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Magische Welten

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„Du kannst nicht aufgeben", sagte Gerivin in die Stille hinein. „Das Gute muss gewinnen."

„Das Gute muss gewinnen", wiederholte die Prinzessin gedankenverloren. „Und wie?"

Kapitel 5 -- Hartes Training

Aurora war sehr nachdenklich zu Bett gegangen und konnte lange Zeit nicht einschlafen. Gerivin hatte ihr eine Kammer zugewiesen. Sie war schlicht, aber recht hübsch eingerichtet und vor allem war sie sauber. Das Zimmer war natürlich kein Vergleich mit dem, welches sie im Schloss bewohnte, aber Aurora war nach der Nacht in der Höhle mehr als glücklich, wieder in einem Bett schlafen zu können.

Sie lag lange wach. Vor allem, dass Gerivin gesagt hatte, dass das Gute siegen müsse, beschäftigte sie. Sie war das Gute, wenn sie den alten Mann richtig verstanden hatte. Das allerdings würde bedeuten, dass sie kämpfen und gewinnen musste. Dazu gab es wohl keine Alternative. Schließlich wolle sie doch auch nicht, das Reich dem Bösen anheimfallen lassen.

Zwar war auch sie davon überzeugt, dass das Gute am Ende unbedingt die Oberhand behalten müsse. Eine Alternative dazu gab es nicht. Sie fragte sich allerdings, warum in Gottes Namen das ausgerechnet sie sein musste, die dafür kämpfen musste, und wie sie es anstellen sollte. Ihr Widersacher verfügte über eine riesige Armee. Sie hingegen war allein oder zumindest so gut wie allein und hatte keine Erfahrung mit Kampf und Krieg. Trotzdem hatte sie keine Wahl. Dem Guten musste zum Sieg verholfen werden. Das setzte sie gewaltig unter Druck.

Die Prinzessin beschäftigte natürlich auch alles andere, was sie erfahren hatte. Es war schon sehr viel Information auf einmal gewesen. Vor allem, dass sie magische Kräfte besitzen sollte. Irgendwie konnte sie das immer noch nicht glauben. Bisher hatte sie nichts davon gespürt, außer, dieses schon sehr sonderbare Verhalten der Vögel.

Wenn der alte Mann Recht hatte, dann würden jedoch die Kräfte erst erwachen. Ausgerechnete diese Nacht sollte alles verändern. Morgen würde sie ihren 18.Geburtstag feiern und von da an sollte sie ihre Energie spüren. Wie sollte sie in so einer Nacht schlafen? Alles war so aufregend, so neu und so verwirrend. Doch allen Unkenrufen zum Trotz, wurde sie noch weit vor Mitternacht müde und rutschte in einen tiefen und traumlosen Schlaf.

Als sie erwachte, schien bereits die Sonne zum Fenster herein und sie hörte draußen munter die Vögel zwitschern. Sie fühlte sich herrlich ausgeruht und wohl. Sie sprang aus dem Bett, zog ihr Kleid wieder an und ging hinunter vor das Haus. Wie zu erwarten war, saß Gordin, wie bereits gestern, auf der Bank und ließ sich von der Sonne umschmeicheln.

„Guten Morgen, Prinzessin", grüßte er sie.

„Guten Morgen."

„Gerivin ist in der Küche. Er wird dir ein Frühstück machen und ich denke ..."

Der alte Mann musterte sie eingehend. Aurora verstand nicht ganz, was er zu schauen hatte.

„Ich denke, er soll dir auch neue Kleider geben."

„Neue Kleider?"

„Du kannst hier nicht in einem Kleid herumlaufen, an dem man sofort erkennen kann, dass du aus dem Königsschloss kommst. Gerivin soll dir Hemden und Hosen von sich geben. Ihr müsstet in etwa dieselbe Größe besitzen."

„Kleidung, wie sie ein Mann trägt?"

