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Nordlichter - Teil 02

Geschichte Info
Des Captains Tochter.
24.8k Wörter
13.9k
4

Teil 2 der 3 teiligen Serie

Aktualisiert 01/02/2024
Erstellt 12/28/2022
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Seit meinem Abenteuer mit Charlotte sind bereits mehr als zwei Wochen vergangen, in denen ich mir gewünscht hätte, mehr von ihr auf WhatsApp zu lesen. Wir schrieben hin und her, ohne dass wir uns persönlich gesehen haben. Klar, unsere Einsatzpläne erschwerten einiges. Aber dennoch war es nicht so, wie ich es mir in meinen Tagträumen vorgestellt habe. Gelegentlich musste ich sogar bis zu drei Tage auf eine Antwort warten. Besonders dann fühlten sich ihre Nachrichten beinahe so an, als ob man einem Hund einen Knochen vor die Pfoten schmeisst, um ihn ruhigzustellen. Klar übertreibe ich etwas, aber ich konnte diese Gefühle nicht abtun.

Das mit den langen Wartezeiten erinnerte mich irgendwie an das Verhalten unerfahrener Teenager, die jede SMS auf die Waagschale legen und ein Krisenstab an Freundinnen Ratschläge gibt, wann der ideale Zeitpunkt für eine Antwort ist. Egal. Mich nervte das schon damals zu meiner Jugendzeit. Einmal stellte ich mir die Frage, ob ich Charlotte einfach nicht wichtig genug war oder ob sie sich vielmehr wie Sonja (damals vor meinem Umzug nach Dubai) schützen wollte und sich darum kommunikativ zurückgezogen hatte.

Charlotte wollte keine Beziehung mit mir, weil sie das Liebes-Aus mit ihrem vermeintlichen Ex-Freund verdauen wollte. Da war sie mehr als ehrlich zu mir. Dessen war ich mir bewusst und rechnete ihr die Transparenz hoch an. Ich glaube, wir Männer sind diesbezüglich aber wesentlich einfacher gestrickt und schreiben, wenn uns danach ist. Vielleicht sollte ich ihren Wunsch einfach hinnehmen und nicht in meiner Fantasie ständig einem Hirngespinst nachjagen. Vielleicht nervte ich sie mit meinen Mitteilungen auf WhatsApp. Scheisse, es fühlte sich wie mit fünfzehn an. Vielleicht verhielt ich mich die letzten Tage tatsächlich unreif. Ich war fest gewillt, ihrem Wunsch nun zu entsprechen und mich zurückzunehmen, ihr den gewünschten Freiraum zu schenken. Irgendwie schloss ich dieses Thema für mich ab. Vielleicht aus Enttäuschung oder um mir zu beweisen, dass ich dazu mental in der Lage war. Aber ich wurde auf die Probe gestellt.

Bei einem spontanen Besuch bei Moe kam Charlotte gerade aus São Paulo zurück und hatte sich trotz Jetlag Zeit genommen, mit uns eine Flasche Wein zu trinken. Wir gingen kollegial miteinander um und es war schön ihr vertrautes aber etwas müde wirkendes Gesicht zu sehen. Als die Dänin ihr Bettchen aufgesucht hatte, verriet mir Moesha, dass sie mit ihrem Freund jetzt offiziell Schluss gemacht hatte. Seitdem sei es für Moe ausgesprochen ruhig geworden, da Charlotte ihr nicht mehr ständig ihr Herz ausschüttet. Nach dem Abend blieb ein freundschaftliches Gefühl zurück und ich war nicht mehr so emotional an Charlotte gekettet, wie an jenem Morgen nach dieser langen Nacht mit ihr. Merkwürdigerweise fühlte ich mich ein, zwei Tage später nicht wie damals bei Sonja in einem luftleeren Raum. Es war schön mit Charlotte, zweifelsohne, aber es gibt keine Beziehung. Sie will es so. Basta.

