Swipe, um zu sehen, wer jetzt online ist!

Nóstimon Hêmar

Geschichte Info
oder der rettende Hafen.
27.1k Wörter
3.94
33.4k
0
Teile diese Geschichte

Schriftgröße

Standardschriftgröße

Schriftabstand

Standard-Schriftabstand

Schriftart Gesicht

Standardschriftfläche

Thema lesen

Standardthema (Weiß)
Du brauchst Login oder Anmelden um Ihre Anpassung in Ihrem Literotica-Profil zu speichern.
ÖFFENTLICHE BETA

Hinweis: Sie können die Schriftgröße und das Schriftbild ändern und den Dunkelmodus aktivieren, indem Sie im Story-Infofeld auf die Registerkarte "A" klicken.

Sie können während unseres laufenden öffentlichen Betatests vorübergehend zu einem Classic Literotica® Erlebnis zurückkehren. Bitte erwägen Sie, Feedback zu Problemen zu hinterlassen oder Verbesserungsvorschläge zu machen.

Klicke hier

Nóstimon Hêmar -- oder der rettende Hafen

----------------------------------------------

Zur Übersicht für die geneigte Leserin und den geneigten Leser -- es gibt ja deren einige, denen meine Geschichten gefallen -- hier noch einmal eine chronologische Übersicht meiner bisherigen Geschichten:

VOREHELICHES

[Der Unterschied]

[Die Grundbegriffe]

Das Obligatorische

[Über einen starken Typ]

[Ferienspaß I]

PennälerInnenfeten

Lernen fürs Abitur

[Ferienspaß II]

Erstes "Eheleben"

ERSTE EHE NEBST NEBENBESCHÄFTIGUNGEN

Auf Schlingerkurs in den Hafen (mit Ferienspaß III)

Der weltberühmte Pianist hat heute nicht seinen besten Tag

Auf der Durchreise

Der Wanderclub

Die Ernennung

[Hinter unverschlossenen Türen]

Vetternwirtschaft

Vom anderen Ufer

An der Ostsee hellem Strande ...

Wenn der Herr außer Haus ist, tanzt das Mäuslein im Bette

Die Sportskanone

Rameaus Geburtshaus

Die Rettung aus der Gosse

Die Tröstung

NACH DER SCHEIDUNG: FREI FLOATEND

Gartenarbeit

Das Cembalo

Urlaub mit Mama

Als Scheidungswitwe -- Ehevermittlung die erste

Nachgeholte Schülerliebe -- oder Ehevermittlung die zweite

Heldenzeugen

Die Viererbande

Nachhutgefecht

AUSFLUG INS HORIZONTALE GEWERBE

Ein Schelm, der Schlechtes dabei denkt

Der Rußlandheimkehrer

Fast, aber nur fast

Der Ausstieg

Der Segeltörn

WEITER WIEDER ALS "NORMALE" SCHEIDUNGSWITWE

Spanische Tage und Nächte und ein Abend in Frankfurt

Kontakte mit der freien Wirtschaft

Kuchen und Pizza -- aber bitte mit Sahne

Es ist viel zu beichten

Verführung eines Unschuldigen

Saturnalia

Photokunst

Telephone und Handys

Jenaer Straße dreiundsiebzig

Manchmal gibt's auch Schläge

Frust ersäuft man am besten im Alkohol

Verbotenes

ZWEITE UND VORERST LETZTE EHE -- MIT NEBENBESCHÄFTIGUNGEN

Nóstimon Hêmar -- oder der rettende Hafen

Die mit [] markierten Texte sind nicht in Literotica zu finden, denn sie handeln von Jugenderlebnissen, bei denen einige der handelnden Personen noch keine achtzehn Jahre alt sind, oder sie sind kürzer als 750 Wörter. Wer auch diese Texte oder mein Gesamtwerk in seinem gegenwärtigen Zustand lesen möchte, melde sich bei mir, möglichst per E-Mail.

