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Argonauta Kapitel 12-22

Geschichte Info
Julia erlebt Down Under das Abenteuer ihres Lebens.
25.7k Wörter
4.78
3k
0

Teil 4 der 4 teiligen Serie

Aktualisiert 06/15/2023
Erstellt 02/06/2019
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Hallo ihr Lieben,

viel zu lange hat es gedauert. Einige von euch hatten inzwischen wohl auch geglaubt, dass ich die Geschichte nicht weiterführen würde. Nun kann ich euch aber beruhigen und verkünden, dass ich es endlich geschafft habe, die nächsten Kapitel online zu stellen. Die lagen eigentlich schon längst „fertig" auf meinem Rechner. Sie warteten nur noch auf eine finale Drübersicht, aber mir fehlte dazu einfach die Zeit. Ich hoffe trotzdem, dass ihr an der Fortsetzung Spaß habt und sie ebenso spannend finden werdet wie ich beim Schreiben. Erotik dürft ihr diesmal aber nur am Rande erwarten.

Hier gelangt ihr zu den bereits veröffentlichten Kapiteln:

Argonauta Kapitel 01-02

Argonauta Kapitel 03-07

Argonauta Kapitel 08-11

Und nun ganz viel Spaß beim Lesen und liebe Grüße! Hinterlasst bitte fleißig Kommentare und Meinungen!

Kapitel 12: Spurensuche

Mit einem mulmigen Gefühl klopfte Constable Annie Blackthorne an die Tür ihres Chefs, Superintendent Harold J. McCallum. Sie hatte keine Ahnung, ob sie sich mit ihrem Vorhaben zu weit aus dem Fenster lehnte.

„Herein!", knurrte die mürrische Bassstimme ihres Chefs durch die Tür.

Am Abend zuvor hatte sie, wie versprochen, nach Dienstschluss der aufgelösten Lydia Singer einen kurzen Besuch abgestattet, um eine Vermisstenanzeige aufzunehmen. Die Frau hatte aufrichtig besorgt geklungen und Annies Bauchgefühl sagte ihr, dass die Sorgen der Dame berechtigt waren. Nach allem, was Lydia Singer erzählt hatte, schien ihr Mann ein zuverlässiger Mensch zu sein, dem es überhaupt nicht ähnlich sah einfach so zu verschwinden. Zwar hatte Annie bislang keine Anhaltspunkte dafür, die darauf hindeuteten, dass es tatsächlich ein Verbrechen gegeben hatte. Trotzdem fand sie, dass man die Sache untersuchen sollte. Nein, das stimmte nicht ganz. Sie fand, dass sie die Sache untersuchen sollte. Wenn sie ihre Arbeit gut machte, würde es ihrer Karriere sicher nicht zum Nachteil werden. Gerade jetzt, da die Beförderung zum Senior Constable in greifbarer Nähe lag.

Im Kopf ging sie noch einmal alle Argumente durch, mit denen sie ihren Chef davon überzeugen wollte, dass es eine gute Idee wäre, sie mit dem Fall ganz offiziell zu betrauen. Noch einmal holte sie tief Luft.

Also gut, jetzt oder nie.

Zögernd zog Annie die Tür auf.

Superintendent McCallum saß an seinem Schreibtisch und war mit dem üblichen Schreibkram beschäftigt. Als Annie in sein Büro eintrat, sah er nicht einmal von seinen Unterlagen hoch. Er war ein groß gewachsener Mann Ende fünfzig und leitete das 23. Revier seit acht Jahren. Seit er seinen Dienst am Schreibtisch verrichtete, spannte seine Uniform ein wenig. Er hatte sein schütteres Haar streng zur Seite gekämmt, konnte aber trotzdem nicht verbergen, dass seine Glatze sich unaufhaltsam immer weiter ausbreitete. Ein dichter, akkurat gestutzter Tom-Selleck-Gedächtnisbart zierte seine schmalen, spröden Lippen. Seine Gesichtszüge waren kantig und hart. Ein Eindruck, der durch eine eckige Lesebrille, die auf seiner riesigen Adlernase ruhte, noch verstärkt wurde.

