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Neuorganisation Kap. 02

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An dieser Stelle wurde die Diskussion von Johannes Burg gestoppt. Er runzelte die Stirn nach den Kommentaren der drei Frauen. Insbesondere die Ausführungen von Frau Berg hatten ihn mehr und mehr mit Unbehagen erfüllt, weil er die erwähnten Beziehungen zwischen den Produkten sowie deren Folge- und Nebenprodukten nicht ausreichend kannte und die chemischen Begriffe, die Frau Berg und Frau Hase benutzten, ihm nicht bekannt waren. Ihm schwante dass die Lohn- und Energiekosten für eine einzelne Produktgruppe nicht das alleinige Maß für einen Standortvergleich sein konnten. Sein ursprünglicher Effizienzansatz basierend auf diesem Vergleich sah jedoch die Produktionsverlagerung von Deutschland nach England vor. Dieser Ansatz konnte durch ihre Darlegungen erschüttert werden. Warum musste diese Frau Berg auch noch Frau Hase direkt vor der Gruppe bestätigen lassen, dass praktisch nur die Produkte von Deutschland gut genug geeignet für eine Weiterverarbeitung waren? Er ärgerte sich über diesen unerwarteten Widerspruch, der nun sowohl ihn als auch die Frau aus UK nicht gut aussehen ließ. Vor sich selbst musste er widerwillig zugeben, dass er die Deutsche unterschätzt hatte. Er würde dafür sorgen, dass er keine weiteren Überraschungen bekam.

Sofort verlagerte er das Thema auf die Marktentwicklung in Osteuropa mit der Herausstellung von Synergien zwischen Verkauf und Anwendungstechnik. Hier fühlte er sich wieder sicherer. Nach seiner Tour d'Horizon richtete er sich wieder an alle und stellte ihnen die Aufgabe bis zum nächsten Tag die lokalen Angaben aus ihren jeweiligen Herkunftsländern bezüglich der Absatz- und Umsatzzahlen samt der damit verbundenen Kosten zusammenzustellen. Am Nachmittag sollten sich hierzu in Arbeitsgruppen auf einheitliche Strukturen der Darstellungen einigen.

Noch vor der Mittagspause bat er allerdings, zunächst freundlich lächelnd, Susanne Berg in fünf Minuten doch zu einem Gespräch in seine Suite zu kommen. Er bereitete sich mental auf das Gespräch vor, denn er sah es als wichtig an die Diskussionen in der Gruppe im Sinne seiner Ideen steuern zu können. Es hatte ihm partout nicht behagt in ein Thema hineingestolpert zu sein, auf das er nicht richtig vorbereitet war.

Sobald sie eingetreten war, griff er sie, hinter seinem Schreibtisch thronend, unverzüglich an: „Frau Berg, wie können Sie sich erdreisten mir einen unpassenden Vergleich vorzuwerfen?! Sie kennen das Werk in England und seine Kennzahlen doch gar nicht richtig! Die Themen in dieser Arbeitsgruppe bestimme ich -- und niemand anderes! Haben Sie das verstanden? "

Sie hatte diesen harschen Ton so nicht erwartet, nachdem er am Abend zuvor sich so charmant gegeben hatte. „Ja, aber ...." Sie war verwirrt durch seine erhobene Stimme und die Tatsache wie eine Sünderin vor ihrem Richter vor seinem Schreibtisch zu stehen, während er sich nach seiner verbalen Attacke bequem in seinem Ledersessel zurücklehnte. So musste sie sich ihre Worte erst zu Recht legen. „... die Tatsachen sollten doch gerade in dieser Gruppe erarbeitet werden und natürlich verteidige ich meinen Standort."

