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Nordlichter - Teil 03

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Ich sah ein sauberes Lokal, in dem zwei Pakistanis bedienten. Wir setzten uns in dieses schön belichtete, aber verhältnismässig nüchterne Café.

„Ich wollte unbedingt mit dir reden, ich muss Klarheit haben", begann die hübsche Britin den Dialog. Ich nickte ihr mit einem Lächeln zu.

„Ja, unbedingt", bestätigte ich.

„Ich haue es einfach gerade raus. Es gibt diesen Typen Henry, mit dem ich bisher Casual Sex hatte. Er hat mir gestern geschrieben, ob wir uns bald wieder sehen können", begann sie. Mich traf das wie ein Schlag ins Gesicht. Wow, das habe ich nicht kommen sehen. „Und ich weiss jetzt nicht, wie ich dem begegnen soll", sprach sie weiter. „Sind wir jetzt zusammen, oder doch nicht?", wollte sie von mir wissen.

„Was hat Henry für einen Einfluss darauf?", wollte ich von ihr wissen.

„Na ja, wenn wir zusammen sind, würde ich ihm sagen, das läuft nicht mehr", sagte die hübsche Achtzehnjährige.

„Und wenn wir nicht zusammen sind, dann würdest du es in Erwägung ziehen, richtig?", wollte ich ihr entlocken.

„Ich weiss es nicht. Er war ja einer von drei Jungs, mit denen ich manchmal ..."

„Was!?", fuhr ich ihr geschockt ins Wort.

„Ja, aber das wäre alles vorbei, wenn wir zusammen sind", sprach sie bestimmt. Es hatte hoffnungsvolle Züge.

„Aber wenn wir nicht zusammenkommen, antwortest du gleich Henry?", wollte ich von ihr wissen. Ich hatte das Gefühl, dass mein Blutdruck ansteigt. Aber ich musste mich selbst disziplinieren. Warum richte ich über Olivia. Gerade ich sollte besser entspannt bleiben. Was ich die letzten Wochen und Monate geboten habe, stand dem in nichts nach. Im Gegenteil. Ich war schlimmer. Warum rege ich mich auf, wenn sie im gegenseitigen Einvernehmen miteinander schlafen. Wenn es für alle stimmt. Sie ist achtzehn. Oder ist das doch irgendwie verdorben? Wo wird sie sein, wenn sie in meinem Alter ist? Pornodarstellerin? Das waren die gedanklichen Querschläger. Ich ärgerte mich unglaublich über mich selbst. Zwar habe ich moralisch hohe Anforderungen an andere, die ich aber gerade selbst nicht erfülle. „Sei nett zu ihr und reg dich nicht auf", sprach ich in Gedanken zu mir selbst.

„Deine Frage klingt irgendwie komisch", liess mich Olivia in einer mit Enttäuschung versetzten Stimmlage wissen.

„Aber das ist es, worum es geht. Ich habe das Gefühl, als ob du Klarheit wünschst, wie es für dich weitergehen soll. Mit oder ohne Henry", sagte ich. Meine Gefühle spielten verrückt. Ich hatte das Gefühl, als ob Sza Sza in mich gefahren ist und nun Olivia Vorwürfe macht, warum sie sich vielleicht nicht gleich stark in mich verliebt hat, wie ich mich in sie.

„Ja, ich möchte Klarheit und ja, ich bin verwirrt. Und da ist noch was. Ein Mädchen hat an der University of Edinburgh aufgehört und ich könnte jetzt nachrücken und Astrophysik studieren. Ich muss mich jetzt entscheiden, zwischen all dem", sprach die süsse Achtzehnjährige. Ich hatte mir den Gesprächsverlauf ganz anders vorgestellt.

„Okay. Also, da gibt es das Studium, Henry und mich, richtig?", fragte ich nach. Ich war fest entschlossen, das alles analytisch anzugehen.

„Richtig!", bestätigte Olivia. Sie schien zufrieden, dass ich ihr beim Entflechten dieser verworrenen Struktur helfen wollte.

„Fangen wir bei Henry an", eröffnete ich.

