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Magische Welten 02

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„Das ist ja unglaublich!", entkam mir. Ich war begeistert.

„Na siehst du, ist doch gar nicht so schlimm", meinte meine Mutter.

Horus drehte einige Runden und ich konnte einen Teil des Königreichs überblicken. Es war atemberaubend schön, die Landschaft, die Häuser und manchmal auch Menschen von hier oben aus zu sehen. Die Häuser waren klein, die Straßen zogen sich wie Fäden über das Land und die Felder standen voller Früchte. Menschen waren nur winzig kleine Punkte, die sich bewegten. Immer wieder entdeckte ich etwas Neues. Ich war fast schon enttäuscht, als der Drache langsam wieder an Höhe verlor und auf einer großen Wiese vor einem Haus zur Landung ansetzte.

„Wie hat es dir gefallen?"

„Das war sensationell. Irgendwie mag ich Horus. Wird mein Drache auch so stark und freundlich zu mir sein."

„Wie groß ein Drache ist, hängt von seinem Reiter ab. Ein mächtiger Krieger bekommt einen großen und starken Drachen."

„Dann bist du sehr mächtig?", erkundigte ich mich.

„Das bin ich."

„Und ich?"

„Das kann ich noch nicht sagen. Das hängt davon ab, wie sich die Magie von Vater und mir auf dich und deinen Bruder verteilt hat."

„Ich hab sicher deine Macht geerbt", stellte ich voller Stolz fest.

„Das werden wir sehen", schmunzelte meine Mutter amüsiert. „Übrigens, Horus findet dich auch ganz sympathisch."

„Tut er das?" erkundigte ich mich skeptisch.

„Er hat es mir selbst gesagt."

„Das freut mich. Und wo sind wir hier gelandet?", wechselte ich das Thema.

„Zu diesem Haus bin ich seinerzeit gekommen, weil mich ein guter Freund abgefangen und hierher mitgenommen hat. Sonst wäre ich vermutlich im Wald elend zugrunde gegangen", erzählte meine Mutter.

Dies war also eine weitere Etappe ihrer damaligen Flucht aus dem Schloss. Ich blickte mich neugierig um. Es war alles eher normal. Es war eine größere freie und etwas abschüssige Fläche mitten in einem Wald. Oben stand ein Haus, das einem Jäger gehören könnte. Darunter zog sich die Wiese hinab zum Waldrand.

Wir stiegen ab und gingen auf das Haus zu. Davor befand sich eine Bank, auf der ich einen alten Mann ausmachen konnte. Ein Lächeln spielte um seine Mundwinkel und sein Blick ruhte liebevoll auf meiner Mutter.

„Eure Hoheit, sei gegrüßt. Welche Freude! Du hast endlich wieder einmal die Prinzessin mitgebracht?", meinte er.

„Ja, das ist Siena, meine Erstgeborene, du kannst dich noch an sie erinnern?", stellte meine Mutter mich vor. „Siena, das ist Gordin. Er ist so etwas wie ein väterlicher Freund für mich."

„Ich war schon einmal hier?", wollte ich wissen. Die Worte der beiden ließen keinen anderen Schluss zu.

„Als ganz kleines Baby habe ich dich den magischen Wesen vorgestellt. Daran kannst du dich aber ganz bestimmt nicht erinnern."

„Den magischen Wesen?"

„Dazu kommen wir später. Erst einmal möchte ich dir Gordin und seinen Enkel Gerivin vorstellen."

„Hallo Fräulein, ich bin kein alter Kautz, schreibt dir das hinter die Ohren", meinte der Alte plötzlich. Dabei hatte er ein breites Grinsen im Gesicht.

Ich erschrak. Wie konnte er wissen, dass ich wenig vorher gedacht hatte, dass er ein alter Kautz sei. Genau diese Worte waren mir durch den Kopf gegangen.

„Er kann Gedanken lesen, also halte dich lieber etwas zurück", erklärte mir Mutter und grinste breit.

„Der kann was?", fragte ich geschockt.