Und trotzdem wollte ich wieder hoch hinaus. Zumindest, was meinen Beruf angeht. Ich liebte meinen Job und bereute meine Entscheidung nach Dubai zu kommen, um die grossen Vögel zu fliegen, keineswegs. Nach unzähligen Hüpfern in der Golfregion und überraschend „abenteuerlichen" Flügen nach Indien und Pakistan (mit Diebstahl im Flugzeug und aggressiven Passagieren) freute ich mich nun sehr auf einen hoffentlich ruhigen Spezialflug nach Teneriffa. Wir durften eine grössere Hochzeitsgesellschaft zurück in den Wüstenstaat bringen. Zudem „mussten" wir armen Seelen aus betriebstechnischen Gründen zwei Nächte auf der Insel verbringen. Um den Hinflug nicht leer durchzuführen, buchte eine Petrofirma zahlreiche Arbeiter auf diesen Flug sowie Mitglieder eines weltweiten Service Clubs besuchten dort ihre Kollegen für ein gemeinsames Wohltätigkeitsprojekt. Wie sie wieder nach Dubai zurückkommen, entzog sich unserer Kenntnis.

Zudem hatten wir noch zwei Mechaniker dabei, die unseren Flieger im Falle von technischen Problemen wieder auf Vordermann bringen würden. Schön war zu hören, dass drei Besatzungsmitglieder Freunde oder Familienangehörige mit dabei hatten, wie auch Devon, mein Flugkapitän. Wir blickten alle gut gelaunt den kommenden Tagen bei angenehmen Temperaturen und schönem Wetter entgegen. Noch sassen wir aber konzentriert in Dubai im Cockpit und arbeiteten unsere Routinen ab.

„Du, Martin. Hättest du ein Problem damit, wenn ich meine Frau und meine Tochter für den Start nach vorne nehmen würde?", fragte mich Devon sehr respektvoll. Er schien unglaublich warmherzig zu sein. Ich kannte ihn noch nicht. Er hatte fast schon etwas Grossväterliches an sich, von dem man gerne bei Kaminfeuer eine Geschichte erzählt bekommt. Vielleicht liessen ihn seine faltige Haut und die graublonden Haare so wirken. Jedenfalls genoss ich die guten Umgangsformen des sehr distinguierten Briten.

Er wird den Leg (den Flug nach Teneriffa) heute fliegen und ich bringe die Maschine ein paar Tage später zurück nach Dubai. Wir hatten ein kleines Problem mit einem System, das nicht funktionierte und mussten überprüfen, ob wir trotzdem mit dem Flieger starten durften. Wir versuchten parallel dazu, eine Lösung mit der Technik zu finden, aber die Zeit war knapp.

„Devon, sieht gut aus! Wir könnten gehen, selbst wenn das System nicht funktioniert", sagte ich, als ich die entsprechende Seite in unserer Minimum-Equipment-List gefunden hatte. Ich las ihm den entsprechenden Abschnitt vor, sodass er alle Informationen zum Sachverhalt kannte. Auf Teneriffa können sich auch unsere Techniker der Sache annehmen. Eine Lösung zeichnete sich ab. Abgesehen davon verlief alles wie sonst.

Die Cockpit-Tür ging auf und zwei interessante Damen betraten unser Reich. Seine Tochter wirkte gross, schlank und irgendwie sexy, obwohl ihre Erscheinung etwas von „einem Mädchen von nebenan" hatte. Aber sie war erst achtzehn. Dies hatte mir Devon zuvor auf dem Weg zum Flugzeug in einem Nebensatz mitgeteilt, weil er ihr Alter momentan als äußerst anstrengend empfand. Alles was verboten wird, sei für sie ätzend, weil alle anderen Eltern dieser Erde das erlauben würden und so weiter und sofort. Seine Frau war so reizend wie Devon und passte unglaublich gut zu ihm. Sie gingen respektvoll miteinander und mit ihrer Tochter um, fast schon eine Nuance zu respektvoll für meinen Geschmack.