„Ich wusste, dass du bei ihm anfangen wirst. Denk immer daran: Ich kenne dich besser, wie du glaubst", erwiderte die zierliche Blondine. Ich konnte den letzten Teil ihrer Aussage nicht greifen. Wollte sie damit signalisieren, dass sie mir nahesteht? Dass ich ihre bevorzugte Wahl bin? Oder war es bloss ein Triezen, dass ich vielleicht einfacher gestrickt bin, wie mir bewusst war?

„Henry. Siehst du mit ihm eine Affäre oder könnte es was Ernstes werden? Mir hast du vorhin eine Beziehung in Aussicht gestellt. Das wäre ernst. Oder ist es Abenteuer versus was von Dauer?", wollte ich in Erfahrung bringen.

„Henry ist mir zwar der liebste von den Dreien, aber er bleibt hier und ich sehe einfach keine Beziehung mit ihm. Er wäre wahrscheinlich traurig, wenn ich ihn nicht mehr sehen würde. Aber mit dir hab ich... und bitte versteh mich jetzt nicht falsch... eine gute Ausrede. Die beste, die ich mir vorstellen könnte", sagte sie irgendwie herantastend und achtete penibel genau auf meine Mimik. Sie griff nach meiner Hand, um wohl Nähe aufzubauen.

„Ersetze Ausrede durch Grund und alles passt für mich. Aber willst du dich denn mit mir überhaupt festlegen?", wollte ich von ihr wissen.

„Irgendwie schon. Du wärst meine erste richtige Beziehung. Obwohl ich mich höllisch davor fürchte, sehne ich mich nach dir", sprach sie liebevoll. Ich konnte sie gut verstehen, weil ich mich auch irgendwie nach ihr sehnte.

„Und da wären noch dein Vater und das Astrophysik-Studium", entgegnete ich, während ich ihre Hand streichelte und sie diese Geste der Zuneigung wohlwollend in Empfang nahm.

„Ja. Das mit meinem Vater könnten wir mit etwas Glück hinbekommen. Er hat mir auf der Heimfahrt gesagt, dass er sich so einen pfiffigen Kerl wie dich für mich vorstellen könnte. Ich müsste das scheibchenweise angehen. Aber es ist machbar", legte sie sich eine Strategie zurecht. Plötzlich war eine Beziehung wie zuvor im Gespräch mit Magnus zum Greifen nah. Und ich freute mich, dass mich Devon offenbar mochte und sich einen Freund wie mich für seine Tochter wünschte.

„Okay. Cool. Aber wie sieht es mit deinem Studium in Schottland aus? Hast du dir das gut überlegt?", fragte ich.

„Na ja. Der Dialekt dort oben ist schon fürchterlich", begann sie zu scherzen. Wir imitierten kurz die Schotten und lachten uns schlapp. Besonders ihre Imitation war ausgesprochen gut. Mich überraschte, wie schnell und mit welcher Leichtigkeit sich unser ernstes Gespräch in eine humoristische Abhandlung verwandelte, damit Augenblicke später wieder aufrichtige Ernsthaftigkeit die Oberhand gewann. Es wirkte alles zutiefst natürlich.

„Willst du Dubai verlassen? Ich dachte, du wolltest Heli fliegen lernen und gehst noch zur Schule?", wollte ich von ihr wissen.

„Ja, das stimmt. Wir haben noch einige Kurse hier in Dubai gefunden, um das Jahr der Wartezeit auf einen Studienplatz zu überbrücken. Währenddessen hätte ich auch die Privatpilotenlizenz in Angriff genommen. Und jetzt war da dieser Brief in der Post und alles steht auf dem Kopf", erklärte die Britin.

„Ich finde, du solltest es tun. Per aspera ad astra! Du hast jetzt die Möglichkeit, Astronomie zu studieren", fuhr ich fort. Ich wurde umgehend korrigiert, dass es sich um Astrophysik handelt. „Okay. Aber es wird deine Zukunft prägen. Du liebst die Sterne. Und jetzt holen sie dich. Wenn du jetzt bleibst, sind wir in einem Jahr am gleichen Ort wie jetzt. Und weisst du was?", fragte ich sie mit einer vielversprechenden Stimmlage.

