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Magische Welten

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„Wie lange gehen wir noch?"

„Es wird noch ein paar Stunden dauern, dann sind wir da", versicherte er ihr.

Lange währte die Rast nicht. Schon bald machten sie sich wieder auf den Weg. Noch nie in ihrem Leben war Aurora so lange und so weit zu Fuß gegangen. Sie hatte bereits eine Blase an einem Zeh und die Fußsohlen brannten fürchterlich. Aber sie hielt tapfer durch.

Auch daran erkannte sie, dass sie sich verändert hatte. Früher hätte sie sich beklagt und gejammert. Vermutlich hätte sie sich bockig geweigert, weiterzugehen. Doch diese Zeit war vorbei. Sie musste nun tapfer sein und hart zu sich selbst.

Die Sonne stand bereits sehr tief, als sie aus dem Wald und auf eine Lichtung traten. Aurora traute ihren Augen nicht. Dort stand ein nettes kleines Häuschen, wie es oft von Förstern bewohnt wurde. Es sah schnuckelig aus und sie wusste auf Anhieb, dass sie sich hier wohlfühlen würde. Sie hatte keine Ahnung, warum das so war.

„Da sind wir", meinte Gerivin.

Er ging geradewegs auf das Haus zu. Der Eingang lag um die Ecke und als sie um diese herumgingen, entdeckte Aurora einen alten Mann, der vor dem Haus auf einer Bank saß. Er hatte graue Haare aber einen sehr wachen Blick. Das fiel dem Mädchen sofort auf.

„Guten Abend, Prinzessin", begrüßte er sie.

Erschrocken wich Aurora einen Schritt zurück. Woher wusste dieser Mann, dass sie eine Prinzessin war? Sie schaute sich panisch um, stellte aber sehr schnell fest, dass es hier für sie kein Entkommen gab, sollte sie in Gefahr sein. Sie unterdrückte deshalb den Reflex wegzulaufen. Das wäre viel zu gefährlich gewesen. Wo hätte sie auch hinlaufen sollen? Im Wald hätte sie keine Chance, länger als drei Tage zu überleben. Sie nahm also ihren ganzen Mut zusammen und versuchte selbstsicher zu wirken.

„Guten Abend", grüßte sie freundlich, aber reserviert.

„Komm, setz dich zu mir. Wir müssen reden."

Er klopfte dabei mit der Hand neben sich auf die Bank und Aurora verstand sofort, was er meinte. Sie überlegte kurz, ging dann aber doch auf ihn zu und setzte sich zaghaft nieder. Gerivin verschwand im Haus. Nun war sie mit dem Alten allein. Dieser sagte zu ihrer Überraschung eine Zeit lang gar nichts. Das kam ihr sonderbar vor. Die Anspannung in ihr wuchs. Hatte er nicht reden wollen? Warum tat er es dann nicht?

Aurora nütze die Zeit und blickte sich vorsichtig um. Das Häuschen lag wunderschön auf der Kuppe eines Hügels im Schutz einer mächtigen Tanne. Davor erstreckte sich eine große Wiese, die leicht abfallend war. Am Fuße dieser Wiese floss sanft ein seichter Bach dahin und dahinter erstreckte sich ein gepflegter und freundlich wirkender Wald. Sie erkannte, dass nicht weit vom Haus entfernt eine Quelle entsprang. Der Ort bot alles, was man brauchte und war ideal. Dank der Wiese konnte man weit in die Ferne blicken und die Sonne ging genau in dieser Richtung unter. Man konnte also, auf der Bank sitzend, den Abend genießen und sich von den wärmenden Strahlen umschmeicheln lassen.

„Das hier ist mein Lieblingsplatz", sagte der Alte plötzlich.

„Woher wisst Ihr, dass ich eine Prinzessin bin?", platzte Aurora heraus. Die Frage brannte ihr auf der Zunge.

„Du kannst mich Gordin nennen. Lass das Ihr weg. Ich bin kein Adeliger und wir sind hier nicht mehr am Hofe Eures Vaters."