Mit McCallum möchte ich niemals in einem Verhör sein, schoss es Annie durch den Kopf und auf einmal kam ihr ihre Idee überhaupt nicht mehr gut vor.

Annie räusperte sich.

„Sir?", fragte sie vorsichtig. Sie hatte bislang noch nicht oft ein Anliegen bei ihrem Revierleiter vorgetragen, schließlich stand sie als einfacher Constable in der Hackordnung ganz unten, wenngleich sie seit fünf Jahren ausgezeichnete Arbeit verrichtete. Schade nur, dass bislang niemand davon Notiz genommen hat.

„Constable Blackthorne, fassen Sie sich kurz, ich bin beschäftigt. Der Comissioner erwartet von mir den Quartalsbericht."

„Ja, Sir, natürlich. Es dauert nicht lange, Sir."

„Dann mal raus mit der Sprache, Constable."

„Sir, ich hatte gestern kurz vor Dienstschluss einen Anruf wegen einer Vermisstenmeldung. Lydia Singer, achtundfünfzig, wollte ihren Mann, Donald Singer, sechzig, vermisst melden. Singer ist Professor für Kunstgeschichte an der UQ und war nach Aussage seiner Frau am Vormittag in seinem Büro in der Universität, um Klausuren zu korrigieren."

„An einem Sonntag?", entgegnete McCallum gedehnt.

„Seine Frau meint, das wäre nicht ungewöhnlich für ihren Mann. Am Sonntag sei's im Institut besonders ruhig und er könne daher konzentrierter arbeiten."

„Aha. Weiter?"

„Mrs Singer meinte, sie habe gegen halb zwölf noch mit ihrem Mann am Telefon gesprochen. Er sei dann aber nicht, wie vereinbart, zum Mittagessen zu Hause erschienen. Lucie, ihre Tochter ist aus Sydney zu Besuch. Wollte wohl ihren Eltern ihren Verlobten vorstellen."

McCallum warf einen flüchtigen Blick auf eine goldene Armbanduhr. 07:46 Uhr. „Das sind noch keine vierundzwanzig Stunden, Constable."

„Das ist mir bewusst, Sir. Darauf habe ich Mrs Singer auch hingewiesen. Sie hat mir aber glaubhaft erklärt, dass es nicht die Art ihres Mannes sei, nicht nach Hause zu kommen."

„Constable, es kann unzählige Gründe dafür geben, warum der Mann nicht nach Hause gekommen ist. Vielleicht hat er unterwegs in einer Bar angehalten und sich die Kante gegeben. Oder er ist irgendwo in einem Krankenhaus eingeliefert worden."

„Das hat seine Frau schon überprüft. Sie hat in jedem Krankenhaus der Stadt angerufen. Ein Mann, der auf Singers Beschreibung passt, wurde nirgends eingeliefert."

Der Superintendent gähnte. Gelangweilt sagte er: „Nun, die Sache ist klar. Wir können frühestens nach vierundzwanzig Stunden in Vermisstenfällen aktiv werden. Legen Sie die Akte ins Fach. Wir warten ab und wenn er bis heute nicht wieder aufgetaucht ist, können wir immer noch aktiv werden."

Annie hielt einen Augenblick inne, ehe sie zögerlich fortfuhr: „Sir, ehrlich gesagt fand ich, dass ich der Sache besser gleich nachgehen sollte. Also bin ich nach Dienstschluss zu Mrs Singer gefahren und habe bereits eine Vermisstenanzeige aufgenommen."

„Sie haben was?", polterte McCallum. Erstmals sah er zu Annie auf und stierte sie mit wutschnaubendem Blick an. Die Spitzen seines Schnäuzers bebten. „Haben Sie eine Ahnung, was es uns kosten kann, wenn der Kerl wieder auftaucht? Die Verwaltungsarbeit, das Personal dafür - dies alles muss bezahlt werden. Der Comissioner war mit dem letzten Quartalsbericht schon sehr unzufrieden und drängt auf tiefgreifende Sparmaßnahmen und nun erzählen Sie mir, Sie hätten einen Vermisstenfall untersucht, der wahrscheinlich gar keiner ist. Was denken Sie sich dabei?"

