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Magische Welten

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Sie atmete erleichtert auf, als sie nach Stunden endlich einen schwachen Schimmer in der Ferne ausmachen konnte. Als Aurora realisierte, dass es sich dabei um den Ausgang handeln könnte, wurde sie ganz euphorisch. Sie fasste neuen Mut und setzte den Weg entschlossener fort als zuvor. Mit der Zeit wurde der Schimmer stärker und sie konnte ganz leicht Umrisse wahrnehmen. Sie versuchte sich zu beeilen. Doch als sie dabei mit der Schulter hart gegen die Wand stieß und sich an der getroffenen Stelle ein Brennen breitmachte, wurde sie wieder vorsichtiger.

Trotzdem näherte sie sich langsam, langsam dem zunächst schwachen Schein an, der immer stärker wurde und schließlich so viel Licht spendete, dass sie deutlich schneller vorankam und schließlich weitgehend alles um sie herum erkennen konnte. Am Ende des Tunnels musste sie einen Moment innehalten, damit sich die Augen wieder an das Licht gewöhnen konnten. Sie hatten sich in den vorausgegangenen Stunden zu sehr an die Dunkelheit gewöhnt. Aurora setzte nach einer kurzen Rast den Weg fort. Sie war zu aufgeregt, endlich aus der Finsternis entfliehen zu können. Sie stieg über rudimentär in den Stein gehauene Stufen nach oben und steckte schließlich vorsichtig den Kopf aus einem Erdloch, das mitten in einem Gestrüpp versteckt war.

Umsichtig sich umblickend steckte sie zunächst nur den Kopf heraus und lauschte angestrengt. Sie konnte nur die für den Wald typischen Geräusche singender Vögel, von Grillen und vom Windes vernehmen, der durch die Baumkronen strich. Als sie sich sicher sein konnte, dass niemand in der Nähe war, stieg sie ganz heraus und schob die sie umgebenden Büsche zur Seite. Sie befand sich etwa 300 Meter vom königlichen Schloss entfernt am Rande des Waldes.

Sie kannte sich nicht sonderlich aus, die Gegend war ihr völlig fremd. Als Prinzessin hatte sie das Schloss nur selten verlassen und auch dann meist nur in der Kutsche. Allerdings war sie als Kind mehrmals mit einem Kindermädchen auf den Wiesen hinter dem Schloss gewesen und hatte dort gespielt. Sie erinnerte sich, dass zwischen dieser Wiese und dem Wald ein gewaltiger Abgrund lag. Sie war immer davon überzeugt gewesen, dass es keinen Weg gab, der vom Schloss hierherführte. Damit war sie vor den Angreifern in Sicherheit.

Als sie durch das Unterholz hindurch in Richtung des Schlosses blickte, wohl darauf bedacht, dass sie gut versteckt war und sie niemand sehen konnte, musste sie feststellen, dass aus einigen Teilen des mächtigen Bauwerks dichter, schwarzer Rauch aufstieg. Man hörte auch aus der Ferne vereinzelt noch Kampflärm und auch für sie als Unerfahrene in kriegerischen Auseinandersetzungen war klar, dass die Burg, die ihr bisheriges Leben lang, ihr zuhause war, bald fallen würde. Zu viele feindliche Krieger standen noch vor den Toren und harrten darauf, zum Einsatz zu kommen. In diesem Moment war sie froh, dass zwischen ihr und dem feindlichen Heer die tiefe Schlucht lag und sie damit einigermaßen sicher war, auch vor Verfolgern.

Ihr tat es im Herzen weh, das schöne Schloss zu sehen, wie es beschädigt war und in Feindeshand fiel. Aber daran konnte sie nichts ändern, das war ihr klar. Im Augenblick zumindest war sie machtlos.

„Ich werde zurückkommen und alle rächen, die bei diesem feigen Überfall getötet wurden", sagte sie leise zu sich selbst. „Ich schwöre es!"

