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Nordlichter - Teil 02

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„Ich kenne mich, was Opern anbelangt, nur schlecht aus. Lediglich Maria Callas ist mir ein Begriff. Mein Opa hat gerne ‚O mio babbino caro' gehört ..."

„Ja, der Klassiker. Du musst mal ein paar Opern besuchen. Du wirst es lieben", sagte sie wie ein Lehrer zu einem Erstklässler, was ich zugegebenermassen auch war. Vielleicht war sie auch zu kultiviert für mich. Trotzdem ging mir durch den Kopf, ob und wie ich sie heute Abend verführen könnte. Sie verabschiedete sich von uns und machte sich wieder zurück auf den Weg zu ihren Kolleginnen. Ich bat die Polin, das neben mir liegende iPhone an Olivia zu retournieren.

„Ich war vor zwei Monaten mit ihr in Warschau unterwegs und dann hat sie mit unserer Besatzung eine Stadtführung gemacht", sagte Devon begeistert. „Ich hatte echt das Gefühl, als ob sie das hauptberuflich machen würde", fügte er hinzu.

„Na ja, ich fand ihren Service gerade eben wirklich gut. Ich glaube schon, dass sie eine hervorragende Flugbegleiterin ist. Hauptberuflich", sagte ich und Devons Gesicht blieb neutral. „Ich hatte schon irgendwie das Gefühl, als ob ihr euch kennt, so wie ihr miteinander umgegangen seid", sagte ich, um ihm eine Reaktion zu entlocken.

„Und trotzdem hast du ein Küsschen mehr erhalten", sagte Devon schmunzelnd und gaukelte Enttäuschung vor.

„Na ja. Jetzt, wo ich nicht dein Schwiegersohn werde, muss ich nach Alternativen Ausschau halten", fügte ich spitzbübisch hinzu. Er grinste mich ebenso spitzbübisch an. Ich glaube, dass ihn seine Frau gebändigt hatte.

Wir besprachen den Anflug für den Flughafen Teneriffa Nord unter Einbezug der aktuell vorherrschenden Bedingungen sowie das Vorgehen bei einem Durchstartmanöver, sollte dies erforderlich werden. Mir gefiel der Anflug des nördlich gelegenen Flughafens deutlich besser, als jener im Süden, der wie eine triste Landschaft auf einem fremden Planeten wirkt. Devon setzte den Airbus butterweich auf der Piste 12 auf. Ich war begeistert von seinem fliegerischen Können und gratulierte ihm, noch bevor der Flieger von der Startbahn abdrehte. Danach präparierten unsere mitgereisten Techniker den Flieger so, dass er zwei Nächte auf dem Vorfeld stehen kann, bis wir mit ihm den Rückflug antreten können, um die sehr wohlhabende Hochzeitsgesellschaft nach Dubai zu repatriieren.

Da der Flughafen nahe dem Hauptort Santa Cruz lag, war die Anreise zu unserem Hotel mitten in der Stadt relativ kurz. Es gehörte zu einer spanischen Hotelkette und lag an einer stark befahrenen Strasse und hatte trotzdem grosszügige Grünflächen mit Pool. Ich empfand es als interessant, dass sich Magda beim Einchecken in meiner Nähe aufhielt und mich sporadisch anlächelte. Devon schlug vor, in der Stadt Tapas essen zu gehen und danach den Abend in der Hotelbar ausklingen zu lassen. Das Programm war für mich genau das Richtige. Ich hatte mit einer kumulierten Müdigkeit der letzten Einsätze zu kämpfen und war auch froh, nicht allzu lange unterwegs zu sein.

Ich lernte die britische Flugbegleiterin kennen, die mit uns morgen den Konsul Grossbritanniens besuchen wird. Sie hatte einen guten Humor und das Zimmer im selben Stockwerk, Magda (leider) nicht. Die Polin fragte mich aber neugierig und charismatisch in einem Nebensatz, auf welcher Etage ich gelandet sei.