Er ging nur kurz auf ihren Einwand ein, als er sich, mit beiden Armen auf den Schreibtisch abstützend, aggressiv vorlehnte. „Frau Berg, wann und wie Tatsachen erarbeitet werden, das ist meine Aufgabe. Diese Aufgabe ist mir vom Konzernchef höchstpersönlich erteilt worden -- und natürlich ist das Gruppeninteresse höher zu bewerten als das für einen einzelnen Standort. Sie sollen mir zuarbeiten und nicht zum unpassenden Zeitpunkt Themen einbringen, die erst später bearbeitet werden. Ich bestimme die Themen und ich kann jeden Mitarbeiter aus dieser Gruppe - auch Sie persönlich! - sofort nach Hause schicken, falls sie oder er nach meiner Ansicht nicht produktiv mitarbeitet. Wenn wir über Kosten reden, weil ich dieses Thema setze, dann reden wir über Kosten und nichts anderes, auch nicht über die Eignung zur Weiterverarbeitung! Ist das klar?!"

Sie konnte nur nicken. Sie war sichtlich geschockt an ihrem ersten Arbeitstag in der Gruppe zu hören, dass sie gleich wieder nach Hause geschickt werden sollte. Ihm fiel sofort auf, dass sie sichtlich eingeschüchtert war. Offensichtlich war sie durch Macht und Autorität beeinflussbar. Damit kannte er sich aus. Vielleicht konnte er dies auch für künftige Diskussionen in der Arbeitsgruppe ausnutzen, aber ihm kam eine Eingebung in den Kopf, die unmittelbar umsetzbar war. So stellte er sie überraschend vor eine Entscheidung: „Sie können entweder sofort nach Hause fahren oder weiter hier mitarbeiten als meine persönliche Assistentin. Ich schätze ihre offensichtliche Intelligenz, kann aber keine Arbeitsgruppenmitglieder gebrauchen, die ihre eigene Agenda verfolgen. Als meine Assistentin reden Sie nur, wenn Sie von mir ausdrücklich befragt werden oder meine Erlaubnis hierzu haben, ansonsten führen Sie nur das Protokoll. Entscheiden Sie sich sofort!"

Sie fühlte sich überrumpelt. Wie konnte er eine sofortige Entscheidung verlangen? Sie hätte doch zunächst mit ihrem Chef sprechen müssen. Sie sah ihn wie ein hypnotisiertes Kaninchen an, als er ein drängendes „Nun?!" nachschob. Andererseits würde es ihrem Standort sicherlich nicht helfen, wenn sie abreisen musste und niemand von ihrem Werk dort war. Also nickte sie nur und hörte ihre eigene Stimme unsicher antworten „Ja zur Assistentin, wenn es nicht anders geht."

Er nickte befriedigt, weil er dies nach seiner Einschätzung von ihrer Persönlichkeit erwartet hatte. Gleichzeitig war ihm jedoch bewusst, wie spontan sie in der Diskussion reagiert hatte und wie sie sich ganz offen dazu bekannt hatte, ihren Standort zu verteidigen. Er musste sie gut kontrollieren können, um weitere Einwürfe ihrerseits bereits im Ansatz abzuwürgen. Dazu ging er nun ein kontrolliertes Risiko ein: „Als meine persönliche Assistentin wirst Du mich in Deutsch mit Herr Burg oder in englisch mit Mr. Burg bzw. Sir anreden, während ich Dich beim Vornamen nenne. Ich erwarte auch Deine Mithilfe bei Präsentationen außerhalb dieser Arbeitsgruppe. Ist das deutlich genug, Susanne?"

„Wie bitte?" Sie war verblüfft ob seiner offensichtlichen Dreistigkeit und langsam regte sich wieder Widerstand in ihr, nachdem er sie zunächst so überrumpelt hatte. Sie war doch eine geachtete Managerin an ihrem Standort und sollte sich nun hier im Vergleich zu den anderen herabstufen lassen? Auf ein Niveau, das sich nur schwach von einer kaffee-kochenden Sekretärin in einem drittklassigen Büro unterschied, die plump vertraulich mit ihrem Vornamen angeredet und geduzt wurde? Ihr Gesichtsausdruck musste wohl deutlich genug gewesen sein, denn sein Tonfall wurde konzilianter.

