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Magische Welten 02

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Wir landeten etwas unsanft in seiner Höhle und als er vom Boden aufstand rieb er sich verlegen den Hintern.

„Was war das?", erkundigte er sich.

„Diesmal hast du es etwas holprig angehen lassen, aber es hat zumindest funktioniert. Nach der Anstrengung mit meinen Großeltern auch nicht verwunderlich", versuchte ich ihn zu beruhigen.

„Nein, mein Fräulein. Das war ich nicht", protestierte er.

„Wer denn sonst?"

„Du!"

„Ich? Ja genau! Ich habe uns zurückgebracht. Das glaubst du wohl selbst nicht."

„Doch, doch, das kannst nur du gewesen sein. Du hast unsere Rückkehr befohlen."

„Ich habe dich aufgefordert."

„Es hat wie ein Befehl geklungen."

„Du meinst ... ja ... was denn eigentlich."

„Du hast deine Gabe entdeckt."

„Kann ich das nicht erst mit 18?"

„Naja, bei Prinzessinnen und künftigen Königinnen ist das so eine Sache", meinte er nachdenklich. „Außerdem war da eine unglaubliche Macht dahinter. So etwas hätte ich nie zustande gebracht. Das kannst nur du gewesen sein."

„Du meinst jetzt aber nicht auch noch, ich sei mächtig?"

„Und ob!"

„Das kann ich nicht glauben."

„Lass dir etwas Zeit, verdau das Ganze erst einmal und sprich mit Gordin darüber. Er kennt sich in solchen Dingen besser aus."

„Danke Horx für alles", sagte ich. „Du hast vermutlich recht."

„Natürlich habe ich das", grinste er.

Ich zog ihn in eine innige Umarmung, dankte ihm nochmals für alles und machte mich nachdenklich auf dem Weg zurück. Da es schon spät war, war es bereits dunkel und ruhig im Haus. Ich schlich mich in mein Zimmer und legte mich ins Bett. Schlafen konnte ich in dieser Nacht kaum. Dabei schwirrten mir nicht nur die Gedanken an den Abend mit Horx durch den Kopf, in meinen Gedanken hatte sich auch ein Name eingenistet und wollte nicht mehr verschwinden: Saphira.

Kapitel 5 - Saphira

Am nächsten Morgen fühlte ich mich wie gerädert. Mir schwirrte der Kopf und meine Gedanken waren, als lägen sie in einem Nebel verborgen. Irgendwie arbeitete mein Gehirn immer noch, drehte sich aber nur noch sinnlos im Kreis. Was war das mit der Gabe und was hatte es mit dem Namen Saphira auf sich? Nur mühsam kam ich aus dem Bett.

Ohne Elan ging ich zum Frühstück, eher lustlos nahm ich mir eine Tasse Kaffee und nur ein kleines Stück Brot. Mit beidem ging ich vors Haus. Wie erwartet, saß Gordin bereits auf seiner Bank. Ich hoffte, er konnte mir weiterhelfen.

„Darf ich?", fragte ich und deutete auf den Platz neben ihm.

„Natürlich darfst du", grinste er. „Du hast doch etwas auf dem Herzen."

„Glaubst du, sonst würde ich mich zu dir setzten?"

„Oh doch, aber ich ... naja, deine Gedanken sind so wirr, dass nicht einmal ich einen Sinn darin erkennen kann."

„Du kannst nicht in meinen Gedanken lesen?"

„Auch das gibt's. Aber ich weiß, dass dich etwas sehr bedrückt. Du kennst dich nicht mehr aus."

„Genau genommen sind es zwei Sachen", gestand ich.

„Ah, deshalb das Chaos. Dann fang mit der ersten Frage an."

„Na gut", sagte ich und holte tief Luft. „Kann es sein, dass ich meine Gabe bereits gefunden habe?"

Der alte Mann schaute mich daraufhin sichtlich überrascht an. Eine Zeit lang sagte er gar nichts und ich war mir nicht sicher, was in seinem Kopf vorging. Ich konnte schließlich nicht Gedankenlesen.