Wir bezogen unsere Zimmer und versammelten uns rund 45 Minuten später im Innenhof des Hotels. Der Weg ins Tapas-Restaurant führte uns durch die Altstadt, deren Gassen und Strässchen mich entfernt an Palma de Mallorca erinnerten. Schmuddliger als in Deutschland, dafür mit mediterranem Charme, obwohl die Insel zu den Kanaren gehört. Nicht von meiner Seite wich Magda, die sich wie Mörtel zwischen mir und Devon hielt. Er erklärte mir beim Spaziergang durch die Gassen, dass er das Restaurant schon Anfang der 90er-Jahre einmal besucht hatte und das Essen wirklich köstlich sei.

Dort angekommen, setzten wir uns an einen langen Tisch. Das Lokal wirkte sehr rustikal und wir wurden äusserst charmant und herzlich vom Besitzer begrüsst. Mir gegenüber sass, wie könnte es anders sein, Magda und links neben mir eine Flugbegleiterin aus Südkorea, die ich noch nicht kannte. Zu meiner rechten sass Devons Tochter Olivia. Ich fühlte mich durch ihre Gegenwart etwas wie an einem Kindertisch. Glücklicherweise war Olivia die meiste Zeit auf ihr Smartphone fokussiert und spielte ein Spiel mit Diamanten oder so. Magda versuchte sie gelegentlich in ein Gespräch zu verwickeln, wurde aber mit einsilbigen Antworten abgespeist. Ich war sehr stark damit beschäftigt, meiner koreanischen Kollegin das Konzept von Tapas zu erklären. Ihre kulinarischen Vorlieben schienen sich nicht ganz mit meinen zu decken. Ich stellte in dieser Hinsicht eine höhere Kompatibilität mit der Polin fest. Magda bestellte zu meiner Überraschung ein Bier. Ich hätte sie mir eher mit einem Glas Weisswein visualisiert.

Irgendwann wurden vom netten Besitzer die erste Charge der bestellten Speisen serviert. Selbst die Sachen, die ich der Asiatin zuliebe geordert hatte, waren köstlich und der dazu servierte Hauswein mundete. Letztendlich hatte ich das Gefühl, als ob Magdas und meine Augen sich ab einem gewissen Zeitpunkt nur noch an uns erfreuten. Die anderen Kollegen hatten uns verloren. Je länger wir am Tisch sassen, umso mehr Hemmungen hatte ich, ihr direkt in die Augen zu schauen. Unsere Blicke verloren an Unschuld. Manchmal schweifte unsere Aufmerksamkeit zu den Gesprächen unserer Tischnachbarn, die sich über eine TV-Serie unterhielten, die im alten Rom spielte. Offenbar war der Inhalt etwas kontrovers. Damit konnten sie Magda und mich nicht gewinnen. Zudem schien die Polin nun des Öfteren den Faden zu verlieren. Ich wertete dies als Interesse an meiner Person.

„Was machst du so, wenn du ‚Off-duty' bist?", wollte die Polin auf einmal von mir wissen.

„Na ja, ich bin noch nicht so lange in den Emiraten. Manchmal erkunde ich die Gegend. Es gibt ja viel zu sehen und ich verbringe Zeit mit meinen ‚neuen Freunden'. Ich liebe Musik. Kenne mich aber bei Klassik nicht so gut aus wie du und gelegentlich segle ich auf einem Boot, das einem Kollegen gehört. Die Zeit mit ihm ist cool. Das muss für dich jetzt schrecklich langweilig klingen", relativierte ich meine Aussage.

„Klingt doch spannend. Du hast bis jetzt nicht einmal Netflix erwähnt", sagte sie zufrieden wirkend.

„Was machst du so, zu Hause in Dubai?", wollte ich wissen.

„Ich koche viel und wie du dir vorstellen kannst, ist Tanzen auch eine meiner Leidenschaften und ich bin viel mit Freunden unterwegs. Du siehst, auch ganz viel langweiliges Zeugs", sagte sie.