Aurora war schockiert. So hatte sie sich das nicht vorgestellt. Auch, wenn ihr klar war, dass sie nicht weiterhin in ihrem vornehmen Kleid herumlaufen konnte, hätte sie sich doch etwas anderes als ein Hemd und eine Hose gewünscht. Sie war schließlich eine Frau.

„Wir haben nichts anderes", meinte der alte Mann schulterzuckend. „Außerdem sollst du im Augenblick viel trainieren und nicht auffallen. Da sind Männerkleider genau das Richtige."

So gesehen hatte er natürlich Recht. Das sah auch Aurora ein. In einem Kleid das Kämpfen lernen, wäre doch etwas sehr unpraktisch und, dass sie nicht auffallen sollte, war ihr auch bewusst. Auch, wenn die beiden Männer hier sehr abgeschieden lebten, könnte tatsächlich die Gefahr bestehen, dass ein Wanderer oder ein Reisender zufällig vorbeikam und ihm dann ihre Kleidung auffiel, die nicht in diese Gegend passte.

„Auf dich wurde sicher ein Kopfgeld ausgesetzt", meinte Gordin. Er hatte wohl schon wieder ihre Gedanken gelesen. Das nervte!

„Ich kann es nicht abstellen", grinste er entschuldigend.

„Ich gehe dann mal hinein zu Gerivin", wich die Prinzessin aus.

Sie verspürte tatsächlich Hunger, Bärenhunger sogar. Der lange Marsch gestern und die frische Luft waren dabei wohl nicht ganz unschuldig.

„Guten Morgen", grüßte sie Gerivin, der am Herd stand.

„Guten Morgen", antwortete dieser. „Ich habe Eier mit Speck gebraten. Ich hoffe, du hast Hunger."

„Riesenhunger", bestätigte Aurora.

Sie aß sonst nie Eier mit Speck, das wäre im Schloss nicht gut angekommen. Derart deftige Speisen würden sich für eine Prinzessin nicht ziemen, hatte ihr die Köchin einmal vorgehalten, als sie vor Jahren einen entsprechenden Wunsch geäußert hatte. Nun endlich ging dieser in Erfüllung.

Sie setzte sich an den Tisch in der Küche und Gerivin bot ihr Kaffee an. Vom Herd her kam bereits ein verführerischer Duft und ihr lief schon wieder das Wasser im Mund zusammen. Wenig später kippte er die gelb leuchtende Speise auf einen Teller und stellte ihn vor ihr ab. Es dampfte und roch köstlich.

Sie aß mit Genuss und nahm sich vor, sollte sie jemals wieder im Schloss wohnen, würde sich die Köchin nicht mehr weigern, ihr so etwas Leckeres zuzubereiten.

„Das Ei mit Speck schmeckt köstlich", schwärmte sie.

„Es gibt auch Kraft und die wirst du brauchen", antwortete Gerivin.

„Ich bin eine Prinzessin", meckerte sie gespielt.

„Die zur Kriegerin werden will und muss", konterte er.

„Ist ja schon gut."

„Ist nicht gut. Du musst es wirklich wollen, sonst wird es für dich und mich eine Qual und eine einzige Enttäuschung", antwortete er ernst. „Wenn du wirklich das Ziel hast, den Widerstand gegen Orissos anzuführen, dann musst du ein Vorbild sein, dann musst du kämpfen können, dann musst du Entscheidungen treffen und immer wieder deinen Mut unter Beweis stellen. Wie willst du Krieger anführen, wenn du nicht weißt, wovon du sprichst."

„Schon gut, schon gut", beschwichtigte sie ihn. „Du hast ja Recht. Ich will es und ich werde keine Enttäuschung sein. Weder für dich noch für mich."

Gerivin blickte sie überrascht an. So viel Entschlossenheit hätte er ihr gar nicht zugetraut. Das war schon mal vielversprechend. Sie hingegen aß zügig den Teller leer und erhob sich. Sie stellte das Geschirr in die Spüle und machte sich auf den Weg nach draußen. An der Tür drehte sie sich zu ihm um.