„Das wäre schon sehr früh. Du bist erst vor kurzem 16 geworden", sagte er überlegend. „Aber unmöglich ist es nicht. Allerdings würde das bedeuten ..."

„Was würde es bedeuten", drängte ich ihn als er nicht weiterreden wollte.

„In dem Fall wärst du sehr mächtig, ausgesprochen mächtig sogar."

„Ich?"

„Bei deiner Mutter kamen ihre Aura und ihre Gabe auch früher. Aber nur um einen Tag. Wenn das bei dir schon zwei Jahre früher durchbricht, dann muss es etwas bedeuten."

„Das geschieht nur, wenn man mächtig ist?", erkundigte ich mich ganz zaghaft.

„Die Macht drängt an die Oberfläche. Bis zum 18. Geburtstag bildet dein Wesen eine Barriere, die das verhindert. Wenn nun aber die Macht besonders groß ist, schafft sie es, diese Barriere zu durchbrechen und schon früher herauszukommen. Aber bei dir fehlen zwei Jahre!"

„Das ist mir schon klar, dass es bei mir so früh ist. Muss ich mir Sorgen machen."

„Wie kommst du eigentlich dazu, zu glauben, du hättest deine Gabe bereits erhalten?"

Ich erzählte ihm, was mir am Abend zuvor mit Horx widerfahren war. Gordin hörte mir aufmerksam zu. Seinem Gesicht war die ganze Zeit keine Regung anzusehen, nicht ein Hauch einer Reaktion, war zu erkennen. Je länger ich erzählte, um so unsicherer wurde ich. Ich fragte mich, ob ich einfach nur etwas falsch interpretieren würde. Aber es war ja der Magier gewesen, der zur Überzeugung gekommen war, meine Gabe sei bereits hervorgekommen.

Als ich meine Erzählung geendet hatte, sagte der alte Mann zunächst gar nichts. Das irritierte mich noch mehr und ich wusste nicht, was ich denken sollte.

„Was sagst du?", erkundigte ich mich, als ich das Schweigen nicht mehr aushalten konnte. Ich war ungeduldig.

„Das ist in der Tat ausgesprochen merkwürdig", sagte er aber nur.

„Was ist merkwürdig?"

„Ich habe noch nie gehört, dass bereits mit 16 die Gabe erwacht wäre."

„Aber unmöglich ist es auch nicht?", bohrte ich nach.

„Unmöglich ist gar nichts. Aber es hat immer etwas zu bedeuten."

„Und was bedeutet es in meinem Fall?"

Himmel, war der alte Mann nervig. Musste man ihm denn wirklich jede Kleinigkeit aus der Nase ziehen?

„Das mit der Nase habe ich mitbekommen", brummte er.

„Dann rede mit mir!"

„Ich weiß doch auch nicht, was es zu bedeuten hat. Ich würde sagen, wir probieren es zunächst aus, ob deine Gabe wirklich schon erwacht ist."

„Und wie?"

„Du hast Horx aufgefordert, euch zurückzubringen?"

„Ja, so in etwa."

„Du hast ihm, so könnte man es sagen, einen Befehl gegeben."

„Nicht wirklich. Zumindest war es nicht meine Absicht."

„Aber es könnte so angekommen sein."

„Und was mache ich nun?"

„Du könntest mir etwas befehlen."

„Was denn?"

„Versuche es mit einem Schwert, das ich dir geben soll."

„Gut!", ich räusperte mich. „Gordin, gib mir ein ausgezeichnetes Schwert, das perfekt für mich ist."

Es dauerte keine Sekunde und Gordin hielt ein wunderschönes Schwert in der Hand und reichte es mir. Ich nahm es an und betrachtete es eingehend. Es lag unglaublich gut in der Hand, es wog nicht zu viel und war aus bestem Stahl gefertigt. Der Griff war mit wunderschönen Ornamenten und Edelsteinen versehen, welche aber nicht störten, wenn man es in der Hand hielt. Über die Klinge zogen sich zahlreiche Runen und ganz feine Linien.