„Nein!?", fragte sie erwartungsvoll.

„Unsere Airline fliegt mit dem A330 aktuell nach Edinburgh", wollte ich Hoffnung schenken. „Ich kann versuchen, mehr Flüge dorthin zu bekommen. Wir könnten uns sehen", erklärte ich. Olivia schwieg und nahm einen Schluck von ihrem Tee.

„Das ist spannend, ja", antwortete sie mit gemischten Gefühlen.

„Spannend?", fragte ich perplex. Ich hätte mir mehr Begeisterung gewünscht.

„Ich... ich bin mir einfach nicht sicher, ob das eine gute Idee ist", sprach sie verhalten, als ob sie selbst von ihrer eigenen Aussage enttäuscht wäre. Ich nickte ihr zu, damit sie weiterspricht. Sie drehte mit ihrem Finger flüchtig die Tasse, als ob sie Zeit braucht, um die richtigen Worte zurechtzulegen. „Irgendwie möchte ich ganz oder garnicht. Ich glaube, es würde mir das Herz brechen, wenn du für eine Nacht kommst und dann wieder zurückfliegst. Ich glaube, ich würde zu viel an dich denken müssen und wäre abgelenkt. Und wie gesagt. Ich bin in Beziehungen nicht geübt. Was, wenn ich dort jemanden kennenlerne oder du in Dubai und wir sind weit weg voneinander. Ach... es ist so...", geriet Olivia ins Wanken.

„Auch wenn ich bereit wäre, eine Fernbeziehung einzugehen und dir treu zu bleiben, verstehe ich dich", fuhr ich fort.

„So eine Scheisse. Das mit Teneriffa war der falsche Zeitpunkt für uns", fasste Olivia die Situation irgendwie korrekt zusammen.

„Ja. Allerdings. Dann ist es wohl Henry und die Universität", sagte ich erstaunlich ruhig und keineswegs gekränkt.

„Nein, es heisst Universität. Nenne mich albern, aber ich hätte das Gefühl, dass ich dich betrüge, wenn ich mit Henry schlafen würde", sprach die junge Dame.

„Warum hast du ihn dann überhaupt erwähnt?", wollte ich wissen.

„Weil mir das erst jetzt bewusst geworden ist. Du hast geholfen, meine Gedanken zu sortieren. Und jetzt wird mir klar, dass ich zumindest von meiner Seite her seit Teneriffa emotional gesehen mit dir zusammen war und ich mich jetzt von dir abnabeln muss. Diese blöden Gefühlswelten", erklärte sie.

„Jetzt kannst du dich ins Studium stürzen, ohne Ablenkung", sagte ich und Olivia nickte mir zu. Ich sah ihr aber an, dass ihre Stimmung gedrückt war. Am liebsten hätte ich sie in den Arm genommen. Gedrückt. „Ich danke dir, dass du das alles mit mir klären wolltest und nicht einfach gegangen bist. Du bist unglaublich reif und aufrichtig", sagte ich.

„Ich weiss. Ihr Patriarchen lässt so Zeugs lieber im Raum stehen", sagte sie grinsend und ich sah, wie ihre Augen noch während dieser Aussage funkelten und feucht wurden. „Du warst mir für einen solchen Abgang einfach zu wichtig. Danke für die letzten Tage", fuhr sie fort.

„Danke Mäuschen. Ist es okay, wenn wir uns weiterhin auf WhatsApp schreiben?", wollte ich wissen.

„Klar, ich muss dir aufgrund deines unterentwickelten Musikgeschmacks ja den ein oder anderen Tipp zustecken. Vielleicht darfst du mir ab und zu auch mal eine Empfehlung abgeben", sagte sie schmunzelnd.

