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Thao II - Teil 08

Geschichte Info
Thaos Landleben, Xenas Spiel.
23.5k Wörter
4.82
6.1k
1

Teil 35 der 48 teiligen Serie

Aktualisiert 06/09/2023
Erstellt 09/23/2019
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Morgenstunde hat Gold im Mund

„Aufstehen! Du wolltest doch mit in den Stall."

Thao öffnete die Augen und spürte, wie sich jemand neben ihr auf den Bettrand setzte. Sie verstand in diesem Moment die Welt nicht mehr. Auch wenn es gestern nicht so spät geworden war wie in der Nacht zuvor und sie „nur" bis zwölf zusammengesessen hatten, war für sie der Zeitpunkt des Aufstehens noch lange nicht gekommen.

Ein Blick durch das Dachfenster, es war draußen noch stockdunkel.

Xena lächelte. Es war schon fünf vorbei, eigentlich waren sie spät dran. Ihre Freundin hatte sichtlich mit dem Frühaufstehen zu kämpfen.

„Willst lieber liegen bleiben?"

Thao kapierte immer noch nicht.

„Erklär mir doch bitte erst einmal was überhaupt los ist!"

Xena legte ihr die rechte Hand auf die Schulter.

„Bleib liegen, du hast es wahrscheinlich gestern gar nicht ernst gemeint."

Thao seufzte.

„Was denn nur? Ich plappere doch viel wenn der Tag lang ist."

Ihre Stimme klang weinerlich.

„Der Stall, ich muss in einer halben Stunde drüben sein."

„Aber ich muss mich doch noch duschen. Und gefrühstückt..."

„Glaub mir, duschen musst du dich vor allem danach und frühstücken tun wir drüben bei Margarete. Bleib liegen, Thao. Du sollst dich hier erholen und wohlfühlen, nichts sonst."

Thao runzelte die Stirn.

„Ach, als ob ich das jetzt noch könnte. Gesagt, ist doch gesagt. Sonst bin ich doch für die anderen Landeier die Prolltussy Nummer zwei."

Xena kniff sie in die Seite.

„Aua!"

Thao schlug die Decke zurück, umarmte die Freundin und setzte sich dann neben ihr auf den Bettkasten. Sie hatte sich immer noch nicht ganz gefangen und brauchte noch ein wenig.

„Ich warte unten, komm einfach runter wenn du fertig bist."

Thao war einverstanden und nahm sich vor, dass nächste Mal erst die näheren Umstände zu erfragen, bevor sie an irgendetwas Interesse zeigte. Ein Blick auf die Uhr und sie erbleichte. Es war noch nicht mal sechs Uhr.

Eine viertel Stunde später war sie dann soweit. Eigentlich hatte sie gar keine Kleidung für diesen Anlass dabei, aber es war ihr die Sache wert, dieser, für sie neuen Erfahrung, ein paar Klamotten zu opfern.

Der Morgen war kalt und ohne ein Wort miteinander zu sprechen, gingen die beiden Frauen rüber zu dem riesigen Stallgebäude, aus dem schon das eindringliche Muhen der Kühe heraus drang. Thao hatte sich solch einen Stall ganz anders vorgestellt, alles war relativ sauber und aufgeräumt und auch die Kühe waren, so aus der Nähe betrachtet, wirklich beeindruckend von ihrer Größe her. Auch guckten sie so lieb und einfältig, genauso wie Xena. Wie sie laut bekundete.

„Da seid ihr ja."

Margarete kam ihnen, zusammen mit Sören, entgegen und umarmte sie flüchtig. Dann folgten auch schon ihre Arbeitsanweisungen.

„Thao! Sören zeigt dir wie das Melkgeschirr gesetzt wird, ihr könnt dann zusammen die restlichen Kühe abarbeiten, Xena und ich reinigen und kalken inzwischen die Boxen. Danach bringen wir zusammen die Silage aus. Ich habe vorgearbeitet, in zwei Stunden müsste das Ganze für uns zu schaffen sein."

