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Das Refugium - Kapitel 004

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In dem Moment wechselte der Probealarm auch schon vom äußeren zum inneren Alarm. Die Controller färbten sich leuchtend orange, und sowohl die Vibration als auch der Alarmton wurden wesentlich stärker und lauter.

„Da ist er schon. Er besagt, dass irgend etwas die innere 1km Zone erreicht und meine Grenzmarkeriung ignoriert hat. Ich nehme das sehr persönlich. Das ist der Punkt wo normalerweise die automatische Stationsverteidigung eingreift und jede potenzielle Gefahr ausschaltet. Was immer sich jetzt unautorisiert in der 1km Zone befindet wird von den Stationsgeschützen gnadenlos zersiebt."

„Mehr als orangen Alarm hatten wir noch nie", erzählte Manfred, „aber es gibt noch einen höheren Level."

Die Controller wechselten zu einem leuchtenden Rot, mit durchdringendem Alarmton und einer Vibration, dass der Controller auf einer Tischplatte zu wandern beginnen würde. Selbst Lisa zuckte auf ihrer Couch zusammen und kam nicht umhin, sich dem Alarm zu widmen.

„Das ist ein Stationsalarm. Er wird ausgelöst, wenn sich die Bedrohung bereits im Inneren der Station verbreitet. Würde er anspringen, würdet ihr euch unverzüglich zum nächsten Schutzraum begeben und dort auf mich warten. Euer Controller zeigt euch, wo es lang geht. Ich kann die Position eurer Controller jederzeit orten und würde mich zu euch durchschlagen".

„Nachdem ich auf dem schnellsten Weg zur Waffenkammer gelaufen wäre und mir dort ordentlich Feuerkraft geholt hätte.", dachte er bei sich.

„Während eines richtigen Rotalarms ist der Aufenthalt in den Korridoren lebensgefährlich, die Station wird alles aufbieten was sie hat um jede erkannte Bedrohung zu eliminieren, sie wird wenn sie die Chance dazu bekommt voll besetzte Aufzüge abstürzen und tonnenschwere Tore auf Unautorisierte herunter krachen lassen, Korridore mit giftigem Gas füllen, auf alles schießen was sich bewegt, also einfach alles tun was sie kann um die Bedrohung auszuschalten. Passt bloß auf, dass ihr nicht versehentlich zwischen die Fronten geratet, Rücksicht auf unbeteiligte Zivilisten ist in dem Programm nicht vorgesehen."

Marianne und Lisa sahen sich mit etwas mulmigem Gefühl um, dass jetzt im Moment möglicherwiese allerlei in den Wänden und Decken verborgene Waffen auf sie gerichtet waren gefiel ihnen nicht sonderlich.

„Und was können diese „Controller" sonst noch?", fragte Marianne, um sich abzulenken.

„Videokonferenz", dozierte Manfred weiter, und er zeigte ihnen, wie man einen anderen Teilnehmer anrief, wie man bei eingehenden Anrufen das Videobild auf den Wandschirmen darstellen konnte, oder wie man einfach von Controller zu Controller kommunizieren konnte. Er konnte natürlich auch Texte und Fotos verschicken, Diktate entgegen nehmen, oder empfangene Texte vorlesen.

„Und zu guter Letzt ist er natürlich auch eine dröge Schlüsselkarte", sagte Manfred. „Wenn ihr euch einer Türe nähert, für die ihr generell freigeschaltet seid, geht sie von selber auf. Wenn es eure eigene Zimmertüre ist, geht sie auf, wenn ihr den Controller an den Sensor vor der Türe haltet. Wenn es ein fremdes Zimmer ist, haltet ihr den Controller an den Türsensor, dann klingelt es drinnen und der Bewohner entscheidet, ob er euch einlässt oder nicht.

„Du hast sicher jederzeit Zugang zu unseren Zimmern, oder?" fragte Lisa, und man sah ihrem Gesichtsausdruck an, dass ihr der Gedanke nicht gefiel. „Nein", sagte Manfred, „es wäre technisch möglich, aber ich habe mir die entsprechende Berechtigung nicht programmiert. Ich muss also genauso anklopfen wie jeder Andere. Ich habe allerdings für Notfälle einen Mastercode mit dem ich jede Türblockierung aufheben kann. Wenn ich ihn missbrauchen würde, würde das im Stationslog verzeichnet, und ich müsste mich bei nächster Gelegenheit streng selbst bestrafen."

„Und die Videofunktion im Controller? Kannst Du uns damit heimlich beim Ausziehen zusehen?"