„Dann nennst du mich aber auch Aurora", antwortete sie. „Wie du richtig gesagt hast, wir sind hier nicht im Schloss des Königs."

„Gut, dann hätten wir das schon mal geklärt", lächelte er.

Erneut entstand eine Pause und Aurora dachte angespannt darüber nach, wie es möglich war, dass dieser Mann hier mitten in der Wildnis wissen konnte, dass sie die Prinzessin war.

„Ich kann die Zukunft sehen", erklärte er ihre unausgesprochene Frage. „Und Gedanken lesen kann ich auch."

Er kicherte dabei schelmisch.

Kapitel 4 -- Die Vorsehung

„Du kannst also die Zukunft sehen. Was hat das mit mir zu tun?", erkundigte sich Aurora.

„Ich habe den Angriff auf das Schloss des Königs vorhergesehen und natürlich auch deine Flucht. Eine innere Stimme hat mir befohlen, mich um dich zu kümmern, da auf dir eines Tages die Hoffnung der Menschen in diesem Königreich liegen würde."

„Die Hoffnung der Menschen?"

„So hat es meine innere Stimme ausgedrückt."

„Was war das für eine Stimme?"

„Ich weiß es nicht. Sie war plötzlich da."

„Und was hat sie noch gesagt?"

„Das war vorerst alles."

Erneut entstand eine Pause. Aurora war überfordert und musste das Gesagte erst einmal auf sich wirken lassen. Sie wusste nicht, was sie von Gordin halten sollte. Gab es wirklich Menschen, welche die Zukunft vorhersehen konnten, welche innere Stimmen hörten, Gedanken lesen konnten und womöglich noch mehr Dinge, von denen sie gar nicht wusste, dass es so etwas gab.

„So etwas gibt es wirklich", versicherte der Alte lächelnd. „Du kannst es mir glauben."

„Dann war es kein Zufall, dass Gerivin genau zu der Höhle kam, in der ich Zuflucht gesucht hatte?"

„Ich habe meinen Enkel losgeschickt, um dich hierher zu bringen. Ich konnte nicht riskieren, dass dir etwas passiert."

„Das ist lieb von dir."

„Das war wohl eher ein Gebot der Stunde."

Erneut kam Aurora ins Grübeln. Es leuchtete ein, dass Gerivin nicht zufällig in der Nähe der Höhle war. Was sollte er so weit von der Hütte entfernt machen. Er hatte nichts bei sich, was diesen weiten Weg hätte gerechtfertigt. Außerdem hatte er genügend Proviant für zwei Personen dabei. Auch das schien ihr nun im Nachhinein kein Zufall zu sein. Natürlich hätte es sein können, dass er einfach nur vorsichtig war und mehr mitgenommen hatte, um in einem Notfall nicht verhungern zu müssen. Plausibler war aber, dass er sie gesucht und gefunden hatte. Dafür sprach auch, dass er offenbar gewusst haben muss, dass sie in der Höhle war. Wie sonst hätte er sie in der völligen Dunkelheit finden können.

„Was ist nun dein Plan?", wollte sie wissen.

„Mein Plan? Ich habe keinen Plan."

„Warum hast du mich dann hierhergeholt?"

„Ich habe dir schon gesagt, es war eine innere Stimme, die mir das aufgetragen hat."

„Und was hat sie dann zu den Plänen gesagt?"

„Noch nichts."

„Das bedeutet?"

„Das bedeutet, dass du vorerst bei uns bleibst."

„Dann könnte mich Gerivin in Kampftechniken ausbilden?"

„Nicht nur in Kampftechniken. Wir sollten auch deine magischen Kräfte finden und dich darin ausbilden, sie zu kontrollieren."

„Meine was bitte?"

„Deine magischen Kräfte", erklärte Gordin in aller Ruhe.

„Ich habe keine magischen Kräfte."

„Du weißt nur noch nicht, dass du welche hast. Das ist ein großer Unterschied."

