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Wenn das Ende den Anfang löscht

Geschichte Info
Eine Geschichte des Scheiterns.
20.8k Wörter
4.63
38.9k
12
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(1)

Wann man eine heimliche Beschattung in einem Kriminalfilm sieht, dann wirkt das Ganze ziemlich simpel: Ein paar Meter diskreter Abstand, sich möglichst auf der anderen Straßenseite bewegen und die beobachtete Person unter keinen Umständen merken lassen, dass ihr jemand auf den Fersen ist.

Ich habe mir darüber nie den Kopf zerbrochen, zumindest nicht bis heute, jenem Tag, an dem ich auf einer kleinen, griechischen Insel in sengender Hitze über den Basar stolpere und mich wie ein Idiot benehme.

Wenn die Sache nur ein paar Minuten dauert, stellt es tatsächlich kein Problem dar, nicht bemerkt zu werden. Nicht aber wenn es sich über einen längeren Zeitraum zieht. Die Gefahr, dass es auffällt, wenn eine Person immer wieder denselben Weg einschlägt, sich mit ähnlichem Tempo -- stets ein Stück zurückhängend -- durch die menschenüberfüllten Gassen bewegt und stets dann „zufällig" sein Interesse für Waren in einer der unzähligen Touristenfallen entdeckt wenn man das selbst auch tut, ist immens hoch. Noch dazu, wenn diese Person -- so wie ich -- fast zwei Meter groß ist und damit keinesfalls zu den unauffälligen Exemplaren unserer Spezies zählt.

Ich habe immer schon den größten Teil meiner Mitmenschen um mindestens eine Kopflänge überragt. Dieser Umstand macht es im Moment zwar leichter, mein Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Allerdings erscheint es mir fast unmöglich, dass die Drei nicht irgendwann mal auf den langen, schnauzbärtigen Typen aufmerksam werden, der ja auch schon mit ihnen zusammen im Ausflugsbus vom Hotel bis hierher in die Stadt gefahren ist.

„Kann ich ihnen helfen?"

Der Verkäufer in dem Laden ist kein Grieche, sondern trägt einen bunt bestickten Turban. Ich finde es erstaunlich, dass er mich auf Deutsch anspricht, denken viele Menschen doch, ich wäre orientalischer Abstammung wie er. Mein langes, dunkelbraunes Haar, der dichte Schnauzbart und eine sonnengebräunte Hautfarbe erinnern ein wenig an die Figur „Borat" aus dem Film von Sacha Baron Cohen. Ein Vergleich, den ich immer verabscheut habe, ebenso wie meine schlaksige, überlange Figur. Niemand kann die Stunden zählen, die ich - vor allem in meiner Jugend -- vergeblich in Fitnessstudios verbracht habe, um das zu ändern.

„Can I help you?"

Der Mann versucht es jetzt auf Englisch, doch ich schüttle nur stumm den Kopf und hänge die gefälschte Markensonnenbrille wieder auf den Drehständer zurück. Meine ganze Aufmerksamkeit gilt den drei Mädchen, die ein paar Shops weiter einen großformatigen Sonnenhut aus dem Regal genommen haben und untereinander weiterreichen. Sie betrachten sich damit in einem Spiegel, schießen Selfies mit ihren Mobiltelefonen und kichern dabei so laut, dass man es quer über die belebte Straße hören kann. Sie sind sichtlich guter Laune, aufgekratzt und so sehr mit sich selbst beschäftigt, dass es mir tatsächlich möglich war, ihnen seit heute Morgen unentdeckt zu folgen.

Ich wechsle die Straßenseite und halte dort vor einem Laden mit Miniaturen bekannter griechischer Bauwerke. Mit einer winzigen Akropolis in den Händen sehe ich unauffällig dabei zu, wie der Hut schließlich wieder auf seinen ursprünglichen Platz zurückwandert und die Mädchen weitergehen.