Sie hatte eine Entscheidung getroffen. Sie würde ihr Leben ändern, sie würde wiederkommen und ihren Anspruch auf den Thron geltend machen. Nicht, weil man ihr etwas weggenommen hatte, sie wollte es nicht für sich, sie wollte es für die Menschen tun, die ihr bisher ein unbeschwertes und sorgloses Leben ermöglicht hatten, allen voran für den Krieger, der sie in Sicherheit gebracht hatte. Sein Tod durfte nicht umsonst gewesen sein. Nun war sie an der Reihe, ihren Teil zu leisten. Denn eines war ihr klar, dass diese Horden und vor allem ihr Anführer Orissos kein Segen für das Land sein würden.

Ohne ein weiteres Wort drehte sie sich um und ging in den Wald hinein. Sie entfernte sich vom Schloss. Ihr war klar, dass sie nur so eine Chance hatte, zu überleben und das war notwendig, wenn sie irgendwann etwas gegen diese Barbaren unternehmen wollte. Sie musste am Leben bleiben, einen Plan schmieden und diesen dann in die Tat umsetzten. Sie hatte noch keinen blassen Schimmer, was sie unternehmen könnte, sie war aber fest entschlossen und war sich sicher, einen Weg zu finden.

Aurora ging mehrere Stunden lang. Sie fand einige Beeren und pflückte sie, da sie Hunger hatte. Aber wirklich satt wurde sie davon nicht. Erst jetzt wurde ihr klar, wie angenehm das Leben am Hofe war. Sie hatte immer genug zu essen, immer die erlesensten Speisen, und noch dazu in ausreichender Menge. In Zukunft würden sie sich selbst um ihre Nahrung kümmern müssen und dabei hatte sie keine Ahnung, wie sie das anstellen sollte. Wählerisch durfte sie auf jeden Fall nicht sein.

Als es dämmerte wurde Aurora bewusst, dass sie sich ein Lager für die Nacht suchen musste. Sie hielt die Augen offen und entdeckte wenig später eine Höhle. Vorsichtig näherte sie sich dem Eingang, ging sehr vorsichtig immer tiefer hinein und fand eine kleine Ausbuchtung. Dort ließ sie sich nieder und erst jetzt wurde ihr bewusst, dass sie hundemüde war.

Da es bereits dunkel wurde, dachte sie kurz daran, ein Feuer anzumachen. Da sie aber nichts dabeihatte, um eine Flamme zu entzünden, ließ sie auch das Holzsuchen sein und lehnte sich an die Felswand. Auch, wenn ihr Magen sich schon fast schmerzhaft verkrampfte, weil sie unsäglichen Hunger litt, blieb ihr nichts anders übrig, als zu hoffen, dass sie am nächsten Tag etwas Essbares im Wald finden würde.

So saß sie nun da und versuchte sich auszuruhen. An Schlaf war nicht zu denken, denn dazu war sie zu aufgewühlt, hatte zu viel Angst und auch der Hunger quälte sie. Langsam kam alles hoch. Ihre Eltern waren tot. Beide! Das wurde ihr schmerzlich bewusst. Sie würde sie nie wiedersehen. Sie hockte auf dem Boden und begann zu weinen. Zuerst suchte sich nur eine einsame Träne den Weg über die Wange. Doch schon bald wurden es immer mehr und schließlich weinte sie bitterlich.

„Was ist denn mit dir los?", hörte sie plötzlich eine Stimme.

Erschrocken fuhr sie hoch, wischte sich mit dem Ärmel ihres Kleides die Tränen aus den Augen und griff nach dem Messer, das ihr der Krieger zum Abschied in die Hand gedrückt hatte. Über den Schmerz hatte sie alle Vorsicht vergessen und nicht darauf geachtet, ob Gefahr nahte. Sie versuchte nun, angestrengt in die Dunkelheit zu schauen. Aber sie sah nichts. Erst, als eine Flamme zu flackern begann, und das Gesicht eines Mannes etwas gespenstisch von unten her angeleuchtet wurde, erkannte sie, wer da vor ihr stand. Zunächst war sie erschrocken zurückgewichen und hatte sich an die Felswand gedrückt. Doch schon bald kam sie wieder aus der Ecke hervor und musterte den Mann.