„Gedanken lesen", antwortet Gordin. „Auch, wenn du es nicht glauben willst. Aber da bist du nicht allein. Deine Mutter konnte es am Anfang auch nicht verstehen."

„Aurora! Aurora, wie schön, dich zu sehen", rief eine Frau, die in dem Moment aus dem Haus gestürmt kam und uns unterbrach.

Sie war in etwa so alt, wie meine Mutter. Die beiden fielen sich in die Arme und drückten sich. Sie waren eindeutig Freundinnen.

„Und wen haben wir denn da?", erkundigte sich die Frau, als sie sich von meiner Mutter gelöst hatte und mich erblickte.

„Prinzessin Siena", stellte mich meine Mutter vor.

„Ist die auch so mächtig wie du?"

„Sie ist erst 16."

„Ach so! Hallo Siena, ich bin Sofie, eine Drachenreiterin und Freundin deiner Mutter. Komm mit, ich muss dir alles über deine Mutter erzählen. Sie selbst hat dir sicher nicht alles berichtet, sie ist ja immer so bescheiden", plapperte Sofie drauflos. Ich fand sie auf Anhieb sympathisch, war allerdings ein klein wenig überfordert.

Sie nahm mich einfach bei der Hand und zog mich die Wiese hinab in Richtung einer Bank am Waldrand. Ich blickte mich zunächst etwas besorgt zu meiner Mutter um. Mir ging das alles viel zu schnell. Doch als diese nur nickte und lächelte, ließ ich mich von der quirligen Frau bereitwillig mitziehen.

„Das ist also schon die nächste Generation. Ich bin gespannt, welche Kräfte in ihr schlummern", hörte ich noch Gordin sagen. „Sie wird es auf jeden Fall leichter haben als du damals. Wie ich sehe, bereitest du sie auf ihre Aufgabe vor. Das ist gut, sehr gut sogar!"

Kapitel 2 -- Eine neue Seite meiner Mutter

„Deine Mutter ist eine echte Heldin. Für mich ist sie die Allergrößte", begann Sofie. In ihrer Stimme schwang ehrliche Begeisterung mit und das Leuchten in ihren Augen war unverkennbar.

„Eine Heldin? Wie meinst du das?"

Nun war Sofie nicht mehr zu stoppen. Sie plapperte drauflos und erzählte mir unzählige Geschichten von meiner Mutter, aber auch von meinem Vater, die ich so noch nie gehört hatte und auch nie für möglich gehalten hätte. Ich konnte dank ihrer Erzählungen in eine für mich völlig neue aber auch wirklich faszinierende Welt eintauchen.

Meine Mutter war tatsächlich eine unglaublich mutige und starke Frau. Sie hatte das Land von einem Tyrannen befreit, sie hatte gegen ihn gekämpft und ihn vernichtend geschlagen. Anschließend hat sie das Land wieder neu aufgebaut und zu seiner heutigen Blüte geführt. Sie hat Großes geleistet und diese Frau ist meine Mutter! Ich habe schon immer zu ihr aufgeschaut, aber diese neue Seite an ihr ist noch viel beeindruckender.

Wir saßen lange auf der Bank am Waldrand. Es begann schon langsam dunkel zu werden, als wir zum Haus zurückkehrten. Zu Mittag hatte uns Sofies Mann, Gerivin hieß er, etwas zu Essen gebracht. Damit wir nicht verhungern, hat er gemeint.

„Das hat deine Mutter gekocht", lachte er.

„Meine Mutter? Gekocht?", erkundigte ich mich. Dabei zog ich die linke Augenbraue nach oben. Meine Mutter kocht doch nie.

„Sozusagen", lachte er.

Ich schaute wohl etwas dumm drein. Daraufhin erzählte mir Sofie von der Gabe meiner Mutter, sich Dinge wünschen zu können und dass sie auf diese Weise, früher in der Drachenreiterschule, immer die Freundinnen mit Essen versorgt hatte, wenn sie nicht in den Speisesaal gehen wollten.