Er bestand jedoch konsequent auf seinen Anforderungen, weil er sich jetzt keinen Rückzieher erlauben konnte ohne an Autorität einzubüssen, allerdings ließ er auch Möglichkeiten erkennen die seinen Einfluss zeigten und ihr dann auch Vorteile boten. „Du könntest dann auch bei Vorträgen im Vorstand mitwirken. Ich könnte eine so hübsche Dame als attraktive Assistentin bei Präsentationen gut gebrauchen..." Er ließ dies kurz wirken und setzte dann nach: „Susanne, entweder das oder die Abreise. Du kannst frei wählen!"

Sie wollte auf jeden Fall eine Abreise vermeiden, um ihre Kollegen daheim nicht zu enttäuschen. Sie fand auch seinen leichten Zugang zum Konzernchef durchaus imponierend. Seine angedeutete Möglichkeit, denselben persönlich zu sehen, erschien ihr irgendwie prickelnd, weil sie ihn selber noch nie gesehen hatte oder gar gesprochen hatte. Andererseits war sie auch verärgert, weil sie ihre Reputation nicht noch mehr aufs Spiel setzen wollte, als sie das ohnehin schon getan hatte mit der Akzeptanz als seine Assistentin zu agieren. Im Widerstreit dieser Gefühle und unter dem Zeitdruck der Entscheidung gestand sie ihm auch noch die vertrauliche Anrede zu, wenn auch unwillig, aber sie war auch fest entschlossen nicht noch mehr nach zu geben : „Also schön, für dieses Wochenende werde ich das akzeptieren, Herr Burg, aber ich bekomme ja noch nicht einmal Daten von ..." Sie brach ab, weil sie nicht zu deutlich werden wollte im Hinblick auf ihre eigenen Ziele in der Gruppe. „Ich werde Rücksprache mit meinem Geschäftsführer nehmen!"

Er erkannte ihren latenten Ärger und beschloss weitere Schritte auf einen späteren Zeitpunkt zu verlegen. Er wollte nicht wirklich ihre Abreise provozieren, weil er befürchtete, dass ihre Abfahrt seine Pläne signifikant verzögern könnten, denn er brauchte dringend die erläuterten Kennzahlen von ihrem Standort. Er merkte sich aber, dass auch sie offensichtlich Vergleichszahlen zu anderen Standorte ermitteln wollte. Außerdem war sie auf den zweiten Blick durchaus nett anzusehen. Es reizte ihn durchaus mit dieser intelligenten und kompetenten aber offensichtlich leicht einzuschüchternden Frau etwas zu flirten. Also war es Zeit für etwas Zuckerbrot nach der Peitsche: „Ich spreche gerne mit Deinem Geschäftsführer, Susanne. Ich bin überzeugt, dass er die Möglichkeit schätzen würde, dass eine intelligente und attraktive Mitarbeiterin aus seinem Standort direkt mit dem Konzernchef sprechen kann." Leise lächelnd setzte er hinzu: „Der Konzernchef liebt es durchaus, mit schönen und klugen Frauen zu diskutieren. Mitunter ergeben sich daraus auch Chancen für einflussreiche Positionen..."

Susanne ging aus diesem Gespräch leicht verwirrt hinaus. Bis dato hatte sie noch nie erlebt, dass ein Vorgesetzter sie auf diese Art und Weise angesprochen hatte und quasi eine Herabstufung gefordert hatte, wenn auch nur in der Arbeitsgruppe. Helmut Kühnen hatte sie immer respektvoll behandelt, selbst dann, wenn er sie einmal sachlich kritisiert hatte. Andererseits hatte Herr Burg ihr charmante Komplimente über ihr Aussehen und ihre Intelligenz gemacht und ihr implizit Aussichten auf Aufstieg außerhalb der Arbeitsgruppe angedeutet.

Als sie die Suite verließ, folgte er ihr unwillkürlich mit seinen Augen, denn aus diesem Blickwinkel wirkten ihre Umrisslinien ausgesprochen weiblich. Ihr enger Rock betonte ihre Formen in suggestiver Weise und er gestand sich ein, dass seine Komplimente nicht nur Zuckerbrot waren, sondern auch eine reale Grundlage hatten.