„Irgendwie finde ich euch beide langweilig", sprach plötzlich Olivia, die nicht einmal die Güte besass, für diese Aussage von ihrem Handy aufzublicken. Magda schaute ernst und etwas beleidigt, ich musste aber herzhaft lachen. Olivia sagte das irgendwie furztrocken und glaubhaft.

„Sagt eine, die sich nur mit Apps, Messengers und irgendwelchen Games auskennt", konterte ich.

„Du kennst mich nicht. Du unterstellst mir jetzt einfach was. Ich hingegen habe lediglich eure Aussagen kommentiert", konterte die Tochter meines Captains. Sie hatte damit einen validen Punkt.

„Was bewegt dich so?", gab ich ihr eine Chance, sich ins Gespräch einzubringen. Sie legte ihr Handy mit dem Bildschirm nach unten auf den Tisch und drehte sich in meine Richtung und liess Magda aussen vor.

„Ich klettere, fahre gerne Ski in Zermatt, Astronomie begeistert mich und ich gehe gerne mit Freundinnen shoppen. Ach ja, und ich bin gerade neben der Schule dabei, meine Helikopterlizenz zu machen", sagte sie etwas stolz.

„Ja, ich konnte ihr diesen Schwachsinn nicht ausreden", sagte Devon, der sich nach vorn zum Tisch beugte, um mir diesen Satz mit Blickkontakt zu sagen.

„Du meinst Ski fahren in Zermatt?", sprach ich und entlockte ein paar Kollegen einen Lacher.

„Nein, das mit dem Helikopter", sagte Devon auch gut amüsiert.

„Warum ausgerechnet Helikopter?", wollte ich von der jungen Dame wissen.

„Weil Flächenflieger in Dubai einfach nichts taugen. Mit einem Hubschrauber kannst du viel mehr machen", sagte sie.

„Ich dachte, dich interessiert die Fliegerei nicht?", liess ich die Ereignisse auf dem Hinflug Revue passieren.

„Eure Fliegerei interessiert mich nicht, das ist wie Bus fahren. Voll boring", entgegnete sie.

„Na ja, aber etwas haben wir mit Hubschrauberpiloten gemeinsam. Verbindlichkeit und Zuverlässigkeit", sprach ich an sie gerichtet.

„Wer sagt, dass ich nicht zuverlässig bin?", fragte sie leicht angepisst zurück.

„Zum Beispiel das heute mit deinem Handy und dem Flugmodus?", sprach ich in einem ernsten Tonfall.

„Ist aber alles gut gegangen", sagte sie.

„Diesmal. Das ist für uns Piloten eine Lebenseinstellung. Wenn du dir das nicht verinnerlichst, könnte es dir einmal deinen hübschen Kopf und Kragen kosten", dozierte ich etwas zu forsch. Sie lächelte daraufhin irgendwie verschmitzt.

„Meinen hübschen Kopf?", hielt mir Olivia gleich etwas geschmeichelt vor.

„Ach komm", ärgerte ich mich über meine Wortwahl. „Hübsch bist du. Aber bilde dir nichts darauf ein. Es wäre einfach schade um dich, wenn du den Heli undiszipliniert in den Sand setzten würdest", brachte ich mehr Drama ein, um meinen Freudschen Versprecher auszubügeln.

„So, so", entgegnete sie und griff erneut zu ihrem Smartphone. Ich ärgerte mich über meine Aussage und dass das alles so im Raum stehen blieb. Magda war bereits mit ihrem Sitznachbar in ein Gespräch verwickelt. Auch ich griff nun zu meinem Smartphone und schaute, ob mir jemand auf WhatsApp geschrieben hatte. Nichts. Plötzlich schwappte ein AirDrop-Popup auf. Jemand wollte mir Bilder schicken. Es war Olivia. War ich doof, dass ich vor Tagen AirDrop auf meinem Handy nicht deaktiviert hatte. Ich drückte aus Neugier aber auf „Akzeptieren". Ich bekam zwei Bilder, wie sie in einem Robinson-Helikopter sass. Es waren vorteilhafte Bilder. Sie lächelte süss durch die Cockpit-Scheibe und im zweiten sah man viel von ihren langen Beinen, die in ihrer kurzen Hose zum Vorschein kamen. Es war ein unschuldiges Foto, mehrheitlich.