Er war etwas älter als sie, aber trotzdem noch recht jung. Sie schätzte ihn auf knapp über 20. Die Fackel, die er angemacht hatte, beleuchtete sein Gesicht so komisch von unten her, dass die dabei entstehenden Schatten ihm etwas Furchteinflößendes verliehen. Aber sie hatte das Gefühl, dass er ihr nichts tun würde. Sie wusste nicht, woher sie das wusste, aber sie hatte keinen Zweifel daran.

„W ...wer ... wer bist du?", stotterte sie.

„Ich bin Gerivin. Vor mir brauchst du keine Angst zu haben."

„Bist du ein Krieger?"

„Nein, ich lebe hier im Wald."

„Was machst du in dieser Höhle?"

„Ich war auf dem Heimweg und wurde von der Dunkelheit überrascht."

„Du hast ein zuhause?"

„Ich wohne in einer kleinen Hütte etwas tiefer von hier im Wald versteckt."

„Warum kommst du erst jetzt in die Höhle. Es ist schon lange dunkel."

„Ich wollte mich nun schlafen legen. Vorher habe ich am Eingang der Höhle die Sterne bewundert."

„Aha, die Sterne bewundert", meinte Aurora skeptisch.

„Ja, ich habe die Sterne bewundert. Ist das so ungewöhnlich? Wenn ich alleine bin, schaue ich gerne hinauf zu den Sternen", versicherte Gerivin. „Und wer bist du?"

„Ich bin Aurora."

„Du hast ein sehr edles Kleid an, auch wenn es etwas mitgenommen aussieht. Wer bist du?"

„Ich habe schon gesagt, ich bin Aurora. Das muss reichen."

„Na gut, Aurora, das muss reichen", schmunzelte Gerivin.

„Du bist blöd!", beklagte sie sich.

„Dann bin ich eben blöd."

Er klang etwas beleidigt, auch wenn er mit den Schultern zuckte, als würde er sagen wollen, dass ihm das egal sei. Aurora fühlte sich schuldig. Vermutlich hätte sie ihn nicht als blöd bezeichnen sollen. Das war ihr einfach so herausgerutscht. Im Nachhinein tat es ihr ja auch leid. Gerivin war echt nicht blöd, er war sogar niedlich, wenn das in ihrer Situation auch etwas sonderbar klang. Er war ihr auf jeden Fall sympathisch.

Aurora tat es leid, dass nun ein etwas peinliches Schweigen zwischen ihnen herrschte. Genau genommen war sie neugierig und hätte ihn gerne noch so einiges gefragt, traute sich nun aber nicht mehr.

Gerivin hatte die Fackel zwischen zwei Steine gesteckt und so konnte man in der Ecke, in der sie sich befanden, alles einigermaßen gut erkennen. Dank des Lichtscheins konnte sie zumindest Gerivin genauer mustern. Er war sehr kräftig gebaut und hatte eine ganz eigene Aura, die ihn umgab. Er strahlte Sicherheit aus und Aurora fühlte sich in seiner Nähe wohl. Er hatte schwarze oder zumindest dunkle Haare und auch seine Augen gingen in diese Richtung. Im schwachen Licht waren die genauen Farben nicht eindeutig zu erkennen. Was sie aber sehen konnte war, dass sein Blick ausgesprochen intensiv war und sie hatte das Gefühl, als würden er sie durchleuchten.

Bisher hatte Aurora Männer kaum angesehen, zumindest nicht mit dem Hintergedanken, sie auf ihre Attraktivität hin zu prüfen. Bei Gerivin war es anders, ihn würde sie als attraktiv bezeichnen. Trotz mangelnder Erfahrung war sie sich da sicher. Wenn sie eines Tages einen Mann oder einen Freund haben würde, dann könnte er durchaus so aussehen, wie Gerivin. Aber im Augenblick war das ganz sicher kein Thema. Sie hatte einen Vorsatz getroffen und würde sich erstmal dafür einsetzten, ihr Versprechen zu erfüllen.