„Ich hab dich lieb, Olivia. Du bist mir wichtig. Obwohl mir ein Kumpel heute viele Tipps gegeben hat, wie wir zusammenkommen könnten, möchte ich, dass du glücklich bist und dein Studium aufnimmst. Ich glaube, es könnte dir gefallen. Ich möchte dir dieses Jahr nicht nehmen", fuhr ich fort.

„Vielleicht schauen wir ja ab und an am Nachthimmel auf den gleichen Stern. Ich finde die Vorstellung irgendwie erbauend", fuhr sie fort.

„Du hast sie, die musische Seite. Sie funkelt wie ein Stern tief in deinem Herzen", sagte ich.

„Warum meinst du?", fragte Olivia. Sie schien mich nicht zu verstehen.

„Beim Abendessen auf Teneriffa habe ich gesagt, dass du dich ständig auf technische Aspekte fokussierst. Du bist für dich eingestanden und hast gesagt, dass du auch eine musische Seite hast. Und du hattest recht. Ich wollte, dass du das weisst, auch wenn du jetzt Physikerin wirst", sagte ich schmunzelnd.

„Du und deine Vorurteile", sagte sie. Irgendwie drehte sich unser Gespräch danach in eine leichtere Richtung. Wir plauderten über Teneriffa, den Konsul, ihre Eltern, das Hotel, die Sterne und ich wusste, warum ich Olivia so mochte und wie reif sie für ihr Alter war.

Ich musste langsam ins Bett und wir verabschiedeten uns viel zu oberflächlich. Nicht, weil wir uns nicht umarmen wollten, sondern nicht konnten. In dieser Gegend bewegen sich viele Einheimische, sodass wir auf die lokalen Gepflogenheiten besonders achteten und Abstand hielten. Als wir das Lokal verliessen, realisierten wir, dass wir noch gemeinsam zur Metrostation laufen können, was wir auch taten. An einem Strassenabschnitt, wo weit und breit niemand zu sehen war, fielen wir uns in die Arme. Ich umarmte sie so fest ich konnte und spürte ihren warmen aber auch angespannten Körper.

„Pass immer auf dich auf", sagte ich.

„Ich wünsche dir jemanden, der immer für dich da sein kann und sich um dich kümmert. Auch musikalisch", scherzte Olivia, um wahrscheinlich ihre Trauer zu überspielen. „Ich hab noch einen Tipp für dich. ‚July' von Winterpills", sprach die hübsche junge Frau mit feuchten Augen.

Ich nickte ihr zu, weil ich für Worte nicht in Stimmung war und ich mir auch nichts Brauchbares für eine Antwort zurechtlegen konnte. Ich drückte sie stattdessen noch einmal ganz fest und küsste sie zärtlich. Auf dem Rückweg war ich gefühlt der einzige Europäer in der überfüllten Metro. Ich hörte mir ihren Song an, der direkt mein Herz traf. Ich wusste nicht, ob das Lied über die soeben beschlossene Trennung hinwegtrösten konnte, oder alles noch schwerer machte.

Zu Hause angekommen, legte ich mich ziemlich schnell hin und wurde prompt ein weiteres Mal von Olivia angeschrieben. Als ich ihr verriet, dass ich morgen in die Lagunenstadt fliege, offenbarte sie mir, dass sie am liebsten noch einmal mit mir mitgekommen wäre, um sich noch anders von mir zu verabschieden. Ich schlief bei dieser Vorstellung ein und sah mich in Gedanken mit ihr in einer Gondoliere einen Kanal entlangfahren -- und das war nur der jugendfreie Teil.

Der Wecker klingelte erbarmungslos und ich machte mich bereit für den Einsatz. Irgendwie fehlte der zusätzliche freie Tag, den ich bei meinem ursprünglichen Einsatz gehabt hätte. Doch das war alles noch im legalen Bereich. Da hilft kein Meckern und kein Klagen, sodass ich das Beste aus der Situation machte. Pünktlich stand der Wagen vor meinem Apartment und brachte mich ohne jegliche Vorkommnisse in unser Hauptquartier. Voller Freude erblickte ich kurz Xavier, der mit seiner Crew nach Malta flog. Er war auf meinem ersten Flug im Dienste der Fluglinie mein Check-Pilot. Es war ein Einsatz, den ich nie vergessen werde.