Nicht einmal bin ich heute schon mit einer anderen Person kollidiert, habe Entgegenkommende angerempelt und eben erst aus Versehen fast ein ganzes Regal mit Sportschuhen umgeworfen. Zu sehr bin ich auf die Drei konzentriert, zu groß ist meine Angst, sie könnten in einem unbeobachteten Moment in einer der vielen Seitengassen verschwinden und dann unauffindbar bleiben.

Eine von ihnen macht plötzlich auf dem Absatz kehrt, lässt ihre beiden Freundinnen einfach stehen und eilt wieder zurück. Sie nimmt dem Hut aus dem Regal, schiebt ihn über ihr schwarzes, zu einem Pferdeschwanz zusammengebundenem Haar und reicht dem Verkäufer eine Fünf-Euro-Note. Das riesige Ding auf ihrem Kopf mit einer Hand festhaltend stürmt sie wieder zurück und alle zusammen gackern wie eine Horde aufgescheuchter Hühner.

Ich bin unvermittelt stehengeblieben, wische mir ein paar Schweißtropfen von der Stirn und warte geduldig, bis sich der kleine Trupp wieder in Bewegung setzt. Wenn das Mädchen den Hut auf dem Kopf behält, dann bietet der mir wenigsten ein weithin sichtbares Zeichen und die Möglichkeit, diskreteren Abstand zu halten.

Vielleicht sollte ich jetzt auch mal den Umstand aufklären, WARUM ich mich überhaupt hier befinde und die Drei verfolge. Ich bin kein verkappter Perverser, kein Stalker oder Voyeur. Zwei der drei Mädchen kenne ich überhaupt nicht. Bis zum Einchecken im Hotel und einer diskreten Zahlung an den jungen Mann an der Rezeption für ein paar Informationen waren mir nicht einmal ihre Namen bekannt. Sie spielen keinerlei Rolle und sind im Prinzip nichts weiter als Statisten, die sich rein zufällig ins Bild gedrängt haben, weil sie diesen Urlaub zur Feier des abgeschlossenen Abiturs zusammen mit Valentina verbringen.

Das dritte Mädchen hingegen ist das Produkt einer kurzen, aber intensiven Affäre, die nun schon neunzehn Jahre zurückliegt.

Valentina ist meine Tochter!

Bis vor annähernd fünf Jahren hatte ich nicht einmal einen blassen Schimmer von ihrer Existenz. Ein "dummer" Zufall in Form des Wiedersehens mit einer alten gemeinsamen Freundin, die sich - absichtlich oder nicht - verplapperte, stellte von einen Tag auf den anderen mein Leben auf den Kopf. Die Kontaktdaten von Valentinas Mutter waren in Zeiten von Google & Co. schnell herausgefunden und schon am nächsten Tag bestätigte sie mir die ungeheuerliche Tatsache mit in Tränen aufgelösten Stimme: Ich war seit dreizehn Jahren Vater einer Tochter von der ich nichts wusste!

„Toni ich flehe dich an!" heulte sie. „Lassen wir Valentina in dem Glauben, dass ihr Vater noch vor ihrer Geburt gestorben ist. Ich habe dich niemals um einen Cent für das Mädchen gebeten. Du hattest keinerlei Verpflichtungen uns beiden gegenüber. Jetzt die Wahrheit zu hören, würde sie kaputt machen!"

Valentina! Bei diesem Gespräch habe ich ihren Namen erfahren!

„Warum hast du das getan? Warum belügst du dein Kind und hast mir für so lange Zeit ihre Existenz verheimlicht? Denkst du nicht, dass ich ein Recht darauf gehabt hätte? Dass auch Valentina die Wahrheit verdient hat?"

Sie konnte keine befriedigende Antwort darauf geben und blieb bei ihrer verzweifelten Bitte, diese ungeheuerliche Lüge unserer gemeinsamen Tochter gegenüber aufrecht zu erhalten. Natürlich lehnte ich das im ersten Zorn schlichtweg ab. Am liebsten wäre ich damals auf der Stelle losgestürmt, hätte meinem Kind die Wahrheit erzählt und mich ihr vorgestellt.

