Dunkler Abgrund Ch. 15

Sie würde nur die Stirn runzeln und alles verdrängen, bis sie bereit war, sich damit auseinander zu setzen. Irgendwann. Wahrscheinlich nie.

Ja, jeden Moment würde sich alles ändern und alles würde gut werden.

Eine Träne lief ihm über das Gesicht, während die Zeit verstich und nichts passierte. Nichts. Sie regte sich nicht, reagierte nicht. Eine weitere Träne tropfte auf den wunderschönen Kranz ihrer Wimpern, die sich nicht hoben. Vor seinen Augen flackerten Sternchen wegen des Blutverlustes. Er machte trotzdem weiter. Gab ihr Blut, massierte, öffnete sein Handgelenk, gab ihr Blut... Immer wieder wischte er ihr seidige, weißblonde Haarsträhnen aus dem schönen Gesicht, die die Meeresbrise herumwirbelte. Sie konnte nicht tot sein. Das Schicksal konnte nicht so grausam sein. Jeden Moment.

„Kämpfe, mein Engel. Ich kann doch nicht ohne dich", schluchzte er hart, ohne eine Pause einzulegen. Doch sie regte sich nicht. Etwas zerbrach in ihm und füllte ihn mit brennendem, leerem, eiskaltem Schmerz, als sie einfach in seinen Armen blieb ohne ein Anzeichen von sich zu geben, dass sie wieder leben würde. Kälte fror seine Adern ein und zerriss ihn innerlich in Stücke, während nichts diese verzweifelte Leere füllen wollte. Die Tränen flossen jetzt unaufhaltsam, während er immer wieder ihren Namen mit gebrochener, heiserer Stimme raunte. Doch sie antwortete nicht. Schließlich beugte er sich steif über sie, drückte sein Gesicht an ihren seidigen Nacken und fragte sich, ob er nicht einfach hierbleiben sollte. Bis zum Sonnenaufgang, um zu sterben, während er den einzigen Menschen, das einzige Wesen, das er jemals geliebt hatte, in seinen Armen hielt. Einem Wesen, dessen Liebe er niemals ausgesprochen hatte. Und niemals die Chance dazu bekommen würde.

Denn es sollte nicht alles gut werden.

Grace war tot.

*

Fortsetzung folgt.