„Robinson, oder?", suchte ich mit ihr wieder das Gespräch.

„Nein, ich heisse Mitchell, du Schwachkopf", neckte mich Olivia.

„Ich meine den Heli", sagte ich.

„Gar nicht mal so schlecht für so einen langweiligen (Air)Busfahrer wie dich", sagte sie. „Ja, eine R22. War ein Schnupperflug", fügte Olivia mit unterdrückter Begeisterung hinzu. Ich sah seitlich, dass Magda wohl etwas sauer zu uns blickte.

„Ich stelle mir das schwierig vor", sagte ich. Helikopter sind nichts für mich.

„Wenn du ein gutes Fingerspitzengefühl hast, wird es schon. Du musst auch Multi-Task-fähig sein. Das fällt euch Typen ja bekanntlich etwas schwer", neckte sie mich.

„Wer sagt, dass ich kein Fingerspitzengefühl habe?", fragte ich sie.

„Ist nur so ein Verdacht", sagte sie und blickte dann in meine Augen. „Du hast mir vorhin auch Zeugs unterstellt und anschliessend deine Meinung hoffentlich revidiert", sprach sie irgendwie zweideutig.

„Astronomie finde ich übrigens auch cool", wechselte ich das Thema. Ich sah, das Magda wieder inhaltlichen Anschluss suchte, sie aber das von mir gewählte Thema abschreckte. „Ich hatte als junger Bub ein Teleskop", erzählte ich.

„Linsen- oder Spiegelteleskop?", wollte Olivia gleich wissen.

„Linsenteleskop ...", begann ich meinen Satz und wurde gleich von ihr unterbrochen.

„Ich finde Deep Sky Objekte viel spannender", entgegnete sie mir und liess mich dadurch wissen, dass sie mit einer hohen Wahrscheinlichkeit ein Spiegelteleskop hatte.

„Ich fand es irgendwie romantisch, zuerst einmal unsere stellare Nachbarschaft kennenzulernen", erklärte ich mich.

„Boring", sagte Olivia amüsiert, aber dennoch provozierend.

„Du scheinst dich ja wohl bei allem eher auf technische Aspekte zu konzentrieren", entglitt mir der Satz.

„Und schon wieder eine unreflektierte Unterstellung", sprach sie mit einer leichten Überheblichkeit.

„Na ja, aber du fragst mich immer über technische Gesichtspunkte aus und du willst Helikopter fliegen", sprach ich und wollte mich rechtfertigen.

„Aha. Also passe ich nicht ganz in dein patriarchalisches Weltbild", sagte sie.

„Patriarchalisches Weltbild? Wo hast du das jetzt aufgeschnappt? Du bist du, egal ob du ein Mann oder eine Frau bist. Das hat doch damit nichts zu tun", sagte ich etwas sauer.

„Kann eine Frau, die Helikopter fliegen will und sich für Astronomie und Teleskope interessiert, deiner Meinung nach keine musische Seite haben?", wollte sie von mir wissen.

„Doch klar ...", setzte ich an.

„Warum dann der vorherige Satz? Ich kam garnicht dazu zu erzählen, dass ich mit meinem Vater gerne an kalten Winternächten bei Punch draussen verbracht habe, nur um die Milchstrasse in ihrer vollen Pracht zu sehen. Es ist magisch und man versteht plötzlich ein Teil eines grossen Ganzen zu sein. Kannst du das nachfühlen?", fragte sie mich.

„Ja, kann ich. Sehr gut sogar", sagte ich. „Und entschuldige meine vorherige Aussage", sagte ich etwas kleinlaut.

„Kein Ding. Die Patriarchen-Nummer zieht immer", sagte sie schmunzelnd.

„Aber das hat doch nichts mit patriarchischem Denken zu tun. Vorurteile kommen doch bei beiden Geschlechtern vor", suchte ich den Dialog.