Und dennoch willigte ich schließlich schweren Herzens ein. In erster Linie aus Rücksichtnahme auf Valentina. Weil ich einem Teenager nicht seine, sich ohnehin schon altersbedingt neu ordnende Welt völlig auf den Kopf stellen wollte. Doch -- um ganz ehrlich zu sein -- bereiteten mir bei genauerer Überlegung auch Dinge wie die plötzlich zu tragende Verantwortung und die vollkommen neuen Rahmenbedingungen reichlich Kopfzerbrechen! Ich war immer ein unabhängiger Mann ohne großartige private Verpflichtungen gewesen. Die Existenz einer Tochter würde genau in jenen Bereichen des Lebens grundlegende Einschnitte mit sich bringen, deren Erhalt mir stets heilig gewesen waren.

Doch es gab Bedingungen: Ihre Mutter musste mich ab sofort laufend mit Informationen versorgen, mir Fotos, Schulzeugnisse übermitteln und in regelmäßigen Telefonaten Einblicke in das Leben meiner Tochter gewähren. So wurde ich - wenn auch auf oft selbstquälerische Weise und nur passiv - die letzten fünf Jahre über ein wenig involviert.

Der Entschluss keimte erst nach einiger Zeit: Nach Valentinas achtzehntem Geburtstag würde ich ihr gegenübertreten und die Wahrheit gestehen!

Natürlich löste diese Ankündigung bei ihrer Mutter erneut wilde Tränen aus, doch diesmal hatte ich mich nicht weichkochen lassen. Einzig die Tatsache, dass meine Tochter eine Woche nach dem Erreichen der Volljährigkeit ihr Abitur ablegen musste, verschob das Datum vom "Tag der Wahrheit" ein wenig.

"Toni!" flehte meine Ex dann auch noch. "Valentina plant nach dem Abschluss der Prüfungen einen Kurzurlaub mit zwei Freundinnen in Griechenland! Vielleicht kannst du mit dem Zusammentreffen bis nachher warten! Du willst ihr doch nicht diese unbeschwerten Tage verderben!"

Abermals willigte ich ein, sehr wohl der Tatsache bewusst, dass ich ihrer Mutter nur mehr eine allerletzte kurze Galgenfrist einräumte, bis sie auch vor Valentina als erbärmliche Lügnerin entlarvt war.

Das erklärt allerdings nicht zur Gänze, warum ich jetzt hier in der Affenhitze inmitten von Touristenscharen stehe und nach einem großen Strohhut Ausschau halte, dessen Trägerin ihn gerade mit beiden Händen festhält, weil ihn ihr die beiden anderen lachend vom Kopf ziehen wollen.

Es war ein spontaner Entschluss ebenfalls hierher zu kommen, im selben Hotel zu buchen wie Valentina mit ihren Freundinnen. Die Infos über diese Reise hatte ihre Mutter nichtsahnend weitergeben und so bot sich mir die scheinbar einmalige Chance, das Mädchen auf diese Art zum ersten Mal mit eigenen Augen zu sehen. Inkognito, geschützt vom Umstand ein für sie völlig Fremder zu sein, wollte ich mein Kind hier von ihrer natürlichen, ganz privaten Seite kennenlernen.

Eine reichlich verrückte Idee, das ist mir ganz klar. Wer mich kennt, der weiß über meinen Hang zu oft unkonventionellen Ideen Bescheid. Nicht zuletzt diese Einfälle, ermöglichten mir in den letzten Jahren beruflichen Erfolg in der Werbebranche und den nötigen finanziellen Polster samt flexibler Zeiteinteilung, der einen solch spontanen Trip erst möglich machte.

Und so stehe ich hier, mit pochendem Herzen, schweißnassem Shirt und ausgedörrtem Gaumen und sehe Valentina und ihren Freundinnen heimlich nach, wie jemand der Böses im Schilde führt.