„Kommst du, wir haben viel vor und nicht ewig Zeit. Wenn du mir alles beibringen willst, was ich wissen und können muss, dann haben wir ein umfangreiches Programm."

Beeindruckt von der Energie der Prinzessin erhob sich auch Gerivin. Allerding bremste er sie, bevor sie den Raum verlassen konnte.

„Halt, zuerst musst du dich umziehen. Dazu gehst du am besten in dein Zimmer. Ich warte dann vor der Tür."

Gleichzeitig reichte er ihr ein Bündel mit Kleidern, das sie entgegennahm und damit auf ihr Zimmer ging, um sich umzuziehen. Das klappte schon mal ganz gut.

Als sie in Hemd und Hose vor die Tür trat, hätte man sie tatsächlich für einen Mann halten können. Lediglich die sich unter dem Hemd abzeichnenden Brüste und die zu einem Dutt zusammengebundenen Haare verrieten ihr Geschlecht.

„Wir können los", meinte sie entschlossen.

„Komm mit", forderte sie Gerivin auf.

Er erhob sich und sie konnte erkennen, dass er zwei Holzschwerter in der Hand hielt. Eines davon reichte er ihr und ging voraus zu einem ebenen Platz etwas abseits des Hauses. Auch Gordin war mitgekommen und setzte sich auf einen umgestürzten Baum, der am Rande des Platzes lag.

„Dann los, was soll ich machen?", erkundigte sich Aurora voller Tatendrang.

Gerivin zeigte ihr, wie sie das Schwert halten und führen musste. Eingehend erklärte er ihr auch, welche Haltungen sie bei Angriff und Verteidigung einnehmen sollte. Dann zeigte er ihr, wie sie die Waffe führen sollte, wenn sie ihren Gegner angriff oder sich verteidigte. Er gab ihr auch Tipps, wie sie die Körpersprache des Gegners lesen und damit Angriffe vorausahnen konnte. Das Mädchen erwies sich, zu seinem Erstaunen, als ausgesprochen gelehrige Schülerin. Sie war überraschend konzentriert und ließ sich durch nichts ablenken. Trotzdem bekam sie alles mit, was in ihrer Umgebung geschah. Sie hatte den Überblick.

Sie übten viel und die Prinzessin machte schnell Fortschritte. Deshalb gingen sie schon bald dazu über, den Kampf und nicht nur einzelne Aktionen zu üben. Dabei half Gordin und führte zusammen mit seinem Enkel einen Schaukampf vor, um dem Mädchen zu zeigen, wie sie das Gelernte anwenden konnte und wie sie stehen, sich bewegen und reagieren musste, wenn es hart auf hart kam.

Nach der Vorführung musste sie übernehmen. Aurora war an der Reihe und musste sich Gerivin stellen. Zunächst nahm dieser noch Rücksicht auf die Anfängerin, musste sich aber schon recht bald anstrengen und sich ernsthaft verteidigen, da sie ihn sonst besiegt hätte. Die Kleine war ausgesprochen clever und ging bei ihren Angriffen taktisch clever und ideenreich ans Werk. Sie machte nicht nur das nach, was ihr Gerivin zuvor gezeigt hatte, sie setzte es auch in Abwandlungen ein und in ganz neuen Kombinationen um.

Zu Mittag machten sie nur kurz Pause, um etwas zu essen und sich eine halbe Stunde auszuruhen. Dann drängte Aurora bereits wieder zum Weitermachen. Sie hatte Spaß am Training gefunden und ihr Eifer brach voll durch. Als sie am Abend zum Haus zurückkehrten, waren beide hundemüde und wiesen etliche blaue Flecke auf. Aber sie waren mit sich und dem Fortschritt sehr zufrieden.

„Aus dir wird eine gute Anführerin", meinte Gerivin.

„Meinst du?"

„Sei nicht so unsicher. Du hast heute schon viel gelernt. Wenn du so weitermachst, bin ich dir bald hoffnungslos unterlegen."

Aurora kicherte zufrieden und ließ sich auf die Bank vor dem Haus nieder. Sie brauchte eine Verschnaufpause.