Das junge Mädel nahm auf dem Jumpseat hinter uns platz und hatte einen guten Einblick in unseren Arbeitsalltag, der sie natürlich keineswegs interessierte. Lieber textete sie in ihr neues Handy, das schon zwei oder drei Generationen neuer war, wie das meinige. Devon und ich waren gerade in einer heissen Phase der Vorbereitung, sodass ich sie nicht mit dem verdienten Respekt begrüssen konnte. Wir wollten unser Zeitfenster für den Start nicht verpassen, was wir in der Fliegersprache „Slot" nennen.

„Jungs, Kabine und Boardküche sind gesichert. Ich wünsche euch einen schönen Flug", sagte die Purserin aus dem Land der Pharaonen mit einem Lächeln.

„Vielen Dank Amira! Wir sehen uns spätestens wieder in Teneriffa", sagte Devon. „Dann sind wir also fast schon bereit loszulegen, was?", sagte Devon in meine Richtung und strahlte mich an.

„Let's rock", sagte ich begeistert.

„Olivia, Liebes. Könntest du dein Handy weglegen und in den Flugmodus wechseln?", fragte der Brite seine Tochter.

Diese textete munter weiter und stiess ein genervtes „Gleich" aus. So ging es die nächsten zwei Minuten weiter. Wir waren bereit, den Flieger zurückzustossen. Nachdem die Tochter selbst der dritten Aufforderung ihres Vaters, ihr Handy wegen des bevorstehenden „Bushbacks" des Fliegers auszuschalten, nicht nachgekommen war, schaltete ich mich ein.

„Olivia, Hi! Ich bin Martin. Sorry, dass ich mich nicht richtig vorgestellt habe, war gerade bissl' hektisch, als ihr hereingekommen seid. Darf ich dich bitten, den Flugmodus jetzt einzuschalten? Dann kann ich dir ein paar coole Sachen zeigen", sagte ich. Sie lächelte kurz, hörte auf zu tippen und kreuzte ihre Beine und Arme relativ schlaff und hielt noch immer das Handy in der Hand. Olivia schaute mich, zu mir nach vorn gebeugt und kaugummikauend, an.

„Na, was findest du cool?", fragte mich die junge Britin.

„Wenn du magst, kannst du jetzt die Parkbremse lösen. Dann können wir unseren Flug endlich starten", sagte ich.

„Und das findest du also cool?", fragte sie. „Vor fünf Jahren hättest du mich mit dieser Masche gekriegt", sagte Olivia und grinste mich hämisch an.

„Also Olivia, wirklich", sprach ihre Mutter, die auf dem Klappsitz hinter mir am grossen Fenster sass.

„Was Mom? Du weisst doch, dass mich diese langweiligen Flieger nicht interessieren", sagte sie und blickte genervt zu ihrer Mutter.

„Alles muss man heutzutage selbst machen", sagte ich mit einem humoristischen Unterton und löste die Parkbremse. Olivia schmunzelte für den Bruchteil einer Sekunde wegen meinem gespielt griesgrämigen Spruch, als ob sie in mir einen Gleichgesinnten gefunden hätte. „Hast du dein Handy jetzt im Flugmodus?", wollte ich sicherstellen.

Sie schaute wieder genervt und tat so, als ob sie den Flugmodus einschalten würde. Olivia schnallte sich an, und blickte etwas grimmig zu uns nach vorn und pustete ihren Unmut aus. Ich sah, dass sich Devon irgendwie für das Verhalten seiner Tochter schämte. „Parkbremse gelöst, ready for Pushback", informierte ich meinen Kapitän. Ich hielt das Verhalten der jungen Dame für kindisch und wollte ihr den Tarif durchgeben und zeigen, wer hier das Sagen hat. Ich wurde zum ersten Mal in meinem Berufsleben zu einem kleinkarierten Pedanten.

„Olivia? Kannst du bitte noch die Gurte über deinen Schultern anschnallen?", sagte ich.

„Aber das musste ich noch nie! Dad, muss das jetzt sein?", fragte sie sauer ihren Vater und versuchte uns gegeneinander auszuspielen. Er grinste nur.