Sören gab Thao schüchtern die Hand, die ihm, mit einem seltsamen Gefühl im Magen, folgte. Der junge Mann war in ihrem Alter, bewegte sich ganz normal, hatte eine mittelgroße, drahtige Figur und strohblondes Haar. Einzig seine leicht verzogenen Gesichtszüge und die von ihm überbetonten Vokale beim Sprechen, verrieten etwas von seiner Behinderung.

Aber warum lies Maga ihn ausgerechnet mit ihr zusammenarbeiten? Hatte sie die Szene gestern am Mittagstisch vergessen? Was, wenn Romy recht hatte? Thao seufzte und hoffte, dass es nicht zu irgendwelchen Konflikten zwischen Sören und ihr kommen würde.

„Duuu muuuust auuuufpaaasen! Iiiimmer Plaaaatz laaasen, daaaamit duuuu aaaauuuuusweeeeiiiiicheeeeen kaaaanst."

Er deutete auf eine Kuh und die Wand. Thao konnte sich dabei gut vorstellen, dass bei einer unbedachten Bewegung des Viehs, man schnell gegen das Gatter gedrückt und gequetscht werden konnte. Wie viel wog so eine Kuh? Ne Tonne?

Sie fragte Sören, der ihr bereitwillig Auskunft gab. Auch erklärte er ihr, woran man merkte, ob sich ein Tier normal verhielt oder wie es auf sich aufmerksam machte, wenn es krank war oder sich gereizt fühlte. Dabei dauerte jeder Satz von ihm eine gefühlte Ewigkeit, aber mit der Zeit gewöhnte sich Thao daran und das Verhältnis zu dem Jungen wurde sichtlich lockerer, auch wenn er es vermied, ihr ins Gesicht zu blicken.

„Duuuu muuust keeeeiiiineee Aaaangst haaaben. Waaaarte iiiiich zeeeeiiiig eeees Diiiir."

Sören ging neben einer Kuh in die Hocke, streichelte ihr über die Flanke und legte ihr dann das Melkgeschirr an. Das Tier schien ungeduldig und kam ihm sogar dabei etwas entgegen. Thao verfolgte aufmerksam jeden Handgriff von ihm und melkte bereits das zweite Tier, zu Sörens Erstaunen, ohne Fehler.

So war die Arbeit schneller erledigt,ls Maga es eigentlich eingeplant hatte, und stolz führte Sören seiner Helferin vor und berichtete Maga von deren Talent. Xena lächelte. Thaos Fähigkeit genau zu beobachten und schnell zu lernen, hatte sie wieder einmal eindrücklich unter Beweis gestellt. Auch schien ihr die Arbeit Spaß zu machen und sich mit Sören gut zu verstehen.

Mia hatte inzwischen die Silage vorbereitet und zusammen brachten sie das Futtermittel zu den Tieren. Es war harte Arbeit und Thao konnte sich vorstellen, wie schnell diese zur Belastung und Qual werden konnte. Sie selbst fühlte sich motiviert und frei, aber nur weil die Arbeit für sie neu und interessant war. Margarete aber schuftete hier jeden Tag und immer wieder zeichneten sich in ihrem Gesicht Schmerzen ab. Sie hatte einen Bandscheibenvorfall, wie ihr Xena erzählt hatte, den die Nachbarin bisher aber unbehandelt lies, aus Angst vor der damit verbundenen, langen Berufsunfähigkeit.

„Na Süße, wie gefällt dir das Leben als Bäuerin?"

Thao grinste, bückte sich und warf ein Stück Mist nach Xena.

„Sehr gut, riech mal!"

Xena fing den Klumpen zu Thaos Staunen reaktionsschnell auf und warf ihn zurück, während Sören und Maga sich vielsagende Blicke zuwarfen. Für sie mochten die beiden Frauen aus der Stadt ganz in Ordnung sein, aber ein wenig plemplem waren sie halt auch.

Margarete tischte für alle ein üppiges Frühstück auf. Wurst, Schinken, Schmalz, gebratenen Speck, alles von der ortseigenen Metzgerei fabriziert. Dazu eigene Milch, Eier, Pfannkuchen, selbst eingemachte Marmeladen und Konfitüren standen auf den Tisch. Sogar das Brot war von Mia gebacken worden, die still und introvertiert kaum ein Wort mit den anderen sprach.