Beide hingen ihren Gedanken nach und Aurora war von den ihren überrascht, zumindest von der Richtung, welche sie zunächst genommen hatten. Doch als plötzlich ihr Magen laut zu knurren begann, schaute sie peinlich berührt zu Gerivin.

„Hast du Hunger?", wollte er sofort wissen.

„Ich habe heute nur ein paar Beeren gegessen", gestand sie.

„Nur ein paar Beeren? Da kann man doch nicht satt werden, nicht einmal ein so schlankes Mädchen wie du."

„Es war heute ein schwieriger Tag", gestand Aurora.

„Hast du im Schloss gewohnt und musstest fliehen?"

„Woher weißt du das?"

„Ich war gerade in der Nähe und habe gesehen, was passiert ist."

„Du bist aber keiner der Angreifer?"

„Nein, ganz sicher nicht. Gott bewahre! Ich habe damit nichts zu tun. Ich bin ein friedlicher Mensch."

„Da bin ich aber froh."

„Hast du nun Hunger?"

„Wenn ich ehrlich bin, ja."

Aurora schaute ihn beschämt an. Sie als Prinzessin musste um Essen betteln. So etwas hätte sie sich nie im Leben gedacht. Doch Gerivin öffnete, ohne zu zögern, seine Tasche und reichte ihr etwas Brot und ein Stück Käse. Aurora schaute ihn unsicher an.

„Iss!", forderte Gerivin sie auf.

„Danke."

Vorsichtig nahm sie einen Bissen Brot. Sie war skeptisch, ob das schon schmecken würde, war aber überrascht, wie viel Geschmack und welche Aromen sich in ihrem Mund entfalteten. Nun kostete sie auch den Käse und auch dieser schmeckte himmlisch. Nach anfänglichem Zögern ließ Aurora es sich nun wirklich schmecken. Ihr war gar nicht bewusst, wie viel Hunger sie hatte.

Gerivin beobachtete sie mit einem Lächeln auf den Lippen. Ihr war klar, dass er sie für gierig halten musste, aber das war ihn in dieser Situation egal. Sie hatte Hunger und das Brot und der Käse schmeckten einfach göttlich. Sie war ihm jedoch ausgesprochen dankbar dafür, dass er nichts zu ihrem Heißhunger sagte und sie damit nicht in Verlegenheit brachte.

„Hast du noch Hunger?", erkundigte sich Gerivin.

Aurora hatte das Stück Brot und den Käse komplett aufgegessen, ach was, sie hatte beides verschlungen wie ein Raubtier seine Beute. Peinlich berührt blickte sie auf ihre leeren Hände.

„Danke, ich bin wirklich satt."

„Dann ist gut, sonst hätte ich dir noch etwas gegeben."

„Hast du keinen Hunger?"

Erst jetzt fiel Aurora auf, dass Gerivin keinen Bissen genommen hatte. Er hatte nur dagesessen und ihr zugeschaut.

„Ich habe schon vorhin vor der Höhle gegessen."

„Als du die Sterne bewundert hast, nehme ich an."

„Bevor ich mich hingelegt und in den Himmel geguckt habe."

Erneut entstand eine Pause. Was sollten sie auch besprechen? Aurora hätte zwar gewusst, was sie fragen könnte, aber sie war nicht nur neugierig, sondern auch schüchtern. Deshalb hielt sie sich zurück. Als Prinzessin da war sie ganz und gar nicht schüchtern gewesen, da sagte sie immer, was sie dachte. Aber als Aurora in dieser Höhle, da war sie plötzlich ein ganz anderes Mädchen. Sie war wohl schlagartig erwachsen geworden und war sich durch die Ereignisse dieses Tages darüber klar geworden, dass sie nicht der Nabel der Welt war und sich nicht immer alles um sie drehen musste.

„Wir sollten jetzt schlafen, damit wir morgen ausgeruht sind", meinte Gerivin.

„Müssen wir Wache halten?", erkundigte sich Aurora.