Sie blickte Gordin mit großen Augen an. Hatte er das jetzt wirklich gesagt? Sie soll magische Kräfte besitzen? Das war doch Irrsinn.

„Wo soll ich diese magischen Kräfte denn herhaben?"

„Du hast sie von deinen Eltern geerbt."

„Von meinen Eltern?", fragte sie noch mehr erstaunt. „Die sollen magische Kräfte besessen haben?"

„Sie sind ... Verzeihung, sie waren Großmeister."

„Und über welche Kräfte konnten sie dann deiner Meinung nach verfügen?"

„Das weiß ich nicht. Aber als Großmeister haben sie mit Sicherheit über mehrere Gaben verfügt."

„Und ich wäre dann auch so etwas wie ein Großmeister?"

„Du bist eine Anwärterin", grinste er gelassen. „Aber ja, mit dem Tod deiner Eltern bist du vermutlich die Einzige auf der Welt, die Aussicht darauf hat, Großmeister zu werden."

„Großmeisterin!", korrigierte ihn Aurora.

„Ja, du hast Recht, Großmeisterin", lächelte er entschuldigend.

Aurora konnte das alles nicht glauben. Wo war sie da nur hineingeraten? Sie soll magische Kräfte besitzen? Ihre Eltern sollen Großmeister gewesen sein. Das hätte sie doch irgendwann mitbekommen. Oder etwa nicht? Wie hätten ihre Eltern dieses Geheimnis all die Jahre vor ihr verbergen können? Das konnte sie unmöglich glauben. Aber Gordin war so überzeugt von dem was er sagte, dass sie beim besten Willen nicht mehr wusste, was sie nun glauben konnte und was nicht.

Die Sonne berührte bereits die Gipfel der Bäume am Horizont. Aurora hielt ihren Blick darauf gerichtet. Plötzlich kam eine ganze Schar von Vögeln und setzte sich zu ihren Füßen hin. Zuerst waren es nur einige wenige. Doch mit der Zeit kamen immer mehr, ganze Scharen flogen schließlich auf sie zu. Bis weit in die Wiese hinein saßen die Tiere da und zwitscherten fröhlich. Es war, als würden sie ein Konzert geben. Es klang wundervoll und Aurora hörte gebannt zu. Noch nie hatte sie so etwas erlebt.

„Was machen die Vögel? Kommen die öfters zu dir?", erkundigte sie sich beim alten Mann.

„Die Vögel kommen nicht zu mir, sie sind deinetwegen da."

„Meinetwegen? Das gibt es doch nicht. Wozu?"

„Sie wollen dir ihre Aufwartung machen. Offenbar erwacht gerade deine Magie."

„Warum sollte sie jetzt plötzlich erwachen?"

„Du wirst morgen 18 Jahre alt. Mit diesem Alter bricht langsam die Magie durch", erklärte er geduldig. „Dass die Vögel deine Aura bereits heute spüren, lässt vermuten, dass du eines Tages eine überaus starke Großmeisterin sein wirst."

„Es ist aber reiner Zufall, dass das Königreich gestern angegriffen wurde. Oder etwa nicht?"

Aurora kamen allmählich Zweifel. Hatte etwa das, was gestern geschehen war, mit ihrem bevorstehenden Geburtstag und dem Erwachen ihrer Macht zu tun? Es klang weit hergeholt, aber inzwischen konnte sie nichts mehr überraschen.

„Ich glaube nicht an Zufälle."

„Was soll das bedeuten, du glaubst doch nicht ...?"

„Ich denke, es hat tatsächlich etwas mit deinem Geburtstag zu tun."

„Mit meinem Geburtstag? Warum das?"

„Das ist eine lange Geschichte."

„Ich habe heute nichts mehr vor."

„Gerivin hat das Abendessen zubereitet. Ich denke, ich erkläre dir alles, wenn wir damit fertig sind."

Als hätte er es gewusst, ging in diesem Moment die Tür auf und sein Enkel kam heraus, um die beiden zum Essen zu holen. Ach ja, vermutlich hat der Alte gewusst, dass es so passieren würde. Er konnte ja Gedanken lesen, fiel Aurora ein.

