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Miranda 01 - Der Hinflug

Geschichte Info
Paul trifft Athene an Bord des Raumschiffes namens Miranda.
18.8k Wörter
4.69
8k
1

Teil 1 der 5 teiligen Serie

Aktualisiert 09/29/2023
Erstellt 07/05/2023
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Die Geschichte ist frei erfunden. Ähnlichkeiten mit realen Personen oder Orten sind rein zufällig und keineswegs beabsichtigt.

Copyright 2023 © LiteroCat1147

Anmerkung für sexhungrige Leser: Die ersten paar Kapitel enthalten keinen Sex, aber sie bereiten darauf vor.

Miranda 01 -- Der Hinflug V1.1

Vorwort 1

Dieser Bericht ist in einer irdischen Sprache verfasst, obschon wir nicht von der Erde stammen, sondern von einem Planeten, den wir Primus nennen, weil er für uns der erste Planet war, von dem wir etwas wussten. Der Bericht wurde zwar auch in unsere eigene Sprache zurückübersetzt, aber das ist für den irdischen Leser so ziemlich ohne Bedeutung. Warum das so gemacht wurde, wird weiter unten klar werden.

Wir haben uns alle irdische Namen zugelegt. Ich selbst nenne mich auf dieser Reise Paul. Ich bekleide bei der hier beschriebenen Expedition das Amt des Chefredaktors. Mir kommt die Aufgabe zu, die jeweils letzte Fassung aller Teile des Berichtes zu entwerfen, diese in die Vernehmlassung zu schicken und daraus resultierenden Feedback einzuarbeiten. Zudem verfasse ich Zusammenfassungen und Brückentexte wie dieses Vorwort.

Wir haben nicht nur für alle Personen, sondern auch für Schiffe, Planeten usw. irdische Namen erfunden, die sich ein Erdbewohner definitiv besser merken kann, als die primanischen Originalnamen, die für irdische Ohren meist völlig unverständlich sind.

Die sich aus dieser Vorgehensweise ergebenden Probleme sind an der einen oder anderen Stelle möglicherweise auch für irdische Leser interessant, teilweise vermutlich sogar amüsant. So musste ich an einem letzthin gehaltenen Seminar vor dem Wissenschaftlichen Zentralrat die Frage beantworten, ob die von unserem Komitee vorgeschlagenen Bezeichnungen "Primus" und "Primaner" frei von jeder Gefahr von Verwechslungen wären. Ich musste gestehen, dass gewisse Erdbewohner das Wort "Primaner" für angehende Schüler verwenden und uns auch mit "Primaten" verwechseln könnten. Meine Erklärung, was dieses Wort für Erdenbewohner bedeutet, löste einige Heiterkeit aus. Unsere Vorschläge wurden aber alle akzeptiert. Der Rat war einhellig der Meinung, wissenschaftliche Berichte dürften durchaus auch etwas Unterhaltendes haben.

Vorwort 2

Wir Primaner haben zum Thema Sex ein etwas anderes Verhältnis als Erdenbewohner.

Die primanische Medizin hat diverse Probleme gelöst, die für Erdenbewohner immer noch Bücher mit sieben Siegeln darstellen. Geschlechtskrankheiten sind Krankheiten wie alle anderen und werden auch gleich behandelt. Infektionskrankheiten sind schon seit einiger Zeit kein Thema mehr. Geburtenkontrolle läuft bei einer Primanerin etwas anders ab als bei Erdenbewohnerinnen: Eine Primanerin wird nur dann schwanger, wenn sie das auch will.

Sex ist gesund. Das Immunsystem wird gestärkt und die allgemeine Fitness verbessert sich mit jedem Orgasmus. Sex ist Bestandteil von vielen beliebten Sportarten. Eine der beliebtesten Sportarten überhaupt ist der Sexfight. Da geht es ganz einfach darum, seinen Partner zum Orgasmus zu bringen. Diese Sportart existiert in diversen Varianten.