„Es klappt nicht schlecht", meint Gordin anerkennend.

„Was hast du gefühlt, als du mir das Schwert gegeben hast?", erkundigte ich mich.

„Es hat in meiner Hand gekribbelt und das Schwert kam hervor. Es muss deine Gabe sein, denn es geschah alles, ohne mein Zutun. Da war eine unglaubliche Macht, der ich mich nie hätte widersetzen können."

„Hättest du das Schwert auch für dich behalten können?"

„Unmöglich! Da war ein unbändiger Drang, dem ich mich nie hätte widersetzen können."

„Das ist interessant", sinnierte ich. „Also brauche ich keine Angst zu haben, dass ich etwas nicht bekomme und es der andere für sich behält."

„Das schon, aber was ist, wenn keiner in der Nähe ist?", überlegte Gordin.

„Kann ich einem Gegenstand auch etwas befehlen", überlegte ich. „Bank, gib mir ein Stück Brot."

Neben mir lag praktisch im selben Moment ein Stück frisches Brot. Ich nahm es und biss herzhaft hinein. Es schmeckte hervorragend.

„Du hast eine ähnliche Gabe wie deine Mutter", meinte Gordin. „Das würde für die Überlegung sprechen, dass du auch ähnlich mächtig bist."

„Ist das so ungewöhnlich. Schließlich bin ich ihre Tochter."

„Ja, schon, aber normalerweise wird die Macht der Eltern auf die Kinder aufgeteilt."

„Könnte es sein, dass ich die Macht meiner Mutter und Ferimor, mein Bruder, jene meines Vaters geerbt hat?"

„Das wäre natürlich auch möglich."

„Dann bin ich besser davongekommen", grinste ich. „Mutter ist meinem Vater deutlich überlegen, auch wenn sie es nie ausspielen würde."

„Ja, deine Mutter", meinte Gordin verträumt. „Aber, wenn dem so ist, dann wirst du eine sehr mächtige Frau und solltest lernen damit umzugehen."

„Kann es sein, dass meine Mutter das geahnt hat?"

„Wie kommst du darauf?"

„Weil sie meine Ausbildung bis ins Detail geplant hat?"

„Deine Mutter ist eine Frau mit verborgenen Fähigkeiten. Kann sein, dass sie eine Vorahnung hatte. Ich vermute jedoch, dass dieses nicht bewusst geschah."

„Langsam bekomme ich Angst vor dem, was noch auf mich zukommt", gestand ich.

„Mach dir keine Sorgen. Du hast eine wunderbare Mutter an deiner Seite und du hast uns und alle ihre Freunde. Wir werden dir beistehen und dir helfen."

„Danke!"

Ich war ehrlich dankbar. Das Gespräch mit Gordin hatte gutgetan. Zu wissen, dass ich nicht allein war, um mit allem Neuen, was auf mich zukommen würde, umgehen zu können und zu lernen es zu beherrschen, nahm etwas Druck von mir.

„Du hast gesagt, dir bereiten zwei Dinge Sorgen", meinte wenig später Gordin.

Er riss mich damit aus meinen Gedanken. Im ersten Moment war mir nicht klar, was er damit meinte. Doch dann fiel es mir natürlich wieder ein.

„Mir ging die ganze Nacht ein Name durch den Kopf."

„Ein Name?"

„Saphira war dieser Name."

Gordin holte überrascht Luft und schaute mich mit großen Augen an. Noch nie hatte ich den alten Mann so gesehen. Ihn, den sonst nichts aus der Ruhe bringen konnte, plötzlich ein wenig aufgewühlt zu erleben, verunsicherte mich gleich wieder.

„Was ist?", wollte ich wissen.

„Saphira. Hast du eine Ahnung, wer Saphira war?"

„Nein, der Name sagt mir nichts."

„Hast du nie etwas von Eragon gehört?"

„Eragon, das ist doch so ein Märchen über einen Drachenreiter."