„Nein, wir löschen die Fackel, dann sind wir hier drinnen sicher."

„Und wenn doch etwas ist?"

„Dann machen wir sie wieder an."

„Hast du alles Nötige dabei, um Feuer zu machen?"

„Ich kann sehr schnell Feuer machen", beruhigte er sie.

Als sich Aurora hinlegte, um zu schlafen, musste sie feststellen, dass der Boden hart und ungemütlich war. Wie vermisste sie doch ihr Zimmer und ihr Bett im Schloss.

„Hier nimm!", bot Gerivin an.

Er reichte ihr seine Jacke. Sie blickte ihn irritiert an und er gab ihr mit Handbewegungen zu verstehen, dass sie sie als Kopfkissen verwenden sollte, indem er eine Hand flach an seine Wange hielt und den Kopf leicht zur Seite neigte. Aurora verstand sofort. Dankend nahm sie die Jacke entgegen und bettete ihren Kopf drauf. Dann löschte er das Licht.

Kapitel 3 -- Die Hütte

Langsam öffnete Aurora die Augen und blickte sich um. Wo war sie? Im ersten Moment konnte sie sich nicht orientieren. Sie lag in einer Höhle, von Weitem drang ein schwaches Licht zu ihr durch und es war ausgesprochen still. Überall hatte sie Schmerzen und realisierte erst jetzt, dass sie auf dem harten Boden geschlafen hatte.

Allmählich kam die Erinnerung zurück. Sie war gestern Abend noch länger wachgelegen und hatte über alles nachgedacht. Ihre Welt lag in Scherben. Sie wusste nicht einmal, wie es weitergehen könnte. Was sollte sie jetzt tun und unternehmen? Sie hatte keine Ahnung, was sie in den nächsten Stunden tun sollte, geschweige denn einen längerfristigen Plan. Erst spät in der Nacht war sie in einen tiefen Schlaf gesunken. Sie war unglaublich müde gewesen und wollte sich nur noch ausruhen.

Aurora blickte sich um. Von Gerivin konnte sie keine Spur entdecken. Ein Gefühl von Trauer überkam sie. Hatte auch er sie schon wieder verlassen? Sie hatte doch noch seine Jacke, die musste sie ihm zurückgeben. Mühsam erhob sie sich, streckte sich und klopfte den Schmutz aus ihrem Kleid. Ihr ganzer Körper schmerzte. Sie war es nicht gewohnt, auf dem harten Boden zu liegen. Doch sie ignorierte die schmerzenden Knochen und machte sie sich vorsichtig auf den Weg aus der Höhle. Nur langsam und ängstlich schlich sie zum Ausgang und blickte sich um. Sie wusste schließlich nicht, was sie draußen erwarten würde.

Als sie am Höhleneingang um die Ecke blickte, konnte sie ihren Augen kaum trauen. Auf der kleinen Fläche vor ihrem Unterschlupf brannte ein Feuer und Gerivin drehte pfeifend einen Hasen an einem Spieß. Das Bild sah so idyllisch aus und der Bratengeruch umschmeichelte ihre Nase derart, dass sie lächeln musste.

„Na, geht doch", meinte Gerivin.

Aurora zuckte erschrocken zusammen und kam sich ertappt vor. Dabei wusste sie noch nicht einmal, was er meinte.

„Du hast gelächelt", erklärte er.

Konnte der Mann Gedanken lesen, dachte sich Aurora. Sie hatte doch nichts gesagt. Aber vermutlich konnte er an ihrem verdutzten Gesichtsausdruck ablesen, dass sie nicht verstanden hatte, was er mit seinen Worten hatte sagen wollen.

„Komm setz dich her zu mir, das Fleisch ist genau richtig."

Aurora setzte sich neben Gerivin ins Gras. Die Sonne schien bereits vom Himmel, war aber noch nicht sehr stark und tat wohl auf der Haut. Er nahm den Spieß vom Feuer, riss ein Hinterbein ab und reichte es ihr. Das Mädchen bekam schon einen wässrigen Mund allein vom Duft des gebratenen Fleisches. Sie roch noch einmal dran und biss dann herzhaft hinein. Wahnsinn! Das Fleisch war saftig und schmeckte köstlich. So gut hatte ihr noch nie gebratenes Fleisch geschmeckt.