„Oh Mann. Ich habe tausend Fragen, aber nur ganz wenig Zeit. Ich meine ... sag mal: Wirst du jetzt eigentlich Papa, oder nicht?", wollte Xavier voller Spannung wissen.

„Nein, Zsa Zsa war zum Glück nicht schwanger und wir sind auch nicht mehr zusammen", fasste ich mich kurz.

„Schade, dass es nicht gehalten hat. Aber das war ein verrückter Einsatz. Das mit dir und Richard. Ich habe erst gerade neulich einem First Officer erzählt, wie wir in der Hotelbar ein paar Lieder auf einer Maton-Gitarre gespielt haben. Das war echt der Hammer", erzählte er mit einem Funkeln in den Augen.

„Das war echt schön, wenn meine Beziehung mit Sonja nicht in dem Moment geplatzt wäre", sagte ich mit einem Lachen. „Vielleicht können wir das mal hier in Dubai wiederholen. Meine Schwester bringt mir meine Ibanez-Gitarre aus Deutschland mit", fuhr ich fort.

„Sehr schön. Komm, das machen wir. Ich gebe dir schnell meine Handy-Nummer", sprach Xavier und diktierte mir die Zahlenfolge. „Sorry, Martin. Ich muss leider schon weiter. Oh, und das ist Jason, mein Copilot heute", ergänzte er und Jason reichte mir schnell mit einem Lächeln begleitet seine Hand. Er sah fröhlich gestimmt aus. Ich freute mich für den Burschen, weil er mit Xavier bestimmt einen tollen Flug haben wird.

Wir verabschiedeten uns und nur wenige Sekunden später spürte ich, wie von hinten ein Finger auf meine Schulter tippte.

„Hallo Sugar! Bereit mit mir nach Venedig zu fliegen?", sprach eine hübsche und vor allem bestens vertraute Stimme. Ich drehte mich um und war glücklich, diesen Flug mit Stacy durchzuführen.

„Hey Clementine, du siehst unglaublich gut aus in deiner Uniform", platzte es aus mir heraus. Ich nannte sie immer scherzeshalber Clementine, weil mir ihr Name Stacy nicht britisch genug war. Ich mutierte für sie meist zu Werner, wohl um einen deutschnamigen Gegenpol zu schaffen. Es war unglaublich speziell, die hübsche Blondine in ihrer Uniform mit den vier dicken Streifen am Ärmel zu sehen. Sie strahle eine natürliche Autorität aus, die sie mit ihrer humoristischen Art nicht unterwanderte. Sie grinste mich mindestens genauso breit an, wie ich sie. Ich glaubte kurz ein Leuchten in ihren Augen zu sehen. Am liebsten hätte ich sie in den Arm genommen, aber wir waren Profis.

„Ich akzeptiere dein Kompliment, wenn du das auch zu deinen männlichen Kollegen sagst", begann sie zu scherzen. Ich blieb still und lächelte. „Meinst du, der Flug wird auch so aufregend, wie unser Erster?", fragte sie mit einem Augenzwinkern.

Als ich Deutschland verlassen habe und von Frankfurt aus nach Dubai aufgebrochen bin, sass Stacy als Passagier neben mir. Ich wusste nicht, dass sie auch Pilotin bei unserer Airline war. Wir verstanden uns vom ersten Augenblick an unglaublich gut und sie war dabei, als ich meine neue Wohnung in Empfang genommen habe. Noch am selben Abend fielen wir übereinander her. Was ich nicht für möglich gehalten habe war, dass sie auch als Instruktorin am Aviation College arbeitete und unglaublich streng und gefürchtet war.

„Ich denke, dass es eine gelungene Fortsetzung wird", sprach ich und entlockte ihr ein etwas verträumtes Lächeln.

„So wie bei Indiana Jones und der letzte Kreuzzug, ja?", sprach sie selbstbewusst. „Also gut, zeig mal, was für einen Flug sie heute für uns vorbereitet haben", wechselte Stacy von Small Talk zu Business. Ich war aber noch immer in Gedanken beim von ihr angesprochenen Kultfilm.