„Er war nicht einfach ein Drachenreiter, er war der Vater der Drachenreiter und außerdem war das ganz bestimmt kein Märchen. Ich habe diese Zeit erlebt", fuhr er mich lauter an, als ich erwartet hätte. Plötzlich wurde ihm bewusst, dass er in Rage geraten war. „Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken."

„Schon gut. Willst du mir sagen, dass die Geschichten um Eragon wahr sind?"

„Ich weiß nicht, was du alles gehört hast. Tatsache ist, dass Eragon gelebt hat und die Drachenreiterschule aufgebaut hat."

„Dann wäre Tante Luna sozusagen seine Nachfolgerin."

„Wenn du es so nennen willst, schon. Das tut hier allerdings wenig zur Sache. Eragon war ein mächtiger und gerechter Mann. Er hat damals als erster die Verbindung mit seinem Drachen gespürt und diese besondere Beziehung entdeckt. Er hat Drachen und Menschen davon überzeugt, dass es etwas Gutes ist, wenn sie sich zusammentun."

„Diese Geschichte kenne ich. Ich dachte immer, sie sei frei erfunden."

„Ganz und gar nicht. Wie kannst du nur so etwas denken?"

„Bis vor wenigen Tagen hatte ich keine Ahnung, dass es Drachen gibt, ich wusste nichts von der magischen Welt, von magischen Wesen und von dir. Ich kannte nur die Geschichten aus den Kinderbüchern", verteidigte ich mich. „Aber wie kommen wir auf Eragon?"

„Saphira war Eragons Drache."

„Oha!", entschlüpfte mir. „Und was bedeutet das schon wieder?"

„Keine Ahnung", gestand Gordin. „Eragons Drache kann nicht dein Drache sein. Das ist unmöglich. Aber es muss ein ausgesprochen mächtiges Wesen sein, ansonsten würde es nie diesen bedeutenden Namen erhalten."

„Du meinst, mein Drache wird Saphira heißen?"

„Da bin ich mir sicher. Dein Drache wird dich schon bald finden. Es ist immer so, dass man zunächst den Namen träumt, damit man ihn kennt, sobald das Zusammentreffen stattfindet", erklärte Gordin. „Der Umstand, dass dein Drache Saphira heißt, würde auch erklären, warum deine Gabe bereits jetzt erwacht ist."

„Saphira wird mich bald finden?"

„Es kann sich nur noch um Tage handeln."

„Sagst du?", plapperte ich.

Sinn gab das Gesagte zwar keinen, aber dafür war ich auch zu aufgeregt und durcheinander. Ich konnte es kaum glauben, ich würde schon bald meinem Drachen begegnen und es würde sich dabei um ein sehr mächtiges Tier handeln. Der Name Saphira faszinierte mich jetzt schon und erfüllte mich mit großem Stolz.

„Ich gehe zum Training", sagte ich ein wenig abwesend zu Gordin. Ich erhob mich und machte mich auf den Weg zur Lichtung, auf der ich immer übte. Ich musste etwas tun und mich ablenken. Was ich soeben erfahren hatte, war dann doch etwas viel für mich gewesen.

Den ganzen Tag über war ich unkonzentriert. Keribim wurde immer nervöser und tadelte mich unaufhörlich. Er wurde zunehmend frustrierter und hätte vermutlich das Training am liebsten abgebrochen. Das traute er sich dann aber doch nicht. Auf seine Fragen, warum ich heute so neben der Spur war, konnte oder wollte ich ihm keine Antwort geben und antwortete nur ausweichend. Ich hatte ja selbst noch nicht wirklich realisiert, was ich heute alles erfahren hatte und konnte es nicht wirklich zu- und einordnen. Wie sollte ich es dann einem anderen Menschen erklären?