----------------------------------------------

Nach dem Ende meiner Beziehung mit dem unmöglichen Martin und seiner Doppelmoral war ich ziemlich down. Alfred hatte eine Freundin gefunden, und meine Beziehung zu diesem Jungen war ja auch etwas ganz Unmögliches. Stefan hatte sich seit Monaten nicht mehr gemeldet, Mike war mit den meisten seiner Photos abgedampft, Willy war ja lieb, aber wann würde er mal wieder nach Hamburg kommen, ebenso Peter, ebenso Theo. An Martin hatte ich gesehen, daß längst nicht alle Herren, die gern und schnell in eine Sex-Beziehung einsteigen und auch gern Liebesdienste von Damen des Gewerbes in Anspruch nehmen, eine entsprechende beziehungsweise analoge Haltung auch bei ihren Partnerinnen akzeptieren. Und Kollegen aufreißen, mich von Schul- und Stadtteilfesten abschleppen lassen: Da denkt man bei Frauen meines Alters meist doch: "Die hat es aber nötig", und so wollte ich auch nicht angesehen werden; man hat ja seinen Stolz! Und dann ganz im Verborgenen die wunderbare Zeit mit Hans.

Da fiel in einer sehr seriösen Wochenzeitung mein Blick auf eine Bekanntschaftsanzeige. Man liest als neugieriges Weib diese Anzeigen ja gern und macht sich innerlich lustig über die Formulierungen, die man da zu lesen bekommt, aber diese klang irgendwie anders. Gekürzt wiedergegeben lautete sie etwa: "Witwer, noch nicht 50 Jahre, mit erwachsener Tochter, sucht eine intelligente Partnerin, die mit ihm Musik von Bach hört, aber auch zarter Intimität nicht abgeneigt ist."

"Noch nicht fünfzig Jahre": Das konnte alles bedeuten, bedeutete aber wahrscheinlich achtundvierzig oder wahrscheinlicher neunundvierzig Jahre. "Intelligente Partnerin", "Bach", "zärtliche Intimität": das klang alles sehr verlockend!

Aber als Mensch, der etwas auf sich hält, sucht man seine Freunde, Bekannte oder Lebenspartner doch nicht über eine Anzeige! So jedenfalls das fast noch allgemeine Vorurteil. Allerdings gibt es in meiner Familie den Fall einer sehr glücklichen Ehe, wo sich die Partner über eine Heiratsanzeige gefunden hatten, wie immer wieder in etwas abfälligem Ton erwähnt wurde, wenn von diesen Leuten die Rede war, ja, selbst wenn über ihre inzwischen erwachsenen, sehr wohlgeratenen Kinder gesprochen wurde.

Der Herr, der diese Anzeige aufgegeben hatte, interessierte mich schon sehr, aber ich traute mich nicht, auf die Chiffre-Anzeige zu antworten. Ich ließ drei Wochen verstreichen, dann vertraute ich mich mit meinen Zweifeln Trudi an, und die sagte sofort:

"Mensch, Melanie: Das könnte der Mann deines Lebens sein. Da mußt du unbedingt antworten -- eigentlich ist es schon zu spät."

Sie zerrte mich an ihren Schreibtisch, und wir verfaßten eine Antwort:

"Sehr geehrter Herr! Mit großem Interesse habe ich Ihre Anzeige vom ... gelesen. Besonders hat mich Ihr Interesse an Bachs Musik angezogen, aber auch zärtliche Intimität sollte Teil einer Beziehung sein, wie ich sie suche. -- Ich bin vierundvierzig Jahre alt oder jung, Studienrätin für Deutsch und alte Sprachen, in deren Literatur ich vor allem die vielen Berührungspunkte mit unserer heutigen Zeit suche. -- Wenn Sie, geehrter Herr, an weiteren Kontakten und einem Kennenlernen interessiert sind, dann rufen sie mich an unter der Nummer ..., am besten nachmittags. -- Mit besten Grüßen Melanie Knaack."

"Den Namen", meinte Trudi, "kannst du ruhig unter den Brief setzen -- den kriegt der Kerl nach der Telephonnummer sowieso raus!"

Brief in Umschlag, Umschlag in größeren Umschlag, diesen nicht der Post anvertraut, sondern mit dem Auto zur Redaktion gefahren und den Brief beim Pförtner abgegeben!

Als wir wieder bei Trudi zurück waren, sagte sie:

"So, jetzt setzt du dich ans Telephon und wartest den Anruf dieses Herrn ab! Wenn er wirklich ein solcher Gentleman ist, wie die Anzeige sich anhört, dann muß er dich anrufen, auch wenn er eine andere Frau gefunden hat!"