„Komm, lass gut sein. Besser wird's für dich nicht", entgegnete Olivia grinsend und wollte eine Art Käseglocke auf das Gespräch legen. Wir sprachen noch etwas über Astronomie und bestellten gemeinsam zwei Teller mit fleischigen Tapas und Patatas Bravas. Auch die Asiatin und Magda assen mit. Ich war dankbar, mit Olivia einen bekennenden Fleischesser gefunden zu haben.

Auf dem Rückweg stellte mir Magda noch einige Fragen zu den Sternen und wollte wissen, wie das mit den Lichtjahren genau funktioniert. Ich erklärte ihr einiges und war überrascht, wie auch Olivia gewisse Sachverhalte im Handumdrehen veranschaulichen konnte. Auch Devon lief plötzlich neben mir und hörte begeistert unseren Ausführungen zu.

„Schön, du interessierst dich auch für Astronomie?", wollte er wissen.

„Ja, aber in den vergangenen Jahren habe ich viel zu wenig Zeit dafür eingesetzt. Als Teenager verharrte ich unzählige Nächte draussen in der Kälte", erzählte ich ihm. Ich erinnerte mich, wie ich so meine erste Freundin kennengelernt habe.

„Ich veranstalte mit einigen Freunden einmal pro Quartal einen Astronomieabend und wir fahren mit unsren Teleskopen in die Wüste raus und führen Laien in die Welt der Astronomie ein. Hättest du Lust mal mitzukommen?", fragte er mich unverfänglich, aber irgendwie mit einer ansteckenden Begeisterung.

„Warum nicht. Aber als Laie, versteht sich", sagte ich.

„Ach! Das, was ich gerade gehört habe, klang garnicht mal so schlecht", sagte er lachend.

Wir gingen alle direkt in die Hotelbar und blickten in die Nacht. Ich konnte Uranus mit blossem Auge erkennen.

„Meinst du, dass bei diesem Stern Planeten mit Lebewesen existieren?", fragte mich Magda mit einem Cocktail in der Hand.

„Das ist Uranus", erklärte ich und hörte Olivia im Hintergrund etwas hämisch lachen.

„Gott, bin ich schlecht bei sowas", sagte die Polin.

„So geht es mir mit Opern", sagte ich. „Solange man offen für Neues bleibt, ist das aber kein Problem", sagte ich.

„Wollen wir reingehen? Mir ist etwas kühl", sagte Magda und wir liefen zu den Innenräumlichkeiten der Bar. „Bye Devon", verabschiedete sich Magda von unserem Captain. Ich hielt es für merkwürdig, dass sie sich schon verabschiedete.

„Gute Nacht, Magda", sprach er ebenso überrascht. Ich sah, wie Olivia ihr Handy zückte und uns fast schon demonstrativ keines Blickes würdigte. „Oh, Martin. Wegen morgen und unserem Treffen mit dem Konsul. Wir wollten uns ein Auto mieten und haben festgestellt, dass sowohl meine Tochter als auch die Kollegin aus der Kabine beide vorne sitzen müssen, damit ihnen nicht schlecht wird. Wir haben wie einen Logenplatz zu wenig", sagte er lachend.

„Ich kann auch einen Wagen mieten. Müssen wir weit weg?", fragte ich.

„Das wäre wirklich prima. Bitte entschuldige die Umstände. Ja, wir gehen in ein nettes Restaurant mit einer Aussichtsplattform", erklärte Devon.

„Mache ich gerne. Du kannst mir vielleicht beim Frühstück die Adresse geben. Dann schaue ich mir den Weg mal an", sagte ich.

„Gut, dass du nicht blind dem Navi vertraust", fügte er anerkennend hinzu. Er hatte dabei was unglaublich grossväterliches mit seiner fürsorglichen Art und hielt seine Hand auf meiner Schulter. „Lass uns doch um neun Uhr unten im Restaurant treffen", beendete er seine Ausführungen und ich willigte ein und wünschte einen schönen Abend.