„Was gibt es heute zum Abendessen?", erkundigte sie sich.

„Muss erst schauen", antwortete Gerivin. „Hatte noch keine Zeit zum Überlegen."

„Ich wünsche mir ein perfekt kross gebratenes Spanferkel mit Bratkartoffeln und Salat", schwärmte die Prinzessin in ihr.

„Damit kann ich ganz sicher nicht dienen. Hast du eine Ahnung, wie lange ein Spanferkel braucht?"

„Man wird wohl träumen dürfen", kicherte Aurora.

Gerivin lachte mit und machte sich auf den Weg in die Küche. Plötzlich hörten sie einen Schrei, der aus der Hütte kam, und wenig später wurde die Tür aufgerissen. Gerivin stand mit einem überraschten Gesichtsausdruck im Türrahmen.

„Was hast du dir gewünscht?", wollte er wissen.

„Weiß nicht mehr genau. Spanferkel mit Bratkartoffeln und Salat, glaube ich. Warum fragst du?"

„Das Essen ist bereits serviert", meinte er.

„Wie serviert. Du hast in der kurzen Zeit unmöglich gekocht."

„Doch, Spanferkel mit Bratkartoffeln und Salat", meint er. „Meerrettich und eine Soße, die ich nicht kenne, stehen auch noch auf dem Tisch."

„Nimm mich nicht auf den Arm!", meinte sie leicht sauer. „Mit solchen Dingen und einer hungrigen Frau sollte man besser keine Scherze treiben."

„Was für Scherze? Komm doch mit, wenn du mir nicht glaubst!", forderte Gerivin sie auf. Er klang leicht beleidigt.

Genervt erhob sie sich und folgte ihm in die Küche. Sie hatte keine Ahnung, warum sie das überhaupt tat. Sie war sich sicher, dass er sie nur auf den Arm nahm. Doch auch sie blickte staunend auf den Tisch, als sie in den Essbereich kam. Auf dem perfekt gedeckten Tisch stand ein Spanferkel, daneben waren eine große Pfanne mit Bratkartoffeln und eine Schüssel mit frischem Salat. Außerdem standen dort auch noch zwei kleine Schüsseln mit den Soßen. Sie verstand nicht, wie so etwas möglich sein konnte.

„Wie hast du das gemacht?", wollte sie wissen.

„Ich, überhaupt nicht. Das stand alles schon da, als ich hereinkam. Ich war das nicht!"

„Du spinnst."

„Ich glaube, wir haben eine deiner Gaben entdeckt", grinste Gordin. Er war den beiden ins Haus geflolgt.

„Essen wünschen, oder was?", erkundigte sich Aurora ungläubig. Sie rollte dabei mit den Augen.

„Ganz allgemein, dass deine Wünsche in Erfüllung gehen", korrigierte sie der alte Mann.

„Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich mir etwas wünschen kann und dann, geht er in Erfüllung?"

„Eine solche Gabe soll es geben. Sie kommt zwar unglaublich selten vor, aber du bist eine Königin und deine Macht scheint wirklich sehr groß zu sein", erklärte ihr Gordin nachdenklich.

„Wenn, dann bin Prinzessin, nicht Königin", stellte sie klar.

„Du bist die rechtmäßige Königin, nach dem Tod deiner Eltern."

Irritiert schaute sie den alten Mann an. Sie hatte Geburtstag und damit sollten ihre Fähigkeiten durchkommen. War das nun eine davon? Sie konnte nicht glauben, dass sie sich alles wünschen konnte. Das wäre zu schön.

„Ich wünsche mir einen Krug Wein", sagte sie. „Wir sollten meinen Geburtstag doch ein ganz klein wenig feiern können und darauf anstoßen."

Tatsächlich stand wenig später der Krug am Tisch. Als Aurora die Becher füllte, duftete es nach Wein. Daraufhin erhob sie ihren Becher.

„Dann lasst uns auf meinen Geburtstag und auf das Wohl des Reiches anstoßen."