Thao hatte Margarete wegen Sören gefragt, der Junge war nämlich alles andere als eine Last für sie gewesen, sondern ein netter Begleiter, der hart arbeitete und sich auch sonst ihr gegenüber zurückgehalten und sehr umsichtig gezeigt hatte. Auch schien er ihr gegenüber so zurückhalten zu sein, weil er sich für seine Ausdrucksschwierigkeiten vor ihr schämte.

Wie sie erfuhr, hatte er als Kind eine schwere Meningitis durchleiden müssen, die Folgen für die Entwicklung seines Lernverhaltens und Ausdrucksfähigkeit hatte.

Mia dagegen wurde mit einer Trisomie21 geboren, litt aber unter verhältnismäßig geringen negativen Einflüssen dieses Syndroms und hatte sogar erfolgreich, trotz ihrer Einschränkungen, ihren Hauptschulabschluss absolviert. Sie war noch scheuer als Sören, neigte zu einem depressiven Verhalten, wie Thao von Margarete erfahren hatte, und hielt sich selbst, ständig ihre Behinderung vor. Wenn sie mit Ruth oder Romy über Partnerschaften sprach, so redete sie niemals von sich selbst, glaubte sie doch, dass sie eine solche, niemals erfahren würde.

Thaos Blick blieb für einen Moment an Margaretes kleine, brünette Helferin haften. Sie sah normal aus, weder übermäßig hübsch, aber eben auch keineswegs unansehnlich. Eine normale Frau, die sicher etwas aus sich machen konnte, aber nicht an sich glauben wollte. Sie wird viele Grausamkeiten erfahren haben, in diesen Punkt dachte sie an Amelies Schicksal und deren Veränderung. Zum Positiven? Thao wusste es nicht. Amelie lebte jetzt vor allem für ihren beruflichen Erfolg und auch wenn sie einen netten Partner gefunden hatte, spielte dieser nur eine untergeordnete Rolle für sie.

„Was ist los? Bist du im Delirium? Zu viel gearbeitet, was?"

Thao schrak auf und grinste dann zu Xena rüber, die neben ihr saß.

„Ich habe jetzt zumindest eine Ahnung, was hinter so ein Stück Wurst für Arbeit steckt. Werde daran denken, wenn ich sie mir aufs Brot lege."

Margarete lächelte.

„Irgendwann lohnt es sich vielleicht sogar mal für uns."

Thao merkte auf.

„Vielleicht?"

Margarete nickte.

„Wir haben teure Kredite aufgenommen um das alles hier aufzubauen und die nächsten fünfzehn Jahre haben wir damit zu tun diese zu bedienen. Passieren darf da nicht viel, sonst ist das alles hier von heute auf morgen vorbei."

Thao sah Maga eindringlich an.

„Aber du versuchst es zumindest und kämpfst, das ist schon mal viel wert. Lass dich nicht unterkriegen, aber ich glaube da bist du auch gar nicht der Typ für."

Margarete verzog für einen Moment ihre Miene. Von einer Sekunde auf der anderen, blickte Thao in ein Gesicht, dass Verzweiflung, tiefe Erschöpfung und Müdigkeit zeigte. Doch dann riss sie sich auch schon wieder zusammen und zeigte ihre versteinerte Miene.

Hatte das denn niemand außer ihr mitbekommen? Nein. Xena aß weiter, Mia und Sören ebenso. Oh Mann, wie banal waren da ihre eigenen Sorgen? Vielleicht ganz gut, dass sie auch solche Eindrücke mit nach Hause nahm, es machte vieles für sie leichter. Ansonsten würde sie, soweit sie es konnte den Menschen hier helfen, es macht ja Spaß und sie fühlte sich wohl dabei.