„Indiana Jones?", entgegnete ich und die Fragezeichen las Stacy wohl in meinen Augen.

„War der erste Film, der mir spontan eingefallen ist, wo die Fortsetzung besser als der erste und zweite Teil war. Werner, immer schön locker bleiben", sagte sie mit einem entspannten Tonfall und lächelte mir zu. Ich grinste nur und wir begannen mit der Flugvorbereitung. Ihre rot lackierten Fingernägel boten einen schönen Kontrast zur Wetterkarte, etwas, das ich in meiner Fliegerlaufbahn fast nie erblickt habe. Es sah schön aus, wie sie den Kugelschreiber hielt und mit ihm zart anmassend der Flugroute entlangfuhr und mir aufzeigte, wo sie aufgrund des Wetters Anpassungen hinsichtlich Streckenführung und Treibstoffmenge im Sinn hatte. Sie wirkte unglaublich bedacht und äusserst gepflegt. Als kleiner Junge fand ich Blondinen mit roten Fingernägeln unglaublich attraktiv. Und jetzt stand eine solche Frau neben mir. Obwohl ich voll bei der Sache war und mich meiner Konzentration nicht beraubt fühlte, entging mir fast nichts an ihr. Meine Sinne sogen diesen Moment auf.

Überhaupt war Stacy heute ein zuckersüsser Anblick. Die mittlerweile etwas länger gewordenen blonden Haare hatte Stacy mit einem Scheitel in der Mitte zu einem Zopf zusammengelegt. Ganz klassisch, aber trotzdem wirkte die Frisur perfekt.

Sie war dezent geschminkt, was ihrem hübschen Gesicht Wirkung verlieh. Sie brauchte aufgrund ihres Auftritts und des Charmes nicht viel, um aus der Menge zu stechen. Stacy war voll im Element, plante alles mit einer erfahrenen Gelassenheit und stellte mir mal die ein oder andere Wissensfrage, die ich offenbar zu ihrer Zufriedenheit beantwortet habe. Sie wirkte jetzt ganz anders wie damals als meine „ultrastrenge" Instruktorin. Sie war für all das hier wie gemacht.

„Wirklich schön, dass wir schon nach so kurzer Zeit miteinander fliegen können. Ich habe mich sehr gefreut, als ich deinen Namen auf der Crew Liste überflogen habe", sprach die Britin selig, als wir uns auf den Weg zum Briefing der Kabinenbesatzung machten.

„Ich bin noch immer ganz baff. Was für ein Zufall. Gott sei Dank vertragen wir uns wieder", sprach ich unsere Differenzen von damals an. Stacy lachte.

„Das muss man uns einfach lassen. Wenn wir was verkacken, dann bringen wir es wieder in Ordnung", sprach Stacy und öffnete die Tür des Vorbereitungsraumes, ohne meine Antwort abwarten zu wollen. Ein Dutzend Gesichter blickten in unsere Richtung, wir machten die Runde und begrüssten alle Flugbegleiter persönlich.

Selbst hier war es spannend zu sehen, wie Stacy auf die Leute einging. Wie ein Rockstar hatte die Britin stets einen kecken Spruch auf den Lippen und präsentierte sich im nächsten Moment so einfühlsam und tiefgründig wie ein Pastor. Zudem beschlich mich das Gefühl, dass unsere Flugbegleiterinnen es irgendwie zu schätzten wussten, dass eine Frau als Kommandantin heute die Verantwortung des Fluges trug. Auch in Köln hatte ich schon weibliche Pilots in Command und das Geschlecht spielte keine Rolle. Die drei Damen mit denen ich dort geflogen bin, verhielten sich genau wie ihre männlichen Kollegen und brillierten durch ihre professionelle und sehr korrekte Art. Doch Stacy war irgendwie anders und demonstrierte weiblichen Charme und war „Girly" ohne ihre natürliche Autorität zu unterwandern. Sie war durch und durch sich selbst und ganz in ihrem Element.