„Ich habe es in meiner Freizeit getan, Sir", verteidigte sie sich.

„Ich erwarte von meinen Leuten, dass sie sich in ihrer Freizeit ausruhen, damit sie am nächsten Tag wieder pünktlich zum Dienst erscheinen können und nicht, dass sie Detektiv spielen", schimpfte er.

„Es wird nicht mehr vorkommen", sagte Annie und sie fand, dass es beinahe eine Spur zu demütig klang. Hastig fügte sie hinzu: „Sir, ich finde trotzdem, dass man dem Fall nachgehen sollte."

„Die Kriminalabteilung ist ohnehin schon mit dem Douglas-Fall vollkommen überlastet. Die Presse ruft ständig bei mir an und fragt, ob die Banker in Queensland noch sicher sind. Obwohl der Täter eine riesengroße Sauerei hinterlassen hat, gibt es bislang keine Spuren, die auf den Täter schließen lassen könnten. Keine Zeugenberichte, keine Fingerabdrücke, keine Videoaufzeichnungen, nichts. Die Jungs in der Kripo arbeiten jetzt schon am Limit und nun soll ich ihnen auch noch einen Vermisstenfall aufs Auge drücken, der möglicherweise gar keiner ist?"

Annie sagte: „Sir, ich hatte eigentlich gehofft, dass ich den Fall übernehmen könnte."

„Sie?", fragte McCallum mit einer Mischung aus Überraschung und Verachtung.

„Nun, Sie haben doch selbst gesagt, dass die Kriminalabteilung mit dem Douglas-Fall mehr als genug zu tun hat. Da dachte ich, ich könnte denen ein bisschen Ermittlungsarbeit abnehmen."

„Sie haben doch mit Ermittlungsarbeit überhaupt keine Erfahrung", sagte McCallum und jedes einzelne Wort klang wie ein einzelner Schuss aus einem Maschinengewehr.

Damit hatte McCallum leider recht. Annie war nun seit fünf Jahren Polizistin. Bislang hatte sie aber nur gewöhnlichen Streifendienst verrichtet und den Telefondienst übernommen. Sie machte ihre Sache gut, aber mit echter Ermittlungsarbeit hatte das nichts zu tun. Allerdings hatte man ihr bislang auch nie die Chance gegeben, sich zu beweisen.

„An der Akademie hatte ich nur Bestnoten, Sir", warf sie ein.

„Das ist die Theorie, nicht die Praxis."

„Bei allem nötigen Respekt, Sir, wie soll ich praktische Erfahrung sammeln, wenn niemand mich lässt? Ich bin seit fünf Jahren in Ihrem Revier und habe hervorragende Arbeit geleistet. Trotzdem hat man mich bislang nie mehr tun lassen, als die Telefonauskunft spielen zu dürfen und gelegentlich einen harmlosen Teenie verhaften zu dürfen, der im Supermarkt einen Lippenstift geklaut hat", sagte Annie energisch.

McCallum schwieg eine ganze Weile. Hatte sie sich mit ihrem Vorschlag zu weit aus dem Fenster gelehnt?

Scheiße, dachte sie, ich konnte mal wieder meine viel zu große Klappe nicht halten.

Schweigen. Dann schließlich sagte McCallum ruhig: „Ihre Beförderung steht kurz bevor, richtig?"

„Ja, das ist korrekt." Der Kloß in ihrem Hals wurde immer größer.

„Ein Fall wie dieser könnte Ihre Beförderung merklich beschleunigen und Ihnen möglicherweise die eine oder andere Tür aufstoßen."

„Auch das ist richtig, Sir."

Komm schon, dachte sie, worauf willst du hinaus?

„Andererseits, wenn Ihnen der Fall um die Ohren fliegt, werden Sie ihre Karriere vergessen können. Das ist Ihnen doch klar?"

„Ja, auch das ist mir bewusst."

„Also gut", sagte McCallum endlich die erlösenden Worte. „Gehen Sie der Sache nach, Constable Blackthorne."