Ich gehorchte Trudi aufs Wort, setzte mich am nächsten Tag, nachdem ich vom Dienst nach Hause gekommen war, ans Telephon und wartete -- und wartete -- und Punkt 15:01 Uhr, genau nach der amtlichen deutschen Mittagsruhe, während derer man ja schicklicherweise niemand anruft, klingelt das Telephon:

"Hier Knaack."

"Hier Waldemar Schröder -- darf ich fragen, haben Sie gestern auf meine Anzeige geantwortet?"

"Ja, das hab ich -- ist es nicht schon zu spät?"

"Nein, Frau Knaack -- ich hatte zwar viele Zuschriften, aber die meisten völlig unseriös und nicht in Betracht kommend. Über Ihre Antwort habe ich mich besonders gefreut."

"Und warum das, wenn ich fragen darf?"

"Weil sie so nett auf alle Punkte meiner Anzeige eingegangen sind."

"Auf alle Punkte bin ich nicht eingegangen: Ihre Tochter hab ich nicht erwähnt."

Immer mußte ich widersprechen!

"Die wohnt ja auch nicht mehr bei mir! -- Frau Knaack, wollen wir uns nicht einmal an einem neutralen Ort treffen -- hätten Sie was dagegen?"

"Nein, überhaupt nicht! Gern!"

"Schlagen Sie etwas vor?"

"Wie wäre es übermorgen nachmittag im Café Buchner in Eppendorf, so gegen siebzehn Uhr?"

"Das paßt mir sehr gut, Ich geb Ihnen noch meine Telephonnummer und auch das Handy, damit Sie mich erreichen können, wenn Ihnen was dazwischen kommt oder Sie es sich doch noch anders überlegen."

"Das ist nett von Ihnen! -- Also, ich hab hier was zum Schreiben, schießen Sie los!"

Herr Schröder gab mir seine zwei Telephonnummern und fuhr dann fort:

"Wenn ich früher da bin: Ich werde in der ZEIT lesen --"

"Und wenn alle Gäste im Café die ZEIT lesen?"

"Dann bin ich schon leicht ergraut", sagte Herr Schröder lachend, "kurzgeschnittener Vollbart, ziemlich starke Minus-Brille. -- Und woran könnte ich Sie erkennen?"

"Schwarze lange Haare, Lesebrille, auch die ZEIT lesend. Was ich übermorgen anziehen werde, weiß ich noch nicht, das hängt vom Wetter ab."

"Das soll schön werden!"

"Dann wahrscheinlich ein beiges Kostüm."

"Ich freu mich, Frau Knaack!"

"Ich mich auch -- hoffentlich nicht verfrüht!"

"Ich werd mein bestes tun! Tschüs, Frau Knaack!"

Beim ersten Gespräch das familiäre "tschüs"-- eigentlich etwas unverschämt, aber doch sympathisch!

Kaum hatte ich aufgelegt, klingelte das Telephon schon wieder. Es war -- natürlich Trudi. Sie hatte sich ja wohl zehn Minuten lang das Besetztzeichen angehört und platzte jetzt vor Neugier.

"War er das?", fragte sie gleich.

"Ja, das war er."

"Und wie ist er?"

"Nett."

"Und?"

"Was, ,und`"

"Worüber habt ihr geredet? Was hat er gesagt? Wie alt ist er?"

"Wir haben über Allgemeines geredet; wie alt er ist -- zu solchen Intimitäten sind wir noch nicht gekommen. -- Wir treffen uns übermorgen nachmittag."

"Und wo?"

"Das sag ich nicht -- nachher setzt du dich incognito als Mäuschen in das Café und beobachtest uns."

"Würde ich doch nie tun, das weißt du doch! Wahrscheinlich hast du Buchner vorgeschlagen."

"Woher weißt du das?"

"Weil das dein Lieblingscafé ist, ich kenn dich doch! Und willst du nicht noch was erzählen -- ihr habt doch mindestens eine Viertelstunde geredet."

"Wir haben wirklich nichts Besonderes geredet. Bohr doch nicht so!"

"Ich hör ja schon auf! Aber du mußt gerade reden: Wie hast du mir Löcher in den Bauch gefragt, als ich Bernd kennengelernt hab."

"Das ist doch was ganz anderes -- ich muß doch etwas auf dich aufpassen -- denk an Paul!"

"Und ich fühl mich auch ein bißchen für dich verantwortlich -- denk an Martin!"