Magda und ich gingen nun in die Bar rein, begleitet von zwei weiteren Kollegen. Einer hatte seine Freundin dabei, der andere war eingefleischter Single und fand wohl Gefallen an der Polin und zeigte dies auch offenkundig. Magda liess sich nicht in die Karten blicken. Die beiden sprachen über einen Tanzfilm und ich fühlte mich so, wie Magda sich wohl bei meinem Gespräch mit Olivia zum Thema Astronomie gefühlt haben musste. Bei dem männlichen Flugbegleiter zeichnete sich ab, dass er dieses Thema nur gewählt hat, um sich bei Magda einzuschmeicheln.

Ich spürte jetzt den Alkohol, der mir eine Bettschwere verpasste. Ich war müde und wollte ins Bett, mit oder ohne Magda.

„Leute, ich bin ziemlich müde und gehe jetzt mal in die Koje", sagte ich in die Runde. Die Freundin des Flugbegleiters stiess ein „schade" aus und verabschiedete sich als Erste von mir. Dies schien ihrem Freund nicht ganz ins Konzept zu passen.

„Ich fand, du hattest recht, dass Vorurteile nichts mit patriarchalischen Denkmustern zu tun haben", fügte sie zu meiner Überraschung hinzu. Mir war nicht bewusst, dass mein Dialog mit Olivia im Restaurant so weite Kreise zog.

„Danke. Und ich wünsche euch beiden einen schönen Abend und bis morgen", sagte ich und klopfte ihrem Freund auf die Schulter, was er wohlwollend zur Kenntnis nahm. Niemals hätte ich sie ihm ausgespannt.

„Und Magda. Nochmals besten Dank für deinen tollen Service im Flieger heute. Jetzt weiss ich, warum unsere Airline hier immer so hoch punktet", sagte ich und sah, wie die Polin rot anlief. Mir tat es leid, dass ich eine solche Reaktion bei ihr hervorgerufen habe.

„Man sieht sich", sagte ich zum Typen, der neben Magda sass. Er bestätigte meine Aussage mit einem müden „Hey" und schaute gleich wieder zur Polin. Sie stand auf und streichelte mir kurz über den Oberarm.

„Gute Nacht. Jetzt bist du mir zuvor gekommen", sagte sie und ich wusste nicht, wie ich das zu verstehen hatte.

„Ja. Man sieht sich. Gute Nacht", sagte ich und lächelte sie an.

Auf dem Weg zu den Fahrstühlen in der Lobby sah ich nochmals Olivia.

„Hey, was geht ab?", wollte ich wissen und bediente mich wohl einer Pseudojugendsprache. Ich fühlte mich alt dabei.

„Klogang. Nichts Spektakuläres", entgegnete sie. „Du gehst also doch allein aufs Zimmer?", fragte sie etwas überrascht. Ich wollte gerade fragen, warum sie glaubt, dass ich mit jemandem aufs Zimmer verschwinde. „Ah, also doch nicht", sprach sie, als sie hinter mich blickte und jemanden wahrnahm. Ich hörte Schritte auf uns zukommen.

„Warte", hörte ich die Person sagen, dessen Stimme ich kannte. Es war Magda.

„Hey, ich bin auch voll müde", sprach die Polin und hakte sich bei mir unter. Olivia schaute etwas verwundert und sagte: „Eine schöne Nacht wünsche ich euch dann mal wohl".

Mir war es peinlich, dass Magda meinen Körperkontakt vor der Tochter meines Kapitäns suchte. Es hätte gereicht, wenn sie es im Lift getan hätte. Olivia zog von dannen und der Lift öffnete sich.

Ich drückte auf meine Etage und war gespannt, ob Magda den Knopf für ihr Stockwerk drücken würde. Dies blieb aus.

„Möchtest du noch auf einen Schluck zu mir kommen", sprach ich sie darauf an.

„Warum nicht", erhielt ich eine pragmatisch polnische Antwort. In mir stieg die Erregung.

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