Die Tage gingen ins Land. Sofie machte mich mit Leara der Fee bekannt, die von Lea begleitet wurde. Sirel der Vampir, Eria die Elfenkönigin und Jesper der Troll waren an den Abenden danach an der Reihe. Beim Vampir und dem Troll war ich anfangs ein wenig reserviert, musste aber schon bald zugeben, dass sie mir gegenüber ausgesprochen freundlich waren. Deshalb verlor auch ich ihnen gegenüber sehr schnell meine anfängliche Scheu. Der Troll war zwar ein typischer Naturbursche und sehr direkt, aber auch er durchaus sympathisch.

Leara und Lea waren, wie sie mir gleich am Anfang unserer Begegnung erzählten, sehr gute Freundinnen meiner Mutter. Vor allem die Drachenreiterin lobte sie in den höchsten Tönen. Sie muss damals an der Schule echt Eindruck hinterlassen haben.

In den Nächten träumte ich immer wieder von einem Drachen und vom Namen Saphira. Das Bild des Drachens war anfangs noch sehr verschwommen, wurde mit der Zeit aber immer konkreter. Es war ein großer, blauer Drache. Es war ein Mädchen, ein wunderschönes Wesen. Anfangs hatte ich Sorge vor unserer ersten Begegnung. Wer trifft auch schon auf einen ausgewachsenen Drachen. Aber je öfter ich von ihr träumte, umso mehr freute ich mich darauf, ihr endlich zu begegnen. Ich konnte es kaum noch erwarten und wurde zunehmend ungeduldiger.

Etwa eine Woche nach meinem Gespräch mit Gordin lag ich abends ewig lange wach. Ich wälzte mich in meinem Bett ständig von einer Seite zur anderen und gleich danach wieder zurück. Ich konnte einfach nicht schlafen und wurde zunehmend nervöser. Ich spürte in meinem Inneren ein ungewöhnliches Kribbeln. Schließlich riss mein Geduldsfaden, ich stand wieder auf, zog mich an und ging vors Haus.

Ich streckte mich und blickte in den Nachthimmel. Ich bewunderte die Sterne und dachte erstmal an nichts. Die Lichtpunkte am Himmel strahlten, wie ich es wohl noch nie in meinem Leben gesehen hatte. Alles wirkte so unglaublich nahe und hell. Lag es daran, dass rund um mich herum alles dunkel war? Der Mond war noch nicht am Himmel und konnte somit nicht zu dieser ungewohnten Helligkeit beitragen. Bildete ich mir die besonders leuchtenden Sterne etwa einfach nur ein?

Ich überlegte, ohne der Sache groß Bedeutung beizumessen. Plötzlich jedoch kam mir vor, als würde ein Schatten über den Himmel streichen. Eigentlich war es nicht einmal ein Schatten. Es war genau genommen nichts zu sehen außer, dass einige benachbarte Sterne plötzlich nicht mehr zu sehen waren und dann wieder auftauchten, dafür jedoch Sterne daneben auf einmal verschwanden. Das erweckte meine Aufmerksamkeit.

Zuerst waren es nur einige wenige Sterne, dann wurde der dunkle Fleck am Himmel zunehmend größer und plötzlich vernahm ich einen lauten Schrei, ein Brüllen, wie ich es noch nie in meinem Leben gehört hatte. Es war einem Donnergrollen ähnlich. Wäre der Himmel nicht klar und voller Sterne gewesen, ich hätte es tatsächlich für ein herannahendes Gewitter gehalten. So aber konnte es kein Donner sein.

Obwohl dieser Schrei beängstigend sein hätte müssen, machte er mir gar nichts aus. Er hatte nichts Menschliches an sich und ich ging deshalb auch davon aus, dass niemand in Gefahr war. Der Schrei hatte etwas an sich, das in mir den Eindruck erweckte, als würde sich jemand freuen, nach etwas rufen. Aber was war es?

Ich setzte mich mitten auf der Wiese hin und blickte angestrengt in die Ferne. Das Haus hatte ich im Rücken. Ein leiser Windhauch umspielte mich. Er war angenehm warm und ich fühlte mich wohl. Eine bisher nicht gekannte Zufriedenheit legte sich auf mein Gemüt und ich versank in Gedanken.