Plaudernd hatten wir das Haus erreicht. Der Tag war so schnell vergangen. Irgendwie hätte ich noch viel, viel länger mit Sofie reden und mir ihre Geschichten anhören können. Die Erzählungen über meine Mutter waren besser als jeder Roman. Noch dazu waren sie wahr.

„Komm bald wieder vorbei. Du bist immer herzlich willkommen", meinte Sofie. „Ich muss dir doch noch die magischen Wesen vorstellen."

„Die magischen Wesen?", erkundigte ich mich.

„Du wirst schon sehen", meinte Sofie aber nur geheimnisvoll.

Ich würde ganz sicher wiederkommen. Das nahm ich mir fest vor. Ich hatte in nur einem Tag so viel Neues über meine Mutter erfahren, dass ich nun ein ganz anderes Bild von ihr hatte. Ich hielt sie immer für friedliebend und musste heute erfahren, dass sie auch anders sein konnte, dass sie auch eine Kriegerin war, dass sie gekämpft und gesiegt hatte. Außerdem wollte ich wissen, was es mit diesen magischen Wesen auf sich hatte, von denen alle sprachen.

Beim Haus trafen wir auf meine Mutter, Gordin, Gerivin und einen jungen Mann, etwa in meinem Alter. Er lächelte mich schüchtern an.

„Hallo, ich bin Keribim. Du musst Siena sein."

„Ja, die bin ich. Freut mich, dich kennenzulernen, Keribim."

Er war einen Kopf größer als ich, recht muskulös gebaut und hatte ein süßes Lächeln. Normalerweise interessierten mich Jungs nicht wirklich. Das hatte auch einen guten Grund. Am Hof meiner Eltern liefen fast nur herausgeputzte und schmächtige Bürschchen herum, die meist auch noch fürchterlich eingebildet waren. Ich fragte mich immer, auf was sie sich etwas einbilden. Vermutlich auf ihren Titel, aber der war ganz und gar nicht ihr Verdienst.

Für diese Weichlinge hatte ich mich nie sonderlich begeistern können. Meine Eltern haben mich und meinen Bruder immer sehr salopp erzogen. Wir durften auch am Kampftraining teilnehmen, sogar ich als Mädchen. Manchmal hat uns auch unsere Mutter trainiert und wir durften viel Sport machen. Auch unsere Kleidung war meist praktisch und entsprach nicht immer den höfischen Gepflogenheiten. Das war aber meinen Eltern zum Glück egal. Sie betonten immer, dass es wichtig sei, dass wir uns wohlfühlen.

Obwohl ich langsam in das Alter kam, in dem die Eltern sich um einen möglichen Ehepartner für ihre Sprösslinge umsahen, ließen meine Eltern solche Avancen bisher immer ins Leere laufen. Natürlich war ich als Prinzessin und Thronerbin für alle heiratsfähigen Männer von Interesse. Ich war das begehrteste Mädchen im ganzen Reich. Allerdings hatten die meisten mehr Interesse am Titel als an mir. Einer erklärte mir allen Ernstes, er würde ein guter König sein und ich würde mit Stolz zu ihm aufblicken können. Dem habe ich sofort meine Meinung gegeigt. Ich würde nie und nimmer den Thron abgeben und zu einem Mann aufblicken, das wollte ich schon gar nicht. Ich wollte einen Mann auf Augenhöhe!

Die Entscheidung über meinen Mann stand zum Glück allein mir zu. Einmal hatte meine Mutter mit mir darüber gesprochen und mir bei dieser Gelegenheit versichert, dass ich allein meinen Ehemann aussuchen dürfte. Auch sie habe sich nicht von ihrem Vater dreinreden lassen und würde es bei mir ganz bestimmt auch nicht tun.

„Was hältst du davon, wenn Gerivin und Keribim dir in den nächsten Wochen das Kämpfen beibringen. Du könntest ein paar Wochen hier wohnen", schlug meine Mutter vor.