„Was gibt es?", erkundigte sich Gordin.

„Opa, das weißt du genau", grinste Gerivin. „Und Prinzessin Aurora weiß, dass du Gedanken lesen kannst."

„Woher weiß sie das?"

„Du hast es ihr selbst erzählt."

„Ach das Alter", meinte Gordin. Dabei schlug er sich die flache Hand gegen die Stirn. „Das Gedächtnis lässt nach."

Gerivin zuckte mit den Schultern, zwinkerte Aurora zu und sie gingen ins Haus. Es war klein, aber ausgesprochen gemütlich eingerichtet. Gordin führte sie in eine Stube. Die Wände und die Decke waren vollständig mit Holz verkleidet. Eine ähnlich getäfelte Stube hatte es auch im Schloss gegeben. Dorthin hatte sich ihr Vater mit seinen Freunden zurückgezogen, wenn sie feiern wollten. Manchmal war es aber auch eine Besprechung. Kann es sein, dass die Freunde ebenfalls über magische Kräfte verfügt haben? Die Vermutung lag nahe.

„Das waren tatsächlich alles Männer mit magischen Kräften. Aber keiner hatte eine so starke Macht, wie sie dein Vater besaß. Auch deine Mutter nicht."

Erneut hatte der Alte ihre unausgesprochene Frage beantwortet. Das konnte wirklich kein Zufall mehr sein.

„Das ist auch kein Zufall", legte er nach.

Nein, wirklich nicht. Aurora glaubte ihm. Ihre Gedanken so oft direkt hintereinander zu erraten, war unmöglich. Und damit glaubte sie ihm auch den Rest. Auch das Verhalten der Vögel war so unglaublich gewesen, dass es eine tiefere Bedeutung haben musste. Da war sie sich nun sicher.

„Kann Gerivin auch Gedanken lesen?", erkundigte sie sich.

Ihr kam in den Sinn, wie Gerivin vor der Höhle ihre Frage beantwortet hatte, obwohl sie diese nicht laut ausgesprochen hatte.

„Das vor der Höhle war nur Zufall", meinte Gordin. „Bist du nun erleichtert?"

„Schon etwas. Es reicht, wenn einer in meinem Kopf herumgeistert", grinste sie.

Damit war das Thema vorerst beendet und die drei aßen genüsslich. Gerivin hatte Lasagne zubereitet und sie schmeckten köstlich. Überhaupt genoss die junge Prinzessin das Essen nun viel mehr als noch am Hof. Sie vermisste die ausgefallenen und erlesenen Speisen nicht im Geringsten. Immer mehr begann sie das einfache und natürliche zu schätzen. Noch dazu, weil es mit ganz frischen und sehr wohlschmeckenden Kräutern verfeinert war.

„Mh, schmeckt lecker", lobte Aurora.

„Danke, habe ich mit meinen magischen Kräften zubereitet", grinst er. Die Prinzessin bekam große Augen.

„Mit den magischen Kräften?"

„Das wirst du eines Tages sicher auch können, Prinzessin", beruhigte er sie.

„Wenn ich nicht mehr Prinzessin sein kann, dann werde ich Köchin", kicherte sie.

Mit einem Lachen im Gesicht aßen sie weiter. Aurora verschlang zwei Portionen und leckte sich anschließend noch mit der Zunge über die Lippen. Als sie fertig war, lehnte sie sich entspannt zurück.

„Ich will das auch lernen", meinte sie. „Magie ist echt cool."

„So außergewöhnlich ist das dann aber auch nicht", entgegnete Gerivin lachend. „Magie hat ganz andere Möglichkeiten und sollte vor allem für wichtigere Dinge genutzt werden."

„Was gibt es Wichtigeres als das Essen? Ohne Nahrung ist man sehr schnell kein Mensch mehr", entgegnete Aurora.

„Willst du noch über den Angriff und deine Eltern sprechen", meldete sich Gordin deutlich ernster zu Wort.