"Du hast ja recht! Sobald sich was ergibt, stell ich ihn dir vor!"

"Okay! Dann tschüs!"

Jetzt hatte ich zwei Tage minus die Stunden in der Schule Zeit, mir zu überlegen, was ich zu dem großen Moment anziehen sollte. An das "beige Kostüm" fühlte ich mich nicht gebunden. Ich machte eine Inventur meines Kleiderschrankes. Fast alles paßte mir noch -- aber paßte dieser Rock zu jener Bluse? Hatte dieser Pullover nicht zu grelle Farben für eine Vierundvierzigjährige? Und überhaupt die Rocklänge! "Bach" klang nach Kultur -- aber "intime Zärtlichkeit", das klang nach -- na ja! Aber nein: Waldemar -- nennst du ihn für dich schon "Waldemar", Melanie? -- also: Es war andersherum: Herr Schröder hatte "zarte Intimität" geschrieben -- was war da der Unterschied? Darüber mußte ich als Deutschlehrerin mal nachdenken! Sollte ich Herrn Schröder schon beim ersten Mal mit dem Anblick meiner wunderbaren Knie aufheizen, oder sollte ich einen meiner wenigen langen Röcke anziehen, die die Knie auch beim Sitzen verläßlich bedecken? Allerdings würde Herr Schröder bei züchtigem Sitzen am Caféhaustisch von meinen Knien sowieso nichts zu sehen bekommen. Oder lange Hosen -- oder Jeans, in denen ich immer noch viel jünger aussah, als ich wirklich war?

Ich machte Häufchen, Kategorie A: würde passen, B: vielleicht, C: kommt jetzt nicht in Frage, D: endlich zum Roten Kreuz, E: zerrissen, weg. Von Kategorie A mußte eine ganze Menge zur Reinigung. Und so nahm ich diese Stücke sowie den Haufen D, fuhr erst meinem jahrelangen Vorsatz entsprechend zum Roten Kreuz und lieferte Haufen D bei der Kleiderspende ab, dann mit den Sachen von Haufen A zur Reinigung:

"Wird das bis morgen fertig -- oder höchstens bis übermorgen um drei?"

Es würde alles fertig werden.

Am nächsten Tag holte ich die Sachen aus der Reinigung und probierte wieder fast den ganzen restlichen Tag -- oder wenigstens zweieinhalb Stunden lang -- meine verschiedenen in Frage kommenden Kleider an -- dann gab ich es auf und rief Trudi an:

"Trudi, kannst du nicht mal kurz kommen und mir helfen?"

"Um was geht es denn?"

"Ich weiß nicht, was ich morgen zu dem Treffen anziehen soll."

"Das beige Kostüm natürlich! In dem siehst du super aus, und zieh hochhackige Schuhe an, dann betörst du mit deinen Wanderbeinen jeden Mann!"

"Aber ich weiß doch nicht, ob ich schon beim ersten Mal so viel Bein zeigen soll."

"Da hast du doch sonst keine Bedenken, Melanie!"

"Ach, Trudi, komm doch bitte mal kurz vorbei!"

Trudi kam, besah sich die Sachen auf meinem Haufen A, und brachte genau die Gedanken vor, die ich gestern und heute auch schon gewälzt hatte. Sie kam nach immerhin nur anderthalb Stunden auf dieselbe Rock-Blusen-Kombination, die mir auch am besten gefiel -- "oder aber zieh doch das beige Kostüm an! Du, ich muß jetzt gehen, Bernd wartet schon, und wir sind dann bei seinen Eltern eingeladen."

Also auch nicht viel schlauer. Immerhin lief alles auf den blauen Rock mit einer der weißen Blusen hinaus -- da erhob sich dann wieder die Frage, wieviele der Knöpfe ich auflassen sollte -- und vielleicht gar den BH weglassen?

Am Morgen vor der Schule legte ich mir Rock, Bluse -- und BH! -- zurecht, dazu passende Pumps, und begab mich zum Dienst. Den ganzen Vormittag dachte ich fast nur an das Treffen am Nachmittag, so daß mich sogar ein Kollege fragte:

"Sie sind ja heute mit den Gedanken ganz woanders, Frau Kollegin!"