Ich fiel bei diesem Angebot aus allen Wolken. Wir hatten nie darüber gesprochen, dass ich von zuhause wegbleiben sollte. Ich konnte mir andererseits aber gut vorstellen, dass es eine völlig neue und schöne Erfahrung werden könnte. Ich war von der Idee aber nicht gänzlich überzeugt.

„Ich soll das Kämpfen lernen? Ich kann es ja schon", entgegnete ich.

„Das richtige Kämpfen meine ich."

„Du meinst, das Training bei uns am Hof war Firlefanz?"

„Das auch wieder nicht, aber wenn du dich ein paar Wochen auf das richtige Verhalten in einem echten Kampf konzentrieren könntest, dann würdest du sicher noch viel dazulernen. Du würdest zu einer echten Kriegerin ausgebildet."

„Brauche ich das?"

„Ich hoffe nicht. Aber man weiß nie, was im Leben kommt. Außerdem möchte ich dich nach dem Kampftraining hier, drei Jahre an die Drachenreiterschule und zu Tante Luna schicken. Da wäre eine gute Kampfausbildung eine sehr gute Basis."

„Zur Drachenreiterschule?", erkundigte ich mich überrascht. „Drei Jahre lang?"

„Dort kannst du auch den Umgang mit den Elementen lernen, sobald sie zum Vorschein kommen."

„Nicht zu vergessen ihre Gabe", ergänzte Sofie.

„Wie ich sehe, habt ihr mein Leben bereits bis ins kleinste Detail geplant. In welches Altersheim komme ich, wenn ich einmal abdanke?", scherzte ich.

„Mein Kind", meinte Mutter fürsorglich. Sie nahm mich liebevoll in den Arm. „Ich will doch nur das Beste für dich. Du sollst zu einer starken und vor allem unabhängigen Frau heranwachsen. Ich habe erlebt, wie hilflos ich plötzlich als verwöhnte Prinzessin dastand. Ich hätte nicht eine Woche lang ohne fremde Hilfe im Wald überlebt. Erst hier habe ich gelernt, mich zu verteidigen und wurde zu einer starken Kriegerin. Ich möchte nur, dass du auf das Leben vorbereitet bist."

„Sie möchte aus dir gerne eine mutige Frau machen, die für ihre Meinung und ihre Untertanen eintreten kann und nicht von einem Mann abhängig ist", ergänzte Sofie.

„Ich will dich ganz sicher zu nichts zwingen. Es ist deine Entscheidung. Aber, so wie ich dich kenne, wird es dir hier bei Gordin und seiner Familie sowie später an der Drachenreiterschule gefallen. Du liebst doch das Abenteuer. Außerdem darfst du nicht vergessen, dass irgendwo da draußen ein Drache auf dich wartet."

„Ich könnte hier und bei Tante Luna etwas erleben, glaubst du?"

„Mit Sicherheit! Vor allem, wenn du so vorlaut bist, wie deine Mutter", kicherte Sofie.

„Gut, dann machen wir es so", stimmte ich zu. „Wann geht es los?"

„Ich denke, du packst morgen deine Sachen zusammen und ich bringe dich übermorgen hierher", schlug meine Mutter vor.

„Super, dann kann ich dir die magischen Wesen vorstellen", meinte Sofie. „Das wird super!"

„Und ich kann morgen schon mal ein Programm zusammenstellen. Mein Sohn wird mit dir trainieren, aber die Tricks werde ich dir zeigen müssen", meinte Gerivin und Keribim nickte dazu.

„Na dann, steht ja schon alles fest", grinste ich. „Irgendwie freue ich mich darauf."

Kapitel 3 -- Ein neues Leben

Meinen Koffer durch den engen Gang zu ziehen, hätte ich mir leichter vorgestellt. Meine Mutter hatte mir zwar gesagt, dass ich so wenig wie möglich mitnehmen sollte, aber hey, eine Frau braucht eben die Dinge, die sie braucht. Mutter lachte nur. Sie hatte beim Packen immer wieder betont, ich würde nicht an den Hof eines anderen Königs ziehen, ich würde zur Kampfausbildung gehen.