„Ja, natürlich", bestätigte Aurora sofort.

„Dann komm, wir setzen und vor den Kamin."

Der alte Mann stand auf und ging zu einem großen Ohrensessel, der vor dem Kamin im Wohnbereich stand und ließ sich hineinplumpsen. Er schnippte mit den Fingern und schon brannte das bereits aufgeschichtete Holz im Kamin. Aurora folgte ihm und setzte sich, als er mit einer einladenden Handbewegung auf den zweiten Sessel wies, zu ihm.

„Wo soll ich anfangen?", begann er. „Vermutlich ganz am Anfang."

Wo sonst, dachte sich das Mädchen und sagte deshalb nichts weiter dazu. Es entstand eine kurze Pause. Gerivin hatte den Tisch abgeräumt und setzte sich nun neben Auroras Sessel auf den Fußboden. Beide warteten gespannt darauf, dass der alte Mann endlich zu sprechen begann.

„In grauer Vorzeit gab es, wie heute auch, nur wenige Menschen, die der Magie mächtig waren. Sie gehörten zwei Familien an. Die Familie Siryn und jene von Zorus. Sie lebten in Frieden und setzten ihre Magie ein, um Gutes zu bewirken. Die Magie wurde von Generation zu Generation vererbt. In direkter Linie bewahrte sie ihre Stärke, bei den Nebenlinien schwächte sie sich zusehends ab.

Eines Tages verliebte sich der älteste Sohn der Familie Zorus in ein junges Mädchen der Familie Siryn. Er umwarb sie und auch sie war ihm sehr zugetan. Sie verbrachten immer mehr Zeit zusammen und er war kurz davor, um ihre Hand anzuhalten. Die Welt schien in Ordnung zu sein.

Im Volk machten sich allerdings gar einige Gedanken, was passieren würde, wenn sich beide Familien vereinen. Schließlich waren die beiden Liebenden direkte Nachfahren und noch dazu Einzelkinder. Bei diesen waren die magischen Kräfte meist stärker ausgeprägt als bei Generationen, in denen mehrere Kinder geboren wurden. Die Nachkommen der beiden Liebenden, so wurde von gar einigen im Volk befürchtet, würde eine gewaltige Macht erreichen, da die Stärken beider Eltern und beider Familien sich in ihnen vereinen würden."

„Sie taten doch nur Gutes, was war dann so schlimm daran, wenn sich ihre Macht noch verstärken würde?", platze Aurora dazwischen.

„Das ist eine sehr gute Frage", entgegnete der Alte. „Zu der Zeit gab es allerdings gar einige Menschen, die keine magischen Kräfte besaßen, und allein deswegen schon neidisch auf jene waren, welche diese Gabe besaßen. Sie fühlten sich zurückgesetzt. Es kam Neid auf. Deshalb wollten sie um jeden Preis verhindern, dass sich die Macht der beiden Familien vereinen und damit noch weiter steigen würde.

Aus diesem Grund lockten sie die beiden in eine Falle. Sie machten den Jüngling betrunken und hatten junge Frauen organisiert, die ihn verführen sollten. Betrunken wie er war, konnte er den Reizen der Lockvögel nicht ausreichend Widerstand entgegensetzen und der Abend artete in einer Orgie aus. Am Höhepunkt dieser schändlichen Aktivitäten brachten sie seine Geliebte dazu, nachschauen zu gehen, wo er denn blieb. Dabei kam es, wie es kommen musste. Sie ertappte ihn in einer sehr kompromittierenden Situation.

Es brach ihr das Herz. Die junge Frau brach die Beziehung ab und ließ keine Ausrede gelten. Sie fühlte sich derart gedemütigt und hintergangen, dass sie ihren Geliebten von diesem Zeitpunkt an zurückwies. Der junge Mann bemühte sich jahrelang, die Gunst seiner über alles geliebten zurückzugewinnen. Doch alles, was er versuchte, war umsonst. Irgendwann musste er einsehen, dass es keinen Sinn mehr hatte. Sie hatte sich zum Trotz mit einem anderen Mann vermählt. Er sah zwar, dass sie mit ihm nicht glücklich war, aber durch die Eheschließung gab es kein Zurück mehr.