Die vielen, auf meinem Telefon und Laptop gespeicherten Fotos beweisen, dass sie schon als Kleinkind wirklich hübsch war, mit großen, ein wenig ins Grün gehenden Augen und dem bezauberndsten Lächeln, das man sich vorstellen kann. Ich besitze dank des schlechten Gewissens ihrer Mutter hunderte Bilder, die Valentina von ihren ersten Tagen als Säugling zeigen, bis hin zu den aktuellen Aufnahmen nach dem bestandenen Abitur.

Früher war ihr Haar ganz hell, im Laufe der Jahre scheint es jedoch immer dunkler geworden zu sein. Ich kann nicht beurteilen, ob sie mit künstlicher Farbe nachgeholfen hat, jedenfalls schimmern die gut schulterlangen Locken jetzt in einem schmutzigen, von auffallenden Strähnchen durchzogene Dunkelblond, welches im grellen Tageslicht einen goldenen Glanz zeigt.

Sie hat sich zu einer attraktiven jungen Dame entwickelt, das bestätigt sich mir in jedem einzelnen der Momente, in denen ich dem ausgelassenen Trio heimlich nachspähe. Groß gewachsen, schlank, mit leuchtend bronzefarbener Haut, von der sie -- für meinen väterlichen Geschmack -- viel zu viel sehen lässt. Der enge, weiße Minirock reicht nicht mal bis zur Mitte ihrer Oberschenkel. Das lila Top, ebenfalls reichlich knapp geschnitten, ist bauchfrei. Valentina hat eindeutig die grazile Figur ihrer Mutter mit langen, athletischen Beinen geerbt. Ich weiß, dass sie früher viel Tennis gespielt hat und mit dreizehn sogar in den Landesjugendkader aufgenommen wurde. Erst als ihr der Trainingsaufwand zu viel wurde hat sie den Schläger ins Eck gestellt, aber den regelmäßigen Sport und Freude an der Bewegung kann man ihr noch immer ansehen. Und natürlich trägt der Segen der Jugend das Seine dazu bei, sie so schlank und attraktiv aussehen zu lassen.

Nahezu gleichzeitig mit der emotionalen Sensation, sie gestern Abend in der Hotellobby zum allerersten Mal in Natura zu sehen, kam die ernüchternde Erkenntnis, dass ich nicht der einzige Mann bin, der Valentina mit gewisser Begehrlichkeit ansieht. Nur dass meine Geschlechtsgenossen weit andere Gründe dazu bewegen als mich!

Meine Tochter ist erwachsen - darauf habe ich schließlich lange genug gewartet - und nur wenige Monate jünger als ihre Mutter war, als ich sie geschwängert habe. Alles andere als männliches Interesse an ihr - und wohl auch umgekehrt - wäre unnatürlich. Und dennoch versetzt es mir jedes Mal einen Stich, wenn einer der Männer, egal ob Tourist oder Verkäufer, eindeutige Blicke auf Valentinas Beine wirft oder recht unverschämt die Kurven unter ihrem engen Top studiert.

Die drei Mädchen biegen jetzt nach links ab und ich registriere missmutig eine Gruppe von Typen in ausgeleierten Jeans und Baseballmützen, die ihnen hinterherstarren.

Langsam folge ich dem Trio, bleibe vor einem Laden mit bunten Seidentüchern stehen und kann das Gekicher der drei Mädchen bis hierher hören.

Die Schwarzhaarige hat den Hut inzwischen wieder zurückerobert und probiert dazu jetzt eine große Sonnenbrille, die ihr halbes Gesicht bedeckt.

"Komm schon ..... Foto mit sexy Pose!" höre ich Valentinas Stimme amüsiert quietschen und erkenne das allgegenwärtige Mobiltelefon in ihrer Hand.

Ihre Freundin steckt lasziv einen Zeigefinger zwischen die roten Lippen, neigt den Oberkörper ein wenig vorwärts, drückt Hüften und Hintern heraus und stemmt die freie Hand in die Taille. Sie trägt äußerst knappe und enge Pants aus Jeansstoff und während sie sich kichernd fotografieren lässt, kleben männliche Blicke auf ihr, die am liebsten das wenige Textil auch noch ausziehen würden.