Als Horus den Koffer sah, lachte auch er. Blöder Drache! Was soll er davon verstehen, was eine Frau mitnehmen muss, wenn sie gleich mehrere Wochen von zu Hause weg sein soll?

„Du musst auch immer deinen Senf dazugeben", grummelte ich in Richtung Horus.

„Er ist für Meinungsfreiheit", grinste meine Mutter.

„Uff, ich kann nicht einmal schimpfen, dass er mir das gefälligst selber sagen soll", grinste ich.

„Er mag dich auch", lachte meine Mutter.

Diesmal dauerte der Flug nicht lange. Da der Drache keine Extrarunden drehte und direkt die Wiese vor Gordins Haus ansteuerte, war der Spaß sehr schnell vorbei.

„Wenn ich kurz ins Schloss will, muss ich den ganzen Weg zu Fuß laufen?", brummte ich beim Absteigen.

„Wenn du lieb bist, fliegt Horus dich hin", bot meine Mutter an.

„Das wäre super. Aber wie kommuniziere ich mit ihm?"

„Du wirst ihn beobachten müssen. Das wäre kein schlechtes Training auch als Vorbereitung auf deinen Drachen", antwortete Mutter.

„Wie weiß er, dass ich ihn brauche?"

„Am besten, du rufst ihn."

„Und er hört mich, egal wo er ist?"

„So weit ist er nicht weg und Drachen haben ein ausgezeichnetes Gehör."

„So wie du?"

„Ich habe durch meine Verbindung mit Horus seine Augen und sein Gehör bekommen."

„Ah, deshalb ...!"

Nun ging mir ein Licht auf. Meine Mutter hörte Dinge, die sie eigentlich unmöglich hätte hören dürfen. Auch ihre Augen kamen mir unglaublich gut vor, besser als bei jedem anderen Menschen.

„Drachen müssen, wenn sie in der Luft sind, gut sehen und hören", erklärte sie weiter.

„Das leuchtet ein", überlegte ich. „Wird es bei mir auch irgendwann so sein, dass ich so gut hören und sehen kann wie ein Drache?"

„Wenn du deinen Drachen gefunden hast und mit ihm die Verbindung eingegangen bist, dann verändern sich deine Sinne."

Unser Gespräch wurde unterbrochen, da Sofie auf uns zukam. Sie strahlte über das ganze Gesicht. Die Drachenreiterin war eine Frohnatur.

„Hallo Sofie, hast du auch einen eigenen Drachen?", erkundigte ich mich.

„Natürlich. Es ist ein Mädchen und sie treibt sich die meiste Zeit mit Horus herum. Wundert mich, dass sie nicht bei euch ist. Die beiden sind normalerweise unzertrennlich. Aber komm jetzt, ich zeige dir dein Zimmer."

Sie ging vor ins Haus und ich folgte. Meine Mutter setzte sich an einen großen Tisch im Erdgeschoss, während wir eine Treppe nach oben stiegen. Sofie öffnete mir eine Tür und ließ mich eintreten. Die Kammer war sauber und hell. Trotzdem war sie kein Vergleich zu meinem Zimmer im Schloss. Das war aber egal, ich fühlte mich auf Anhieb wohl in meinem neuen Zuhause.

„Ich glaube, in diesem Zimmer hat auch deine Mutter gewohnt, als sie bei Gordin war."

„Da wird die verwöhnte Prinzessin aber schön geschaut haben."

„Soweit mir Gerivin erzählt hat, kam keine Klage über die Lippen deiner Mutter."

Da es bereits Abend wurde, ließ ich den Koffer einfach stehen und wir gingen wieder hinunter. Alle versammelten sich am Esstisch und schauten meine Mutter erwartungsvoll an.

„Was wollt ihr essen?", erkundigte sie sich schmunzelnd.

„Lasagne, das ist immer so viel Arbeit", meinte Sofie.