„Danke, Sir. Ich ... weiß das sehr zu schätzen."

„Ja ja, ist schon gut. Und jetzt los, verschwinden Sie und gehen Sie mir gefälligst nicht mehr auf die Nerven."

Überglücklich sagte Annie: „Natürlich, Sir. Ich werde sofort loslegen. Sie können sich auf mich verlassen."

Als Annie sich zum Gehen umdrehte, sagte McCallum: „Ach, eine Sache noch, Blackthorne."

„Ja, Sir?"

„Wenn sich herausstellen sollte, dass Ihr Verdacht unbegründet war, werde ich mich nicht schützend vor Sie stellen. Das ist Ihr Fall ganz allein. Nur Sie werden die Verantwortung dafür übernehmen. Wenn Sie damit auf die Nase fallen, dann gehe ich nicht mit Ihnen unter."

Ein eisiger Schauer lief ihr über den Rücken. „Ja, natürlich, Sir."

Eindringlich sah Superintendent McCallum sie an. „Versauen Sie's nicht, Constable. Es wäre doch schade, wenn Ihre Karriere bei der Polizei schon vorbei wäre, ehe sie richtig begonnen hat."

Kapitel 13: Waffenstillstand

Zartes Morgenrot fiel durch das Bullauge und weckte Julia am nächsten Tag in aller Frühe. Noch etwas benommen streckte sie all ihre Glieder und entließ ein langgedehntes Gähnen aus ihrer Kehle. Schon lange nicht mehr hatte sie so erholsam geschlafen wie in dieser Nacht. Allmählich begann ihr noch träges Hirn seine Arbeit aufzunehmen.

Mensch, hatte ich heute einen merkwürdigen Traum, dachte Julia noch etwas benommen. Habe ich doch tatsächlich geträumt, mit meiner Zimmergenossin verdammt heißen und sinnlichen lesbischen Sex gehabt zu haben.

Ein sehr anregender Traum musste es gewesen sein, denn offenbar hatte er dazu geführt, dass sie so ausgeruht wie seit Ewigkeiten nicht mehr war. Sie fühlte sich glatt, als könnte sie Bäume ausreißen, was angesichts der Tatsache, dass im Augenblick um sie herum nichts als weiter Ozean war, eine echte Herausforderung gewesen wäre.

Neben ihr bewegte sich leise raschelnd die Bettdecke. Ein sanftes Beben durchfuhr das Bett und dann schob sich unter der Decke der brünette Wuschelkopf Melinas hervor. Noch etwas schlaftrunken japste die junge Ornithologin, räkelte sich und schlug dann die Decke beiseite. Genau wie Julia war sie nackt und langsam kehrten die Erinnerungen der vergangenen Nacht in Julias Bewusstsein zurück.

Oh mein Gott, dachte sie, es war gar kein Traum gewesen. Wir haben wirklich miteinander geschlafen. Ich fass' es nicht.

„Guten Morgen", flüsterte die hübsche Griechin glückselig und erhob sich, um Julia einen sanften Kuss zu geben. Als sich ihre Lippen wieder voneinander trennten, fragte sie: „Hast du gut geschlafen?"

„Dir auch einen guten Morgen, ja das habe ich. Wie ein Stein", antwortete Julia wahrheitsgetreu.

Melina robbte auf Julia und blickte ihre rothaarige Zimmergenossin erwartungsvoll an. Sie küsste Julia stürmisch und schon bald waren die Hände der beiden Mädchen dabei, den Körper der jeweils anderen stürmisch zu entdecken, während sie heftig miteinander knutschten. Ihre Finger fanden die Nässe ihrer Schöße und drangen schmatzend in die warme und weiche Feuchtigkeit ein. Sie fingerten sich leidenschaftlich gegenseitig und es dauerte nicht lange, bis ihre Körper nahezu zeitgleich von einer wohligen Eruption durchgeschüttelt wurden.

„Wow, das war schön", keuchte Melina, nachdem sie wieder von Julia heruntergerutscht war.

Julia schaute Melina in das zufriedene Gesicht und lächelte. „Ja, das war es wirklich."