Nach dem Frühstück wurden die beiden erst einmal von Margarete entlassen, Sören, Mia und Margarete selbst, konnten das weitere Pensum allein bewältigen. Thao war das ganz Recht, sie hatte jetzt das dringende Bedürfnis zu duschen und sich frische Klamotten anzuziehen. Außerdem wollte sie Xena fragen, ob sie ihre Wäsche bei ihr waschen durfte.

„Süße!?"

Thao drehte sich zu Xena um, die ihr einen großen Papierumschlag hinhielt..

„Was hast du denn da?"

Xena lächelte.

„Das hat mir Sören für dich mitgegeben. Es ist eine Überraschung für dich."

Thao stöhnte auf. Sie mochte den Jungen, wollte ihm aber auch keine Illusionen oder falsche Hoffnungen machen.

„Weißt du was da drinnen ist?"

Xena nickte.

„Ja, du wirst überrascht sein."

Thao nahm den Umschlag unsicher entgegen. Der Junge hatte sogar etwas darauf geschrieben.

„Von Sören für Thao, mit freundlichen Grüßen."

Die junge Frau lachte, sie konnte gar nicht anders, so süß fand sie das.

Dann aber blieb sie erschüttert stehen, vor ihre Augen breiteten sich der Hof aus, Margaretes Haus, der Stall, die Scheune und das Haus von Xena und Gerd. Es war ein kleines Kunstwerk, einfach gemalt, aber durchaus stimmig in seinen Verhältnissen und die Wiedererkennbarkeit seiner Vorlage war eindeutig gegeben. Auch die Farben waren sorgsam gemischt und ohne zu verlaufen, auf das Papier gebracht worden. Ganz unten am Rand stand: „Zur Erinnerung."

„Das ist total gelungen. Echt, Xena. Dazu gehört schon einiges an Talent."

Xena blickte neugierig über Thaos Schulter hinweg auf das Blatt Papier in deren Händen.

„Es ist wirklich sehr gut geworden. Ich wusste gar nicht, dass er so etwas kann. Ich habe ihm gestern erzählt, dass du gut zeichnen und Gitarre spielen kannst."

Thao sah ihre Freundin entgeistert an.

„Er hat dich über mich ausgefragt?"

Xena nickte. „Na klar, warum auch nicht? Er findet dich sehr nett."

Sie spürte Thaos Unsicherheit und diese gefiel ihr nicht.

„Sören ist ein Mann wie jeder andere, auch wenn er in mancher Hinsicht anders sein mag."

Thao blickte sie entgeistert an.

„Aber das weiß ich doch, Mensch."

Sie blickte noch einen Moment auf das Papier in ihren Händen, dann steckte sie es weg und folgte Xena zu deren Haus. Scheiße, warum fühlte sie sich so schäbig in diesem Moment, lag es an Xenas Spruch? Der war echt Scheiße gewesen, es hätte ihn wirklich nicht gebraucht.

Thao war in diesem Moment richtig wütend, nicht unbedingt auf Xena, sondern vor allem auf sich selbst.

Was bildete sie sich denn auch eigentlich ein? Sören war lieb zu ihr, mehr steckte nicht dahinter. Warum konnte sie das nicht würdigen?

Die nächsten Stunden verbrachte Thao mit Büchern, die sie in Xenas und Gerds umfangreicher Sammlung gefunden hatte. Zu ihrem Erstaunen hatte ihr Gerd gestern erzählt, das Xena noch mehr las als er selbst und das sie es war, die für einen ständigen Nachschub an Bänden sorgte. Dabei war sie vielseitig interessiert und las nicht nur aktuelle Bestseller, sondern widmete sich auch Klassikern und ihr unbekannten Autoren, von deren Werken sie glaubte, dass sie etwas taugen könnten.

So verbrachte Thao die nächsten Stunden mit einem erstaunlich guten Roman über das Leben in Deutschland der späten zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts und hatte Mühe dabei, sich wieder davon zu lösen. Später schrieb sie wieder ein wenig mit Steven, der es immer noch nicht schaffte, lange in ihrem Kopf präsent zu bleiben, und beschloss, nachdem sie feststellte, dass es schon bald wieder dunkel werden würde, in die nächste Stadt zu fahren. Zum einen, um Klamotten für die Stallarbeit zu kaufen, und zum anderen, damit sie sich bei Sören für sein Bild revanchieren konnte. Sie wusste nicht warum, aber dass, was Steven in den bisherigen Treffen nicht vermocht hatte, gelang Sören virtuos, er ging ihr nicht mehr aus den Kopf.