Sie spürte seine Blicke auf ihrem Rücken, aber drehte sich bewusst nicht um. Sie war so schon verwirrt genug und außerdem hatte sie nicht mehr viel Zeit für ihr Mittagessen nach diesem doch etwas längeren Gespräch. Im Restaurant traf sie nur noch die junge österreichische Kollegin und den spanischen Kollegen an. Sie versäumte es nicht, sich ausdrücklich bei ihr für die Unterstützung im Hinblick auf die Produkteignung zu bedanken.

3.3 Die veränderte Arbeitsgruppe

Nach dem Mittagessen wartete Herr Burg solange, bis sämtliche Gespräche im Raum aufhörten. Dazu fixierte er jeden einzelnen Mitarbeiter, sagte aber kein Wort. Erst dann ergriff er das Wort und stellte nunmehr Susanne als seine Assistentin vor und bat sie sogleich, sich nunmehr an seiner Seite zu setzen. Dann brachte er das Thema auf die von ihm geforderten Zahlen und erläuterte seine Vorstellungen über die Vorgehensweise.

Susanne fühlte sich unwohl als sie zu dem ihr zugewiesenen Platz ging, insbesondere als sie die höhnisch geflüsterte Bemerkung von Frau Goodweather hörte, die sich sofort darüber mokierte, dass die jüngere Deutsche für einen Sekretärinnenjob wohl auch besser geeignet sei. Genau das hatte sie befürchtet.

Sie war überrascht, als der Berater plötzlich seinen Vortrag unterbrach, wobei er sich an alle adressierte. Er stellte eindeutig fest, dass er herabsetzende Bemerkungen über seine Assistentin als persönlichen Angriff auf sich selbst werten würde, auch wenn diese nur geflüstert seien. Dabei schaute er jeden außer Susanne kurz aber nachdrücklich an. Und um das ganz klar zu machen, wies er alle ausdrücklich darauf hin, dass er jederzeit jedes Mitglied der Arbeitsgruppe von der Mitarbeit befreien und nach Hause schicken könne, falls eine gedeihliche Mitarbeit nicht möglich sei. Selbstverständlich würde dann auch der jeweilige Chef über die Gründe für eine Heimsendung informiert werden. Um gar keine Zweifel aufkommen zu lassen, fragte er zum Schluss Helen Goodweather unumwunden, ob sie seine Ausführungen verstanden habe und wisse weshalb er gerade sie frage, ob sie noch an einer Mitarbeit interessiert sei. Die füllige Frau versuchte erfolglos sich in ihrem Sitz kleiner zu machen, konnte aber seiner direkten Frage nicht ausweichen. Sie sah unbehaglich aus, als sie versicherte natürlich an einer Mitarbeit interessiert zu sein und sich an seine Vorgaben zu halten. Sie hütete sich dabei in Susannes Richtung zu blicken.

Dieser Zwischenfall veränderte die Stimmung in der Arbeitsgruppe deutlich. Bis dahin hatten sich die entsandten Mitarbeiter eher als unabhängige Repräsentanten ihres Standortes gesehen, die keinen persönlichen Druck hatten außer ihren eigenen Standort so gut wie möglich darzustellen. Weiterhin hatten sie sich als geschätzte Spezialisten gefühlt, die innerhalb des Konzerns eine wichtige Rolle spielten und damit persönlich ein eher geringes Entlassungsrisiko trugen. Nach seinen sehr deutlichen Worten waren sie sich aber auch der Tatsache bewusst, dass sie implizit einer Beurteilung durch den Berater unterlagen, obwohl dieser nicht beim Konzern angestellt war. Es war auch klar, dass eine eventuelle Heimsendung verbunden mit seinem Kommentar alles andere als ein Empfehlungsschreiben für die weitere Karriere war, während eine erfolgreiche Teilnahme sicherlich das Entlassungsrisiko minderte. Plötzlich war die Tatsache greifbar, dass dem Berater zu widersprechen nicht ohne Risiko für die eigene Position war. Am deutlichsten spiegelte sich das im jungen Gesicht der unerfahrenen österreichischen Kollegin wider, das eine deutliche Nachdenklichkeit zeigte.