Manfred grinste anzüglich. „Du hast im alten Internet zu viele halbwahre Hackergeschichten gelesen." stellte er fest. „Die Kamera der Karte zeigt unverrückbar nach vorne, deswegen musst Du sie Dir beim Videoconferencing auch vors Gesicht halten, das geht auch noch von leicht unten, die Software kann die Perspektive korrigieren. Aber wenn Du etwas drauflegst, oder sie in die Hosentasche steckst, ist sie vollständig blind. Auch wenn die Karte beispielsweise auf einem Tisch liegt, um geladen zu werden, sieht die Kamera nur die Zimmerdecke, und es gibt keine Möglichkeit, sie woanders hin schauen zu lassen. Wenn Du also möchtest, dass ich Dir beim Ausziehen Tipps gebe, musst Du sie schon so hinstellen dass ich Dich auch sehen kann. Hatte ich schon erwähnt, dass sie hinten magnetisch ist? Du kannst sie an jedem Metallstück anheften wenn Du das möchtest."

„Pah", schnaubte Lisa, „das wird nicht passieren, schalte Dir doch die 18+ Kanäle frei."

„Das habe ich natürlich längst getan", antwortete Manfred und lächelte entwaffnend, „und wenn Du nett fragst und Deine Mutter es erlaubt darfst Du vielleicht auch mal mitschauen wenn mir danach ist. Darüber hinaus bietet diese Station aber noch wesentlich mehr an Inspiration als Sexfilme, Du darfst mich bei Interesse gerne danach fragen".

„Wo bekommt man mehr Berechtigungen"?

„Bei mir."

„Und was muss man dafür tun um sie zu bekommen?"

„Werd erwachsen, mach Dich nützlich, gewinne mein Vertrauen, und mach mir Angebote zu denen ich nicht „nein" sagen kann."

„Öffnet mein Controller die Außentüre?"

„Nein, aber um die Außentüre zu öffnen musst Du nur unseren Deal aufkündigen. Das kannst Du nach Regel 1 jederzeit tun." Manfred sah Lisa mit einer Mischung aus Spott und Ärger an.

„Touche, und Matt", dachte Marianne nur. Um die Situation zu entspannen schlug sie vor, dass sich die Damen für eine Weile in ihre neuen Räumlichkeiten zurückziehen sollten um sich einzugewöhnen, und außerdem meinte sie, dass sie jetzt langsam mal aus dem Bademantel in ihre richtige Kleidung umsteigen wolle. „Wo bleibt eigentlich die Kleiderlieferung?"

„Kommt sofort", antwortete er, „ich muss die Waren noch schnell für euch freischalten. Man könnte theoretisch im Bestellsystem auch Dinge finden, deren Besitz ich euch im Moment nicht erlauben kann. Es wird dann an eurer Tür klingeln. Ihr zeigt dem Transportbot euren Controller, der gibt die Ladefläche frei, und ihr dürft euch nehmen was drauf liegt. Oder er fährt es euch auch noch in die Wohnung, ganz wie ihr wollt. Schaut einfach auf das Display auf eurem Controller, wenn ihr dem Transportbot nahe genug seid, steht alles drauf was ihr ihm in einer bestimmen Situation befehlen könnt."

„Und was passiert, wenn ich mir etwas greife von einem anderen Transportbot, oder wenn ich zugreife bevor er es freigegeben hat? Wenn ich meinen Controller vergessen habe?", fragte Lisa wichtigtuerisch.

„Alles hier ist mehr oder weniger bewaffnet", antwortete Manfred ernst, „halt Dich an die Regeln, zu Deiner eigenen Sicherheit. Und wenn Du künftig noch weitere solche Fragen hast, Dein Zimmerbildschirm hat eine Hilfe zu so ziemlich jeder einzelnen Funktion in dieser Station, die Du mit Deinen Berechtigungen erreichen kannst. Und wenn Dir etwas begegnet, was außerhalb Deiner Berechtigungsebene liegt, kannst Du es nicht kontrollieren, also geh ihm aus dem Weg. Sonst noch Fragen?"

Niemand sagte etwas, also deutete er einen Gruß an, und öffnete mit seinem Controller sein eigenes Zimmer, summend schloss sich die Türe hinter ihm. Die Frauen zogen sich in ihre Zimmer zurück.

Wie versprochen sah er danach zuerst die Bestelllisten durch. Vorsichtshalber fügte er noch wetterfeste Jacken und Schuhwerk hinzu, sollten sie einmal in die Verlegenheit kommen, durch einen der Nottunnel in die Berge fliehen zu müssen würden sie nützlicher sein als Tanktops und Ballerinas.

Marianne hatte sich wie er fand einen Bonus mehr als verdient. Es waren auch einige nationale Archive, die tief in Berge vergraben worden waren, nach wie vor online. Aus einem Aufnahme einer Überwachungskamera filterte er ein Bild von Marianne heraus und jagte es durch die reverse Bildersuche. Marianne war früher eine bekannte Spitzensportlerin gewesen, beinahe Weltmeisterin im Kunstturnen, fand er schnell heraus. Kein Wunder dass sie so durchtrainiert war.