Nach der Schule würgte ich ohne jeden Appetit einen Imbiß hinunter -- ich konnte Herrn Schröder doch nichts mit meinem Magen vorknurren! --, zog mir sehr rechtzeitig die Bluse und den Rock an und hatte dann noch etwas Zeit bis zum Losfahren.

Aber als ich eigentlich schon hätte losfahren müssen, riß ich mir meinen Dress vom Leibe und zog das beige Kostüm mit passenden Pumps an, raste die Treppe runter, schmiß mich ins Auto und fuhr nach Eppendorf. Verdammt! An der Parklücke bist du vorbeigefahren, Melanie! Rückwärts zu fahren geht in dieser vielbefahrenen Straße nicht, also einmal um den Block. Ich fand einen Parkplatz ziemlich weit vom Café entfernt und parkte ein -- man konnte ja nicht wissen, ob näher am Café noch was frei war! Ich raffte mein Handtäschchen und eilte zum Café, und als ich um die Ecke kam, sah ich, wie ein großer weißer Mercedes in die Lücke einparkte, an der ich vorbeigefahren war. Dann sah ich, wie dem Wagen ein mittelalterlicher Herr entstieg, auf den die Beschreibung paßte, die Herr Schröder von sich gegeben hatte. Der Herr bückte sich noch einmal und holte etwas Kleines, Weißes aus dem Wagen -- eine Blume oder so was. Ich versuchte mich in einem Hauseingang zu verstecken, aber der Herr hatte mich beim Umherblicken schon gesehen, die Beschreibung, die ich von mir gegeben hatte, mit mir verglichen -- und sein Gesicht strahlte, er eilte auf mich zu und sagte:

"Entschuldigen Sie, sind Sie Frau Knaack?"

"Ja, die bin ich -- und Sie sind Herr Schröder?"

"Sie haben es erraten! Kommen Sie auch erst jetzt?"

"Was heißt ,erst jetzt`? Es ist erst drei Minuten vor fünf. -- Ich steh da hinten, weil ich genau an der Parklücke vorbeigefahren bin, wo Sie jetzt stehen."

"Das tut mit aber furchtbar leid, Frau Knaack, das konnte ich doch nicht wissen, entschuldigen Sie bitte vielmals! Sehen Sie, das machen wir so: Ich setz mich in den Wagen, Sie kommen her und geben mir ein Zeichen, ich fahr raus, sie rein in die Lücke und ich such mir einen anderen Parkplatz -- und wenn es in Groß Borstel ist, nehm ich mir ein Taxi!"

"Das ist ganz lieb von Ihnen, daß Sie das vorschlagen -- aber das ist doch wirklich nicht nötig -- ich brauch von hier höchstens zwei Minuten zu meinem Auto -- man sieht es ja von hier -- das rote da hinten! Gehen wir doch lieber ins Café!"

Wir setzten uns an einen leeren Tisch im Hintergrund, und als erstes winkte Herr Schröder eine Kellnerin herbei:

"Bringen Sie doch bitte eine kleine Vase mit Wasser!"

Und zu mir:

"Ich hab Ihnen hier zur Begrüßung diese Rose mitgebracht -- aus dem Garten bei meinem Haus -- eine wilde Rose, die gefallen mir besser als die gezüchteten."

"Danke, Herr Schröder, da haben sie sehr genau meinen Geschmack getroffen!"

"Und was sollen wir jetzt bestellen?", fragte Herr Schröder.

"Ich schlage vor: Zitronenomelett, das ist deren Spezialität hier, solange ich denken kann."

"Kennen Sie das?"

"Seit ich ein Kind bin."

"Ich auch -- ich bin hier in der Nähe großgeworden. -- Und was sollen wir trinken: Tee oder Kaffee?"

"Erst einmal Kaffee und später vielleich noch ein Gläschen Samos -- ich bin ein süßer Typ -- verstehen Sie mich bitte nicht falsch: Ich meine, beim Essen!"

"Ich verstehe Sie schon nicht falsch, Frau Knaack -- und Sie haben auch, wie ich sehe, überhaupt keine Probleme mit Ihrer Figur -- anders als ich, ich bin nämlich auch von der süßen Truppe -- aber was soll's: Genießen wir unser Zitronenomelett und den Samos, was soll das schlechte Leben nützen?!"

Die Kellnerin kam, nahm die Bestellung auf und fragte zuerst mich:

"Tasse oder Kännchen?"