Susanne Berg sah in seinem Eingreifen den positiven Effekt seiner Unterstützung für sie, denn in ihrer aktuellen Rolle als seine Assistentin sah sie in seiner Bemerkung keine persönliche Bedrohung für sich selbst. Im Gegenteil, denn zum Schluss seiner Ausführungen hatte er darauf hingewiesen, dass seine Assistentin Teile der Arbeitsgruppenarbeit beim Konzernchef selber vortragen werde. Plötzlich sah Mrs. Goodweather sie mit einem neuen Respekt an. Susanne fühlte sich irgendwie auch geschmeichelt, dass er diese deutliche Loyalität ihr gegenüber gezeigt hatte.

Nunmehr teilte Herr Burg die Teilnehmer in zwei Untergruppen auf, die sich über das Darstellungsformat der Kosten und die Definitionen für die Kosten einigen sollten. Für ihn war es ein wohlbekanntes Faktum, dass selbst bei gleichen Finanzsoftwarepaketen die Auswertung von Kosten unterschiedliche Ergebnisse brachte, weil die Eingabe von Daten nach unterschiedlichen Kriterien erfolgte und die Definition von z.B. Reparaturkosten und laufendem Unterhalt des Maschinenparks durchaus nicht einheitlich erfolgten. Es war immer ein Aha-Erlebnis für Leute aus unterschiedlichen Standorten zu erfahren, wie gleiche Tatbestände zu einer unterschiedlichen Darstellung der Kostenstrukturen führten. Genauso gut wusste er, dass die meisten Manager die Detailstruktur der Kosten nicht überprüften, sondern nur die kumulierten Kosten verglichen. Es bereitete ihm immer ein Vergnügen, diesen zeigen zu können, dass z.B. die laufenden Kosten an einem Standort viel höher waren als ausgewiesen und damit ein Kostensparpotential aufzudecken, das vorher versteckt war. Das konnte aber nur gelingen, wenn die Leute vor Ort mitspielten, die die detaillierten Kosten kannten. Genau das war der Zweck der heutigen Übung, denn sonst verglich man Äpfel mit Birnen. Und nur wenn man Äpfel mit Äpfeln verglich, konnte man auch später über die minimale Anzahl von Leuten reden, die eine Funktion im Unternehmen ausüben sollten. Und das war nachher die wichtigste Zahl, weil sich dies sofort durch Reduzierung der Gehaltssumme wunderschön darstellen ließ.

Die Gruppe mit Maria Galinski, Michel Bonaventura und Jaime Mendoza pflückte die Definitionen von Logistikkosten auseinander -- und setzte sie dann wieder in einer einheitlichen Form zusammen. Es gab zum Beispiel hitzige Diskussionen darüber ob erhöhte Speditionskosten wegen Verladeverzögerungen in dem Werk denn nun der Logistik oder der Produktion zuzurechnen seien.

Während der Diskussionszeit wurde Susanne Berg von Herrn Burg über die Weiterverarbeitung von Produkten befragt. Dann protokollierte sie das Endergebnis der internen Diskussion dieser Gruppe genauso wie das der anderen Gruppe über Produktionskosten zum Thema Instandhaltung und Reparaturen. Beide Gruppen konnten nur eine erste Idee zur Definition liefern, weil einzelne Details noch separat bei den einzelnen Standorten abgefragt werden mussten, aber es war sicherlich eine Kommunikation über die Kosten entstanden.

Herr Burg war mit dem Ergebnis der Diskussionen zufrieden. In einem ersten Schritt konnte man nicht wesentlich mehr als ein Problemverständnis erreichen. Er war sich sicher, dass noch viele Diskussionen folgen würden, aber der Weg war jetzt vorgezeichnet. Binnen kurzer Zeit würden sich alle Konzernstandorte in einem Wettbewerb um die niedrigsten Kosten befinden, da Investitionen nur in diejenigen Standorte mit nachweislich niedrigen Kosten fließen würden. Sein nächster größerer Schritt würde ein Vergleich des Personalaufwandes sein, aber den behielt er sich für das nächste Treffen vor. Zunächst war es wichtig, den Vergleich der Logistik- und Produktionskosten zu erreichen. Weitere Einflussgrössen wie Alter der Produktionsanlagen und Zusammensetzung der Transportarten würden dann berücksichtigt werden.