„Ja, wenn Martin das wünscht, dann solltest du dem nachkommen. Es steht in unserem Reglement, dass du das eigentlich machen solltest, ja", sagte er. Sie schnallte sich nun widerwillig komplett an. Im Cockpit haben wir Gurte zwischen den Beinen, um unser Becken sowie über unsere Schultern. Das komplette Sorglos-Paket. Normalerweise reicht es uns, wenn sich unsere Gäste im Cockpit wie die Passagiere anschnallen. Aber so wie man in den Wald ruft, so sch(n)allt es zurück.

Der Airbus wurde von einem Fahrzeug vom Gate zurückgestossen und wir starteten zuerst Triebwerk Nummer 1, danach jenes auf der rechten Seite. Sie heulten nacheinander auf.

Wir testeten die Flight Controls, um zu sehen, ob diese richtig funktionieren und das Flugzeug in der Luft steuerbar ist. Kurz darauf fiel mir auf, dass Olivia wohl wieder in ihr Handy tippte. Mir war das zu blöd. Gleich rollen wir zur Startbahn und sie bedient ihr doofes Telefon. Ich wollte mich nicht mehr ablenken lassen und streckte meinen linken Arm zu ihr aus und machte mit den Fingern eine „gib her" Bewegung und schaute dabei aus dem Fenster und sah, wie sich das Pushback-Fahrzeug von uns entfernt hatte. Plötzlich spürte ich ihr schweres iPhone sowie ihre Finger, denen ein leichter Zigarettenduft anhaftete. Ich war es letztlich, der den Flugmodus ordnungsgemäss einschaltete und verstaute das Handy auf einer Ablagefläche zu meiner rechten.

Von nun an verlief die Startvorbereitung wieder ungestört und nach Chema F. Devon schwenkte den Flieger auf die Piste 12 Rechts.

„So, jetzt geht's los", sagte ich und drehte mich zu Olivia, um etwas Begeisterung auszulösen.

„Yey ...", stiess der Teenie sichtlich genervt aus, obwohl sie ihre geballte Faust wie bei einer Geste der Begeisterung in die Höhe riss. „So eine blöde und undankbare Göre", dachte ich mir.

Kaum waren wir etwas über drei Minuten in der Luft, wollte sie wieder zurück in die Kabine auf ihren Sitz. Wir waren mitten im Steigflug.

„Warte, bis wir die Reiseflughöhe erreicht haben", sagte ihre Mutter.

„Mom, der Sitz drückt und ist voll unbequem", sagte Olivia.

Devon flog den Airbus bis zum jetzigen Zeitpunkt verhältnismässig lange von Hand, um nicht aus der Übung zu kommen. Er schaltete den Autopiloten ein. Kurz nachdem wir die Flughöhe von 10 000 Fuss überschritten hatten, geschah etwas Unerwartetes.

„Your Aircraft", überraschte mich Devon und übergab mir sozusagen die Kontrolle des Flugzeuges.

„My Aircraft", bestätigte ich Devon und übernahm die fliegerische Verantwortung. Das war kein Problem, da ich ihn und das Flugzeug in meiner heutigen Rolle über alle Phasen hinweg überwacht hatte.

„So, junges Fräulein! Jetzt hörst du mir genau zu. Du wolltest mitkommen und jetzt fällt dir nichts Besseres ein, als ununterbrochen rumzumeckern. Du weisst, wie das hier läuft. Das ist inakzeptabel. Ich bin enttäuscht", sagte Devon und gab ihr den Tarif durch.

„Dad, du ..."

„Ich will kein Wort mehr von dir hören. Sei still", unterbrach sie Devon leise, aber bestimmt. Noch nie hatte ich eine solche Situation erlebt. Das Flugzeug verhielt sich wie geplant, was man vom Cockpitbesuch nicht gerade behaupten konnte.

„My Aircraft", sprach Devon eine Minute später und ich überliess ihm wieder die Maschine.

Nach einer Dreiviertelstunde, in der Olivia wirklich keinen Ton von sich gab, trafen wir sämtliche Vorkehrungen, um die gepanzerte Tür zur Kabine wieder zu öffnen.