Jedes Fitness-Center enthält Räume, die dem Zweck dienen, dass Frauen und Männer genug Sex bekommen. Die meisten Tätigkeiten, die der körperlichen Ertüchtigung dienen, existieren in zwei Varianten, wovon eine davon voraussetzt, dass eine Frau und ein Mann zusammenarbeiten, die andere ist für Singles bestimmt. In einigen Fällen können auch zwei Frauen zusammenarbeiten.

Sexuelle Beziehungen zwischen Männern gibt es auf Prima nicht. Sexuelle Beziehungen zwischen Frauen gelten auch als etwas speziell, werden aber toleriert. Warum das so ist, wird kontrovers diskutiert.

Die einen meinen, das sei ein Überbleibsel aus einer Zeit, als die Männer noch dominierten. Ehrliche Männer geben auch heute noch zu, dass sie gerne zwei Frauen zuschauen, die miteinander Sex haben.

Andere meinen, dass sich die Frauen in Sachen Sex schon immer durchgesetzt und sich dieses Privileg bewusst gesichert hätten. Es hätte hingegen nie eine Gruppierung von Frauen gegeben, die von sich behauptet hätten, dass sie Männern beim Sex mit Männern zuschauen möchten.

Ein drittes Lager behauptet, die erfolgreichsten Teams wie auch Kleine und Mittlere Unternehmen werden von bisexuellen Frauen geführt, die mit allen Mitarbeitern schlafen. Es gibt eine nicht ganz bedeutungslose Fraktion an Management-Schulen, die sich darum bemüht, wissenschaftlich zu belegen, dass Management by Bettgeflüster der bei weitem erfolgreichste Führungsstil überhaupt sei. Die Anhänger dieser Theorie finden also, dass eine Gesellschaft etwas verliert, wenn sie sapphische Beziehungen ächtet. Auf MM-Beziehungen könne eine Gesellschaft jedoch ohne Probleme verzichten.

Im Übrigen unterscheidet sich das Sexleben von Primanern und Erdenbewohnern nur wenig. Der grösste Unterschied kommt daher, dass Sex bei uns Primanern keine Tabus kennt und als Vergnügung gilt wie bei den Erdenbewohnern Essen und Trinken. Für beide gilt, dass man es nicht überall macht, sondern nur in dafür vorgesehenen Räumen.

Vorwort 3

Zu meinen Aufgaben gehört auch die laufende Anreicherung der frühen Berichte mit späteren Erkenntnissen. Wir schreiben hier kein chronologisches Protokoll, sondern eine Dokumentation für jemanden, der die Erde und seine Bewohner verstehen will. Das veranlasst mich, meine eigenen Texte und auch die Texte der Forschungsteams von Zeit zu Zeit wieder zu lesen und Vorschläge für Ergänzungen zu machen.

So habe ich mit der Zeit einen recht guten Überblick über das Gesamtwerk gewonnen. Schon die alten Römer haben irgendwo aufgeschrieben: repetere mater studiorum est. Die Wiederholung ist die Mutter allen Studierens. Dass die Römer das aufgeschrieben hatten, haben wir erst relativ spät herausgefunden. Der geneigte Leser merkt: Auch dieses Vorwort habe ich nicht am Anfang der Reise geschrieben.

***

Der Abflug -- Bericht von Paul

Unser Shuttle näherte sich der Miranda langsam. Die Miranda wird für die nächsten zwanzig Jahre unser Zuhause sein. Das riesige Schiff hat Kugelform. Ihr Durchmesser beträgt etwas mehr als 2000 Meter. Sie ist hier, in einer Umlaufbahn um unseren Heimatplaneten Primus, zusammengebaut worden. Das Spezialschiff ist für eine lange Reise konzipiert. Das massgebende Prinzip heisst Selbstversorgung. Die Miranda kann alles selbst produzieren, was seine Besatzung von 260 Personen benötigt: Sauerstoff, Nahrung, Kleidung usw. Die Miranda ist eine Art fliegende Kleinstadt mit zugehöriger Landschaft: Wald für die Sauerstoffproduktion, Anbauflächen für Nahrungsmittel, kleine Wasserläufe für die Klärung der Abwässer usw.