„Was bin ich nur für eine blöde Ziege, das darf doch nicht wahr sein." Stellte sie für sich fest. In ihren Gedanken verloren ging sie die Treppen hinunter, doch wieder war von ihrer Gastgeberin weit und breit nichts zu sehen. Ob sie wohl Lisa von der Kita holte? Xena hatte vorhin etwas in dieser Richtung zu Margarete gesagt, wie sie sich erinnern konnte.

Sie riss ein Blatt von dem Notizblock auf dem Garderobentisch herunter und schrieb ihre Absicht darauf. Xena würde sich keinen Kopf machen, sie hatten ja immer noch ein paar Tage zeit, in denen sie zu zweit etwas unternehmen konnten.

So griff Thao nach ihrer Jacke, band sich einen Schal um und schlüpfte in die dick gefütterten Stiefel, die, wie durch ein Wunder, wieder aufgetaucht zu sein schienen. Sie grinste, Xena war schon eine Marke.

Laut dabei fluchend befreite sie ihr Auto von Eis und Schnee, schimpfte wie in Rohrspatz als sie Mühe hatte die festgefrorene Autotür zu öffnen und sank, sichtlich gefrustet über dem Lenkrad zusammen, als bei ihrem ersten Anfahrversuch die Reifen durchgingen. Spielte es sonst kaum eine Rolle, dass sie beim Anfahren zu viel Standgas gab, hatte sie jetzt, ohne das nötige Feingefühl, kaum eine Chance das Auto auszuparken.

Sie schrak zusammen, als es an ihre Scheibe klopfte. Ruth stand vor der Fahrertür und winkte ihr, ein breites Grinsen im Gesicht, zu. Thao wollte die Scheibe herunterlassen, aber abgesehen von dem quälenden Jaulen des Motors, tat sich nichts. Auch sie schien festgefroren zu sein.

„Was für eine Scheiße!"

Thao öffnete die Tür und zeigte Ruth ihren ganzen Frust. Es nervte sie, dass sie ihr Auto nicht alleine frei bekam. Winter war so eine beschissene Jahreszeit, räsonierte sie für sich selbst.

„Soll ich dir helfen?"

Thao erinnerte sich.

„Aber du hast doch gar keinen Führerschein."

Ruth lächelte.

„Es gibt Menschen die haben einen und könnten trotzdem nicht Auto fahren und es gibt Menschen die können fahren und haben keinen."

Thao runzelte die Stirn, war sie sich doch nicht sicher darüber, ob Ruth mit Ersteren sie meinen könnte.

„Ach und du kannst das?"

„Landmaschinenmechanikerin! Vergessen?"

Thao schnallte sich ab und machte Ruth Platz, die ohne zu zögern, den Motor startete, sanft das Kupplungspedal kommen ließ und kurz bevor die Reifen sich anschickten durchzugehen, wieder durchdrückte. Der Wagen hatte sich schon ein Stück bewegt, rollte aber jetzt zurück in die Ursprungsposition. Jetzt gab Ruth wieder Gas und schaukelte, auf diese Weise, Thaos Auto frei und brachte es auf der geräumten Fläche der Hofauffahrt zum Stehen.

„Boah, bist du eine Streberin!"

Sie umarmte Margaretes Älteste und dankte ihr.

„Lauerst du mir in Zukunft immer bei meinem Auto auf? Ich frage nur, damit ich mich drauf einstellen kann, um die damit einhergehende Infarktgefahr zu minimieren."

Ruth deutete auf ihre schwere Umhängetasche, die sie über ihrer Schulter trug.

„Ich komme gerade von der Arbeit. Wo willst du denn hinfahren?"

„In die Stadt, ein bisschen was einkaufen."

Ruths Miene hellte sich sofort auf.

„Nimmst du mich mit?"