Devons Tochter war wirklich sehr schlank und gross. Zu meiner Überraschung lächelte sie mir noch kurz zu. „Wir sehen uns später", sagte sie und verliess mit ihrer Mutter das Cockpit. Devon lehnte sich zurück und drückte sich in seinen Sitz und pustete aus.

„Sie war mal ein ganz nettes Mädchen und seit sie hier in diese lnternational School geht, ist sie wie verwandelt", sagte er etwas konsterniert.

„Tut mir leid. Ist sicher nicht einfach, ein Kind zu haben", sagte ich.

„Wie alt bist du eigentlich?", wollte Devon wissen.

„Bald 27", sagte ich, um älter zu wirken.

„Haha, wahrscheinlich zu alt für meine Tochter. Ein Freund wie du würde ihr bestimmt guttun. Aber das möchtest du dir mit deiner Lebenserfahrung bestimmt nicht antun", sagte er lachend.

„Na ja, wenn ich deine Tochter heiraten würde, bekäme ich exzellente Schwiegereltern", platzte es aus mir raus. Devon wirkte geschmeichelt.

„27, was für ein Alter. Ich hätte noch zwei Jahre warten müssen, bis ich meine Frau kennenlernen würde", sagte er und hatte einen zufriedenen Gesichtsausdruck. „Das war das Beste, was mir mit 29 und in meinem Leben passiert ist", fügte er hinzu.

„Das freut mich. Dann muss ich mich noch in Geduld üben", sagte ich.

„Sie wird kommen. Ganz bestimmt. Und es ist nicht meine Tochter!", sagte Devon und richtete seinen Zeige- und Mittelfinger zu seinen Augen und dann anschliessend zu mir und wiederholte die international gültige „I'm watching you" Handbewegung. Ich musste lachen und an Moe denken, die mir zuletzt diese Geste hinsichtlich ihrer Mitbewohnerin gegeben hatte.

„Du willst mich also nicht als deinen Schwiegersohn?", spielte ich den Entrüsteten.

„Das habe ich nicht gesagt", sagte er lachend.

„Was hast du gegen mich?", sprach ich künstlich aufbrausend. Devon lachte herzhaft und schüttelte den Kopf.

„Übrigens, meine Familie und eine britische Flugbegleiterin treffen morgen den Konsul Grossbritanniens. Möchtest du auch mitkommen?", fragte mich Devon.

„Wenn es dir nichts ausmacht, dass ein Deutscher dabei ist, komme ich gerne mit. Ich habe keine festen Pläne und lerne gerne spannende Menschen kennen", erzählte ich.

Über Libyen wurden wir von einer Kollegin aus der Küche angerufen. Devon nahm das Telefon ab.

„Ja, Magda, was gibt's?", wollte er von der polnischen Flugbegleiterin wissen. Ich hörte ihn auflachen. „Ja klar, komm vorbei und bring uns gleich noch einen Tee mit", sagte der „ältere Herr" neben mir. Fünf Minuten später öffneten wir wieder die Cockpit-Tür. Die Auswirkungen des 11. Septembers haben seine Spuren hinterlassen. Seither löst das Öffnen der Cockpit-Tür einen genau geplanten Prozess aus. Alles lief gut. Magda kam mit einem Tablett und dem von Devon verlangten Tee zu uns. Sie lächelte. Die Dame aus Breslau war zwar nicht gross, aber ihr nach hinten gebundenes schwarzes Haar und die für unsere Airline typische Schminke liessen sie sehr gewinnbringend aussehen. Ich mochte ihren Duft, der das Cockpit füllte.

„Möchtest du noch was neben der Milch in deinen Tee?", fragte Magda unseren Kapitän und flirtete ihn gerade noch an der Grenze von Anstand und Moral an.

„Vielleicht etwas Süsses? Habt ihr nicht mehr diese leckeren Kekse?", fragte Devon.

„Wenn du etwas Süsses möchtest, gibt es nur das hier", sagte die Polin charmant und gab ihm ein platonisches Küsschen auf die Backe. Er grinste und bedankte sich.