Sie hatte nebenher Einnahmen aus Werbespots für ein bestimmtes Parfum gehabt. Da Manfred sich nicht vorstellen konnte, dass Marianne irgend etwas tun würde wo sie nicht dahinter stand war er sicher, dass sie es zumindest ein wenig mochte. Natürlich war es längst nicht mehr zu kaufen, aber im nationalen Archiv hatten viele Firmen ihre Geschäftsgeheimnisse gebunkert, für den Fall eines Nuklearschlags. Nach kurzer Recherche fand er das Rezept, und lud es in einen Chemobot, der es durch Chemosynthese herstellte. Es kam in einen von einem Glas-Thermoprinter erstellten hübschen Flacon, und er fügte diesen dem Warenkorb hinzu. Schließlich packte er nach kurzem Zögern auch noch zwei Packungen hochwertige Intimrasierer dazu. Es hätte Rasierschaum natürlich in der Spraydose gegeben, aber er entschied sich dafür, hochwertige Rasierpinsel und edle Seifen dazu zu packen. Er war sich klar darüber, dass ein solches Geschenk, wenn es von ihm kam, bei Lisa nicht gut ankommen würde. Von Marianne würde sie es nehmen, ohne viel zu fragen, zum Beispiel wieso sie alles zweifach hatte.

Bei Lisa tat er sich bei seinen „Extras" etwas schwerer, außer einigen Paparazzi-Schüssen, die sie mit irgendwelchen reichen Jungs in Restaurants zeigten, fand er nichts, vor allem auch keinen Hinweis dass sie sich je für irgend etwas Nützliches engagiert hätte. Schließlich suchte er sich das Rezept eines sündteuren Duftes von Charon heraus, er war zu seiner Zeit so unverschämt teuer gewesen dass Lisa ihn einfach kennen musste, und gab diesen beim Chemobot in Auftrag.

Dem Impuls, die bestellten Leggins eine Größe kleiner zu wählen widerstand er.

Da gab es aber auch noch dieses „spezielle Problem", von dem er über das Überwachungsvideo erfahren hatte. Er beschloss, sich nicht selbst darum zu kümmern. Ein Sexspielzeug fand er eine gute Idee, mal sehen ob sie es annimmt, dachte er. Phalli aller Art schloss er aus, zu gewöhnlich für Lisa mit ihrem derzeitigen Mindset. Liebeskugeln? Zu wenig Effekt. Plugs? Sie hatte sich augenscheinlich überhaupt nicht für ihr Hintertürchen interessiert. Dann erinnerte er sich an einen flexibel biegsamen u-förmigen Doppelvibrator mit einem motorgetriebenen Knubbel an jedem Ende. Man konnte ihn entweder gleichzeitig an G-Punkt und Kitzler ansetzen, oder an G-Punkt und Anal oder Kitzler und Anal. Gerade gebogen konnte das fleißige Gerät auch zwei Menschen zugleich beglücken. Die Konstruktionszeichnungen fand er beim Patentamt, ein Makerbot erledigte den Rest. Dazu packte Manfred eine Tube dezent duftendes Gleitgel ein.

Die Steuersoftware, mit der man die Intensität der beiden Vibratoren selbst einstellen konnte lud er als verborgenes Update auf Lisas Controller. Sobald Controller und Spielzeug nahe genug zusammen kamen, würde die Steuerung automatisch geöffnet. Um den Aha-Effekt zu maximieren ließ er den Vibrator in ein mit funkdichter Goldmetallfolie ausgeschlagenes, vornehm dunkelblaues Etui einpacken. So würde der Controller genau in dem Augenblick anspringen, wo sie den Deckel öffnete, und er kicherte leise in sich hinein vor Vergnügen, als er sich vorstellte, was sie für Augen machen würde.

Voll stiller Vorfreude auf einen unterhaltsamen Abend schickte er die Bestellung ab.

Dann konfigurierte er sich die Überwachungskameras aus Mariannes Zimmer auf den ihren Räumen zugewandten rechten Großbildschirm seines Appartements, und die Kameras in Lisas Zimmer auf den Großbildschirm auf der linken Seite. Er schaltete den automatischen Trackzoom ein, die Kamera mit dem besten Blick wurde automatisch gezoomt, die Anderen als Icons am Bildschirmrand entlang aufgereiht.

Er ließ sich noch einen einem edlen Whiskey nachempfundenen Drink aus dem Getränkebot bringen, und lümmelte sich bequem in einen der gemütlichen Sessel seines Wohnzimmers.

„Manfred, Du Schwein, bist ein kleiner Spanner", flüsterte ihm der Schulterengel ins Ohr, „das solltest Du nicht machen." „Genieße es, die Bildqualität ist umwerfend." antwortete der Schulterteufel.

Er schüttelte den Schulterengel mit einem Achselzucken ab, dann drückte er die „On" Schaltfläche seines Controllers.

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