Die drei prosteten sich zu, die beiden Männer wünschten ihr alles Gute und sie versuchten einen Schluck. Aurora, die noch nie Wein getrunken hatte, verzog etwas das Gesicht. Aber offenbar schmeckte ihr der Wein, denn sie nahm gleich einen zweiten Schluck.

„Köstlich dieser Wein", grinste Gordin. „Deine Wünsche funktionieren wirklich gut."

„Ich kann mir alles wünschen?", erkundigte sich die Prinzessin.

„Alles vermutlich nicht. Genau kann man das nicht sagen und du solltest es langsam angehen lassen. Was sicher nicht klappt ist, sich zu wünschen, dass Menschen bestimmte Gefühle zeigen, sich verlieben oder so etwas ähnliches. Essen herbeiwünschen klappt schon mal gut. Versuche es morgen mit Waffen und anderen Dingen. Zum Schluss kannst du dir wünschen, dass Menschen sich nicht mehr bewegen oder sich in eine bestimmte Richtung bewegen. Da bin ich dann doch eher skeptisch, ob du das schaffst. Doch, wie gesagt, es ist bei jedem unterschiedlich."

Damit war Aurora vorerst zufrieden und die drei machten sich über das Essen her, das einfach köstlich schmeckte. Es war der sonderbarste Geburtstag, den sie je gefeiert hatte. Trotzdem war er in ihren Augen schöner als alle zuvor. Dieser Tag war für sie tatsächlich so etwas wie eine Neugeburt und sie hätte niemand lieber um sich gehabt als Gerivin und seinen alten, etwas schrulligen Opa. Natürlich hätte sie sich gewünscht, dass auch ihre Eltern bei ihr sein könnten. Aber sie war sich sicher, dass diese in ihrer Nähe waren und ihr beistanden, auch wenn sie sie nicht sehen konnte.

Kapitel 6 -- Die Entdeckung der Fähigkeiten

Aurora setzte ihre Gabe, sich etwas wünschen zu können, immer öfter ein. Gekocht wurde so gut wie nicht mehr. Das übernahm die junge Frau mit ihren Wünschen. Aber auch sonst versuchte sie einiges aus. Sie schaffte Waffen herbei und wieder weg, sie ließ auch zwei Pferde erscheinen und wünschte sich einen Hund. Er erhielt die Aufgabe die Umgebung im Auge zu behalten und hielt auch brav Wache.

Auch ihr Zimmer verwandelte die Prinzessin in einen Mädchentraum. Es war zwar etwas kleiner als ihr Zimmer im Schloss, dafür war es ganz nach ihren Wünschen eingerichtet. Niemand redete ihr drein.

„Ist das nicht etwas sehr mädchenhaft?", wollte Gerivin wissen, als er zum ersten Mal die rosarote Welt hinter Auroras Zimmertür erblickte. „Du wolltest doch eine Kriegerin werden."

„Das will ich auch immer noch. Trotzdem bleibe ich ein Mädchen und, wenn ich schon hart trainiere und von dir immer verdroschen werde, dann will ich mich zumindest in meinem Zimmer als Frau fühlen können und mich dort von diesen Strapazen erholen soll", grinste sie breit.

„Wer hat heute wen verdroschen?"

Gerivin hielt sich die Hand leidend ins Kreuz und grinste von einem Ohr zum anderen. Tatsächlich hatte ihn Aurora an diesem Tag öfter besiegt als er sie.

„Ich werde immer besser", lächelte sie stolz.

„Wir sollten langsam damit beginnen, deine Elemente zu trainieren", wurde ihr Lehrmeister wieder ernst.

„Meine Elemente?"

„Erde, Wasser, Feuer, Luft", zählte er auf.

„Ja, schon gut. Ich kenne die vier Elemente. Die Frage ist doch eher, was man damit machen kann und welche ich davon beherrsche."

„Da du eine Königin bist, nehme ich an, dass du alle vier Elemente beherrschst."

„Und Orissos?"

„Vermutlich auch alle vier Elemente."