Sogar eine Hügellandschaft, die zu langen Spaziergängen einlädt, ist vorhanden. Die Miranda produziert auch ihre eigene Schwerkraft, indem sie sich um ihre Pol-Achse dreht, ungefähr pro Minute ein Mal. Die Landschaft hat daher die Form einer Hohlkugel, in deren Zentrum ein Leuchtkörper angeordnet ist, der die Sonne ersetzt.

So viel wussten wir bereits aus der Ausschreibung, mit welcher die Besatzung angeworben wurde.

Ich hatte mich für den Posten des Chefredaktors beworben und die Stelle erhalten, weil ich mich während meines Studiums auf Techniken zum Erlernen fremder Sprachen spezialisiert hatte.

Nachdem der Shuttle in einem Hangar der Miranda gelandet war, erhielten wir unsere Unterkünfte zugeteilt. Als Junggeselle bekam ich eine geräumige Dreizimmerwohnung. Paare und Familien erhielten grössere Wohnungen, aber für mich alleine reichte das völlig. Das Wichtigste war ohnehin das Arbeitszimmer. Hier werde ich die meiste Zeit verbringen. Von hier aus kann ich mit allen Kollegen kommunizieren und die Berichte bearbeiten, deren Rohfassungen von den einzelnen Forscherteams angeliefert werden.

Nach dem Bezug der Unterkünfte versammelten wir uns zum ersten Briefing im Grossen Sitzungssaal. Der Expeditionsleiter Garrana kam nach einer kurzen Begrüssung sofort zum Kern der Sache:

"Wie Sie alle wissen, geht unsere Reise zu einem rund 40'000 Lichtjahre entfernten Planeten, der von seinen Bewohnern Erde genannt wird. Wir sind nicht das erste primanische Schiff, das sich dem Planeten Erde nähert. Vor zehn Jahren kam die kleine aber schnelle Pinta zurück. Sie hat eine Übersicht über den gesamten Planeten angefertigt -- gewissermassen die Erde und seine Bewohner kartografiert. Die bei jener Reise gesammelten Daten stehen uns natürlich zur Verfügung. Es folgt eine kurze Zusammenfassung.

Die Bewohner der Erde verwenden Körper, die den unseren gleichen. Entsprechend gleichen auch die Lebensbedingungen der Erde denen von Primus. Wir würden uns auf der Erde vermutlich durchaus wohl fühlen, aber auf dieser Reise werden wir uns nicht unter die Erdbewohner mischen. Kein primanischer Körper soll die Erde betreten. Wir wollen keine noch so kleine Spur hinterlassen, nicht einmal ein einziges Gen! Eine Landung kommt sowieso nicht in Frage. Dazu ist die Miranda gar nicht in der Lage. Sie wurde in einer Umlaufbahn gebaut und kann auf keinem Planeten mit einer so grossen Schwerkraft landen und wieder starten. Als Landeplattform kommen nur ein Mond oder ein kleiner Planet wie Mars in Frage. Die Fluchtgeschwindigkeit darf 6 km/s nicht übersteigen.

Die Bewohner der Erde haben einen technischen Stand erreicht, der es ihnen ermöglicht, erste Vorstösse in den Weltraum zu unternehmen. Von einer Raumfahrt kann man noch nicht sprechen, aber sie waren immerhin schon ein paar Mal auf dem Mond. Eine Landung auf dem Mond ist daher ebenfalls nicht vorgesehen und kommt höchstens bei einem Notfall in Frage. Unsere vier Beiboote erlauben uns jedoch, andere Planeten anzufliegen. Es wäre z.B. möglich, von Zeit zu Zeit einen Jupitermond aufzusuchen, um Frischwasser zu tanken, aber vermutlich ist dieses bequemer aus den Saturnringen zu bekommen.