Gerivin, Gordin und Keribim stimmten zu und wenig später stand, wie aus dem Nichts, eine Terrine mit köstlich aussehender Lasagne am Tisch. Teller, Gläser und Besteck waren auch schon da.

„So geht das?", fragte ich.

„Wenn man meine Gabe hat, dann schon", grinste meine Mutter.

„So eine Gabe möchte ich auch bekommen", meinte ich und alle lachten.

Das Essen schmeckte köstlich und keiner sagte ein Wort. Alle genossen die leckere Lasagne und auch ich musste zugeben, dass ich nur selten etwas Besseres gegessen hatte.

Nach dem Essen musste meine Mutter zurück. Erst in diesem Moment wurde mir bewusst, dass für mich ein neuer Abschnitt im Leben begann. Ich war zum ersten Mal von meiner Familie getrennt. Allerdings war ich unter Freunden. Auch wenn es die Freunde meiner Mutter waren, so fühlte ich mich jetzt schon willkommen.

„Mach es gut, mein Schatz. Ich bin sicher, es wird dir gefallen", sagte sie und zog mich in eine innige Umarmung.

„Wenn nicht, fliege ich mit Horus zum Geheimgang und bin im Nu wieder im Schloss", grinste ich.

„Ich hoffe du hältst durch. Es ist eine gute Schule fürs Leben."

„Du wirst mich so schnell nicht wiedersehen", versicherte ich. „Versprochen!"

Ich war gewillt, stark zu bleiben. Das Bild der Heldin, das Sofie von meiner Mutter gezeichnet hatte, war für mich Ansporn genug, um zumindest so gut es ging, in ihre Fußstapfen zu treten. Ich würde durchhalten, komme was wolle.

Als meine Mutter sich auch von den anderen verabschiedet und auf ihrem Drachen davongeflogen war, stand ich noch einige Zeit vor dem Haus und blickte in den Himmel. Die anderen waren bereits zurück ins Haus gegangen. Nur Gordin saß noch, wie üblich, auf seiner Bank.

„Komm ein bisschen zu mir", meinte er. Dabei klopfte er neben sich auf das Holz der Sitzfläche.

Da ich sowieso nicht wusste, was ich mit meiner Zeit anfangen sollte, kam ich seiner Aufforderung nach. Zu meiner Überraschung sagte er jedoch kein Wort. Wir saßen eine Zeit lang einfach nur still da und jeder hing seinen Gedanken nach.

„Ich habe gesehen, wie deine Mutter von der verwöhnten Prinzessin zur Kriegerin und schließlich zur großartigen Königin wurde", sagte Gordin irgendwann. „Mir ist klar, dass im Moment alles neu und fremd für dich ist. Du fragst dich, wie sich dein Leben nun ändern wird und was alles auf dich zukommt. Ich bin mir aber sicher, aus dir wird eine starke und großartige Königin. Ich denke auch, du wirst Spaß an deiner Ausbildung haben."

„Du hast wieder meine Gedanken gelesen?", sagte ich etwas genervt.

„Entschuldigung, das ist eine Angewohnheit von mir. Ich kann nicht anders."

„Weißt du immer, was die anderen denken?"

„Meistens."

„Nur meistens? Nicht immer?"

„Wenn es jemand schafft, seinen Geist vor mir abzuschirmen, dann kriege ich nicht mit, was in seinem Kopf vorgeht."

„Das kann man?"

„Nur wenige können es. Deine Mutter zum Beispiel."

„Meine Mutter? Warum tut sie es dann nicht?"

„Keine Ahnung", meinte er und zuckte mit den Schultern. „Ich nehme an es ist gar nicht so schlimm für sie. Ich bin der, der sie versteht, ohne dass sie etwas sagen muss."

„Warum glaubst du, dass ich Spaß an meiner Ausbildung haben werde?", wollte ich wissen. Ich änderte bewusst das Thema, weil mir klar war, dass ich nicht verhindern konnte, dass er meine Gedanken liest. Im Moment zumindest noch nicht.