„Uffa, ich hatte gehofft, ich könnte zumindest in diesem Punkt einen kleinen Vorteil ihm gegenüber besitzen. Sonst ist es unfair. Schließlich bin ich ein armes, schwaches Mädchen", kicherte sie.

„Schwach?", neckte er sie. Dabei deutete er erneut auf sein lädiertes Kreuz.

Nun musste auch Aurora lachen. Er machte einen zu mitleidserweckenden Eindruck und sah einfach süß dabei aus.

„Soll ich dir kalte Umschläge machen?", neckte sie ihn. „Ich bin eine echt gute Krankenschwester."

„Nur das nicht!", wehrte er ab. „Ich kann die Kälte nicht ausstehen."

Den Abend verbrachten sie, wie es inzwischen üblich war, mit Theorie. Diesmal ging es allerdings nicht mehr um Waffen, Angriffe und Kriegstaktiken, diesmal befassten sie sich mit den Elementen. Gerivin machte ihr deutlich, auf welch unterschiedliche Weise sie die Elemente einsetzen konnte, um einen Gegner anzugreifen, aber auch, um sich zu verteidigen. Als sie kurz vor Mitternacht ins Bett fiel, rauchte ihr der Kopf. Sie lernten auch sonst immer viel und lange. Aber die Elemente waren vollkommen neu für Aurora und sie musste sich deutlich mehr anstrengen als bei den sonst üblichen Lerninhalten.

Die Nacht verging schnell und Aurora fühlte sich am Morgen immer noch unausgeschlafen. Doch ihr Lehrer kannte keine Gnade. Schon am frühen Morgen begaben sie sich in einen nahegelegenen Steinbruch. Aurora wunderte sich, warum sie nicht, wie üblich, auf den Trainingsplatz gegangen waren.

„Wenn du mit den Elementen trainierst, sollten wir ein Gelände wählen, wo du möglichst wenig Schaden anrichten kannst", meinte der Großvater. Er hatte wohl wieder einmal ihre Gedanken gelesen.

„Als ob ich Schaden anrichten könnte", empörte sich die Prinzessin.

„Mehr als du für möglich halten würdest. Du wirst schon noch sehen", grinste Gerivin.

Da er selbst keine Elemente bändigen konnte, versuchte er Aurora zu erklären, wie sie es anstellen musste, um ein Element in sich zu finden. Allerdings konnte er sich dabei nur auf das stützen, was er in Büchern darüber gelesen hatte und das war nicht sonderlich viel. Aurora versuchte zwar seine Ratschläge so gut, wie es ging, umzusetzen. Es klappte aber nicht auf Anhieb. Doch schon beim zweiten Mal schaffte sie es, sich so zu konzentrieren, dass sie die Luft in sich fand und Wind heraufbeschwören konnte.

Zunächst bildete sich nur ein ganz kleiner Wirbelwind in ihrer Handfläche. Er sah sogar ausgesprochen niedlich aus und das Mädchen war ganz entzückt davon. Sie musste kichern, wie er sich in ihrer Handfläche um seine Achse drehte, wie ein Kreisel.

„Das ist für den Anfang schon gut. Aber er soll nicht niedlich aussehen", tadelte sie Gordin.

Aurora blickte einen Augenblick ertappt drein und bemühte sich, besser zu werden. Es klappte! Breits als sie den kleinen Wirbelwind losließ, rauschte ein deutlich stärkerer Wind durch den Steinbruch, der mit Hilfe ihrer Gedanken immer kräftiger wurde und heftig Staub aufwirbelte. Schließlich folgte sie Gordins Vorschlag, konzentrierte den Wind und schickte ihn gegen einen großen Felsen. Sie konnte ihren Augen kaum glauben, aber der gewaltige Brocken bewegte sich, kam ins Schwanken und rollte schließlich donnernd einen kleinen Abhang hinunter. Selbst Gordin blickte überrascht drein.

„Du kannst es ja", meinte er schließlich. Er schien beeindruckt zu sein.