Die Nachrichtentechnik der Erdbewohner hat bereits einen interessanten Stand erreicht. Sie senden seit einem Jahrhundert elektromagnetische Signale aus, die sie Funksignale nennen. Seit etwas mehr als einem halben Jahrhundert enthalten diese Funksignale auch Bilder. Die Erdenbewohner nennen das Fernsehen. Um die Erde herum hat sich also im Laufe der letzten hundert Jahre eine Photonenkugel gebildet, die voller Informationen steckt. Nach der Rückkehr der Pinta wurde ein Schwarm von unbemannten Sonden losgeschickt. Diese Drohnen durchforsten die gesamte Photonenkugel. Wir werden diese Sonden nach unserem Eintreffen bei der Erde nach und nach an Bord nehmen und auswerten. Auf diese Weise wird uns eine Art Archiv aller Funksignale der letzten hundert Jahre zur Verfügung stehen.

Unser Auftrag besagt, wir sollen uns auf einige wenige Kultur- und Sprachräume konzentrieren. Dabei stehen Regionen im Vordergrund, in welchen romanische und germanische Sprachen gesprochen werden. Diese Beschränkung hat mehrere Gründe: Erstens haben die Sprecher dieser Sprachen gemäss den Pinta-Daten sehr früh begonnen, elektromagnetische Signale auszusenden. So können wir sofort mit der Auswertung einer nennenswerten Datenmenge beginnen. Bei den Sprachen der weniger oder später fortgeschrittenen Bevölkerungsteile müssten wir zuerst Aufzeichnungen vor Ort anfertigen, aber die Romanen und Germanen haben das bereits für uns erledigt.

Ein weiterer Grund liegt bei uns selbst: Die Miranda ist mit Software ausgestattet, die besonders effizient mit Texten umgehen kann, die von den sogenannten lateinischen Schriftzeichen Gebrauch machen. Bereits bei griechischen Buchstaben lässt die Effizienz merklich nach und chinesische Schriftzeichen machen im Moment noch echt Mühe. Vielleicht sind wir gegen Ende unserer Mission besser in der Lage, mit Texten umzugehen, die andere als lateinische Schriftzeichen verwenden.

Texte haben bei unserer Mission eine besonders grosse Bedeutung. Sie dienen einerseits der Informationsbeschaffung -- was wir auswerten, sind eben oft Texte -- aber andererseits auch der Berichterstattung. Auf der gesamten Mission gilt folgender Qualitätsstandard: Du hast eine fremde Kultur erst dann gründlich studiert, wenn Du in ihrer Sprache, unter Verwendung ihrer Denkmuster über sie berichten kannst.

Die Berichte, die wir anfertigen, erstellen wir also stets in einer Sprache, die möglichst nahe beim Berichts-Thema liegt. Die Übersetzung ins Primanische erfolgt später. Das mag die Jüngeren, die ihre erste Forschungsreise zu einem fremden Volk unternehmen, erstaunen, ja gar verwirren. Sie werden aber sehen: Nach einigen Jahren können Sie einen Bericht mit links in der lokalen Sprache abfassen, aber die Übersetzung ins Primanische ist oft eine Knochenarbeit, weil wir manchmal überhaupt kein passendes Wort für ein lokales Konzept haben. Aber keine Angst, Sie werden das relativ rasch lernen und dann gibt es auch noch Hilfe: Wenn Sie eine wirklich schwierige Situation antreffen, wenden Sie sich an Paul -- wo ist er?"

Nun musste ich wohl oder übel aufstehen und alle Augen richteten sich auf mich.

"Paul ist unser Chefredaktor. Er ist etwas schüchtern, aber mit Texten kann er umgehen wie kein zweiter. Er und sein Team haben das meiste von dem ausgearbeitet, was ich ihnen soeben erzählt habe. Diese Kerntruppe -- wir nennen sie einfach die Redaktion -- beschäftigt sich seit der Rückkehr der Pinta mit den irdischen Sprachen. Diese Kollegen haben also fast zehn Jahre Vorsprung. Allerdings dürfen Sie nicht erwarten, dass sie bereits alles wüssten, denn die Datenmenge, welche die Pinta zurückbrachte, war beschränkt, gleichsam nur eine Momentaufnahme. Ältere Begriffe waren darin eher nicht enthalten und die in den letzten zehn Jahren neu gebildeten fehlen ebenso.