Die Drei geizen allesamt nicht mit ihren Reizen. Welche üppigen Formen das schulterfreie Shirt der Schwarzhaarigen füllen, kann ich trotz der sicheren Entfernung deutlich erkennen.

Doch plötzlich muss ich zu meinem Schreck erkennen, dass die Distanz gar nicht mehr so groß ist. In Gedanken verloren und wahrscheinlich ablenkt von der in ihrem knappen Sommeroutfit kaum verhüllten Weiblichkeit bin ich einfach weitergegangen und bis auf wenige Meter an die Mädchen herangekommen.

Prompt dreht Valentina den Kopf in meine Richtung und nickt mir freundlich zu.

"Kennst du den Kerl?" fragt die dritte im Bunde, eine groß gewachsene, hellhäutige Blondine mit strahlend blauen Augen und der kühlen Ausstrahlung einer Frau, die sich ihrer Attraktivität bewusst ist.

Auch ihr Style würde besser an den Strand passen als in eine Einkaufsstraße.

Himmel, ich bin so nahe, dass ich diese Worte verstehen kann!

"Der Herr ist heute Morgen mit uns im Bus gefahren!" antwortet meine Tochter. "Ich glaube er wohnt auch in unserem Hotel!"

Ich erstarre zur Salzsäure, bin unfähig wenigstens mit einer Geste zurückzugrüßen - was mir wohl als ziemlich unhöflich ausgelegt werden wird - und stehe jetzt bewegungslos inmitten der unbefahrenen Gasse, von Touristenströmen umspült wie ein langer Brückenpfeiler in einem Fluss.

"Ja, sehr angenehm ..... ja, ich bin auch im Casa Kensho!" stottere ich schließlich.

Valentinas Begleiterinnen grinsen sichtlich amüsiert über meine Verlegenheit, während sie mir erneut freundlich zulächelt. Habe ich den begehrlich grinsend Jungs nicht eben noch bösartige Blicke zugeworfen? Und jetzt wirft der Anblick von zwei blassen, scheinbar endlos langen Beinen einer Blondine und der üppige Vorbau einer Dunkelhaarigen meinen ganzen Plan über den Haufen!

Jede Chance auf eine weitere Verfolgung ohne aufzufallen ist nun dahin! Ich gehe einfach weiter, lasse das Trio hinter mir und biege bei der nächsten Möglichkeit wieder ab.

Frustriert und verärgert über die eigene Achtlosigkeit setze ich mich an einen freien Tisch in einem der zahlreichen Cafés. Da kommt mir erstmals in den Sinn, welch dämlicher Einfall diese Reise doch gewesen ist. Logisch betrachtet war doch von Vornhinein unmöglich, Valentina nicht irgendwann einmal aufzufallen, wenn wir eine ganze Woche im selben Hotel verbringen würden!

Was für eine Schnappsidee!

Was soll ich dann bitte nach unserer Rückkehr in die Heimat tun? Mich als ihr achtzehn Jahre lang totgeglaubter Vater vorstellen und dann gleich hinzufügen:

"Du kannst dich bestimmt an mich erinnern! Ich habe dich in deinem Urlaub gestalkt!"

(2)

Gott sei Dank ist der Bus klimatisiert. Ich sitze alleine in der letzten Reihe und genieße den kühlen Luftstrom aus den Auslässen über meinem Kopf. Draußen ist es unmenschlich heiß und bei der Warterei am Ano Mera Platz hatte ich das Gefühl in der Sonne gegrillt zu werden. Außer mir und dem Trio - das es übrigens gerade noch rechtzeitig zur Abfahrt geschafft hat - ist gerade mal eine Handvoll anderer Fahrgäste zugestiegen, die den Bus jetzt bei einem Hotel nach dem anderen wieder verlassen. Wir sind inzwischen an der kurvigen Küstenstraße angekommen und unter uns funkelt das tiefblaue Meer wie ein mit Edelsteinen überzogener Teppich.