Sie kaute langsam und das Fleisch zerging beinahe auf der Zunge. Andächtig biss sie ein zweites und ein drittes Mal hinein. Jeder Bissen war ein Hochgenuss. Sie wiederholte die Szene, bis kein Fleisch mehr am Knochen war. Noch nie hatte sie einen Knochen so sauber abgenagt.

„Wirf den Knochen ins Feuer", meinte Gerivin. Er hatte wohl bemerkt, dass sie etwas unschlüssig dasaß. „Darf ich dir noch ein Stück geben?"

„Ja gerne", antwortete Aurora schüchtern.

Sie war ihm so dankbar, dass er sich so aufmerksam um sie kümmerte. Ihr fiel auf, dass sich ihr Verhalten völlig geändert hatte. Aus der arroganten Prinzessin war ein schüchternes Mädchen geworden. So bedankte sie sich auch artig, als er ihr die Brust des Hasen reichte. Er gab ihr das beste Stück des Tieres, das nahm Aurora sehr wohl wahr und erneut schlich sich ein Lächeln auf ihr Gesicht.

„Was hast du vor, wo willst du hin?", erkundigte sich Gerivin.

Sie hatten inzwischen den Hasen aufgegessen, sie fühlte sich so richtig wohl und satt. Aurora schleckte verträumt die Finger ab. Seine Frage riss sie aus seinen Gedanken.

„Was hast du gefragt?", erkundigte sie sich. Es war ihr peinlich, nicht zugehört zu haben.

„Ich habe dich gefragt, ob du schon Pläne für heute hast."

„Ich habe überhaupt keine Pläne. Weder für heute noch für später."

„Das klingt nicht gut."

„Bei mir hat sich alles schlagartig geändert."

„Ist der Angriff auf das Schloss schuld daran?"

„Ja, ich musste fliehen und weiß jetzt nicht wohin."

„Du könntest mit mir kommen. So allein unterwegs zu sein, scheint mir keine gute Idee."

„Meinst du?"

„Du bist keine ausgebildete Kämpferin. Ich glaube nicht, dass du dich gegen Räuber oder wilde Tiere zur Wehr setzen könntest."

„Räuber und wilde Tiere? Wohl eher nicht", meinte sie erschrocken. „Könntest du mir auch das Kämpfen beibringen?"

„Wenn du das möchtest."

Aurora überlegte kurz. Sie könnte mit Gerivin gehen und sich von ihm zur Kämpferin ausbilden lassen. Das wäre schon mal ein Plan.

„Ja, ich möchte das und wäre dir sehr dankbar."

„Dann komm mit mir. Es gibt aber keine zuvorkommende Behandlung, weil du ein Mädchen bist."

„Das ist mir klar", versicherte Aurora. „Das verlange ich auch nicht."

Damit hatte sie sich entschieden. Sie würde ihren Weg gehen und Gerivin würde ihr dabei helfen. Er wies sie an, das Feuer mit Erde zu bedecken und so sicherzustellen, dass es keinen Waldbrand entfachen konnte. Dann packten sie ihre wenigen Habseligkeiten zusammen und machten sich auf den Weg.

Aurora folgte Gerivin durch den Wald. Dieser wurde immer dichter und dunkler. Schon lange hatte sie keine Ahnung mehr, wo sie sich befanden. Doch ihr Führer schien genau zu wissen, wo er langgehen musste. Zu Mittag machten sie eine kurze Rast und aßen wieder Brot und Käse.

„Wo sind wir?"

„Weit genug weg vom Schloss. Hier kann uns keiner mehr finden."

„Woher weißt du, dass wir gesucht werden?"

„Du wirst gesucht. Dass es mich gibt, weiß keiner. Aber bei mir bist du sicher. In diesen Wald können die Angreifer nicht kommen."