Etwa die Hälfte von Ihnen hat als Reporter angeheuert. Sie werden die eigentliche Datenbeschaffungsarbeit leisten und die Rohfassungen der Berichte verfassen. Wir von der Missionsleitung werden zu einem späteren Zeitpunkt mit jedem von Ihnen sprechen und Sie Teams zuteilen, die sich speziellen Themen oder Regionen widmen. Mehr dazu möchte ich jedoch erst in einem späteren Briefing sagen.

Vielleicht ist ihnen aufgefallen, dass zehn Plätze leer geblieben sind. Diese Plätze sind für die eigentliche Schiffsbesatzung reserviert. Wir 130 sind eigentlich nur Gäste auf einem Schiff, das 130 anderen Personen gehört, von denen ein Kern von zehn Raumfahrern das Schiff zu jedem Zeitpunkt steuert.

Ich drücke jetzt auf diesen Rufknopf hier. Wir sind nun mit dem Leitstand der Miranda verbunden. Ich grüsse Sie, Kapitän Velato."

"Ich grüsse Sie, Garrana. Haben Sie ihre Schäfchen alle willkommen geheissen?"

Mir war schon zu Ohren gekommen, dass zwischen der eigentlichen Schiffsbesatzung und dem wissenschaftlichen Stab einer Forschungsmission immer ein etwas „spannendes" Verhältnis bestehen soll. Es wäre übertrieben, von „gespannt" zu reden. Das war eher so etwas wie eine Neckerei. Gewisse Zungen behaupten, wir würden von den Raumfahrern „Eierköpfe" genannt, weil in grauer Vorzeit viele Wissenschaftler männlich waren und nur wenige Haare auf dem Kopf gehabt haben sollen. Unterdessen liegt der Anteil der Frauen bei uns über 50 %, und Frauen leiden viel weniger unter Haarausfall.

Die Forscher haben für die Raumfahrer die Bezeichnung „Kadetten" eingeführt, weil die meisten Raumfahrer ursprünglich bei der Flotte angefangen haben, also einer Organisation, die nach wie vor militärische Züge aufweist.

Garranas Stimme holt mich in die Gegenwart zurück: "Ja, wir sind so weit durch für heute. Falls Sie ihr geliebtes Schiff für eine Minute allein lassen können, würde ich sie gerne meinen Leuten vorstellen."

"Wir sind in einer Minute bei Ihnen. Das Schiff ist bereits auf Automatik."

Tatsächlich liegen der Leitstand des Schiffes und der Grosse Sitzungssaal praktisch Tür an Tür. Der Kapitän und seine Leute kommen nach wenigen Augenblicken durch einen Seiteneingang herein, der genau bei ihren zehn Plätzen liegt. Kapitän Velato tritt zum Rednerpult, während seine neun Mitarbeitenden Platz nehmen.

"Für jene, die zum ersten Mal auf einem solchen Forschungsschiff sind, habe ich ein paar Informationen vorbereitet.

Sie dürfen sich frei im Schiff bewegen. Es gibt ganz wenige Räume, die uns Kadetten -- ja wir kennen unseren Übernahmen -- vorbehalten sind. Diese Türen sind verschlossen und wir bitten Sie, keine Versuche zu machen, mit einem von uns durch eine solche Türe zu schlüpfen oder so etwas. Bei einigen Räumen handelt es sich um Orte, die man nicht oder nur möglichst kurz aufsuchen sollte, z.B. weil die Schwerkraft dort zu gering ist, um einen sicheren Stand zu haben. Dazu gehören alle Räume in der Nähe der Pol-Achse des Schiffes. Wer dort etwas ausrichten will, benötigt eine spezielle Ausbildung und eine passende Ausrüstung. Wer bloss zum Spass mal etwas Schwerelosigkeit geniessen will, kann das jeden Tag anlässlich einer unserer sogenannten Führungen tun, aber bitte nicht länger als eine Stunde. Zudem müssen sie ihrem Körper danach einen Ausgleich in Form einer Runde Lauftraining von derselben Dauer gönnen, um einem Abbau der Knochen und Muskeln vorzubeugen.