Aus Enttäuschung, Wut und Verbitterung verschrieb er sich den dunklen Mächten. Von da an setzte er seine Magie ein, um die Siryns zu bekämpfen und auch die Menschen in seinem Reich hatten unter ihm zu leiden. Sie bereuten ihr Handeln zutiefst, konnten an diesem Punkt aber nichts mehr ändern. Das Böse war in die Welt gekommen."

„Du willst mir damit sagen, dass es erst seitdem auf der Welt das Gute und das Böse gibt, dass meine Familie das Gute und die Nachkommen der Familie Zoros das Böse verkörpern?"

„Du bist das Gute, ja. Du entspringst der direkten Linie der Siryns", berichtigte Gordin. „Deine Seele ist rein und makellos."

„Ich bin das Gute? Das ist unmöglich!"

„Das sage nicht ich, das steht so in der Legende festgeschrieben."

„Aber was hat das nun mit meinem Geburtstag zu tun?"

„Es ist immer so, dass mit dem 18.Geburtstag die Magie in einem Menschen erwacht. Bei dir ist sie so stark, dass du sie bereits heute spürst. Du musst also aus einem mir nicht bekannten Grund, noch stärker sein als alle deine Vorfahren es bisher jemals waren."

„Warum das?"

„Ich kann es dir nicht mit Sicherheit erklären. Aber du bist die erste direkte Nachfahrin, die ein Einzelkind ist. Seit jenem Vorfall damals hatten die Königsfamilien immer zwei oder mehr Kinder."

„Das gab es seitdem noch nie?"

„Soweit ich weiß, nicht. Ich vermute deshalb, dass sich in dir die Macht deines Vaters und die deiner Mutter vereint haben."

„Und Orissos? Ist nicht auch er ein Einzelkind?"

„Du sagst es", bestätigte der alte Mann. „Er ist aber auch nur wenig älter als du. Zum ersten Mal seit Jahrhunderten ist der Altersunterschied der jüngeren Generation in etwa gleich."

„Und das bedeutet?"

„Ihr könntet ein Paar werden."

„Wozu?"

„Damit sich die Macht doch noch vereint."

„Das Gute und das Böse?"

„Orissos hofft, dass das Böse gewinnt und damit das Gute ausgelöscht und seine Macht noch weiter gestärkt wird."

„Aber er wollte mich umbringen lassen."

„Das lässt vermuten, dass er dich gar nicht zur Frau nehmen will. Er geht den sicheren Weg."

„Das ist ja Irrsinn!"

„Es ist ein sehr gefährlicher Moment in der Geschichte."

„Du meinst, wenn das Böse siegt, wird die Welt untergehen?"

„Das Böse strebt immer nach mehr Macht, das ist ganz offensichtlich. Deshalb auch der Angriff auf dein Königreich."

„Es ist nicht mein Königreich", wehrte Aurora ab.

„Du bist die Prinzessin und damit die Erbin der Krone. Natürlich ist es dein Königreich."

„Aber wie soll ich meinen Anspruch geltend machen, ich bin allein und schwach noch dazu."

„Du hast uns", mischte sich nun auch Gerivin wieder ein. „Vergiss das nie!"

„Entschuldigt, so war das nicht gemeint. Aber wir sind drei Leute und Orissos hat eine riesige Armee."

„Du kannst nicht morgen hingehen, hallo sagen und dein Reich zurückfordern. Das ist mir schon klar. Aber du kannst dich darauf vorbereiten und zuschlagen, sobald du in der Lage dazu bist."

„Ich kann das nicht. Ich bin doch nur ein schwaches Mädchen."

„Du bist viel stärker, als du denkst."

Die beiden hatten die Debatte recht hitzig geführt. Doch nun entstand eine Pause, eine bedrückende Pause.