Thao hatte diese Frage bereits erahnt. Sie hatte kein Problem damit, auch wenn sie sich nicht unbedingt Gesellschaft gewünscht hatte.

„Kein Problem. Musst du noch Mami fragen?"

Ruth zeigte Thao für einen kurzen Moment ein böses Gesicht.

„Du kannst ganz schön gemein sein! Aber ja, ich muss meiner Mami wirklich Bescheid sagen." Sie lachten und Ruth eilte davon. Thao indessen setzte sich wieder an das Steuer ihres Wägelchens, suchte sich Musik aus und lehnte sich zurück.

Eine viertel Stunde später wurde die Beifahrertür aufgemacht und Ruth stieg, komplett umgezogen und geschminkt, in ihr Auto ein.

„Wie hast du denn das so schnell hinbekommen?"

Ruth hob die Schultern, während Thao sie fassungslos anstarrte. Die Kleine hatte jetzt ein sorgfältig geschminktes Gesicht und auch ihre Haare, waren kunstvoll arrangiert worden.

„Übung?"

„Na und? Die habe ich auch und brauche trotzdem viel länger."

Sie legte den Rückwärtsgang ein und fuhr ein Stück zurück und dass, obwohl genügend Platz zum Einschlag vorhanden gewesen wäre. Ruth lächelte, versuchte sich aber, für Xenas Freundin, zusammenzureißen. Fuhren alle in der Stadt so? Schlecht vorstellbar, bei dem dortigen Verkehr.

„Ist ganz gut, dass du bei mir bist, dann kannst du mir den Weg zeigen."

Thao zwinkerte Ruth fröhlich zu und wischte sich dann ihre dunkle Haarsträhne aus dem Gesicht.

„Was willst du denn kaufen?"

„Ich brauche ein paar Zeichensachen. Habe spontan Lust bekommen, muss an all die ländlichen Motive liegen."

„Nichts zum Anziehen?"

Thao hätte es schon wieder beinahe vergessen.

„Stimmt, Klamotten brauche ich auch."

Sie wandte sich flüchtig Ruth zu, bevor sie in die nächste Kurve hineinfuhr. Margaretes Tochter wies ihr den Weg.

„Und du?"

„Mal gucken, ein wenig Geld habe ich mitbekommen."

„Verdienst du denn nichts?"

Ruth nickte.

„Doch, aber das Meiste davon gebe ich meinen Eltern. Wir kommen sonst nicht klar."

„Bitter."

Ruth hob ihre Schultern. Schien aber nicht weiter darauf eingehen zu wollen.

„Kann ich dich was fragen?"

Thao warf ihr einen flüchtigen Blick zu, verkrampft dabei das Lenkrad festhalten.

„Klar."

„Hast du einen Freund?"

Thao wurde verlegen.

„Warum ausgerechnet diese Frage?"

Ruth sah sie verwirrt an.

„Tut mir leid ich ..."

Thao lachte.

„Scheiße, ich weiß jetzt gar nicht wie ich dir antworten soll."

„Wie meinst du das? Ist doch einfach oder nicht?"

Thao schüttelte leicht ihren Kopf, während sie über das Lenkrad hinweg auf die Straße starrte.

„Normaler Weise schon, aber für mich ..."

Ruth versuchte zu raten.

„Dann seid ihr noch dabei euch kennenzulernen?"

Thao schien erleichtert. Im Grunde genommen traf Ruths Vermutung es sogar ziemlich gut.

„Ja. Ist halt noch nicht fest."

„Hast du schon mit ihm geschlafen?"

Thao riss die Augen auf und starrte Ruth erstaunt an. Die zeigte erschrocken auf die Straße, die immer weiter nach rechts auszuwandern schien.

„Pass auf!"

Thao erschrak und riss das Steuer wieder herum, was den Wagen bedenklich zum Schlingern brachte. Doch sie schaffte es, ihn wieder in die Spur zu bekommen.

„Wie kommst du ausgerechnet auf diese Frage?"

Ruth wurde rot.

„Entschuldige, tut mir leid. Sorry."

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