Wenn Sie ihren normalen Tätigkeiten -- inklusive Müssiggang -- nachgehen, halten Sie sich automatisch immer in den Räumen auf, die mit grünen Türschildern bezeichnet sind. Diese Räume gehören zum sogenannten Äquatorialgürtel und weisen einen Mindestabstand von 500 m von der Pol-Achse auf. Hier finden sie mindestens die halbe Normalschwerkraft, die sie von Primus gewohnt sind. Die häufig verwendeten Arbeits- und Wohnräume liegen ganz aussen, nahe der Schiffshülle. Hier herrscht im Äquatorialgürtel einigermassen normale Schwerkraft. Die weniger häufig verwendeten Räume wie dieser Sitzungssaal liegen etwas weiter innen. Die innere Hälfte bildet eine Hohlkugel. Hier können Sie spazieren gehen, ja sogar kleine Hügel besteigen. Auch auf Primus nimmt die Schwerkraft ab, wenn man einen Berg besteigt, allerdings nicht so stark wie hier. Der grösste Teil der Hohlkugel dient der Lufterneuerung, der Reinigung des Wassers in Bächen und der Landwirtschaft. Sie werden dort vor allem landwirtschaftliche Roboter antreffen. Bitte behindern Sie diese nicht bei ihrer Arbeit. Sie lösen sonst nur unnötige Alarme aus und theoretisch könnte ihre Essensration gekürzt werden. Das ist allerdings in der ganzen Geschichte der Forschungsschiffe vom dieser Bauart nur einmal passiert: Ein besonders sportlicher Biologe liebte es, auf Bäume zu klettern. Nichtbiologen haben nie verstanden, was er dort oben suchte. Gelegentlich fiel er auch herunter, was bei halber Schwerkraft nicht unbedingt einen Beinbruch zur Folge hat, aber dieser Forscher hatte eine Vorliebe für ausgerechnet jene Eiche, deren weit ausladende Äste den Hühnerhof überspannten. Bei seinem Sturz hat er ein Huhn zu Tode erschreckt und drei Eier zerbrochen. Als Strafe musste er drei Tage auf sein Frühstücksei verzichten. Seither nennen die Raumfahrer die Forscher nicht mehr Eierköpfe. Das sind nun Eierköpfer."

Schallendes Gelächter.

"Dann möchte ich noch eine Zone erwähnen, die etwas speziell ist, nämlich das sogenannte Fitness-Center. Nur neuere Forschungsschiffe haben so eine Zone.

Es handelt sich um eine Abteilung, die etwa einen Quadratkilometer Fläche umfasst, aber in zwanzig Stockwerke gegliedert ist. Das eine Ende befindet sich am Rande der Landwirtschaftszone. Das Fitness-Center ist deutlich wärmer beheizt als der Rest des Schiffes. Man soll schliesslich bei diesen Übungen nicht frieren, sondern teilweise sogar schwitzen können.

Hier finden sich auch Schwimmbäder und andere sehr vergnügliche Einrichtungen. Die meisten von Euch werden einen grossen Teil ihrer Freizeit im Fitness-Center verbringen. In dieser Zone darf man überall essen, trinken und Sex haben. Sex ist sonst nur in privaten Räumen erlaubt. Essen und Trinken darf man in privaten Räumen, in Restaurants und in Büros, aber nie in Labors oder anderen technischen Räumen."

Garrana schaltete die Beleuchtung der Tribüne ab. Das Briefing war offensichtlich beendet.