In den letzten Tagen war sehr viel passiert. Vor allem der Umstand, dass ich zwei Jahre früher, als es normal war, meine Gabe entdeckt hatte, und die Feststellung von Gordin, dass ich sehr mächtig sein müsste, beschäftigten mich mehr, als ich mir das eingestehen wollte. Vor allem die Frage, warum ich so mächtig sein sollte, gab mir zu denken. Ich wollte doch gar nicht mächtig sein, das wollte ich noch nie.

Ich war kein Mensch, der nach Macht strebte. Das würde früher oder später Verantwortung und Schwierigkeiten mit sich bringen. Meine Eltern hatten mir von klein auf versucht beizubringen, dass Macht mit Demut genutzt werden müsste, dass ich sie nicht für mich, sondern für die Gemeinschaft einsetzen müsste. Mich beschäftigte vor allem die Frage, ob ich in der Lage wäre, wirklich verantwortungsvoll mit meiner Macht umzugehen, wenn diese tatsächlich so groß wäre.

Plötzlich spürte ich einen sehr warmen Lufthauch im Rücken und vernahm ein Geräusch hinter mir, das einem Schnurren gleichkam. Ein Schnurren?! Hier? Wo sollte so etwas herkommen? Um das herauszufinden, drehte ich mich gedankenverloren um.

„Du heilige Scheiße!", entfuhr es mir. Stotternd fügte ich an: „Was ... äh ... oder wer ... äh ... bist du denn?

Hinter mir im Gras lag ein gewaltiger Kopf. Das war ein Drache, da war ich mir sicher. Aber wie konnte sich dieses gigantische Tier hinter mich legen, ohne dass ich es mitbekommen habe.

„Nicht erschrecken, meine Kleine, ich bin Saphira. Du hast doch schon von mir geträumt."

„Du bist ... Saphira?", stotterte ich weiter.

Überraschenderweise hatte ich absolut keine Angst vor dem Drachen. Ich spürte vielmehr eine Anziehung, ich musste mich ihr nähern. Langsam erhob ich mich. Obwohl ich aufrecht dastand, musste ich nach oben blicken, wollte ich ihr in die Augen schauen. Die Drachin verzog das Gesicht und ich hatte den Eindruck, als würde sie lächeln. Das sah zwar etwas komisch aus und brachte auch mich zum Grinsen, beruhigte mich aber ungemein.

„Wie konntest du dich anschleichen, ohne, dass ich das Geringste mitbekommen habe?", erkundigte ich mich.

„Ich bin ein besonderer Drache."

„Mein Drache, wenn ich das richtig verstanden habe."

„Ja, ich bin dein Drache. Aber ich bin auch ein Schattendrache."

„So wie Horus? Kennst du ihn? Er ist der Drache meiner Mutter."

„Natürlich kenne ich Horus. Er ist sehr mächtig. Aber er ist ein schwarzer Schattendrache mit roten Streifen. Ich hingegen bin Nachtblau."

„Deshalb habe ich nur einen Schatten am Himmel gesehen", wurde mir bewusst.

„Und ich kann mich lautlos bewegen. Deshalb hast du nur einen leichten Luftzug bemerkt, als ich mich dir genähert habe."

Erst jetzt fiel mir auf, dass Saphira mittels Gedankenübertragung mit mir sprach. Konnte ich das etwa auch? Dann würden nicht alle mitkriegen, was wir uns sagten. Ich versuchte es, aber der erste Anlauf ging schief.

„Das muss doch klappen", dachte ich leicht genervt.

„Es klappt ja auch", grinste Saphira.

„Was klappt? Ach, echt?"

„Wenn ich es dir sage."

„Cool", dachte ich. „Aber was machen wir jetzt? Wo soll ich dich unterbringen? Hast du Hunger?"

„Nur keine Panik. Wir könnten eine Runde fliegen und wegen der Unterbringung und des Futters brauchst du dir keine Gedanken machen. Ich bleibe in der Nähe und gehe jagen."