, jeder wusste, was der andere dachte und konnte die Gefühle der anderen spüren. Das sagte viel mehr als Worte.

„Wir haben nicht lange Zeit. Horx muss sich fürchterlich anstrengen. Wir wollen dir aber noch sagen, wir sind stolz auf Aurora. Sie ist eine wunderbare Königin und du wirst es ihr gleichtun. Du wirst eine würdige Nachfolgerin und das Volk könnte sich keine bessere Herrscherin wünschen als dich."

„Oma, Opa, ich bin mir nicht sicher."

„Aber wir sind uns sicher. Schließlich können wir in die Zukunft blicken und nun lebe wohl. Wir sehen uns in vielen Jahren in einer anderen Welt wieder."

Damit verblasste das Bild der beiden auch schon wieder. Ich streckte den Arm aus und sagte „Oma warte!". Aber ich konnte nicht verhindern, dass sie ganz verschwanden, und deshalb fügte ich noch ein gehauchtes „Opa" hinterher.

Glücklich und traurig zugleich blickte ich mich nach Horx um. Er saß auf einem Stein und schien geschwächt zu sein.

„Danke, dass ich sie kennenlernen durfte", sagte ich. „Du hast mir eine ganz, ganz große Freude gemacht."

„Immer gerne Prinzessin. Deine Mutter war genauso dankbar und sie war mir auch immer eine gute Freundin."

„Das werde ich auch sein, auch wenn ich vermutlich etwas frecher sein werde", kicherte ich zum Schluss.

„Ich mag, wenn du frech bist und mich einen alten Kauz nennst. Das traut sich heutzutage keiner mehr", kicherte er.

„Schaffst du es, uns zurückzubringen?", erkundigte ich mich.

Er nahm mich bei der Hand, wie er es schon in seiner Höhle getan hatte und murmelte die Sätze. Sie klangen diesmal ähnlich, aber doch ein kleines bisschen anders. Vermutlich, weil wir den Rückweg antreten wollten.

Aber es geschah nichts. Er versuchte es ein zweites und ein drittes Mal. Aber auch diese Versuche blieben erfolglos.

„Wir sitzen hier fest. Es tut mir leid", murmelte er schuldbewusst.

Dabei zuckte er mit den Schultern. Er hatte zu allem Überfluss ein komisches Grinsen im Gesicht. Ob er sich tatsächlich freute, dass wir nicht mehr wegkamen oder ob es wohl eher ein Verlegenheitslächeln war, konnte ich nicht genau sagen. Allerdings machte sich in mir allmählich Panik breit. Was für eine Zukunft hatte ich vor mir, wenn ich hier festsaß, Da war dann nichts mehr mit der guten Königin, die nicht zu scheuen brauchte, in die Fußstapfen einer übermächtigen Mutter zu treten. Sie war aus dem Rennen, ich war aus dem Rennen.

„Bring uns zurück!", befahl ich.

Es war pure Verzweiflung. Aber plötzlich bewegte sich etwas und wir wurden herumgewirbelt, stärker als zuvor. Ich spürte Macht. Ein Blick zu Horx schockte mich. Er war verwirrt, das konnte ich deutlich erkennen. Aber warum war er so überrascht? Er war es doch, der die Magie wirken ließ.