„Von mir aus kann jeder Morgen so beginnen", sagte Melina freundlich und sehnsuchtsvoll.

Julia schaute Melina fragend an. Instinktiv wich sie ein Stück zurück, brachte eine Körperbreite Abstand zwischen sich und die dunkelhaarige Griechin. Sie fragte sich, welche Absichten die Ornithologin wohl hegen mochte. Hatte sich Melina etwa in sie verliebt?

So sehr Julia die vergangene Nacht auch genossen hatte und weiteren sexuellen Abenteuern mit ihrer Freundin gegenüber nicht abgeneigt wäre, wusste sie auch, dass sie Frauen nur auf einer sexuellen Ebene gern hatte. Wenn Melina sich wirklich in sie verliebt hätte, würde sie diese Gefühle nie erwidern und dann würde die Sache nur kompliziert werden.

„Ich ... geh dann mal duschen", sagte Julia tonlos und erhob sich, um den Kulturbeutel und ein großes Handtuch zu suchen, die noch in ihrer bisher noch nicht ausgepackten Reisetasche lagen.

„Ist was?", fragte Melina, der nicht entgangen war, dass Julia plötzlich ausweichend reagierte.

Einen Augenblick lang zögerte Julia. Sie wollte ihre Freundin auf keinen Fall vor den Kopf stoßen und suchte nach den richtigen Worten. Dann sagte sie nachdenklich: „Das mit uns ... also ... du machst dir doch keine Hoffnungen, oder?"

„Keine Sorge", kicherte Melina, „ich fand's mit dir ganz wundervoll und hätte nichts dagegen, wenn wir es als eine wirklich gute Freundschaft mit gewissen Extras noch öfter erleben könnten. Aber die vergangene Nacht mit dir war rein körperlich. Ich stehe auf Frauen, keine Frage. Sehr sogar, aber eben nur auf ihre Körper und den Sex mit ihnen. Verlieben kann ich mich nur in Männer."

„Gut", atmete Julia erleichtert auf. „Mir geht es nämlich genauso", fügte sie hinzu, froh darüber, durch das gemeinsame Ereignis nicht die Freundschaft der beiden gefährdet zu haben.

„Das merkt man. Dein Herz gehört nämlich schon jemandem", sagte Melina altklug.

„Ach ja? Dann weißt du aber mehr als ich!", sagte Julia belustigt.

„Na komm schon, mir kannst du nichts vormachen. Du und unser sexy Fotograf Florian, du bist ganz schön in ihn verknallt, stimmt's?"

„Ähm ... nein!", sagte Julia pikiert und verschränkte bestimmt ihre Arme vor der Brust. „Ganz bestimmt nicht. Florian ist definitiv der letzte Kerl auf Erden, der mich interessieren könnte. Und ich glaube, ihr habt alle gestern mehr als genug mitbekommen, dass wir wie Hund und Katz' sind."

„Na und? Gegensätze ziehen sich bekanntlich an."

„Aber nicht, wenn sie so konträr zueinander sind. Glaube mir, zwischen ihm und mir gibt es absolut keine Schnittmenge."

„Das verstehe ich nicht. Ihr habt nichts miteinander gemeinsam und trotzdem schlaft ihr miteinander?", fragte Melina interessiert.

„Was? Wie kommst du denn darauf?", fragte Julia erschüttert.

„Florian hat es mir erzählt", antwortete Melina. „Beim Abendessen."

„Er hat was getan?", entgegnete Julia entrüstet. „Er hatte nicht das Recht dazu, dir davon zu erzählen. Das geht nur ihn und mich etwas an!"

Ein breites Lächeln stahl sich auf Melinas Gesicht und Julia begriff. Sie hatte sich vollkommen auf das Glatteis führen lassen. „Florian hat dir gar nichts erzählt, stimmt's?"

„Ja. Du bist gerade dem ältesten aller Tricks aufgesessen. Florian hat mir gar nichts gesagt. Aber ich liege mit meiner Vermutung richtig, oder? Ihr habt Sex miteinander?"