Er rief beide Gruppen nun wieder zusammen, damit sie ihr Diskussionsergebnis in einer verkürzten Form auch der jeweils anderen Gruppe vortrugen. Der Vortrag von Michel Bonaventura lief reibungslos ohne Fragen ab. Bei dem Vortrag von Frau Helen Goodweather konnte sich Susanne Berg jedoch nicht zurückhalten, sie musste einfach protestieren, als diese unwidersprochen darauf hinwies, dass die Instandhaltungskosten am englischen Standort am niedrigsten seien. Johannes Burg warf seiner Assistentin einen warnenden Blick zu, als sie frontal diese These und die Aussagen von der Buchhalterin angriff. Sie ließ sich jedoch nicht bremsen, unter dem Hinweis dass diese Aussage so uneingeschränkt auch nicht in ihrem Protokoll der Diskussion der Untergruppe Instandhaltung und Reparaturen stand -- und dass es ihre Aufgabe sei, eine getreue Niederschrift zu erstellen und dieses mit dem Diskussionsergebnis übereinstimmen sollte. Das konnte er zu seinem Bedauern nicht verneinen. Natürlich war die Aussage von Helen nicht abgestimmt, aber diese Aussage war ihm nicht unerwünscht gewesen, denn solche kategorischen Aussagen blieben so natürlich auch in den Ohren der Teilnehmer und unterstützten sein Anliegen den deutschen Standort gemäß den politischen Vorgaben der Konzernführung zu reduzieren. Susanne wies darauf hin, dass vorbeugende Instandhaltung zwar vielleicht teurer war, aber dafür auch geringere Reparatur- und Produktionsausfallkosten hervorbrachte, so dass die Summe der Kosten geringer sein konnte. Er hatte sie noch mehr unterschätzt als er ursprünglich gedacht hatte -- sie hatte ihre Aufgabe als seine Assistentin voll angenommen, aber genau diesen Part ausgenutzt um ihren Standort zu verteidigen. Als sie gerade noch auf die Tatsache hinweisen wollte, warum die komplexen Anlagen in Deutschland natürlich instandhaltungsintensiver waren als relativ einfache Anlagen wie in England, da unterbrach sie Herr Burg entnervt mit dem Hinweis auf das geplante Ende des heutigen Tages.

„Dear Participants, it has been a very productive session. I want to thank all of you for your active participation. This evening is free time for you." Damit entließ er alle in den Abend.

3.4 Die Diskussion

Alle, bis auf Susanne Berg. Er bat sie ihn unverzüglich zu einem Gespräch in seine Suite zu begleiten. Er bestand auf sofort, selbst als sie ihn um eine kurze Pause zwecks Toilettenbesuch bat. Er war aufgebracht genug, um normale Höflichkeiten zu verneinen und zudem dachte er bei sich, dass dies das Gespräch für sie noch unkomfortabler machen würde. Und er konnte so viel Druck wie nur möglich gebrauchen, um ihre Aufsässigkeit zu zügeln. Sobald sie eingetreten war, griff er sie an. Er donnerte sogleich in deutscher Sprache los, ohne ihr einen Platz anzubieten, während er wieder hinter seinem Schreibtisch thronte: „Susanne, wie kannst Du ohne meine Erlaubnis in der Diskussion reden?! Ich dachte wir haben hierzu klare Regeln vereinbart? Du kennst das Werk in England doch gar nicht richtig! Die Themen in dieser Arbeitsgruppe bestimme ich -- und niemand anderes! Hast Du das nicht verstanden? Ich möchte ...." Er überlegte kurz, bevor er weiterfahren wollte.