„Martin, was darf es für dich sein? Kaffee, Tee oder sonst was?", fragte mich Magda nicht ganz so freundlich, wie sie zuvor mit Devon sprach. Ich blickte zu ihr und strahlte die Polin an. Sie hatte was von einer Ballerina. Sie lächelte mich nun nicht mehr ganz so müde und desinteressiert wirkend wie vorhin an.

„Weisst du was? Wenn ich mir das so durch den Kopf gehen lasse, hätte ich gerne auch eine Portion von Devons süssem ‚Das hier', was meinst du?", sagte ich etwas kess zur Polin. Beide lachten laut auf und Magda kam meinem Gesicht näher. Sie gab mir zu meiner Überraschung einen Kuss auf die linke und danach einen weiteren auf die rechte Backe. Der letzte war sogar etwas nass. Ich spürte einen Impuls in meiner Hose. Es wirkte fast so, als ob sie mir die Küsschen gab, um ihren Mut zu beweisen.

„Warum so bescheiden", erwiderte Magda kokettierend.

„Ich wollte einfach nur den weltklasse Service geniessen", zwinkerte ich ihr zu.

„Immer zu deinen Diensten", sagte sie und setzte sich für ein paar Minuten auf den Sitz hinter uns, wo Olivia vorhin sass. Mir fiel auf, dass das Handy von Devon's Tochter noch immer neben mir lag. Ich nahm einen Schluck aus meiner Wasserflasche und kam mit Magda ins Gespräch.

„Mit deiner schönen Frisur hat dein Gesicht etwas von einer Balletttänzerin", sagte ich. Ihr Gesicht strahlte nach meiner Aussage förmlich auf.

„Wer hat dir das gesagt?", wollte Magda wissen.

„Wie, was gesagt?", wollte ich aus ihr kitzeln.

„Ich habe jahrelang Ballett getanzt, bevor ich nach Dubai kam. Jetzt mache ich das nur noch für mich zum Spass", sagte die Polin.

„Ich habe nur geraten, aber vielleicht ist es auch deine graziöse Körperhaltung", sagte ich.

„Ohh, danke", erwiderte sie etwas verlegen. Vielleicht war auch ihr osteuropäischer Dialekt der Grund, warum ich daran dachte. Ich hatte, ohne dass ich es irgendwie hätte belegen können, das Gefühl, als ob die besten Ballerinas aus Russland kommen. Klar weiss ich, dass Polen nicht Russland ist, aber sie hatte etwas Slawisches.

Magda begann über klassische Musik zu referieren und erklärte mir, zu welcher Symphonie sie für eine Kinderaufführung eine Choreografie erarbeitet hatte. Sie redete schnell, wenn sie begeistert war und sprach zudem ein gekünstelt hochgestochenes Englisch, was mich allerdings etwas genervt hatte. Ihren polnischen Dialekt brachte sie aber trotzdem nicht weg. Ich versuchte ihr zu folgen und meine Gedanken nicht in animalische Sphären abgleiten zu lassen.

Sie hatte ein feminines Gesicht, war aber weit von einer puppenhaften Erscheinung entfernt. Sie wirkte schlank, aber zugleich robust. Nicht das, was ein Banause wie ich mit einer dürren und grossen Tänzerin gleichsetzen würde.

Und trotzdem dachte ich daran, wie es wäre, einmal mit einer Tänzerin zu schlafen. Ich interessierte mich irgendwie nicht für sie, aber Magda war hübsch und wir spielten miteinander. Ich war frei, und wenn sie Lust hätte. An dieser Stelle zwang ich mich wieder ihren Ausführungen zu folgen.

„... es war unbeschreiblich, Netrebko in Mailand zu hören. Das war ein purer Zufall, dass ich genau dann einen Nightstop in der italienischen Metropole hatte", sprudelte es vor Begeisterung aus ihr. Ich nickte und schrieb mir den Namen der Sängerin auf. Ich wollte im Zimmer mal was von ihr anhören, um ihre Begeisterung verstehen zu können.

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