"Bitte für mich ein Kännchen -- ich hab ziemlichen Durst!"

"Für mich bitte auch", sagte Herr Schröder.

Als die Kellnerin gegangen war, setzte Herr Schröder eine ernstere Miene auf und sagte:

"So, und nun zum Geschäftlichen!"

Ich sah Herrn Schröder entgeistert an, und er sagte:

"Entschuldigen Sie bitte, Frau Knaack, ich mache oft so Bemerkungen, die die Leute vor den Kopf stoßen, besonders wenn ich meine Gefühle verbergen will."

"Wieder eine Gemeinsamkeit: Ich mache auch gern solche Art Sprüche -- und welche Gefühle wollten Sie eben verbergen, Sie Supergeschäftsmann?"

"Daß ich Sie getroffen hab! Sie müssen wissen, ich hab mich in den Wochen seit der Anzeige ja mit manchen Damen getroffen -- man soll es von Frauen ja nicht sagen, aber es war viel Schrott dabei -- ich hätte wohl nichts von der Zärtlichkeit schreiben sollen -- darauf sind viele abgefahren und hatten es wohl auf mein gutes Gehalt abgesehen -- und die meisten von den Kandidatinnen hatten wohl auch gedacht, wir hören uns dabei romantisch murmelnde Bäche an."

"Waren denn überhaupt keine Damen dabei, die irgendwie in Frage kamen? Ich meine -- Ihre Anzeige war doch so schön formuliert -- Zärtlichkeit an murmelnden Bächen -- darauf muß man erstmal kommen!"

"Das ist lieb, wie Sie das sagen -- von den zwei ernsthaften wollte eine erst einmal ihre Scheidung durchziehen, und die andere war ganz lieb, aber recht doof -- entschuldigen Sie."

"Sie müssen sich doch bei mir nicht dafür entschuldigen, wenn Sie Ihre Kandidatinnen wahrheitsgemäß beurteilen! -- Und Sie suchen eine Partnerin, mit der Sie Bach hören wollen. Verstehen Sie überhaupt etwas von Bach? Kleiner Test: In welchen Tonarten stehen die Orchstersuiten?"

"Zweimal C-Dur, D-Dur, h-moll -- wunderbare Stücke!"

"Und wie sind Sie zu Bachs Musik gekommen?"

"Als Junge haben mich meine Eltern mit manchem ,gequält`, unter anderem auch mit Klavierstunden. Damals fand ich das blöd und hab nie richtig geübt. Als ich einsah, daß das ein dummer Fehler war, war es zu spät, ich war schon im Beruf -- Maschinenbauingenieur, sagte ich noch gar nicht -- aber die Kombination Ingenieur--Mathematik--Bachs Musik ist, glaub ich, gar nicht so selten. Der beste Musiklehrer an unserer Schule gab auch Mathematik. -- Und wie war es bei Ihnen?"

"Durch meinen Vater. Der konnte auch Orgel spielen und hat manchmal in unserer Gemeinde im Gottesdienst ,geörgelt`, wie man hier im Norden manchmal sagt. Ich hatte auch Klavierunterricht, und durch meinen Vater bin ich vor allem auf die alte Musik gekommen. Und dann -- um es gleich zu sagen -- ein Tief bei der Klassik, ich mag dann wieder mehr die Romantik -- vor allem Schubert und Brahms -- und dann manche der Modernen: Bartók, Krenek, Hindemith, Ligeti, ... -- jetzt hab ich mich ziemlich geoutet --"

"Haben Sie vielen Dank für Ihr Vertrauen und Ihre Offenheit -- also Sie haben gefragt, was ich suche, und Sie haben natürlich einen Anspruch, von mir sozusagen ,alles` zu erfahren. Sie müssen wissen: Ich hab meine Frau vor eineinhalb Jahren durch einen Unfall verloren -- und ich will nicht den Rest meines Lebens allein leben -- das ist auch im Sinne meiner Frau."

"Haben Sie über so was gesprochen?"

"Ja, das haben wir. Ganz am Anfang unserer Ehe, als wir noch frisch verliebt waren, hat meine Frau einmal gesagt: ,Waldemar`, hat sie gesagt, ,wenn ich mal nicht mehr sein sollte, dann such dir eine andere liebe Frau, damit du nicht allein bist. Versprichst du mir das?` Und ich hab ihr das versprochen."

123456...9