Die Mädchen waren beladen mit übergroßen Einkaufstaschen - offenbar alles Errungenschaften der letzten Stunde, in der ich sie aus den Augen verloren habe. Sie sitzen nur ein paar Reihen weiter und schenken mir keinerlei Beachtung. Meine Hoffnung, ein paar Gespräche zu belauschen, ist bald enttäuscht worden. Jede der drei tippt wortlos auf ihrem Handy herum, nur ab und zu stecken sie die Köpfe zusammen und tuscheln ein paar für mich akustisch unverständliche Worte, denen stets helles Kichern folgt.

Ich fühle mich ausgelaugt und müde und bin froh, als wir endlich unser Hotel erreicht haben.

Ab auf das Zimmer und eine erfrischende Dusche nehmen, das ist das einzige, woran ich im Moment denken kann. Die Hotellobby wirkt um diese Zeit wie ausgestorben, wohl weil jetzt fast alle Gäste unten am Strand sind. Da das Zimmer der drei Mädchen in einem anderen Trakt liegt als das meine, sehe ich nur ihren hübschen, in unterschiedlichen Hauttönen schimmernden Beinen nach, als - wieder einmal heiter kichernd - in den Lift auf der anderen Seite der Halle steigen.

Fünfzehn Minuten später liege ich frisch geduscht und nur mit einem Badetuch um die Hüften auf dem Bett und betrachte auf meinem Handy ein Foto von Valentina, auf dem sie ungefähr zehn Jahre alt ist.

Wie sehr hat sich das Mädchen seither doch verändert! Ich blicke auf ihr damals noch kindlich gerundetes Gesicht, in dem ich stets nach Ähnlichkeiten mit mir gesucht habe. Und dann vergleiche ich es mit dem Anblick von heute, mit dem Erscheinungsbild der jungen Frau in dem so verdammt kurzen, weißen Jeansrock und einem Top, das beinahe mehr verrät als es verheimlicht.

Wie sehr hasse ich ihre Mutter doch dafür, mir die Jahre ihrer Kindheit gestohlen zu haben, alle die Zeit, in der Valentina noch ein unschuldiges Mädchen war, der niemand auf den Busen geglotzt hat!

Ich ziehe eine Bermudahose an, streife ein T-Shirt über und mache mich auf den Weg. Ein kleiner Rundgang im Hotel, vielleicht ein paar Schritte zum Strand spazieren. Ich bin kein Mensch, der gerne stundenlang in der Sonne brät, aber vielleicht begegne ich ja irgendwo den Mädchen. Hier im Hotel ist trotz der Größe der Anlage ein regelmäßiges Aufeinandertreffen nicht allzu auffällig. Und gerade jetzt, wo ich Valentina bereits aufgefallen bin, kann ich das Beste daraus machen und mich -- mit der nötigen Portion Vorsicht -- unauffällig in ihrer Nähe aufhalten. Kein Versteckspiel mehr! Die Entscheidung wie ich mich bei unserem Aufeinandertreffen nach der Rückkehr erklären soll, verschiebe ich erst mal auf später!

Vom klimatisierten Innenraum des Hotels ins Freie zu treten, fühlt sich im ersten Moment an wie ein Faustschlag. Die Hitze ist mörderisch und selbst die beiden, an der Rückseite des Hauses gelegenen Bars sind - trotz schattenspendender Sonnensegel - kaum frequentiert. Ich schlendere langsam vorbei, die Aufmerksamkeit auf den ein Stück weiter unterhalb befindlichen Strand, mit seinen Sonnenschirmen und schreienden Kindern, gerichtet.

Am Rückweg werde ich mir hier ein kühles Bier abholen, denke ich ..... und dann sehe ich den überdimensionalen Sonnenhut.

"Hey du!"

Die schwarzhaarige Freundin Valentinas dreht den Kopf in meine Richtung und lächelt mich freundlich an. "Wie hat es dir heute Vormittag in der Stadt gefallen?"