„Also gut", antwortete Julia resigniert, „das bleibt aber unter uns, ja?"

„Von mir erfährt niemand ein Sterbenswörtchen, Ehrenwort."

„Wir hatten einmal einen One Night Stand miteinander. Und dabei wird es auch bleiben", sagte Julia entschieden.

„War es etwa so schlimm?", fragte Melina neugierig.

„Eigentlich nicht. Es war sogar sehr schön."

„Was ist dann das Problem?"

„Als ich am nächsten Morgen realisiert habe, worauf ich mich eingelassen hatte, habe ich Panik gekriegt und bin geflüchtet. Ich weiß, nicht gerade sehr erwachsen von mir, aber ich hatte angenommen, dass ich ihn sowieso nie wieder sehen würde."

„Aber ihr habt euch wieder getroffen?"

Julia nickte stumm. „Ein paar Tage später, im Koala Sanctuary. Dabei haben wir uns ziemlich heftig gestritten. Er hat mir vorgeworfen, ich hätte einen Freund und ihn nur für einen billigen Seitensprung benutzt und mich eine ‚billige Schlampe' genannt."

„Oh je, das ist echt gemein und unsensibel von ihm gewesen", antwortete Melina mitfühlend. „Kein Wunder, dass er für dich wie ein rotes Tuch ist."

Auf einmal fühlte Julia sich wieder elend. Wut und Verzweiflung stiegen in ihr hoch. Und dann das ekelerregende Gefühl von Selbsthass. Schamvoll sagte sie: „Das Schlimme ist, dass er mit seiner Vermutung irgendwie nicht ganz unrecht hat."

„Wie jetzt?", fragte Melina, „sag jetzt nicht, dass du wirklich einen Freund hast!"

„Nein", antwortete Julia. Sie begann zu weinen.

„Es ist ... nicht so einfach zu erklären", schluchzte sie. Und dann sprudelte es geradezu aus ihr heraus. All der Ballast der Vergangenheit brach sich urplötzlich Bahn wie ein kochender Geysir.

„Vor fünf Jahren hatte ich einen Freund, Tom. Er war einfach die Liebe meines Lebens. Mit keinem anderen war ich je so glücklich wie mit ihm. Und dann ist es passiert. Tom war gerade von einem Juwelier gekommen, um den hier abzuholen", sagte Julia und unterbrach kurz ihren Monolog. Sie strich liebevoll über einen Ring an ihrem linken Ringfinger. Es war ein goldener Ring, in den ein honiggelber Bernstein eingefasst war. „Es sollte unser Verlobungsring werden. Tom wollte mich an diesem Tag fragen, ob ich seine Frau werden möchte."

Julia hielt inne. Es fiel ihr schwer, zu sprechen.

„Was ist dann passiert?", fragte Melina, die allmählich ein ungutes Gefühl beschlich, dass die Geschichte kein Happy End hatte.

„Er muss wohl in Gedanken versunken gewesen sein", sagte Julia mit brüchiger Stimme. Immer wieder wurde ihr Redefluss von Tränen unterbrochen, die sich ihre Bahn brachen. „Eine ... eine Straßenbahn hat ihn angefahren. Er kam sofort ins Krankenhaus, aber die Ärzte konnten nichts mehr für ihn tun. Tom ist an diesem Tag gestorben und mit ihm ein Teil von mir."

„Das ist ja schrecklich", sagte Melina mitfühlend. Ihre Stimme war ganz belegt. Sie hatte das Gefühl, dass Julia eine innige Umarmung nun ganz dringend gebrauchen konnte. „Es tut mir wirklich sehr leid, was dir passiert ist."

„Danach habe ich mich nur noch auf mein Studium konzentriert. Nachdem ich meinen Abschluss in der Tasche hatte, habe ich beschlossen, all den Scheiß der Vergangenheit hinter mir zu lassen und so weit wie nur möglich fort zu gehen. Da kam mir das Angebot von David gerade recht. Ich dachte, hier würde mich meine Vergangenheit nicht einholen können und ich hätte eine echte Chance auf einen Neuanfang. Aber da habe ich mich wohl geirrt."

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